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Hallogallo Klammeraffe
Alter: 61 Beiträge: 644 Wohnort: Auenland
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05.10.2022 09:39 Wartezimmer von Hallogallo
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Das muss ein Wartezimmer sein
in dem ich sitze
weiße Wände
kalte Stühle
an der Decke Neonröhren
um mich herum
die Fremden
sitzen viel zu nah
keiner weiß
wann er aufgerufen wird
niemand weiß
was ihn im Sprechzimmer erwartet
vielleicht kann der Arzt gar nicht helfen
vielleicht ist das Zimmer leer
wir starren in unsere Handys
und warten weiter
Weitere Werke von Hallogallo:
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Christof Lais Sperl Klammeraffe
Alter: 62 Beiträge: 942 Wohnort: Hangover
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05.10.2022 09:56 Schön! von Christof Lais Sperl
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Dieses Bild hat mir gefallen.
_________________ Lais |
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Hallogallo Klammeraffe
Alter: 61 Beiträge: 644 Wohnort: Auenland
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05.10.2022 11:40
von Hallogallo
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Danke!
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Berni Exposéadler
Alter: 64 Beiträge: 2518 Wohnort: Südhessen (aus NRW zugelaufen)
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19.10.2022 14:46 Re: Wartezimmer von Berni
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Zitat: | Das muss ein Wartezimmer sein
in dem ich sitze
weiße Wände
kalte Stühle
an der Decke Neonröhren
um mich herum
die Fremden
sitzen viel zu nah
keiner weiß
wann er aufgerufen wird
niemand weiß
was ihn im Sprechzimmer erwartet
vielleicht kann der Arzt gar nicht helfen
vielleicht ist das Zimmer leer
wir starren in unsere Handys
und warten weiter |
Hi Hallogallo,
immer mal wieder begegnet man sich hier.
Ich habe mir, da wir ja in der Werkstatt sind, erlaubt, etwas mit dem Text zu spielen. Die kafkaeske, düstere Stimmung in diesem weißen Zimmer gefällt mir gut. Allerdings meine ich, dass du auf die Stelle, die ich jetzt mal markiert habe, verzichten könntest. Für meinen Geschmack bekäme der Text dann noch mehr Intensität.
Ist aber nur meine bescheidene Ansicht und sicherlich Geschmack- und Ansichtssache.
LG
Berni
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Lyro Leseratte
Alter: 30 Beiträge: 128 Wohnort: Deutschland
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19.03.2023 09:35
von Lyro
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Hallo,
ich bin zwar neu hier, versuche mich aber dennoch mal in der Rubrik Werkstatt.
Es ist schwierig, an einem Gedicht einer fremden Person herumzuwerkeln, da sehr subjektiv.
Ich gehe jetzt ganz von mir aus und was ich schreibe darf bitte nur als Vorschlag verstanden werden.
Mein erster Eindruck:
das Thema Wartezimmer ist interessant, da es sich um etwas total Alltägliches handelt und meistens mit etwas Negativem (lange Wartezeiten, Unbequemlichkeit, fremde Menschen, zu viel Nähe, Angespanntheit etc.) in Verbindung gebracht wird.
Diese Atmosphäre hast du gut rübergebracht.
Allerdings ist mein erster Eindruck auch: okay, das ist ziemlich viel Telling, also reines Beschreiben. Zu wenig dargestellt, was bei einem Gedicht eigentlich im Vordergrund stehen sollte.
Wenn man über so ein alltägliches Thema schreibt, zudem fast jeder Mensch dasselbe fühlt, sollten die Worte hohe Intensität haben, um den Leser auf eine neue Weise zu überraschen, was er eigentlich nicht erwartet.
Die erste Strophe ist gut.
Noch besser wäre es, wenn man das "in dem ich sitze" weglassen würde.
In einem Wartezimmer sitzt man, man steht nicht. Das wäre dann wieder reines Telling. Damit nimmst du dem Leser das Zu-Ende-Denken des Bildes "Wartezimmer".
Es reicht also, wenn du schreibst:
"Das muss ein Wartezimmer sein"
Bei der zweiten Strophe weiß ich, was du sagen willst, aber die auserkorenen Worte sind mir zu schwach und zu unkonkret.
"weiße Wand"
Ich lese das jetzt in Verbindung mit den zwei anderen Beschreibungen "kalt" und "Neonröhre". Daraus schließe ich jetzt spontan, dass die "weiße Wand" auch etwas Negatives darstellen soll.
Aber, ist eine weiße Wand dann schlecht? Das ist mir vielleicht zu schwach ausgedrückt.
Alternativ: "kahle Wand"
"Kahl" gibt dem Leser das Gefühl, dass es jetzt etwas Negatives ist als "weiß".
