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Romanauszug, medizinisch korrekt?


 
 
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HansGlogger
Geschlecht:männlichKlammeraffe
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Alter: 65
Beiträge: 606
Wohnort: Bayern


H
Beitrag10.07.2022 09:51
Krebsdiagnose und Arzt-Patientengespräch
von HansGlogger
eBook pdf-Datei Antworten mit Zitat

Neue Version »

Hallo zusammen,
es folgt ein Auszug aus einem Roman.
Vorgeschichte:
Der Protagonist wird von anderen aufgefordert, Gift zu nehmen, er lehnt es ab. Sie weisen ihn auf seine gelblichen Augäpfel und andere Symptome einer tödlichen Krankheit hin.
Ich bitte darum, den Text aus medizinscher Sicht zu prüfen, stimmen die Fakten, die Abläufe, reden Ärzte so, wenn sie Patienten eine Krebsdiagnose mitteilen müssen.
Ich habe im Internet recherchiert, Patientenberichte gelesen, eigene Erfahrungen und Erfahrungen anderer einfließen lassen, habe aber persönlich nie so etwas erlebt.
Literarische Kommentar sind natürlich auch sehr willkommen.
Danke im voraus
Hans
----------------

Er war davon überzeugt, sie wollten ihn mit der Ankündigung eines schmerzhaften Todes verängstigen, ihn dazu bewegen, das Gift einzunehmen. Zuhause angekommen, eilte er in das Bad, seine Augen zu untersuchen und sah den leichten Gelbstich, von dem sie gesprochen hatten. Sofort rief er die Hausärztin an. Die morgendlichen Schmerzen im Oberbauch und Rücken übertrieb er, klagte über Appetitlosigkeit und Durchfall, die gelblichen Augäpfel erwähnte er nicht, um nicht als Hypochonder zu erscheinen. Am späten Nachmittag desselben Tages erhielt er einen Termin.

In der Sprechstunde schilderte Paul die Beschwerden und wies dann auf den Gelbton der Augäpfel hin. Die Ärztin bat ihn auf die Liege, tastete ihn ab und fragte nach Schmerzen bei Druck und Loslassen. Sie schaltete das Gerät am Kopfende der Liege ein.

»Ich mache jetzt eine Ultraschalluntersuchung.«

Ihre Miene erschien Paul zunehmend besorgter, sie legte den Kopf des Gerätes zur Seite und redete mit betont ruhiger Stimme auf ihn ein, wie mit  einem Kind, das Angst hat.

»Machen Sie sich keine Sorgen! Ich vermute eine harmlose Entzündung im Bereich der Galle oder Bauchspeicheldrüse, vielleicht auch Gallensteine. Aber ich würde Sie gerne zur Sicherheit in der Klinik vorstellen, damit wir nichts übersehen. Bitte suchen Sie nicht im Internet, da finden Sie viele falsche Informationen.«

Sie bat ihn dann im Wartezimmer Platz zu nehmen. Unruhig blätterte er in den ausliegenden Zeitschriften. Eine Viertelstunde später streckte die Arzthelferin den Kopf durch die Türe:
»So, wir haben jetzt einen Termin für sie. Morgen um zehn Uhr. Das passt doch?«

»Ja. Die Überweisung?«, sagte er.
»Die haben wir für Sie gefaxt.«
Sie überreichte ihm einen Notizzettel mit dem Ort und dem Termin, er war nicht sehr überrascht, »Onkologie« zu lesen.
Auf dem Heimweg brach seine Gewissheit endgültig zusammen. Die Ärztin kannte er seit Jahren, unvorstellbar, dass sie mit ihnen zusammenarbeitete und ihm etwas vorgespielt hatte.

