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Blut


 
 
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Heidi
Geschlecht:weiblichReißwolf


Beiträge: 1425
Wohnort: Hamburg
Der goldene Durchblick


Beitrag11.08.2022 19:00
Blut
von Heidi
eBook pdf-Datei Antworten mit Zitat

.


    Blut



    I.


    Ihre Antwort ist eindeutig: spazieren gehen, irgendwo in irgendeinem Park. Meinetwegen gehe ich auch mit ihr raus, obwohl mir Reden nicht liegt, das habe ich im Grunde vorweg klargestellt, denn genauso steht es in meinem Profil. Keine großen Worte, alles andere ergibt sich. Ich hoffe, dass ihr das klar ist, aber das kann ich natürlich auch nochmal hervorheben wenn sie da ist.
    Langsam werde ich nervös. So geht es mir jedes Mal damit und doch ist es genau das, was ich brauche. Erst Adrenalin, später Oxytocin.
    Verdammt, warum klingelt jetzt das Handy? Scheiße. Caroline. Wenn ich nicht rangehe stört sie nachher.

    Ja?
    Du denkst doch daran pünktlich zu sein, Jasper?
    Pünktlich?
    Genau, pünktlich. Die richtige Uhrzeit. Okay?
    Ich hasse es, wenn du mich wie ein Kind behandelst, Caroline.
    Nun, ich bin deine Mutter.
    Ich hasse es trotzdem, weil ich keines mehr bin.
    Eigentlich müsstest du dich langsam auf dem Weg machen, es klingt aber nicht so, als wärst du unterwegs. Wo bist du?
    Zu Hause, Mutter.
    Dann doch lieber Caroline.
    Warum sollte ich unterwegs sein? Wovon redest du überhaupt, ich kann mich nicht erinnern, dass du mich eingeladen hättest.
    Wie bitte? Ich habe dir schon zu Weihnachten davon erzählt und vor drei Wochen noch eine Einladung mit der Post geschickt.
    [Ich sinne nach und erinnere mich. Auf der Kommode liegt etwas; ich nehme den Brief in die Hand.]
    Das ist heute. Ich kann heute nicht!
    Jasper; ich wäre traurig darüber, wenn du nicht kommen würdest. Ich bitte dich darum. Das Wetter ist perfekt; es kommen viele Leute, die du auch kennst. Was ist es, das dich zögern lässt?

    Hätte ich sagen sollen: Mutter, ich habe mich heute zum Ficken verabredet. So macht das meine Generation. Man geht spazieren, redet ein wenig, später hat man Sex und schließlich verabschiedet man sich als wäre nichts gewesen.
    Pure Lustbefriedigung, hätte sie geantwortet und wäre enttäuscht gewesen, weil mir ihre Einladung nicht wichtig ist.
    Warum geht ihr spazieren, wenn es nur um Sex geht?, hätte sie gefragt. Das könnt ihr auch ohne Ausflug in die Natur erledigen.
    Damit hätte sie recht. Ich wollte auch nicht in den Park aber diese Frau sieht halbwegs gut aus, ist tiefgründig, studiert Kunstgeschichte und Germanistik. Zeitgleich kommt mir die Frage, was das alles bringen soll.
    Worum geht es im Dasein? Jeden Tag ringe ich darum, ihn zu überleben oder einfach nur loszuwerden. Leben und Sterben – beides ist sinnlos. Man tut es, weil man Mensch ist und keine andere Wahl hat. Genauso wie essen, trinken, schlafen, scheißen. Und ficken.
    Draußen sterben die Bäume, die Vögel, die Gletscher, die Murmeltiere. Die Ratten leben. Besser ich ficke jetzt, bedacht darauf, keine Kinder zu zeugen, denen ich noch mehr Elend hinterlasse als mir hinterlassen wurde.
    Seit ich sie kenne trinkt Caroline bereits zum Frühstück Alkohol. Ich liebe sie und ich hasse sie. Trotz allem will ich sie nicht enttäuschen. Es ist wie ein Fluch, der auf mir lastet, vielleicht, weil ich ihr Fleisch und Blut bin. Es wird mir nicht gelingen, diese Frau zu vögeln, im Wissen, dass Caroline mich bei ihren Feierlichkeiten vermisst. Das ist die Bürde eines Sohnes.
    Deshalb drehe ich mir einen Joint und setze mich auf den Balkon.

    Der Weg in den Park läuft wie in Zeitlupe; ich spüre den Wind auf meiner Haut und dort steht sie. Sie trägt ein leichtes Kleid; in ihrem Haar steckt, kaum sichtbar, eine kleine Vogelfeder und ich frage mich kurz, weshalb sie so etwas Absurdes macht. Sich eine Feder ins Haar stecken. Auf den Weg hierher habe sie eine Mücke gestochen, wird sie später sagen. Während wir zur U-Bahn-Haltestelle schlendern, rauche ich noch einen Joint.


    II.