"an der Decke Neonröhren"
Dieses "an der Decke" ist wie in der ersten Strophe eine etwas unnötige Information (Telling), denn auf dem Boden sind keine Neonröhren. Sie können eigentlich nur an der Decke sein. Der Leser darf ruhig selbst etwas nachdenken und zu Ende denken.
Wie wäre es, wenn du bei den Neonröhren auch ein Adjektiv benutzt, so wie bei den zwei vorherigen Wörtern.
z. B. "grelle Neonröhren" oder den Satz irgendwie ganz umstellen, und den Leser kurz verwirren (das wäre mein Stil):
"Neonröhren an der grellen Decke"
Die dritte Strophe passt soweit ganz gut.
Ich finde es schön, dass du das Wort "Fremden" benutzt, das gibt gleich dieses Unwohlsein und Abgeschiedensein wieder.
Du könntest es vielleicht auch nur andeuten, dass du im Wartezimmer sitzt und sich die Menschen zu nah an einem befindet, indem du ein bisschen Dynamik hineinbringst, wenn du nur "Fremde" schreibst, also:
"um mich herum
die sich nähernde
fremde"
Zur vierten Strophe:
Das ist vielleicht die intensivste Stelle, weil man das Gefühl hat, man befindet sich nicht mehr in einem Wartezimmer sondern irgendwie in einer Prüfungssituation, weil dieses leicht Bedrohliche angedeutet wird.
Ich hätte das "niemand" durch "keiner" ersetzt, dann ist da eine Konsequenz drin.
Ich überlege, ob man "erwartet" lassen kann. Aber das passt ganz gut, weil da auch das Wort "warten" drin ist.
In den zwei letzten Strophen wird diese Düsternis abgeschwächt.
Die Wörter "vielleicht" lassen auf die Sorgen und Gedankengänge des Wartenden hindeuten. Das finde ich realistisch.
Das mit den "Handys", da bin ich mir nicht so sicher.
Ich bin generell kein Fan von englischen Begriffen in deutschen Gedichten. Ich weiß auch nicht, ob das jetzt hier schon als gesellschaftliche Kritik zu verstehen ist oder nur eine Ablenkung darstellen soll, weil du "starren" schreibst. Das ist mir schon fast zu sehr Floskel.
Mir fehlt auch so bisschen der letzte Kick, irgendwas, was den Leser ein bisschen verzweifelt zurücklässt.
Dein Gedicht gibt die Erdrücktheit, die Banalität des Wartens, die Angst und das Ungewisse ganz gut wieder, aber mir ist das nicht schwer genug.
Mir fehlt das Spielen mit der Sprache.
Am Ende vielleicht ein:
"und warten immer weiter"
Damit zeigst du, dass es keine einmalige Sache ist, sondern immer wieder vorkommt.
_
Das wär's dann erstmal von mir.
Bitte verstehe meine Ratschläge eben nur als Ratschläge, ich möchte mir nicht anmaßen, dir eine fertige Richtung vorzugeben.
Gruß
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Affodill Schneckenpost
A
Beiträge: 7 Wohnort: Heidelberg
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A 20.08.2023 15:15
von Affodill
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Antwort an @Lyro
Ich finde deine Interpretation/deine Gedanken sehr interessant.
Zum Thema "Telling" habe ich folgende Gedanken: In diesem Gedicht könnte man es einerseits so sehen, dass alles "getellt" ist - oder aber, dass das gesamte Gedicht an sich eine Metapher ist. Dann "showt" es für mich ein grundlegendes Lebensgefühl.
Dieses Gefühl im Leben nicht richtig voranzukommen oder immer auf eine Chance zu warten. Und wenn man "aufgerufen" wird - also "die Chance" endlich da ist, weiß man nie, wie die Diagnose ausfällt.
Konkret fällt mir noch ein, statt "weiß" (was ja an sich ein wertneutrales Wort ist) Begriffe zu verwenden, die trister rüberkommen. Vielleicht
"blasse Wand"
"blutleere Wand"
"bleiche Wand"
"leere Wand"
"Wand wie ein leeres Blatt"
"unbeschrieben"
"unbebildert"
"glatte Wand"
"blinde Wand"
"farblose Wand"
...
_________________ ---
Ein Schweigen im Wortkleid
Rührt mich an
Im Vorbeiflug |
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Affodill Schneckenpost
A
Beiträge: 7 Wohnort: Heidelberg
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A 20.08.2023 16:19
von Affodill
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Oh je das Thema iat ja schon uralt... Hab ich übersehen. 🙈
_________________ ---
Ein Schweigen im Wortkleid
Rührt mich an
Im Vorbeiflug |
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Hallogallo Klammeraffe
Alter: 61 Beiträge: 644 Wohnort: Auenland
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21.08.2023 10:10
von Hallogallo
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Danke für euer freundliches Feedback!
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