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Wenn du ein Mann bist


 
 
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finest.fire
Geschlecht:weiblichLeseratte

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Beitrag30.11.2022 09:38
Wenn du ein Mann bist
von finest.fire
eBook pdf-Datei Antworten mit Zitat

Sprich mich bitte nicht an.
Auf keinen Fall.
Wenn du alt bist okay
Dann tut es mir leid
Aber sprich mich erst
Recht nicht an
Und schon gar nicht auf mein Kleid

Wenn du weiß bist
Und nicht weißt
Was es bedeutet
Eine Frau und noch dazu
mit anderer Haut zu sein
Dann bitte bitte
Sag nicht zu mir

Das ist kein Fahrradweg.

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nebenfluss
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Beiträge: 5994
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Beitrag30.11.2022 10:28
Re:
von nebenfluss
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finest.fire hat Folgendes geschrieben:
Wenn du ein Mann bist

Sprich mich bitte nicht an.
Auf keinen Fall.


Gilt das auch für Kommentare Question


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"You can't use reason to convince anyone out of an argument that they didn't use reason to get into" (Neil deGrasse Tyson)
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V.K.B.
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Beitrag30.11.2022 11:45

von V.K.B.
Antworten mit Zitat

Ich als alter weißer Mann,
Sprech doch keine dunklen Frauen
Auf ihr Fehlverhalten an!

Die versteh’n mein Deutsch ja eh nie,
Drum bestätigt mann ihr Grauen,
Und legt sie besser über’s Knie!

[und wer den Sarkasmussmiley in meinem Gegengedicht nicht sieht darf sich gleich hinten anstellen]


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Hang the cosmic muse!

Oh changelings, thou art so very wrong. T’is not banality that brings us downe. It's fantasy that kills …
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Constantine
Geschlecht:männlichBücherwurm


Beiträge: 3311

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Beitrag30.11.2022 12:47

von Constantine
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V.K.B. hat Folgendes geschrieben:
Ich als alter weißer Mann,
Sprech doch keine dunklen Frauen
Auf ihr Fehlverhalten an!


Ähm, du meintest sicherlich "andere" Frauen,
weil sie
Zitat:
andere[r] Haut

hat. Laughing
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finest.fire
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Beitrag30.11.2022 13:17
Re:
von finest.fire
pdf-Datei Antworten mit Zitat

nebenfluss hat Folgendes geschrieben:
finest.fire hat Folgendes geschrieben:
Wenn du ein Mann bist

Sprich mich bitte nicht an.
Auf keinen Fall.


Gilt das auch für Kommentare Question


Nö. Außerdem bin ich nicht das lyrische ich sonder die Urheberin und werde gerne bzgl des Gedichts angesprochen smile
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V.K.B.
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Beitrag30.11.2022 13:46
Re:
von V.K.B.
Antworten mit Zitat

finest.fire hat Folgendes geschrieben:
Außerdem bin ich nicht das lyrische ich sonder die Urheberin und werde gerne bzgl des Gedichts angesprochen
Das ist klar. Ich habe es auch schon mehr als Kritik gelesen, dass zu einer marginalisierten Gruppe zu gehören einen trotzdem noch nicht berechtigt, mit dem Fahrrad auf dem Gehweg zu fahren, auch wenn manche das zu glauben scheinen.

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Dyrnberg
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Beitrag30.11.2022 14:51

von Dyrnberg
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Irgendwie holte es mich zu Beginn nicht total ab, aber der letzte Satz? Unerwartet und großartig. Nach den großen Themen "Rassismus", "Sexismus", "männliche Privilegien" plötzlich ein Satz mitten aus dem Verkehrsallta, so banal und der dem ganzen irgendwie eine Wendung gibt. Oder doch nicht.

Gelungen.


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finest.fire
Geschlecht:weiblichLeseratte

Alter: 36
Beiträge: 173
Wohnort: Berlin


Beitrag30.11.2022 16:19

von finest.fire
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Danke smile
iwie war das heute Morgen in der Bahn eine Eingebung. Dachte ich schreibe es mal genauso herunter wie es mir in den Sinn kam.
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BlueNote
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Beiträge: 7304
Wohnort: NBY



Beitrag01.12.2022 07:28

von BlueNote
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Hi!

