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Langelo Wortedrechsler
L Alter: 25 Beiträge: 53 Wohnort: Köln
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L 02.11.2022 16:05 Klassiker vs. moderne Bestseller von Langelo
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Aktuell lese ich Fitzgeralds "Die Schönen und Verdammten", zuletzt waren es sonst Bücher wie "Der Fremde" oder "Fear and loathing in Las Vegas" - man kann also sagen, ich arbeite mich durch einige Klassiker der Literatur, wenn auch aus völlig unterschiedlichen Epochen.
Wenn ich nun in einen modernen Bestseller schaue, ist das fast wie ein anderes Medium. Mir geht es nicht darum, die moderne Literatur schlechtzureden, stattdessen interessiert mich die Frage: Würden Bücher wie die oben genannten (nutzt gerne eigene Beispiele) heute überhaupt von einem Verlag angenommen/veröffentlicht werden?
Ich finde die meisten davon auf ihre Weise brillant, dennoch fällt mir auf, dass sie viele der Regeln, die wir "angehenden" Bestseller Autoren mit auf den Weg geben (mehr Action als Beschreibungen, nicht so viele Adjektive, Spannungsbogen, Heldenreise etc.) überhaupt nicht bedienen. Was meint ihr? Orientieren wir uns heutzutage zu sehr an Mustern? Glaubt ihr, heutige Bestseller werden in hundert Jahren einen ähnlichen Stand haben wie Klassiker von damals? Ist es für eine eigene Veröffentlichung zuträglich, sich mit Literaturklassikern zu beschäftigen?
Ich freue mich auf eure Meinungen.
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nebenfluss Show-don't-Tellefant
Beiträge: 5976 Wohnort: mittendrin, ganz weit draußen
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02.11.2022 16:23
von nebenfluss
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Ich betreibe keine Literaturwissenschaft, würde aber meinen, dass diese Regel-Einhaltungswut sich vor allem auf Genre-Konformes bezieht (was m. E. schon immer so war).
Vermutlich ist dein (und unser) Bild auch dadurch verzerrt, dass unzählige Bestseller von anno dazumal, die solche Muster bedienten, nie Schul-/Weltliteratur oder irgendwie Kult geworden sind, sondern genauso schnell in Vergessenheit gerieten, wie das heute bei manchem Bestseller auch der Fall ist. Ebenso gibt es Bücher, die sich bei ihrem Erscheinen miserabel verkauft haben, aber im Nachhinein als große Literatur entdeckt wurden (über die Kriterien kann man freilich immer streiten).
Wir vergleichen also eine extreme Auslese aus einer breiten Vergangenheit (verschiedene Epochen, wie du sagst) mit dem, was gerade jetzt, also einem sehr engen Intervall, 'in den Charts' ist und schließen daraus, früher seien die Autoren weniger regelhörig gewesen.
Im Zweifelsfall sollte man sich, wenn einen schablonenhafte Plots und Schreibtechniken anöden, nach wie vor mehr am Feuilleton als am Amazon-Ranking orientieren, weil dort auch vergleichweise actionlose, keinem Masterplot folgende Romane zum Lesen empfohlen werden.
Mir fiele da einiges ein, wobei ich aber meistens gar nicht weiß, wie gut sich das Buch insgesamt verkauft hat - deshalb keine Beispiele an dieser Stelle.
_________________ "You can't use reason to convince anyone out of an argument that they didn't use reason to get into" (Neil deGrasse Tyson) |
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Langelo Wortedrechsler
L Alter: 25 Beiträge: 53 Wohnort: Köln
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Gedankenvogel Wortedrechsler
G
Beiträge: 65
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G 02.11.2022 21:23
von Gedankenvogel
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Ich muss sagen, dass ich es sowieso höchst interessant finde, wenn ein künstlerisches Produkt zu Lebzeiten seines "Schaffers" (ob jetzt Gemälde oder Buch) keinen großen Anklang fand, wohl aber einige Jahre/Jahrzehnte später und dann plötzlich als Klassiker gilt. Wie sind da die Mechanismen?
Es gibt einen berühmten Maler, bei dem das so war/ist (mag mich jetzt nicht blamieren, aber war das nicht van Gogh?).
Ist sowas auch über bestimmte Autoren bekannt?