Die Nacht würde furchtbar werden, im Medikamentenschrank musste noch Schlafmittel liegen. Er fand die Tabletten zwischen den anderen angebrochenen Medikamentenpackungen, sie waren seit Wochen abgelaufen. Er nahm die Schachtel mit ins Wohnzimmer und mischte zwei Pillen in ein halbvolles Wasserglas mit Cognac. Dann schaltete er den Fernseher ein, wechselte ständig zwischen Sendungen hin und her und konnte keiner folgen. Schließlich setzte er sich doch an den Computer und suchte nach den Symptomen. Wütend schaltete er den Rechner aus und stürzte den Cognac hinunter, verzichtete auf das abendliche Zähneputzen und wankte ins Bett. Nach wenigen Minuten umfing ihn schwarzer, traumloser Schlaf. Um drei Uhr weckte ihn das Jaulen des Hundes, Lucky musste raus. Benommen von den Tabletten und dem Alkohol schwankte er die menschenleere Straße entlang, bis er der Hund sein Geschäft verrichtet hatte. Bevor er sich wieder schlafen legte, stellte er den Wecker auf acht Uhr.

Im Krankenhaus

Die Hausärztin hatte nicht erwähnt, dass er nüchtern zur Untersuchung  erscheinen solle, trotzdem trank er morgens nur ein Glas lauwarmes Wasser. Nach einer kurzen Runde mit Lucky um den Block, rief er ein Taxi.
Im Krankenhaus empfingen ihn zwei Damen mit professioneller Freundlichkeit und reichten ihm einen Fragebogen. Eine halbe Stunde später rief ihn eine Helferin und nahm ihm mehrere Ampullen Blut ab. Die Frage, ob er nüchtern sei, beantwortete er mit einem wortlosen Nicken.

»Gleich kommt der Arzt.«
Quälend lange Minuten später eilte der Oberarzt, ein hagerer Mann Ende vierzig, in das Untersuchungszimmer, blickte kurz in die Unterlagen, studierte am Computer den Arztbrief, den ihm die Hausärztin anscheinend per E-Mail geschickt hatte, fragte nach den Beschwerden, tastete den Oberbauch ab.
»Wir machen eine Ultraschalluntersuchung mit dem Endoskop. Dazu ist eine Kurzzeitnarkose erforderlich. Lesen Sie bitte den Aufklärungsbogen und unterschreiben Sie ihn. Falls Sie Fragen haben, sprechen Sie vor der Untersuchung mit der Ärztin.«

Er huschte wieder aus dem Raum. Die Arzthelferin gab ihm den Bogen und erklärte ihm den Weg zum Untersuchungszimmer.
Die Patientenaufklärung überflog er kurz, kreuzte „Keine weiteren Fragen“ an, unterschrieb und wartete im endlosen Flur. Andere Patienten, alle kreidebleich, viele mit Mützen auf dem kahlen Schädel, schlurften, teilweise schon am Rollator, an ihm vorüber. Er empfand eine heftige Abneigung gegen sie. Warum klammern die sich an ihr elendes Rest-Leben? Er dachte wieder an das Gift. Den Gefallen würde er ihnen nicht tun, vielleicht jede Behandlung ablehnen und dann zum Schluss Morphium. Endlich rief ihn eine Ärztin zur Untersuchung, kontrollierte den Aufklärungsbogen, bat ihn auf die Liege und legte den Zugang für die Narkose. Todes Bruder nahm ihn gnädig für eine halbe Stunde bei sich auf.

Wieder musste er im Flur warten. Eine Stunde später öffnete ein Arzt eine Tür gegenüber und bat ihn in das Besprechungszimmer. Als er zwei weitere Ärzte, den Oberarzt und eine junge Assistenzärztin dort sitzen sah, wusste er was nun folgen würde. Der Oberarzt studierte mit gesenktem Kopf Unterlagen, neben ihm nahm der andere Arzt wieder Platz und starrte auf das Bild neben der Tür, die Ärztin wagte mit feuchten Augen einen scheuen Blick auf Paul und wich seinem sofort aus.
Der Oberarzt hob den Kopf und forderte ihn auf, Platz zu nehmen. Der Film begann - Paul war Hauptperson und Zuschauer. Satzfetzen drangen wie Schreie durch dichten Nebel: »… Bauchspeicheldrüsenkrebs … morgen ein CT … beginnen übermorgen mit der Chemotherapie …«

Pauls Mund fühlte sich so trocken an, dass er kaum sprechen konnte.   
»Wie lange noch?«, fragte er mit tonloser Stimme.
Die jungen Assistenzärztin drehte den Kopf zur Seite.