Mir gefällt das Gedicht so, wie es ist, bzw. so wie ich es interpretiere.
Im Titel wird man als Mann zunächst angesprochen (man fühlt sich angesprochen), um bereits im allererste Satz eines vor den Latz geknallt zu bekommen.
Mir scheint die Person in dem Gedicht mit Absicht überzeichnet zu sein - denn neben dem Rassismus gibt es schließlich auch Menschen in unserer Gesellschaft, die anderen (harmlosen) Menschen ständig völlig unbegründet Rassismus vorwerfen (oder sonst irgend eine essentielle Untugend wie z.B. falsches Gendern). So würde der letzte Satz hervorragend passen. Sollte das Gedicht aber wirklich ein Pauschal-Rassismus-Vorwurf an ältere, weiße Männer sein, fände ich es allerdings sehr seltsam.
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Levo
Klammeraffe
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Beiträge: 870



L
Beitrag01.12.2022 09:48

von Levo
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Mir gefiel das Gedicht, weil ich eine Weile drüber nachdenken musste und wollte. Ich interpretiere es so: Wenn man weiß und ein Mann ist, hat man keine Ahnung, was sich eine Frau und eine Schwarze Frau speziell schon alles anhören musste. Da muss nicht auch noch eine Banalität hintendran bzw obendrauf geschmettert werden, selbst wenn die Dame ahndungswürdig auf dem Gehweg radelt und man gern den Terrier raushängen lässt. Netter Anstoß.
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Gast







Beitrag01.12.2022 11:37

von Gast
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Hm, weiss nicht. Die Prota fährt also auf einem Fahrrad ausserhalb eines Radwegs und fordert auf Grund einer potentiell diskriminatorischen Konstellation (sie Frau, nicht weiss) ein, deswegen nicht auf den Verstoss hingewiesen werden zu dürfen? Oder nur von Frauen oder nicht weissen Männern? Ist das nicht umgekehrt rassistisch/sexistisch? Was wenn der alte weisse Mann ein Polizist ist?

Das mit dem Kleid macht in dem Kontext auch wenig Sinn. Ist es für die Prota die selbe Art von Diskriminierung, von alten weissen Männern rassistisch/sexistisch angesprochen oder auf einen Ordnungsverstoss hingewiesen zu werden?

Ich als alter weisser Mann (das braucht Ihnen übrigens nicht leid zu tun, verehrte Dame; auch Sie werden einmal alt sein) würde Niemals auf den Gedanken kommen, eine Fremde Person (ungeachtet Geschlecht oder Hautfarbe) auf die Kleidung anzusprechen, aber ich würde sehr wohl jede/n RadfahrerIn, der/die ausserhalb von Radwegen fusgängergefährdend fährt, ungeachtet Geschlecht und Hautfarbe ansprechen.

Soll der Text uns dazu provozieren, über solche Asymmetrien zu reflektieren?
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Perry
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Beiträge: 2509



P
Beitrag01.12.2022 11:44
Hallo finest.fire,
von Perry
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wenn Vorurteil auf Vorurteil trifft,
dann wir ein Fahrradweg schnell zur Autobahn.
Einfädeln und Abstandhalten hilft im Straßenverkehr, ansonsten wohl Hilfsbereitschaft sowie leben und leben lassen. Wink
Gern Reflektiert und LG
Perry
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V.K.B.
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Beitrag01.12.2022 11:45