    Ihre Schreie und ihre weit geöffneten Schnäbel werden der Vergangenheit angehören, wenn es wieder kühler wird. Es sind fühlende Wesen, noch jung und ohne Erfahrung signalisieren sie ihr Verlangen nach Insekten, die ihnen das Überleben sichern, die ihnen die Gewissheit geben, aufwachsen zu können. Ohne das Muttertier wären sie ausgeliefert. Bald werden sie ihren ersten Flug erleben, schneller als jeder Mensch erwachsen wird, werden sie sich zu fügen haben, um bereit zu sein für eine lange Reise. Dann werden sie in angenehmere Gebiete ziehen, in denen die Mücken den Winter überdauern.
    Früher habe ich sie unter dem Dachvorsprung des Stallgebäudes gesehen. Es sind die Nachbarn gewesen, die Pferde besessen haben in einer Zeit, in der Reiten als Freizeitsport neu gewesen ist. Heute sehe ich das Nest im Bahnhof. Es hockt wie dafür gemacht auf der Metallverstrebung, die das Dach festhält. Mich wundert es, sie hier in der Stadt zu sehen, in all dem Trubel. Sicher sind sie hier, weil sie Tiere der Dächer und Lüfte sind; sie nehmen dafür den Gestank von Urin und Zigarettenkippen hin.  
    Caroline hat damals weder die Nester, noch die Vögel beachtet, ebenso wenig hat sie mir ihre Aufmerksamkeit geschenkt. Die Bürde der jüngeren Schwester oder die Verachtung. Was wird sie mir sagen können, wenn wir uns nachher begegnen, in ihrem Garten, in ihrem Haus, nach mehr als dreißig Jahren. Es ist mir unverständlich, dass ich mich darauf eingelassen habe, die Einladung anzunehmen. Distanz und Liebe haben mehr miteinander zu tun als ich mir gegenwärtig eingestehen möchte.
    Ich höre das schleifende Geräusch einer einfahrenden Bahn, möchte mich aber nicht losreißen, möchte das rege Treiben noch weiter beobachten.
    Der erwachsene Vogel fliegt in Windeseile über meinen Kopf hinweg; es werden Stechmücken oder Fliegen sein, die er für seine Jungen fängt. Die Lebendigkeit, die von diesem Nest ausgeht, berührt mich. Es ist ein Konzert aus Flügelschlägen und dem Gleiten der ausgebreiteten Schwingen; es gibt sanfte Passagen und solche mit Regsamkeit, mit rhythmischer Steigerung. Ich höre Musik, dirigiert durch die Bewegungen dieses Vogels und erlebe ein Stück, das von Freiheit erzählt und von Wahrhaftigkeit.
    Caroline hat die Last tragen müssen, jeden Alkoholrausch unserer Mutter auszubaden; die Bürde der großen Schwester, zu schnell erwachsen werden zu müssen, um sich um die jüngere zu kümmern.
    Ich würde Caroline gerne um Verzeihung bitten, für etwas, das ich nicht getan habe, und wofür ich mich dennoch verantwortlich fühle. Es will sich nicht auflösen in mir, dieses Gefühl, versagt zu haben.
    Die Menschen, die mich Anrempeln, wenn sie die Treppe nach oben hasten, kümmern mich nicht. Ich schließe die Augen, höre nur noch die zarten Schreie der Jungen, fühle den Herzschlag in meiner Brust, den Wunsch nach einem Federkleid, das mich aus dieser Situation befreit, mich nicht mit dem Schatten auseinandersetzen zu müssen, den ich jahrzehntelang verdrängt habe.
    Ich weiß nicht warum, aber die Schwanzspitze erinnert mich an eine Fledermaus, der ganze Körper ist für die Jagd ausgelegt. Mit der einen oder anderen Stechmücke, die dieser Vogel fängt, nimmt er Blut auf und trägt es durch die Luft; das Blut von Menschen, die hier verloren die Treppen hinauf und hinunter irren.
    Und mit dem Blut nehmen seine Jungen möglicherweise die Hirngespinste der Menschen auf; die Wahrhaftigkeit oder die Verlogenheit von denjenigen, die sich haben stechen lassen, trägt der erwachsene Vogel durch die Luft, und schenkt jenen Blutstropfen dadurch vielleicht ein Stück Freiheit, ehe sie mitsamt der Mücke verfüttert werden.


    III.


