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Großstadtsyndrom


 
 
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holg
Geschlecht:männlichExposéadler

Moderator

Beiträge: 2396
Wohnort: knapp rechts von links
Bronzenes Licht Der bronzene Roboter


Beitrag09.09.2022 22:37

von holg
Antworten mit Zitat

d.frank hat Folgendes geschrieben:
holg

Zitat:
als Film wäre das am ehesten ein Terry Gilliam, mit ausreichend Rohren, aber zu wenig wehender Plastikfolie.


Diese Vergleiche mit Filmen, die finde ich ganz cool und nach der Recherche finde ich auch, das trifft den mitunter schmerzhaften Humor ziemlich gut. Bei 12 Monkeys hatte ich jedenfalls öfter Momente, wo ich nicht wusste, ob ich lachen oder weinen, oder einfach nur mit dem Kopf schütteln soll.
Ich wusste auch gar nicht, dass dieser Film auf das Konto des Regisseurs geht, von daher danke für den Mehrwert.

Gilliam ist einfach grandios.
Ich war da tatsächlich eher bei Brazil, den ich "damals", noch auf VHS, mehrmals gesehen habe, bei dem ich aber nun auf den Streamingportalen immer knapp daneben klicke, auch wenn ich ihn großartig in Erinnerung habe.
Und allein diese Assoziation zeigt eigentlich, dass ich deinen Text gut fand. Er ist mit einer der Gründe, warum ich die Punktevergabe nicht hinbekommen habe. Ich hatte ihn unter nochmal genauer ansehen abgelegt und schlicht vergessen. Beim nochmal durchsehen hat er dann alles durcheinander gebracht, weil er iim Vergleich mit anderen immer weiter nach oben gerutscht ist. Ja nun. Ist passiert. Tut mir leid. Und nachdem ich ein paar der anderen Kommentare gelesen habe, ist mir das ein oder andere Licht aufgegangen. Ich wollte da drin was finden, was nicht drin ist, nicht reingehört und und nur meiner Vorstellung des Textes entsprang.
Der letzte Satz meines Kommentars wird dem Text nicht gerecht und ist viel zu salopp abwertend formuliert.

d.frank hat Folgendes geschrieben:
Zitat:
Andererseits fehlt dazu eine tiefere Ebene, ein größeres Thema, das erkennbar verhandelt wird, als nur die Selbstmord-wegen-Ennui-und-Krebs Geschichte.


Ich weiß nicht, aber ich finde den Vergleich mit Langweile/Überdruss nicht so passend für ein Leben, das von Arbeit und Krankheit gezeichnet ist. Wie ist es dann mit den Menschen, die außerdem noch mit dem Thema Sprachbarriere und prekären Arbeitsbedingungen beschäftigt sind oder welchen, die einfach mal so durchs System rutschen, weil sie nichts mehr leisten können und nie genug hatten, um für den Ernstfall vorzusorgen und für die ein Pauschalurlaub auf Mallorca nicht mal in weiter Ferne liegt. Sollen die sich dann doch auch mal nicht so haben? Sind ja alle es ihres eigenen Glückes Schmied, oder wie siehst du das?
Da sehe ich den Überdruss noch eher in deinem Text zwischen leerstehenden und angemieteten Häusern und Segeljachten, Auberginen, Rasenflächen und Blicken über den See - white people problems wäre der zynische Ausdruck dafür.
Aber kann ja auch durchaus sein, dass wir eigentlich dasselbe ansprechen?

Als mehrfach marginalisiert habe ich deinen Protagonisten nicht gelesen. Das Malochertum, seine prekäre Arbeitssituation habe ich tatsächlich nicht ausreichend beachtet.
Als nicht so haben sollen möchte ich meinen Kommentar dennoch nicht verstanden wissen. Tut mir leid, dass ich das nicht passender formuliert habe.
"Ennui" ist ganz sicher nicht der richtige Ausdruck, zu viel Elitarismus, der da mitschwingt.
Und wenn das Fass voll ist, voll mit Krankheit und Depression und Ermüdung und zerfallender Zivilisation und Katastrophen, dann läuft es halt über. Da hilft auch nicht so anstellen nicht weiter. Dann ist man entweder Falladas Kleiner Mann (großartige Inszenierung übrigens, gerade, im Schauspielhaus Düsseldorf) und steht alles durch, auch wenn man  daran zerbricht, dass es eben gerade immer weiter geht und nie endet (man aber Lämmchen und Murkel hat), oder man zieht den Schlussstrich.


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Why so testerical?
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d.frank
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D
Beitrag11.09.2022 17:23

von d.frank
Antworten mit Zitat

Zitat:
Ich war da tatsächlich eher bei Brazil


Ja, das kommt hin. Ich hatte auch Falling Down vor Augen, aber deine Assoziation passt besser :=)

Zitat:
Ja nun. Ist passiert. Tut mir leid.