von V.K.B.
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Levo hat Folgendes geschrieben:
Wenn man weiß und ein Mann ist, hat man keine Ahnung, was sich eine Frau und eine Schwarze Frau speziell schon alles anhören musste.
Das mag angehen, ja. Aber wir leben nicht mehr in Kolonialzeiten, sondern in einem Staat, wo man sich gegen Diskriminierung wehren und rassistische und sexistische Beleidigungen zur Anzeige bringen kann. Opfer von sowas geworden zu sein verleiht einem keine Sonderrechte. Und auch nicht das Recht, andere pauschal abzuurteilen.
Wenn man zu einer marginalisierten Gruppe gehört, kann man sich entweder damit abfinden und im Stillen resignieren, oder lautstark für seine Rechte eintreten und kämpfen. Aber das tut man, indem man diese im speziellen Fall einfordert, und nicht, indem man pauschal für sich und seinesgleichen Samthandschuhe einfordert, und jeden anderen für die eigene Misere verantwortlich macht. Als Neurodiverser habe ich mir auch schon eine Menge Zeug anhören müssen, und vor 80 Jahren hätte man mich vermutlich als nicht-lebenswert eingestuft und umgebracht. Aber diese Zeiten sind Satan sei Dank vorbei und heute muss man sich höchstens noch "psychisch krank" oder "behindert" nennen lassen. Und den Schuh ziehe ich mir einfach nicht an. Und ich rege mich in den meisten Fällen nicht einmal darüber auf, wenn jemand Witze über autistische Menschen macht, denn über manche kann ich sogar lachen, wenn ich mich darin tatsächlich wiedererkenne. Und ich glaube zumindest, halbwegs einschätzen zu können, wann etwas böse gemeint ist und wann nicht, aber vielleicht bin ich als sozialer Krüppel da auch grenzenlos naiv, keine Ahnung.  

Um auf das Gedicht zurückzukommen, ich hab das wie Dyrnberg und RAc verstanden, da werden die großen Kampfbereiche/Diskriminierungsbereiche rausgeholt, obwohl es eigentlich nur darum geht, auf dem Fußweg radeln zu wollen, bzw zu wissen, dass man etwas verbotenes und gefährliches tut, aber nicht dafür kritisiert werden will und sich als Verteidigung eben als Opfer mit Sonderrechten präsentiert.

Die Zeile mit dem Kleid verstehe ich allerdings auch nicht.


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Levo
Klammeraffe
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Beiträge: 870



L
Beitrag01.12.2022 13:03

von Levo
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Von Fußgängergefährdung und ehrlich gesagt auch davon, dass sie auf dem Fußweg fährt, steht da gar nichts. Vielleicht fährt sie auch auf der Straße - neben einem Radweg. Oder schiebt. (Wo kommen wir denn hin!)

Ach, deswegen kann ich keine Gedichte. 😁
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BlueNote
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Beitrag01.12.2022 13:59

von BlueNote
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Bei einem Gedicht kommt es nicht darauf an, was da steht. Noch nicht gemerkt?
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nebenfluss
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Beitrag01.12.2022 14:03
Re:
von nebenfluss
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Hallo finest.fire,

finest.fire hat Folgendes geschrieben:
nebenfluss hat Folgendes geschrieben:
finest.fire hat Folgendes geschrieben:
Wenn du ein Mann bist

Sprich mich bitte nicht an.
Auf keinen Fall.


Gilt das auch für Kommentare Question


Nö. Außerdem bin ich nicht das lyrische ich sonder die Urheberin und werde gerne bzgl des Gedichts angesprochen smile


Das finde ich die richtige Einstellung, die allerdings gerade in der Lyrik nicht immer selbstverständlich ist. Wäre nicht das erste Mal, dass ich jemandem durch kritische Anmerkungen zum LI (oder auch Prosa-Ich) persönlich auf die Füße trete, deshalb frage ich lieber vorher nach.

Ich bin kein Lyrik-Experte und gehe vielleicht eher prosa-mäßig an die Sache ran.
"Formal" fällt mir auf, dass für mich der Tonfall des LI ziemlich inkonsistent ist. Am Anfang wirkt es ziemlich selbstbewusst, spricht quasi im Komparativ, als könnte es dem fiktiven männlichen Gegenüber eine Kontaktsperre diktieren. Gegen Ende wird es dann flehentlich (bitte bitte). Das passt für mich auf so engem Raum (und einem Monolog ohne Reaktion) nicht richtig zusammenpasst.