    Alles ist vorbereitet. Die Gartenmöbel, die Sektgläser, das Buffet. Der Pool wurde gereinigt; ein angenehmer Geruch von Holzkohle liegt in der Luft. Alles ist so, wie sie es haben wollte. Miguel kümmert sich gerade um die welken Rosenblüten; wenn er damit fertig ist, wird es nicht mehr lange dauern.
    Noch ist sie allein, aber im Grunde ist sie es nicht nur jetzt, im Grunde ist sie es immer. Die Einsamkeit ist ihre Bürde. Verlassen von ihrer Familie; von der ursprünglichen ebenso wie von der selbst gegründeten. Verlassen von ihrem Ehemann. Das Haus und die Hälfte seines Vermögens hat sie nach langem Rechtsstreit bekommen.
    Sie holt sich ein Sektglas und schenkt ein, sie kippt den Alkohol in sich hinein als wäre es Orangensaft. Sie schenkt nach und trinkt das Glas noch einmal leer. Dann setzt sie sich auf einen der Gartenstühle. Ehe in ihr das Gefühl aufzukommen droht, verloren zu sein, wird sie erneut nachschenken.
    Sie liebt sein Lächeln; er ist ein wundervoller Junge, ihr Schatz. All ihre Zukunft liegt in ihm, denn ihr eigenes Leben ist verwirkt.
    Sie kratzt sich an ihren Beinen. Die Mücken haben sie heute Nacht zerstochen. Sie saugen das Blut heraus und spritzen ihr Gift hinein, sie kennen keine Gnade.
    Was wird er erzählen? Ob er inzwischen eine Freundin hat? Es ist mehr als ein Jahr her als sie ihn zuletzt gesehen hat. Nicht einmal zu Weihnachten ist er gekommen.
    Sie hört Schritte hinter sich, vor sich sieht sie Miguel die Rosen wässern. Sie weiß wer gekommen ist, wie könnte sie die Zögerlichkeit ihrer Bewegungen vergessen?
    Es freut mich, dass du da bist, Jasmin. Sie dreht sich nicht um. Nicht, weil sie es nicht wollte, es ist ihr Körper, der sich nicht bewegen will.
    Mir kommt es vor, als hätten wir uns erst vor kurzem zuletzt gesehen. Jasmins Art, sich zu artikulieren hat sich nicht geändert. So, als würde sie einen Schritt rückwärts gehen.
    Nun schafft sie es, sich umzudrehen. Sie versucht ein Lächeln; es will ihr nicht gelingen. Ihre Schwester kommt auf sie zu und breitet die Arme aus. Komm, lass dich drücken.
    Das Lächeln kommt noch immer nicht über ihr Gesicht, obwohl Jasmin sie anstrahlt. Sie erwidert die Umarmung; sie spürt Tränen in den Augen aufkommen, löst sich von ihrer Schwester, schenkt sich Sekt nach.
    Noch immer deine Art mit Problemen umzugehen? Jasmin hebt die Augenbrauen.
    Sie schüttelt den Kopf.
    Jasmin seufzt, nimmt ein Sektglas und schenkt sich selbst welchen ein.
    Jasper wird kommen, sagt Caroline.
    Jasmin schweigt.
    Ja, das wird er. Dann wird sich alles ändern. Caroline wischt nervös mit dem Handrücken über ihre Wangen.
    Findest du nicht, dass du etwas viel von ihm verlangst?
    Nun ist es Caroline, die schweigt. Mit eisernem Blick und geröteten Augen.

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Schlomo
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Beitrag21.08.2022 22:46

von Schlomo
Antworten mit Zitat

Das ist ja heftig, fast dystopisch. Eine Geschichte, bei der ich mich sofort unwohl gefült habe, was mit jedem Satz intensiver wurde.

_________________
#no13
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d.frank
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D
Beitrag23.08.2022 00:13

von d.frank
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Verwirrend, die Namen und Ansprachen, wirkt ein bisschen so, als soll das verwirren, etwas hinzufügen, das gar nicht hinzugefügt werden müsste.
Der Teil mit den Vögeln und Nestern ufert aus. Eigentlich ist das etwas ganz Einfaches, das hier behandelt wird, was nicht heißt, dass es sich nicht lohnt darüber zu lesen / zu schreiben, und es hat einige gute und kräftige Stellen, aber insgesamt wirkt es auch verwässert und konstruiert.


_________________
Die Wahrheit ist keine Hure, die sich denen an den Hals wirft, welche ihrer nicht begehren: Vielmehr ist sie eine so spröde Schöne, daß selbst wer ihr alles opfert noch nicht ihrer Gunst gewiß sein darf.
*Arthur Schopenhauer
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V.K.B.
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Beitrag23.08.2022 14:46

von V.K.B.
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Zitat:
Deshalb drehe ich mir einen Joint und setze mich auf den Balkon.
Laughing Das wird bestimmt helfen. Daumen hoch

Holla, das ist eine komplizierte Geschichte, die ich mehrmals lesen muss, um durchzusteigen. Der zweiter Anschnitt hat mich zuerst völlig verwirrt, bis ich nach Lesen des dritten Abschnitts zuordnen kann, dass es wohl Jasmins Perspektive ist. Happy dysfunctional family aus drei Sichten, die letzte (Caroline) aber personal statt erste Person.

Wie Jasmin sagt scheint das Blut sie zu verbinden, sich in Drogen zu flüchten. Carolines Mutter hat getrunken, sie selbst tut es auch und ihr Sohn haut sich einen Joint rein, wenn er sonst nicht mehr weiß, was er denken soll.

Wirkliche Begegnungen finden nicht mehr statt, just carry on living, irgendwie durch den Tag kommen. Interessante Themenumsetzung auf jeden Fall.

Unterm Strich:

E-Lit: Definitiv.
Sperrig: Geschickt gemachte Perspektivwechel, die einen rausreißen, nochmal zum Nachdenken bringen. Nicht aufgesetzt, finde ich, aber verstehen tut man es erst beim zweiten Lesen.
Thema Sommergäste: Caroline lädt ihre Schwester und ihren Sohn ein, letzterer kommt aber nicht, weil er die Einladung schlichtweg vergessen hat und zu einem Tinder-Date verabredet ist.
Begegnungen/Abschiede: Finden nicht wirklich statt. Caroline hofft auf ein Wiedersehen, nachdem sie wohl viele Jahre keinen Kontakt mehr zu ihren Familienmitgliedern hatte. Immerhin ist ihre Schwester bereit, zu kommen.
ungehörter Schuss: Schwierig, kann man metaphorisch sehen. Caroline scheint die Dysfunktionalität jedenfalls nicht bewusst zu sein. Jasmin aber schon, sonst würde sie ja nicht sagen, Caroline erwarte zu viel.
Hintergrund Veränderung: Hmm, die sehe ich nicht. Von den Vorgaben sollte eine Veränderung Hintergrundkulisse sein. Caroline erwartet sich zwar eine von einem Wiedersehen mit Jasper, aber die wird nicht kommen, oder anders, als sie erwartet. Sie wird verstehen müssen, dass der Zug wohl abgefahren ist.
Persönliches Gefallen: Eine Geschichte über kaputte zwischenmenschliche Beziehungen lese ich doch immer gerne, scheinen sie mir mittlerweile doch der Standard zu sein, der oftmals nur von einer anderen Außendarstellung überdeckt wird. Oder der Unfähigkeit, sie selbst zu erkennen, wenn man drinsteckt. Diese Geschichte deckt sie schonungslos auf, aber tut das unaufgeregt und undramatisch, also ohne in Seifenoper auszuarten. Gerne gelesen.