»Die Medizin hat in der Chemotherapie in den letzten Jahren enorme Fortschritte gemacht. Wir konnten schon vielen Patienten helfen. Es besteht definitiv eine Aussicht auf Heilung«, antwortete der Oberarzt.

»Die durchschnittliche Überlebenszeit ist zweieinhalb Jahre. Steht im Internet.«
»Das ist ein Durchschnittswert aus der Vergangenheit. Wir beginnen übermorgen mit der ersten Staffel der Therapie. In Ihrem Fall bin ich recht zuversichtlich, dass der Tumor gut darauf anspricht«, antwortete der Oberarzt.

»Operieren kann man aber nicht mehr?«
»Dazu würde ich im Moment nicht raten. Wir müssen jetzt mit der Chemotherapie beginnen, danach sehen wir weiter.«
Der andere Arzt nickte ihm zu.  Die Ärztin, immer noch mit den Tränen kämpfend, lächelte ihn aufmunternd an.
Der Oberarzt entnahm den Unterlagen einen Bogen und schob ihn über den Tisch.

»Im Internet finden Sie viele falsche Aussagen. Hier haben Sie eine seriöse Patienteninformation.«
Paul nahm den Bogen, faltete ihn, stand auf und steckte das Papier in seine Hosentasche, Er wollte raus, allein sein, mit seinem Hund durch den Park wandern. Der Oberarzt erhob sich ebenfalls, umrundete den Tisch und reichte ihm die Hand.

»Sie leben allein?«
Paul nickte stumm.
»Soll ich einen Termin für Sie bei unserem psychosozialen Dienst machen? Jetzt sofort?«
Er griff zu seinem Mobiltelefon.
»Nein danke, jetzt nicht. Später vielleicht.«
Der Arzt überreichte ihm eine Karte.
»Sie können dort jederzeit anrufen.«
»Ja, mache ich.« Paul wandte sich zur Türe.
»Sie sollten jetzt nicht mit dem Auto fahren.«
»Ich nehme ein Taxi.«
»Gut. Termin für das CT ist morgen.«
Er reichte ihm ein Kärtchen.
»Und melden Sie sich dann übermorgen bei Ihrer Hausärztin Frau Dr. Kahle. Ich werde sie jetzt sofort anrufen.«
»Danke.«
Der Arzt begleitete ihn zur Türe. »Ihnen alles Gute.«
»Danke, Ihnen auch.« Er nickte noch den beiden anderen Ärzten zu. »Ihnen auch und auf Wiedersehen.«

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Bananenfischin
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Beitrag10.07.2022 11:55

von Bananenfischin
Antworten mit Zitat

Hallo HansGlogger,
ich habe deinen Text aus dem Recherchethread in die Werkstatt verschoben, da er für Ersteren zu umfangreich ist und du ja auch literarische Kritik willst.
Liebe Grüße
Bananenfischin


_________________
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Ralphie
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Beitrag10.07.2022 12:13

von Ralphie
Antworten mit Zitat

Hallo, Hans!

Das liest sich für mich Laien ganz fabelhaft!