Muss es nicht!

Zitat:
Ich wollte da drin was finden, was nicht drin ist, nicht reingehört und und nur meiner Vorstellung des Textes entsprang.


Magst du das spezifizieren?

Zitat:
Als mehrfach marginalisiert habe ich deinen Protagonisten nicht gelesen. Das Malochertum, seine prekäre Arbeitssituation habe ich tatsächlich nicht ausreichend beachtet.


Das liegt ja am Text. Es wird eben nichts direkt gesagt. Die Fabrik, die Lösungsmittel, das verlangt sehr viel Abstraktion und da hat man nicht immer den Kopf für in so einem Wettbewerb. Krasses Beispiel, das mir da einfällt: die Kiefernekrosen, die bei Arbeitern in Streichholzfabriken auftraten, gibt echt schlimme Bilder davon, nichts für schwache Nerven.

https://clinisurf.elearning.aum.iml.unibe.ch/htmls/slide.html?clinisurf%7Cendokrino%7Ckocher%7Cbiography%7C14

Zitat:
Dann ist man entweder Falladas Kleiner Mann (großartige Inszenierung übrigens, gerade, im Schauspielhaus Düsseldorf)


Interessant und gruselig, was da in der Beschreibung steht:

Zitat:
»Was nun?« Diese Frage lässt Fallada im Roman offen. Historisch wurde sie mit der Machtergreifung und dem Siegeszug des Nationalsozialismus beantwortet.


Zitat:
und steht alles durch, auch wenn man daran zerbricht, dass es eben gerade immer weiter geht und nie endet (man aber Lämmchen und Murkel hat), oder man zieht den Schlussstrich.


Ja, das ist eine vollumfassende Hilflosigkeit, die einen Menschen an seine Grenzen führt. Für mich war da schon noch Hoffnung im Text, keine Greifbare, aber eine, die das offen lässt.


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Die Wahrheit ist keine Hure, die sich denen an den Hals wirft, welche ihrer nicht begehren: Vielmehr ist sie eine so spröde Schöne, daß selbst wer ihr alles opfert noch nicht ihrer Gunst gewiß sein darf.
*Arthur Schopenhauer
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sleepless_lives
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Beitrag11.09.2022 17:56

von sleepless_lives
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Der Link in deinem Beitrag hatte Sonderzeichen, die die Darstellung bei uns zerschießen, deshalb war erst einmal nichts zu sehen. Hab das korrigiert.

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Es sollte endlich Klarheit darüber bestehen, dass es uns nicht zukommt, Wirklichkeit zu liefern, sondern Anspielungen auf ein Denkbares zu erfinden, das nicht dargestellt werden kann. (Jean-François Lyotard)

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d.frank
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Beitrag11.09.2022 23:20

von d.frank
Antworten mit Zitat

danke Dir!

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nebenfluss
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Beitrag12.09.2022 23:43

von nebenfluss
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Hallöchen,

hier noch nachgereicht meine Rechtfertigung für die Punktvergabe Laughing

Die erste Hälfte des Textes gefällt mir ganz ausgezeichnet, der stressige, an Wahnsinn grenzende Alltag in diesem Warenlager, möglicherweise einer dieser modernen Lebensmittel-Lieferdienste? Alles läuft – wie das Immunsystem des Protas – auf maximaler Belastbarkeit, jeder Ausfall von Personal oder Technik verstärkt den Eindruck von Chaos und Dysfunktionalität: der Krebs sitzt nicht nur im Körper des Individuums, sondern hat den gesamten kapitalistischen, auf Konsum beruhenden Lifestyle - hier als ‚Großstadtsyndrom‘ bezeichnet – infiziert. Eigentlich ein klarer Kandidat für den Favoritenplatz, was den Bereich Sprache, Stilsicherheit, passende Bilder und Metaphern angeht.
Vollbremsung fürs Erzähltempo: Prota lässt die Hektik in einer Bar von sich abfallen – eine riskante Dynamik. Zum einen flutet mit der Aartal-Katastrophe (die nicht namentlich genannt wird, aber die Assoziation ist wohl unvermeidbar) eine anders gelagerte Problematik in den Plot, zum anderen führt die Häufung von angedeuteten Suiziden am Ende* bei mir im Zweifelsfall zum Punktabzug.
Im Übrigen habe ich das Thema „Sommergäste“ nicht wirklich gefunden, die sonstigen Vorgaben (inklusive einer Allegorie auf das Gorki-Zitat) betrachte ich aber als umgesetzt. Am Ende hat es für meinen vierten Platz gereicht.


*NachtragEDIT, um Missverständnissen vorzubeugen:
Dies meint nicht Mehrfach-Suizide in diesem Text, sondern eine gewisse Häufung (oder zumindest Andeutungen) solcher Textabschlüsse im Wettbewerb insgesamt.


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