6 Punkte.


_________________
Hang the cosmic muse!

Oh changelings, thou art so very wrong. T’is not banality that brings us downe. It's fantasy that kills …
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dürüm
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Beiträge: 966
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Das bronzene Eis am Stiel Das Bronzene Pfand
Der bronzene Spiegel - Lyrik Podcast-Sonderpreis
Vorlesbar I


Beitrag23.08.2022 21:14

von dürüm
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Hallo Inco,


eine traurige, desillusionierende Geschichte in drei Teilen.

Tinder Sex, Drogen, Hoffnungslosigkeit beim Sohn.

Scham und schlechtes Gewissen bei der Schwester.

Hoffnung und natürlich stark gestörtes Verhalten bei Caroline.

Die Charaktere sind gut gezeichnet.
Die Art der Geschichte ist nicht meins, aber  sie ist souverän erzählt.

3 Punkte

Gruß
Kerem


_________________
Versuchungen sollte man nachgeben. Wer weiß, ob sie wiederkommen.
(Oscar Wilde)
Der Willige wird vom Schicksal geführt. Der Störrische geschleift.
(Seneca)
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Constantine
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Beiträge: 3311

Goldener Sturmschaden Weltrettung in Bronze


Beitrag25.08.2022 09:56

von Constantine
Antworten mit Zitat

Bonjour Señora Incógnita

Anmerkungen im Text und unten ein Gesamtfazit:
Señora Incógnita hat Folgendes geschrieben:
.


    Blut



    I.


    Ihre Antwort ist eindeutig: spazieren gehen, irgendwo in irgendeinem Park. <-- die Frau braucht Vorspiel, Jasper nicht. Er hätte sich eine suchen sollen, die ohne Vorspiel gleich zur Sache kommen möchte. Warum hat er das nicht getan? Stattdessen trifft er sich mit einer, die er im Park treffen muss und die gerne tiefgründig redet. Ist das WWW so rar gesät mit seiner Generation?  Meinetwegen gehe ich auch mit ihr raus, obwohl mir Reden nicht liegt, das habe ich im Grunde vorweg klargestellt, denn genauso steht es in meinem Profil. Keine großen Worte, alles andere ergibt sich. Ich hoffe, dass ihr das klar ist, aber das kann ich natürlich auch nochmal hervorheben wenn sie da ist. <-- Seltsam, wie Jasper hier betont, dass Reden nicht so seins ist, er kein großer Redner ist, sondern eher die schnelle Ablenkung, den schnellen Kick braucht.
    Langsam werde ich nervös. So geht es mir jedes Mal damit und doch ist es genau das, was ich brauche. Erst Adrenalin, später Oxytocin.
    Verdammt, warum klingelt jetzt das Handy? Scheiße. Caroline. Wenn ich nicht rangehe stört sie nachher.

    Ja?
    Du denkst doch daran pünktlich zu sein, Jasper?
    Pünktlich?
    Genau, pünktlich. Die richtige Uhrzeit. Okay?
    Ich hasse es, wenn du mich wie ein Kind behandelst, Caroline.
    Nun, ich bin deine Mutter.
    Ich hasse es trotzdem, weil ich keines mehr bin.
    <-- schöne Idee mit dem kursiv der Mutterdialogzeilen.
    Eigentlich müsstest du dich langsam auf dem Weg machen, es klingt aber nicht so, als wärst du unterwegs. Wo bist du?
    Zu Hause, Mutter.
    Dann doch lieber Caroline.
    Warum sollte ich unterwegs sein? Wovon redest du überhaupt, ich kann mich nicht erinnern, dass du mich eingeladen hättest.
    Wie bitte? Ich habe dir schon zu Weihnachten davon erzählt und vor drei Wochen noch eine Einladung mit der Post geschickt.
    [Ich sinne nach und erinnere mich. Auf der Kommode liegt etwas; ich nehme den Brief in die Hand.]
    Das ist heute. Ich kann heute nicht!
    Jasper; ich wäre traurig darüber, wenn du nicht kommen würdest. Ich bitte dich darum. Das Wetter ist perfekt; es kommen viele Leute, die du auch kennst. Was ist es, das dich zögern lässt?