 Smile
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Levo
Klammeraffe
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Beiträge: 869



L
Beitrag10.07.2022 12:30

von Levo
Antworten mit Zitat

Wenn beim Pankreas Ca schon eine „Gelbsucht“ auftritt, ist es ein spätes Stadium. Die Aussagen gegenüber dem Patienten sollten keine falschen Versprechen beinhalten. Es geht um abgerungene Zeit, wobei diese heutzutage durchaus signifikant verbessert ist, hinsichtlich Zeitraum und Lebensqualität. Her2/neu wäre unter anderem ein Stichwort.
Üblicherweise steht vor der Therapie die Diagnosesicherung incl histopathologischer Verifikation und heutzutage molekularpathologischer Analyse, die Hinweise auf Prognose und individualisierte Medikamente liefert.  Dann wird der Patient im Tumorboard mit all diesen Befunden vorgestellt. Dort wird über das weitere Vorgehen entschieden und üblicherweise wird auch nach dem Patientenwunsch gefragt; entsprechend lautet dann die Therapieempfehlung für den Einzelnen. Deine Ärzte kommen bei mir unseriös rüber. Aber wenn Du Laienleser fragst, wird es niemandem auffallen.
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HansGlogger
Geschlecht:männlichKlammeraffe
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Alter: 65
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H
Beitrag10.07.2022 16:19

von HansGlogger
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Hallo Ralphie,
Danke für das Lob.

Hallo Levo, vielen Dank für Deine schnelle Antwort

Levo hat Folgendes geschrieben:
Wenn beim Pankreas Ca schon eine „Gelbsucht“ auftritt, ist es ein spätes Stadium.

Für den Plot sollte der Proto noch drei bis vier Monate in guter Lebensqualität haben. Das ist bei Behandlung auch bei spätem Stadium möglich, denke ich

Die Aussagen gegenüber dem Patienten sollten keine falschen Versprechen beinhalten. Es geht um abgerungene Zeit, wobei diese heutzutage durchaus signifikant verbessert ist, hinsichtlich Zeitraum und Lebensqualität. Her2/neu wäre unter anderem ein Stichwort.

Ein Bekannter von mir starb mit fünfzig an Pankreas Ca. Nachdem er seine Diagnose bekannt gab, lebte er noch gut zwei Jahre bei hoher Lebensqualität, fünf Monate vor seinem Tod war er noch im Urlaub mit der Familie. Er war bis ca vier Wochen vor seinem Tod optimistisch, seine Hoffnung richtete sich auf neue Therapien, er hoffte mit Hilfe der Chemo so lange zu überleben bis eine Heilung möglich ist.
Ich weiß nicht worauf er seine Hoffnung gründete.  Er war ganz euphorisch, als er in eine Studie aufgenommen wurde.



Üblicherweise steht vor der Therapie die Diagnosesicherung incl histopathologischer Verifikation und heutzutage molekularpathologischer Analyse, die Hinweise auf Prognose und individualisierte Medikamente liefert.  


In Wikipedia
https://de.wikipedia.org/wiki/Bauchspeicheldr%C3%BCsenkrebs
steht

Die ERCP (eine Kombination aus Endoskopie und Röntgenkontrastdarstellung) kann den Verschluss des Gallen- oder Pankreasganges nachweisen und bei günstiger Lage eine Biopsie des Tumors ermöglichen.

Ich habe das so verstanden, dass eine Biopsie nicht immer möglich ist und deshalb auf die Entnahme eine Gewebeprobe und Laboruntersuchung verzichtet. Im Plot soll es schnell gehen.



Dann wird der Patient im Tumorboard mit all diesen Befunden vorgestellt. Dort wird über das weitere Vorgehen entschieden und üblicherweise wird auch nach dem Patientenwunsch gefragt; entsprechend lautet dann die Therapieempfehlung für den Einzelnen. Deine Ärzte kommen bei mir unseriös rüber. Aber wenn Du Laienleser fragst, wird es niemandem auffallen.


Ich will schon halbwegs realistisch schreiben. Desbalb zwei Fragen:

1) Wie lange dauert es mindestens vom Hausarztbesuch bis zur Mitteilung der Diagnose Pankreas Ca an den Patienten? Der Zeitraum sollte aus dramaturgischen Gründen so kurz wie möglich sein.