Inhaltlich muss ich zwangsläufig an gewisse, wie man heute sagt, "streng muslimisch gelesene" Frauen denken, denen ich nur in der Öffentlichkeit begegne und die sich dort dadurch auszeichnen, dass sie gewisse verbreitete Höflichkeitsregeln nicht mitmachen. Sie sind nie diejenigen, die ausweichen, wenn es auf dem Gehweg eng wird, und sie lassen dich auch nie an der Supermarktkasse vor, wenn du nur eine Packung Kekse hast, sie aber einen überfüllten Einkaufswagen. Schon gar nicht, wenn du ein Mann bist. Denn nicht mit ihnen verwandte Männer haben sie ja aus kultureller Tradition zu ignorieren, und du hast auch nicht nachzufragen. Wegen Religionsfreiheit im GG, oder so ähnlich.
Nun sieht man diese Frauen nie auf einem Fahrrad. Das LI stelle ich mir schon deutlich "westlicher", im Zweifel auch jünger vor (quasi Kleid statt Burka), aber die Forderung geht noch über das Beschriebene hinaus. Sie selbst darf Männer offenbar ansprechen, um sie mit sexistischen und ageistischen Vorurteilen zu belästigen, verbittet sich dies aber umgekehrt. Aufs Forum übertragen, wäre das etwa so, als würde ich jemandem wegen seines Geschlechts aus heiterem Himmel eine PN mit irgendwelchen Unterstellungen schicken und ihn danach sofort auf Kontaktsperre setzen. Und dies unter Applaus der sogenannten "Wokeness", die aus hehren Zielen heraus im Grunde nichts anderes als die fortschreitende Entsolidarisierung (die berüchtigte "Spaltung") der Gesellschaft vorantreibt.

Denn zu bedenken ist natürlich auch, dass ein solches Ansprechverbot bedeutet, sich von der Hälfte der Gesellschaft sozial weitestgehend isolieren zu wollen, was z. B. auch die Ansprache wegen eines eventuellen Hilfegesuchs einschließt.
Das kann nur auf Gegenseitigkeit beruhen.
Insofern muss sich dein LI fragen lassen, ob es auch diesem (wenn auch überzeichneten) Gedicht zustimmen würde:
 
Wenn du ein Mann bist
und ich einen Fahrradunfall hatte
da liege und mich nicht mehr bewegen kann
dann geh bitte ungerührt weiter
so wie ich es mit dir auch gerne täte
insbesondere wenn du alt bist
und eh bald stirbst

Du willst mir doch eh nur
unters Kleid schielen
und dich dabei noch
als Migrantenfreund aufspielen
da verblute ich lieber

Also bitte bitte
sei doch wenigstens so anständig
mir unterlassene Hilfeleistung zu leisten
ich verklag’ dich auch nicht, versprochen!
mit deutschen Gesetzen hab’ ich nichts am Hut
ich bin nur hier um euch zu sagen

wie scheiße ich euch finde


Anders geht es nicht.


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nebenfluss
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Beitrag01.12.2022 14:23

von nebenfluss
Antworten mit Zitat

Zitat:
Hm, weiss nicht. Die Prota fährt also auf einem Fahrrad ausserhalb eines Radwegs und fordert auf Grund einer potentiell diskriminatorischen Konstellation (sie Frau, nicht weiss) ein, deswegen nicht auf den Verstoss hingewiesen werden zu dürfen? Oder nur von Frauen oder nicht weissen Männern?

Gute Frage.

Zitat:
Ist das nicht umgekehrt rassistisch/sexistisch?

Nun ja, nach der neuen Glaubenslehre, wie sie aus entsprechenden Kreisen verbreitet wird, kann Rassismus ja immer nur von der dominanten (gemeint: weißen) Mehrheitsgesellschaft ausgehen. Das wird gelegentlich auch auf Sexismus übertragen: Patriarchat -> männliche Dominanz -> nur Männer können sexistisch sein (dies aber unausweichlich, weil strukturell). So gesehen: Nein, das ist nicht "umgekehrt" rassistisch/sexistisch, denn das gibt es nicht.
Meine Auffassung: Doch, genau das ist es. Aber ich bin halt auch noch im abschaffungswürdigen universalistischen Denken verhaftet.
Zitat:

Was wenn der alte weisse Mann ein Polizist ist?