    Hätte ich sagen sollen: Mutter, ich habe mich heute zum Ficken verabredet. So macht das meine Generation. Man geht spazieren <-- Jasper ja gerade nicht, weil's nicht sein's ist und er es widerwillig macht. Wem versucht er sich hier was einzureden über seine Generation? Er will sich zum Ficken treffen. Das Spazierengehen ist ein notwendiges Übel, das nichts mit ihm zu tun hat. Ich würde es umformulieren, eventuell so: Man hat Sex und verabschiedet sich, als wäre nichts gewesen. Als notwendiges Übel geht man spazieren und redet ein wenig. Bäh! redet ein wenig, später hat man Sex und schließlich verabschiedet man sichKOMMA als wäre nichts gewesen.
    Pure Lustbefriedigung, hätte sie geantwortet und wäre enttäuscht gewesen, weil mir ihre Einladung nicht wichtig ist.
    Warum geht ihr spazieren, wenn es nur um Sex geht?, hätte sie gefragt. Das könnt ihr auch ohne Ausflug in die Natur erledigen.
    Damit hätte sie recht. Ich wollte auch nicht in den Park <-- Jep, du kennst deine Generation. KOMMA aber diese Frau sieht halbwegs gut aus, ist tiefgründig, studiert Kunstgeschichte und Germanistik. <-- Ich verstehe sein Beuteschema nicht ganz und frage mich auch, was ihres ist, und bekomme diese Passage nicht eingeordnet zur oberen Prämisse, dass er kein großer Redner ist und wohl nicht viel redet, sich seine Generation zum Vögeln nur trifft, aber die Chats der Frau scheinen doch tiefgründig gewesen zu sein. Irgendwie passt das leider nicht zusammen. Außer Jasper ist so ein Dummbatz, dass jegliches Reden für ihn tiefgründig ist. Wenn er nur vögeln will, dann ist jeglicher Background von ihr für ihn uninteressant, es kommt mehr aufs Äußere an, oder?, und davon erfahre ich leider nichts.   Zeitgleich kommt mir die Frage, was das alles bringen soll.
    Worum geht es im Dasein? Jeden Tag ringe ich darum, ihn zu überleben oder einfach nur loszuwerden. [color=red]Leben und Sterben – beides ist sinnlos. Man tut es, weil man Mensch ist und keine andere Wahl hat. <-- Was tut man? Leben und Sterben, weil man Mensch ist und keine andere Wahl hat. Verstehe ich seine Aussage richtig? Genauso wie essen, trinken, schlafen, scheißen. Und ficken. <-- Jasper wird hier plötzlich pseudo-philosophisch über sein Dasein und sie Unausweichlichkeit, dass man all das machen muss. Müssen, muss er gar nichts. Ausgerechnet jetzt fängt er an, sein Dasein zu hinterfragen. Wo kommt das so plötzlich er, während er eigentlich auf dem Sprung ist zum Date und seine Mutter abwimmeln möchte. Passt mir hier nicht rein und ich bekomme Jasper nicht gegriffen mit seinen widersprüchlichen Aussagen, über ihn, seine Generation und all seinen künstlichen Daseinsweltschmerz. Lieber YOLO und "Live young, die fast" würden bezogen auf den Anfang des Textes besser zu ihm als Motto passen.
    Draußen sterben die Bäume, die Vögel, die Gletscher <-- Gletscher schmelzen. Die sterben nicht. Für eine lyrisch angedeutete Ausdrucksweise bietet der gesamte Abschnitt von Jasper viel zu wenig , die Murmeltiere. <-- Jasper wird immer unfreiwillig komischer für mich. Nicht nur die Murmeltiere, sondern auch alle anderen Tiere sterben. Warum anfangs so allgemeines wie Bäume und Vögel nennen, und hier konkret Murmeltiere? Die Ratten leben. <-- Auch Ratten sterben, manche früher, manche später. Besser ich ficke jetzt, bedacht darauf, keine Kinder zu zeugen <-- Er macht nicht wirklich den Eindruck auf mich, als wäre er gerne Vater und würde gerne (irgendwann) eine Familie mit jemanden gründen. Wie war das nochmal mit seiner Generation, die in den Tag hineinlebt und sich durchs Dasein quält, weil eh alles sinnlos ist? Ihn scheint das Was zu stören, aber das Wie kann er beeinflussen.  , denen ich noch mehr Elend hinterlasse als mir hinterlassen wurde.
    Seit ich sie kenneKOMMA trinkt Caroline bereits zum Frühstück Alkohol. Ich liebe sie und ich hasse sie. Trotz allem will ich sie nicht enttäuschen. Es ist wie ein Fluch, der auf mir lastet, vielleicht, weil ich ihr Fleisch und Blut bin. Es wird mir nicht gelingen, diese Frau zu vögeln, im Wissen, dass Caroline mich bei ihren Feierlichkeiten vermisst. Das ist die Bürde eines Sohnes. <-- Puh, was für eine Bürde. Laughing Nur, dass ich es verstehe: Er wird die Frau trotzdem treffen, mit dem Wissen, dass er kein Oxytocin haben wird? Dann kann er ihr auch absagen und zu seiner Mutter fahren.
    Deshalb drehe ich mir einen Joint und setze mich auf den Balkon. <-- Laughing

    Der Weg in den Park läuft wie in Zeitlupe; ich spüre den Wind auf meiner Haut und dort steht sie. Sie trägt ein leichtes Kleid; in ihrem Haar steckt, kaum sichtbar, eine kleine Vogelfeder und ich frage mich kurz, weshalb sie so etwas Absurdes macht. Sich eine Feder ins Haar stecken. Auf den Weg hierher habe sie eine Mücke gestochen, wird sie später sagen. <-- Voll tiefgründig. Und was passiert sonst noch während des Spaziergangs im Park? Worüber redet sie? Scheint nicht wichtig zu sein, oder er ist so bekifft, dass er nichts mitbekommt und es ihr egal ist, ob er bekifft ist und nichts mitbekommt, was sie ihm sagt. Dann bräuchte sie das Spazieren und Reden nicht. Während wir zur U-Bahn-Haltestelle schlendern, rauche ich noch einen Joint. <-- Ich hoffe, er gibt ihr was von ab, damit das langweilige Treffen für sie auch einen kleinen Höhenflug hat.