2) Wie wird dem Patienten in diesem Zeitraum ein sich erhärtender Verdacht kommuniziert, also zum Beispiel zwischen der Endoskopie und dem CT, wo dann Metastasen entdeckt werden.

Wir müssen warten, bis wir alle Befunde haben. Vorher können wir gar nichts sagen.

Wir haben einen Verdacht auf ein Pankreas Ca müssen das aber noch abklären.

Machen Sie sich keine übermäßigen Sorgen, in den meisten Fällen ist es etwas Harmloses.
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WSK
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Alter: 34
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Beitrag10.07.2022 23:01

von WSK
Antworten mit Zitat

Medizinisch:
Der Verschluss-Ikterus müsste noch behandelt werden, damit können sie ihn nicht einfach so entlassen. Sie können ihm im Rahmen einer ERCP einen Stent in den Gallengang einlegen. ERCP und endosonografische Pankreaspunktion (zur Gewinnung der Biopsie) sind aber zwei unterschiedliche Untersuchungen, die i.d.R. auch nacheinander gemacht werden. Beides wird von Gastroenterologen, nicht von Onkologen durchgeführt. Onkologen können das nicht und haben auch nicht die Geräte.
Zwischen Biopsie und Diagnosemitteilung müssen ein paar Tage vergehen, so schnell ist der Pathologe nicht.

Zum Verhalten der Ärzte:
Absurd fand ich die Ärztin, die heult. Never ever. Sie kennt den Patienten ja nicht mal. Sterbende Menschen ist sie gewohnt, selbst wenn sie gerade ihren ersten Tag nach dem Studium hat. Dass sie ihm zu dritt die Diagnose mitteilen, ist auch unrealistisch, dazu haben die keine Zeit, das tut ein Arzt allein (OA oder Assistent).
Ansonsten stimme ich Levo zu, dass die Ärzte sich teilweise sonderbar verhalten, aber es keinen Laien stören wird.
Was mich mehr gestört hat, war der Held, der eiskalt wirkt. Dadurch kam die Dramatik seines nahenden Todes für mich kaum rüber.

Zu deinen Fragen:
Ja, der Arzt teilt die Diagnose "Pankreastumor" sofort nach dem Ultraschall mit. Das ist schon alleine deswegen notwendig, weil der Patient ja der endosonografischen Punktion zustimmen muss. Ob gutartig oder bösartig weiß man davor noch nicht.
Eine Biopsie wird eigentlich immer gemacht. Selbst im Endstadium will man noch wissen, was das für ein Tumor ist, um z.B. palliative Chemo anbieten zu können.
Dass man den Tumor wegen ungünstiger Lage nicht punktieren kann, habe ich nie erlebt, meine OÄ haben immer getroffen. Es kommt aber vor, dass man die Punktion zur Sicherheit wiederholen muss, wenn keine Tumorzellen darstellbar waren.
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HansGlogger
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Beitrag11.07.2022 21:54

von HansGlogger
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Danke auch Dir, Wohlstandskrankheit.

Also kann ich das so schreiben, dass der Prota am Tag der Vorstellung in der Klinik die Diagnose mit schlechter Prognose erfährt. Die Chemo beginnt dann Tage später nachdem die Gewebeprobe beim Pathologen war.

Noch eine wirklich letzte Frage:
Falls der Patient mit so einer Diagnose nach Hause entlassen wird, wird er in irgendeiner Weise psychologisch betreut, oder wird ihm wie ich schreibe, wenigstens Hilfe angeboten? Gibt es da irgendwelche Standards?

Zur Kritik am eiskalten Prota und der weinenden Ärztin.

Ich wollte zeigen, dass der Prota in eine Art Schockstarre verfällt. In meinem Leben hatte ich schon öfters solche Momente. Zum Beispiel: Als Fahranfänger nahm mir ein Mofa-Fahrer die Vorfahrt und lag dann reglos in einer Blutlache um den Kopf auf dem Boden. Er hatte Gottseidank nur eine Gehirnerschütterung.
Ich hatte in diesem Moment das Gefühl neben mir zu stehen und habe ganz mechanisch funktioniert.