Auch hier liegt die Antwort auf der Hand, wenn man den Diskurs verfolgt: Die Polizei ist - ebenso wie die Bundeswehr - eine besonders produktive Brutstätte für Rassismus. Was sich schon dadurch beweist, dass Führungskräfte und zuständige Minister sich schützend vor ihre Belegschaft stellen, anstatt sie brav einem von außen diktierten Generalverdacht auszusetzen.
Deshalb ist schon allein die Ansprache durch die Polizei rassistisch, wenn man nicht weiß ist, und man hat jedes Recht, sich darüber zu beschweren, ohne ein faktisches eigenes Fehlverhalten miteinbeziehen zu müssen.

Sorry für eventuellen Sarkasmus, konnte ich dann gerade nicht raushalten.


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anuphti
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Beitrag01.12.2022 16:27
Re: Wenn du ein Mann bist
von anuphti
Antworten mit Zitat

finest.fire hat Folgendes geschrieben:

Wenn du ein Mann bist

Sprich mich bitte nicht an. (warum?)
Auf keinen Fall.
Wenn du alt bist okay
Dann tut es mir leid
Aber sprich mich erst
Recht nicht an (wieso erst recht, was ist an einam alten Mann noch schlimmer als an einem jungen Mann? Begründung?)
Und schon gar nicht auf mein Kleid (sollte das auf "leid" reimen oder ist das Zufall?)

Wenn du weiß bist
Und nicht weißt
Was es bedeutet  (Gegensatz von "weiß zu Frau" ist hier nicht logisch verknüpft, Ablauf der Argumente nicht schlüssig für mich)
Eine Frau und noch dazu
mit anderer Haut anderer Hautfarbe zu sein
Dann bitte bitte  (wurde schon angemerkt, der Tonfall hat plötzlich gewechselt)
Sag nicht zu mir

Das ist kein Fahrradweg. (konkrete Situation fehlt und damit missverständlich


Servus finest.fire,

ich freue mich immer ganz besonders über Neuzugänge in der Lyrik, und wenn das Ganze dann schon derartig viele Kommentare (von ganz vielen erklärten "Nichtlyrikern") bekommt, ist allein das schon ein "Bravo" wert.

Zur Lyrik selbst: finest.fire hat selbst gesagt, es war eine Eingebung, die schnell runter geschrieben wurde. Und das merkt man dem Stückchen auch an.
Sämtliche Kommentare bisher sind berechtigt (auch wenn sie mehr Inhalt als Form betreffen (weil "Nicht"-Lyriker).

Worum geht es: Eine Frau mit "anderer" (mutmaßlich, nicht weißer) Haut, möchte von Männern nicht angesprochen werden. Weder auf Ihr Kleid, noch auf das Standardproblem "Fußgänger gegen Radfahrer" (Großstadtdauerkriegsschauplatz).

Es wird etwas Mitleid mit "alten" Männern signalisiert (ist die Frau jünger?), und pauschales Unverständnis für "weiße" Männer, weil die sich nicht in das Er-Leben einer Frau (und noch schlimmer, mit anderer Haut) hineindenken kann.

Soweit so gut. Und angreifbar, weil nicht klar ist, von was für einer Situation wir hier reden?
Fährt die Frau Rad? Wo fährt sie Rad? Skated sie oder schiebt einen Kinderwagen, hat sie ihr Kind dabei mit Stützrädern in der Fußgängerzone?
Von was reden wir?
Das ist mir nicht ausformuliert genug.
Und der Mann, der sie nicht ansprechen soll, wo ist der und was macht er? Ist es ein Autofahrer? Ein anderer Radfahrer? ein Fußgänger? Hat sie ihn gerade fast über den Haufen gefahren?

So wie das Gedicht da steht, würde ich es nicht lassen.

Inkonsistent auch die Kombination "Kleid" und "Radweg".
Kleid ist ungeeignet zum Radfahren, wenn überhaupt geht das nur langsam, was wiederum Konflikte eher vermeidet, weil man eben nicht, wie die wahnsinnigen "mein E-Bike ist schneller als ein Porsche in der Innenstadt"-Fahrer an Spaziergängern vorbei brettert.