    <-- Es tut mir leid. Der gesamte Jasper-Part überzeugt mich nicht. Vieles ist künstlich verkompliziert, wie das Übel mit dem Treffen im Park. Warum hat sich Jasper nicht eine Frau seiner Generation gesucht, wie nicht spazieren gehen und reden möchte, sondern mehr auf seiner Wellenlänge ist? Und warum zückt er dann den Erklärbär während des Telefonats mit seiner Mutter raus, um mir dem Leser seine Motivation zu erläutern? Und dann die "Bürde eines Sohnes" und sich trotzdem mit der Frau treffen und zukiffen. Was erhofft er sich vom Treffen? Oder will er einfach nciht zu seiner Mutter? Was redet er dann von "Bürde eines Sohnes", wenn ihm seine Mutter egal ist? Sorry, ich bleibe viel zu sehr bei den seltsamen Motivationen und Widersprüchen im Konstrukt der Situatuion und Szene hängen, als dass der Charakter und die Titel gebende Blutsbande mein Interesse halten.

    II.


    Ihre Schreie und ihre weit geöffneten Schnäbel werden der Vergangenheit angehören, wenn es wieder kühler wird. Es sind fühlende Wesen, noch jung und ohne Erfahrung signalisieren sie ihr Verlangen nach Insekten, die ihnen das Überleben sichern, die ihnen die Gewissheit geben, aufwachsen zu können. Ohne das Muttertier wären sie ausgeliefert. Bald werden sie ihren ersten Flug erleben, schneller als jeder Mensch erwachsen wird, werden sie sich zu fügen haben, um bereit zu sein für eine lange Reise. Dann werden sie in angenehmere Gebiete ziehen, in denen die Mücken den Winter überdauern.
    Früher habe ich sie unter dem Dachvorsprung des Stallgebäudes gesehen. Es sind die Nachbarn gewesen, die Pferde besessen haben in einer Zeit, in der Reiten als Freizeitsport neu gewesen ist. Heute sehe ich das Nest im Bahnhof. Es hockt wie dafür gemacht auf der Metallverstrebung, die das Dach festhält. Mich wundert es, sie hier in der Stadt zu sehen, in all dem Trubel. Sicher sind sie hier, weil sie Tiere der Dächer und Lüfte sind; sie nehmen dafür den Gestank von Urin und Zigarettenkippen hin.  
    Caroline hat damals weder die Nester, noch die Vögel beachtet, ebenso wenig hat sie mir ihre Aufmerksamkeit geschenkt. Die Bürde der jüngeren Schwester oder die Verachtung. Was wird sie mir sagen können, wenn wir uns nachher begegnen, in ihrem Garten, in ihrem Haus, nach mehr als dreißig Jahren. Es ist mir unverständlich, dass ich mich darauf eingelassen habe, die Einladung anzunehmen. Distanz und Liebe haben mehr miteinander zu tun als ich mir gegenwärtig eingestehen möchte.
    Ich höre das schleifende Geräusch einer einfahrenden Bahn, möchte mich aber nicht losreißen, möchte das rege Treiben noch weiter beobachten.
    Der erwachsene Vogel fliegt in Windeseile über meinen Kopf hinweg; es werden Stechmücken oder Fliegen sein, die er für seine Jungen fängt. Die Lebendigkeit, die von diesem Nest ausgeht, berührt mich. Es ist ein Konzert aus Flügelschlägen und dem Gleiten der ausgebreiteten Schwingen; es gibt sanfte Passagen und solche mit Regsamkeit, mit rhythmischer Steigerung. Ich höre Musik, dirigiert durch die Bewegungen dieses Vogels und erlebe ein Stück, das von Freiheit erzählt und von Wahrhaftigkeit.
    Caroline hat die Last tragen müssen, jeden Alkoholrausch unserer Mutter auszubaden; die Bürde der großen Schwester, zu schnell erwachsen werden zu müssen, um sich um die jüngere zu kümmern.
    Ich würde Caroline gerne um Verzeihung bitten, für etwas, das ich nicht getan habe, und wofür ich mich dennoch verantwortlich fühle. Es will sich nicht auflösen in mir, dieses Gefühl, versagt zu haben.
    Die Menschen, die mich Anrempeln, wenn sie die Treppe nach oben hasten, kümmern mich nicht. Ich schließe die Augen, höre nur noch die zarten Schreie der Jungen, fühle den Herzschlag in meiner Brust, den Wunsch nach einem Federkleid, das mich aus dieser Situation befreit, mich nicht mit dem Schatten auseinandersetzen zu müssen, den ich jahrzehntelang verdrängt habe.
    Ich weiß nicht warum, aber die Schwanzspitze erinnert mich an eine Fledermaus, der ganze Körper ist für die Jagd ausgelegt. Mit der einen oder anderen Stechmücke, die dieser Vogel fängt, nimmt er Blut auf und trägt es durch die Luft; das Blut von Menschen, die hier verloren die Treppen hinauf und hinunter irren.
    Und mit dem Blut nehmen seine Jungen möglicherweise die Hirngespinste der Menschen auf; die Wahrhaftigkeit oder die Verlogenheit von denjenigen, die sich haben stechen lassen, trägt der erwachsene Vogel durch die Luft, und schenkt jenen Blutstropfen dadurch vielleicht ein Stück Freiheit, ehe sie mitsamt der Mücke verfüttert werden.