Zur weinenden Ärztin: Meine Tochter studiert Medizin und hat ihre Pflegepraktika schon hinter sich. Sie kämpfte mit den Tränen, wenn sie von verstorbenen Patientinnen (liebe alte Omis) erzählte. Aber sie ist noch recht jung und hatte schon als Kind nahe am Wasser gebaut.

Die weinende Ärztin sollte ein Gegenpol zum Prota in Schockstarre darstellen. Ich werde sie streichen oder zur Ärztin im Praktikum oder Famulantin "degradieren".
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WSK
Geschlecht:weiblichReißwolf

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Beiträge: 1809
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Beitrag11.07.2022 22:02

von WSK
Antworten mit Zitat

Bei einer Famulantin passt es eher, auch, dass sie zusätzlich dabei sitzt. Würde dann aber nur 1 Arzt + 1 Famulant machen.

Bei der psychologischen Betreuung gibt es keine Standards und die Situation ist bekanntermaßen schlecht. Mir selber ist nur der Klinikseelsorger für sowas bekannt (also ein religiöser Typ, der dir zuhört). Manche Kliniken stellen auch einen Klinikpsychologen an (das ist dann aber nur einer für ein riesiges Haus, also da kriegt man dann nur ein Gespräch). Ambulant vielleicht bei einer Krebshilfe, oder Diakonie und sonstige Beratungsstellen, die Hilfe in Belastungssituationen anbieten.
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Hirata
Schneckenpost
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Beiträge: 12
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Beitrag16.07.2022 13:05

von Hirata
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Hallo,

Anfangs hat mich irritiert, dass er der Ärztin (oder der Arzthelferin?) nicht sofort die gelben Augen mitteilen wollte...aus dem Grund ungläubig zu wirken..
Das fand ich merkwürdig, denn im Termin sieht sie es ja.

Die Geschichte ist flüssig geschrieben. Die Ärzte fand ich auch unglaubwürdig.  Wie die anderen schon schrieben, zu viele, die anwesend sind bei der Diagnoseverkündung. Und die Ärtzin, die weint, das wirkt nicht authenthisch.

Die Ärzte müssen ja professionelle Distanz wahren.

Dein Protagonist fand ich auch unterkühlt. Vielleicht kannst du den Leser noch mehr mitfühlen lassen, wie er sich fühlt, z.B.
Sein Herz setzte aus....sein Herz fing an zu rasen..er bekam feuchte Hände, als er vor den Ärzten saß.

Er fühlte sich benebelt, nur noch Wortfetzen drangen zu ihm durch...

Trotzdem eine interessante Geschichte. Mir ist der Zusammenhang mit dem Gift noch nicht so ganz klar geworden.

Lg Hirata
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HansGlogger
Geschlecht:männlichKlammeraffe
H

Alter: 65
Beiträge: 606
Wohnort: Bayern


H
Beitrag16.07.2022 18:19

von HansGlogger
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Hallo Hirata, hallo WSK,
eure Rückmeldungen sind hilfreich für das Überarbeiten der Szenen.
Die Anregungen werde ich übernehmen.

Zu den Fragen:  Es ist ein Romanauszug, ich hätte ein paar einleitende Sätze schreiben sollen.
Der Prota wird von anderen Figuren bedrängt, Gift zu nehmen. Sie haben ihn (beinahe) davon überzeugt aus dem Jenseits zurückgekehrt zu sein und fordern ihn nun auf, dorthin "überzusiedeln", indem er Gift nimmt. Lehnt er es ab, wird er nach seinem Tod für immer tot bleiben. Der Prota lehnt es ab. Dann weisen sie ihn auf den leichten Gelbton seiner Augäpfel hin und sagen, dass er in ein paar Monaten sowieso an Krebs sterben wird. Er soll zum Arzt gehen, sie werden die Diagnose bestätigen. Der Porta hat dieses Gelb bisher nicht bemerkt und weiß nicht, ob er es sich hat einreden lassen und es nur das Licht im Badezimmer ist, er sagt deshalb am Telefon nichts davon, eben um nicht als Hypochonder zu erscheinen.
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UtherPendragon
Eselsohr
U


Beiträge: 402



U
Beitrag18.07.2022 13:37

von UtherPendragon
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Moin Hans,

zu dem Verhalten der Ärzt*innen wurde zutreffendes gesagt, die weinende Ärztin kann ich mir auch nicht vorstellen.