Und Radfahrerinnen werden von Männern ob der Schnelligkeit des Vorbeifahrens eher nicht auf spezifische Kleidungsstücke angesprochen. (Maximal hinterhergepfiffen, finden Pfeifobjekte meist allerdings auch nicht toll!)

So. Was wollte ich eigentlich sagen?
Wichtiges provokantes Thema, aber ungeschickt formuliert und Äpfel und Birnen miteinander vermischt.
Ich würde mich da nochmal dransetzen. Und mir überlegen, was ich denn überhaupt rüberbringen will. Sprich, was ist meine Kernaussage smile

Ansonsten, willkommen in der Lyrik!!

Liebe Grüße
Nuff


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Pronomen: sie/ihr

Learn from the mistakes of others. You don´t live long enough to make all of them yourself. (Eleanor Roosevelt)

You don´t have to fight to live as you wish; live as you wish and pay whatever price is required. (Richard Bach)
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finest.fire
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Beitrag01.12.2022 23:08

von finest.fire
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 Shocked
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Beitrag02.12.2022 00:02

von nebenfluss
Antworten mit Zitat

finest.fire hat Folgendes geschrieben:
That escalated quickly

 Shocked


Nun ja, den Eindruck kann man haben, und ich für meinen Teil hätte mich nicht unbedingt so auf die für mich impliziten, bekannten Thesen fokussieren müssen.
Mir scheint, anuphti hat am besten begriffen, dass der Text ja in der Werkstatt steht und man ihn auch konsequent als solchen behandeln könnte.


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Christof Lais Sperl
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Der silberne Roboter


Beitrag02.12.2022 08:16
Ein Schild?
von Christof Lais Sperl
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Das Auge sagt: „Plakativ.“
Das Hirn meldet: „Kann man diskutieren.“
Der Magen sagt: „Liegt tief drin.“
Der Intellekt meint: „Na ja.“
Der alte Mann sagt: „Bin mit Mikroagressionen voll getriggert.“
Die Ästhetik sagt: „Schön, im Winter mal wieder Kleid zu denken.“
Die Lebenserfahrung sagt: „Alle werden mal alt. Irgendwie tröstlich.“
Der Benimm in mir sagt: „Ich alter Sack quatsche doch keine jungen Frauen an.“
Die innere Cis-Hete meint: „Bist eh schon jenseits von Gut und Böse.“
Der Weiße in mir sagt: „Mach‘ jetzt bloß keinen Quatsch.“
Der erfahrene DSFOler in mir meint dazu: „Hat uns da schon wieder einer einen reingeballert?“


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finest.fire
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Beitrag02.12.2022 09:35
Re: Wenn du ein Mann bist
von finest.fire
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Das LI in dem Gedicht fährt unerlaubt mit dem Fahrrad und im Kleid, was furchtbar unpraktisch ist, aber der Situation geschuldet, auf dem Gehweg.
Sie weiß, dass sie etwas Unerlaubtes macht und in diesem Zusammenhang ist sie angespannt, was ihren inneren Monolog leitet. Sie hat schonmal die Erfahrung gemacht, dass sie ein "alter weißer Mann" angemotzt hat, vielleicht sogar wegen genau so einem Vergehen. Aber sie weiß natürlich selbst, dass auch sie einmal alt sein wird und hat auch Respekt vor dem Alter. Es tut ihr "leid". Aber auch irgendwie Angst vor so jemandem, gar mir einem Stock ausgestattet?

Sie hat schon öfter Komplimente bekommen, klar, für ihr Aussehen oder "Kleid" aber das nervt sie, weil sie nicht das Gefaühl hat, als die Person gemeint zu sein. Sie selbst ist gar nicht dunkelhäutig, fühlte sich aber als Frau in vielen Situationen wegen ihres Frau-Seins diskriminiert und spinnt den Gedanken noch weiter "und noch dazu anderer Haut". Sie selbst ist "woke" und "pc", aber jemand der es nicht ist, soll sie gefälligst nicht behelligen.
Aber im Moment ist sie ja auf dem Gehweg und spät dran und sie weiß, es ist nicht okay und sie schickt ein kleines Stoßgebet "Bitte, bitte" gen Himmel, weil sie einfach jetzt gerade keine Kapazitäten hat, angemault zu werden.
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