    III.


    Alles ist vorbereitet. Die Gartenmöbel, die Sektgläser, das Buffet. Der Pool wurde gereinigt; ein angenehmer Geruch von Holzkohle liegt in der Luft. Alles ist so, wie sie es haben wollte. Miguel kümmert sich gerade um die welken Rosenblüten; wenn er damit fertig ist, wird es nicht mehr lange dauern.
    Noch ist sie allein, aber im Grunde ist sie es nicht nur jetzt, im Grunde ist sie es immer. Die Einsamkeit ist ihre Bürde. Verlassen von ihrer Familie; von der ursprünglichen ebenso wie von der selbst gegründeten. Verlassen von ihrem Ehemann. Das Haus und die Hälfte seines Vermögens hat sie nach langem Rechtsstreit bekommen.
    Sie holt sich ein Sektglas und schenkt ein, sie kippt den Alkohol in sich hinein als wäre es Orangensaft. Sie schenkt nach und trinkt das Glas noch einmal leer. Dann setzt sie sich auf einen der Gartenstühle. Ehe in ihr das Gefühl aufzukommen droht, verloren zu sein, wird sie erneut nachschenken.
    Sie liebt sein Lächeln; er ist ein wundervoller Junge, ihr Schatz. All ihre Zukunft liegt in ihm, denn ihr eigenes Leben ist verwirkt.
    Sie kratzt sich an ihren Beinen. Die Mücken haben sie heute Nacht zerstochen. Sie saugen das Blut heraus und spritzen ihr Gift hinein, sie kennen keine Gnade.
    Was wird er erzählen? Ob er inzwischen eine Freundin hat? Es ist mehr als ein Jahr her als sie ihn zuletzt gesehen hat. Nicht einmal zu Weihnachten ist er gekommen.
    Sie hört Schritte hinter sich, vor sich sieht sie Miguel die Rosen wässern. Sie weiß wer gekommen ist, wie könnte sie die Zögerlichkeit ihrer Bewegungen vergessen?
    Es freut mich, dass du da bist, Jasmin. Sie dreht sich nicht um. Nicht, weil sie es nicht wollte, es ist ihr Körper, der sich nicht bewegen will.
    Mir kommt es vor, als hätten wir uns erst vor kurzem zuletzt gesehen. Jasmins Art, sich zu artikulieren hat sich nicht geändert. So, als würde sie einen Schritt rückwärts gehen.
    Nun schafft sie es, sich umzudrehen. Sie versucht ein Lächeln; es will ihr nicht gelingen. Ihre Schwester kommt auf sie zu und breitet die Arme aus. Komm, lass dich drücken.
    Das Lächeln kommt noch immer nicht über ihr Gesicht, obwohl Jasmin sie anstrahlt. Sie erwidert die Umarmung; sie spürt Tränen in den Augen aufkommen, löst sich von ihrer Schwester, schenkt sich Sekt nach.
    Noch immer deine Art mit Problemen umzugehen? Jasmin hebt die Augenbrauen.
    Sie schüttelt den Kopf.
    Jasmin seufzt, nimmt ein Sektglas und schenkt sich selbst welchen ein.
    Jasper wird kommen, sagt Caroline.
    Jasmin schweigt.
    Ja, das wird er. Dann wird sich alles ändern. Caroline wischt nervös mit dem Handrücken über ihre Wangen.
    Findest du nicht, dass du etwas viel von ihm verlangst?
    Nun ist es Caroline, die schweigt. Mit eisernem Blick und geröteten Augen.


Zur Überraschung sind 2 und 3 gelungener, auch die Sache mit der "Bürde" überzeugt in den Abschnitten 2 und 3 deutlich besser als bei Jasper. Absschnitt 2 und 3 passen gut zusammen. Als seien die beiden Teile zuerst verfasst worden und dann kam nachträglich noch ein Abschnitt dazu, der an die erste Position gesetzt worden ist.
Der Jasper-Abschnitt fühlt sich drangeklatscht an und lässt den gesamten Beitrag leider qualitativ abfallen. Schade.

Im Vergleich mit allen Wettbewerbstexten und da zehn Texte bepunktet werden müssen, bekommt dieser hier: trois points.

Merci beaucoup
Constantine
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Babella
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Das goldene Aufbruchstück Der bronzene Roboter


Beitrag27.08.2022 07:56

von Babella
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Alkoholkranke Mutter, genervter Sohn und irgendwas mit Vögeln und Insekten und Blut, was irgendetwas bedeuten soll.

Sorry, das ist nicht so meins.
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Heidi
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Der goldene Durchblick


Beitrag28.08.2022 20:20

von Heidi
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Beinahe hätte ich diesen Text nicht zu Ende geschrieben, als seine Existenz bereits begonnen hatte.

Und zwar deshalb, weil wenige Tage nach Bekanntgabe des Themas im Wettbewerbs-Smalltalk-Thread über Sommergäste diskutiert wurde. Dabei wurde unter anderem erwähnt, dass auch Schwalben zu jenen zählen. Ich hatte zu diesem Zeitpunkt etwa ein Drittel des Textes verfasst - genau die relevante Szene mit den Vögeln - und mich gefragt, ob ich die Geschichte besser einstampfe, noch ehe sie überhaupt erschaffen ist, oder ob ich sie nur für mich schreibe und gar nicht erst als Wettbewerbstext einreiche.