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kioto Eselsohr
Alter: 71 Beiträge: 442 Wohnort: Rendsburg
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03.11.2022 21:51
von kioto
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Hallo
Viele heute hochgeschätzte Maler waren zu ihrer Zeit erfolglos oder wurden abgelehnt. Van Gogh hat zu Lebzeiten kein Bild verkauft. Einige seiner Bilder wurden nach seinem Tod verbrannt. Paul Gauguin ging es auch nicht besser. Und auch einige klassische Maler wie Michelangelo und andere stießen mit neuen Ideen nicht immer auf Gegenliebe.
Tolkien schrieb im Vorwort zu Herrn der Ringe, die ersten Leser machten ihm wenig Hoffnung, dass sein Werk auf Interesse stoßen würde.
Andere Künstler und Autoren, früher hochgelobt, kennt heute kaum noch jemand. Ob sich in 100 Jahren noch jemand für Beuys oder Pollock interessiert? Die Mona Lisa wird bleiben.
_________________ Stanislav Lem: Literatur versucht, gewöhnliche Dinge ungewöhnlich zu beschreiben, man erfährt fast alles über fast nichts.
Phantastik beschreibt ungewöhnliche Dinge (leider m.M.) meist gewöhnlich, man erfährt fast nicht über fast alles.
Gruß, Werner am NO-Kanal |
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Epiker Eselsohr
Alter: 29 Beiträge: 301 Wohnort: Österreich
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29.12.2023 22:23
von Epiker
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Weil ja schon von "Klassikern verschiedener Epochen" die Rede war, was man dabei auch nie außer Acht lassen darf ist der zeitliche Kontext in dem ein Werk veröffentlicht wird. Das sich ein Buch von 1870 stilistisch anders verhält als eines von 1920, oder 2001 ist wohl klar. Andere Generationen mit anderen Anforderungen an Literatur schreiben ganz andere Bücher. Welchen Regeln Bücher zu folgen haben, das ändert sich über die Generationen beständig so wie das aktuelle Schönheitsideal für Herrn und Frau Biedermeier im Hinblick auf ihr Äußeres.
_________________ Aber der Mensch entwirft, und Zeus vollendet es anders!
-Homer-
(Dieses Zitat dürfte so manchem Schriftsteller mehr als einmal passiert sein ) |
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Maunzilla Exposéadler
Beiträge: 2782
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30.12.2023 00:24
von Maunzilla
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Damit ein Buch ein Klassiker wird, muß es zunächst einmal gut geschrieben ein. Alsdann muß es sich aus der Masse zeitgenösssicher Werke in irgend einer Weise hervorheben. Und zu guter letzt darf es nicht trivial sein. Und dann muß es noch Themen behandeln, die zeitlos und wichtig sind.
Kommerzieller Erfolg und Klasse schließen sich in einer modernen Massengesellschaft weitgehend aus. Wir leben nun einmal in einer Endzeit, in der sich die (abendländische) Kultur und Zivilisation im Niedergang befinden. in praktisch keinem Bereiche mehr werden die Höhen erreicht, die frühere Generationen noch zu erlangen vermochten. Ob Musik, Malerei, Bildhauerei, Architektur usw. alles wird nur noch billig, effekthascherisch, und mit minimalstem Aufwand zum maximalen Profit generiert. Da bildet die Litteratur keine Ausnahme. Hinzu kommen die veränderten Markt- und Konsumgewohnheiten. Wir leben heute in einer extrem visuell orientierten Kultur von Kinematogaphie, Lichtbildern, Videospielen usw. Die Menschen können sich nicht mehr als wenige Sekunden auf eine Sache fokussieren. Dementsprechend wird auch die erzählende Litteratur immer visueller, szenischer und abgehackter in ihren Formen. Bücher müssen innerhalb von Wochen und Monaten ihren Profit erzielen, bevor sie der nächsten Generation weichen. Agenten wollen den hohen Vorschuß und nicht Titel, die sich erst über Jahre etablieren. Leser wollen Bücher, die wie fast-food rasch konsumiert und leicht verdaut werden können. Verlage verlangen nach Geschichten, die man serialisieren kann, die kurze Sätze enthalten und visuell sind, damit man sie für die Zweitverwertung leicht als Hörbuch und Film adaptieren kann. Da stören Sätze mit mehr als zehn Wörtern und ausschweifende Beschreibungen oder innere Monolge, die man nicht verfilmen kann.
_________________ "Im Internet weiß keiner, daß du eine Katze bist." =^.^= |
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