Da Du hier ja aber ausdrücklich einen Teil eines Romans eingestellt hast, möchte ich gern für mich zu Protokoll geben, dass ich die "Schockstarre" deines Prota zwar nicht als solche beschreiben würde, den tauben, rastlosen Zustand, in dem er eben nicht ausrastet, der Körper oder Kopf verrückt spielt, sondern der Mensch wie mechanisch seinen alltägllichen, nun scheinbar bedeutungslosen Pflichten nachkommt, für mich sehr glaubhaft geschrieben ist. GGf. könntest du im Krankenhaus vllt mehr Sinneseindrücke beschreiben ohne sie zu emotional werten? Nur so eine Idee.

ABER: Das Verhalten der Ärzt*innen schafft hier einen Kontrast, der dieses Feeling untergräbt. Ich fände den Text noch um einiges sitmmiger, wenn auch Pauls Behandlung im KH, die er erhält, eher durchschnittlich und leicht unterkühlt ausfiele. Oder mindestens mit weniger Gesprächspartner*innen.


Marginalien:

"Schließlich setzte er sich doch an den Computer und suchte nach den Symptomen." Finde ich zu lax geschrieben, sodass es sich nicht ideal in den Text einpasst

"Die Hausärztin hatte nicht erwähnt, dass er nüchtern zur Untersuchung erscheinen solle," Den Satz fühle ich sehr! Sehr authentisch

"Er war davon überzeugt, sie wollten ihn mit der Ankündigung eines schmerzhaften Todes verängstigen, ihn dazu bewegen, das Gift einzunehmen." Der erste Satz hier wirkt deplatziert, zu krass, zu plötzlich, aber das liegt letztendlich wahrscheinlich in der notwendigerweise beschnittenen Kohärenz begründet.

LG
UP


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HansGlogger
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Beitrag19.07.2022 09:43

von HansGlogger
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Hallo Uther,
das Ärzteteam werde ich rausnehmen. Ich meinte irgendwo gelesen zu haben, dass ein Patient sofort wusste, was auf ihn zukommt, als er sich einem "Empfangskomitee" (Konzil hieß das wohl in der Medizin, heute eher Board) von Ärzten gegenüber sah, die seinem Blick auswichen. Aber nachdem alle Rückmeldungen dazu negativ waren, auch von Fachleuten, entferne ich das.
Ansonsten habe ich deine und die anderen Rückmeldungen in den Text kopiert und arbeite sie beim nächsten Durchlauf ein.
Viele Grüße und Danke
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anuphti
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Beiträge: 4320
Wohnort: Isarstrand
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Beitrag19.09.2022 13:43

von anuphti
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Hallo Hans,

nur ganz kurz ein paar Anmerkungen, da schon so viele andere User das meiste aufgedröselt haben.

Bei der Hausärztin:

Nicht "Ultraschalluntersuchung" sondern einfach "Ultraschall", das versteht auch der Patient bzw. Leser.
Das der Ton sich während der Untersuchung ändert wirkt unrealistisch. Wir Ärzte sind ja täglich mit solchen Diagnosen konfrontiert und bleiben generell relativ sachlich, bis wir die genaue Diagnose haben. Gallensteine sollten im US sichtbar sein, die Verdachtsdiagnose sollte sie schon ausschließen können. Außerdem hätte ich mir bei der Hausärztin schon ein Blutbild wegen dem Ikterus (Gelbsucht) erwartet.

Die Überweisung erfolgt noch nicht in die Onkologie. Entweder zu einem niedergelassenen Gastroenterologen, oder in die Radiologie, wenn es um die Diagnose geht.

Im Krankenhaus:
Ampullen sind kleine Glasröhrchen, zum Beispiel mit Medikamenten drin.
Diese Dinger für die Blutproben sind aus Plastik, wir nennen sie einfach "Röhrchen".
Es reicht aber, wenn Du sagst "Die Helferin nahm ihm Blut ab" (wie viele Röhrchen und für was versteht eh kein Laie)

Ganz generell weichen Ärzte keinem Blickkontakt mit Patienten aus. Gerade nicht, wenn es um heikle Diagnosen geht. Da stimme ich allen anderen Kommentatoren zu.
Ein Arzt für die Diagnoseübermittlung reicht.
Dass dabei schon gleich ein Angebot für soziale Betreuung gemacht wird ist utopisch. Eher wird ein zweiter Termin gegeben, um den weiteren Ablauf der geplanten Therapie zu besprechen.
Vielleicht wird noch auf eine Organisation/Selbsthilfegruppe verwiesen.

Aber ansonsten akribisch recherchiert! Daumen hoch

Liebe Grüße
Nuff


_________________
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SannyB
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Beiträge: 174
Wohnort: BaWü


S
Beitrag19.09.2022 17:36

von SannyB
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Hallo Hans,

meine Hausärztin hat kein Ultraschallgerät. Sie überweist an einen entsprechenden Facharzt, aber so schnell (morgen) bekommt man da üblicherweise keinen Termin.
Das mag bei einem Verdacht auf Krebs anders aussehen, aber ob ein Hausarzt ohne Ultraschall darauf kommt? Oder doch nur generell ein Problem mit der Leber vermuten würde...?

Vielleicht haben Dir die anderen fachlichen Kommentare schon eine Lösung aufgezeigt, wie Dein Patient seine Diagnose möglichst schnell erhält (habe nicht alle gelesen).
Bei dem Plot wäre es natürlich schlecht, darauf noch mehrere Tage oder Wochen warten zu müssen...

Viele Grüße,
Sanny
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HansGlogger
Geschlecht:männlichKlammeraffe
H

Alter: 65
Beiträge: 606
Wohnort: Bayern


H
Beitrag19.09.2022 19:51

von HansGlogger
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Hallo Sanny, Hallo Nuff

Die Anmerkungen aus den vorherigen Kommentaren habe ich schon eingearbeitet. Eure werde ich beachten, wenn ich das nächste Mal die Stelle überarbeite.

Zum Ton der Hausärztin:
Meine hatte sich mal beim PSA-Wert verlesen: 3,8 ng/ml statt 0,38 was wirklich im Bericht stand. Sie hat den Ton gewechselt und mir ganz langsam erklärt, dass der Wert nicht wirklich besorgniserregend sei, aber sie mich doch gerne zu Urologen schicken würde. Dann hat sie nochmal aufs Blatt geschaut und es gesehen, dass dort 0,38 steht.
In den paar Sekunden zuvor habe ich sofort verdrängt: Das kann nicht schlimm sein, letztes Jahr war der Wert ja noch ok. Bestimmt kein Krebs.

Zur Blutentnahme: Wenn er am nächsten Tag in Krankenhaus geht, entnimmt die Hausärtzin trotzdem?

Aber wenn es als störend empfunden wird, kann ich es raus nehmen. Aber mir wurde gesagt, ich soll mit mehr Emotionen schreiben, meine Figuren wirken wie Sprechpuppen
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HansGlogger
Geschlecht:männlichKlammeraffe
H

Alter: 65
Beiträge: 606
Wohnort: Bayern


H
Beitrag29.09.2022 17:05

von HansGlogger
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Überarbeitung hier im Romanauszug
https://www.dsfo.de/fo/viewtopic.php?p=1415230#1415230
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