Das kam mir dann beides irgendwie blöd vor und so habe ich einfach weitergemacht und hier ist er nun, der Text.
Falls mir also jemand Einfallslosigkeit vorwerfen sollte, sei hier schon mal gesagt, dass Ideen offensichtlich zum Pflücken in der Luft hängen, sobald gewisse Themenbereiche ausgesprochen werden.
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Reimeschreiberin
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Beitrag28.08.2022 20:21

von Reimeschreiberin
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Drei kurze Einblicke in Alltagsszenen, aus drei verschiedenen Blickwinkeln. Zuerst der Sohn, dann die Schwester, dann Caroline selbst. Ein Familiendrama um Alkoholsucht, die von einer Generation auf die nächste übergeht und dabei die Familie entfremdet, zerstört. Das Motiv der Mücken zieht sich durch alle drei Teile. Ein Sinnbild dafür wie der Alkohol die Lebenskraft aussaugt?
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Globo85
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Beitrag29.08.2022 11:45

von Globo85
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"Alkoholismus und Tindersex" oder Blut ist dicker als T…

Vorgaben:
  • Begegnungen und/oder Abschiede: Ja.
  • Anbahnende Veränderung: Ja, auch wenn (mir) nicht so richtig klar wird, welche.
  • Sommergäste/Nichtbeachteter Schuss: Hm. Nein?
  • Ist das E? Für mich ja.

Eindrücke:
Alkoholkranke Frau und ihr Familienschicksal in drei Akten. Irgendwie auf leisen Sohlen kommt die Geschichte für mich zunächst daher, aber wirkt dann doch (bei mir lange) nach. Rund geschrieben ist sie alle mal.

Lieblingsstelle:
Zitat:
Meinetwegen gehe ich auch mit ihr raus, obwohl mir Reden nicht liegt, das habe ich im Grunde vorweg klargestellt, denn genauso steht es in meinem Profil.


Fazit:
Mein zehnter Platz. Und damit ein Punkt.
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sleepless_lives
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Beitrag31.08.2022 00:29

von sleepless_lives
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Vorsicht. Hier muss man aufpassen, sonst wird Caroline von der Mutter plötzlich zur Schwester und alles sehr seltsam. Der Perspektivenwechsel in Teil II ist unvermittelt und unerwartet, weil der Anfang dieses Teils doch genau zum Ende von I zu passen scheint. Aber im Zehntausender sollte man sowieso immer genau lesen und nicht nur der direkten Verbindung zwischen zwei Punkten folgen.

Ja nun, aber. Das ist eigentlich sehr schön erzählt, treffend, mit stimmigen Details (weitgehend, aber vielleicht weiß Jasmin ja auch wirklich nicht den Namen der Vogelart, die sie sonst in vielen Einzelheiten beschreibt und kümmert sich nicht um deren Aussehen, das nie erwähnt wird). Den übergreifenden Zusammenhang - über die Feder im Haar, dem Mückenstich, dem Vögeln und den Vögeln, dem Federkleid der Jungen, den Mücken, die gefressen werden, bis hin zu den Mücken, die die Beine zerstechen – den muss man sich erst einmal erarbeiten. Obwohl doch eigentlich alles so deutlich ist, es schon der (damit super gewählte) Titel von den Dächern pfeift: Das Blut. Mal Symbol für gemeinsame Gene, mal Symbol für weitergegebene Verhaltensweisen in der Familie, mal Symbol für mit sich herumgetragene Erwartungen.

Die Sprache gleicht sich den Personen an, deren Perspektiven eingenommen werden, ist routiniert und akkurat. Nur eine einzige Dialogzeile ist ein wenig verunglückt:  
Zitat:
Was ist es, das dich zögern lässt?

Das klingt zu sehr nach Schrift-Deutsch.

Trotz all dieser Qualitäten kann der Text mich nicht mit sich nehmen. Er lässt mich leider kalt und ich weiß nicht so recht, warum. Vielleicht reichen für mich die 10.000-- Zeichen nicht, um drei Personen von innen kennenzulernen. Vielleicht fehlt mir aber auch etwas, das die Personen individuell macht, jenseits dessen, was man in journalistischen Artikeln liest, in Theaterstücken und Filmen/Fernsehen schon gesehen hat. Ah, und da ist sie wieder, die Vogelart. Die nicht benannt und nicht beschrieben wird. Austauschbar, einzig durch ihr Verhalten definiert. Wie die Personen. Das mag Absicht sein, um gerade das Allgemeine aufzuzeigen, aber mir geht der Text dadurch ein wenig verloren.

Dir sind 6 Punkte entgangen.


_________________
Es sollte endlich Klarheit darüber bestehen, dass es uns nicht zukommt, Wirklichkeit zu liefern, sondern Anspielungen auf ein Denkbares zu erfinden, das nicht dargestellt werden kann. (Jean-François Lyotard)

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nicolailevin
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Beitrag01.09.2022 17:57

von nicolailevin
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Jasper ist des Lebens überdrüssig, nimmt Drogen und trifft Frauen im Internet, mit denen er Sex hat. Sein nächstes Treffen muss er allerdings canceln, weil Caroline, die sich als seine Mutter bezeichnet, ihn zu einer Feier einlädt. Dreißig Jahre hat er sie nicht mehr gesehen. Er sinniert über Schwalben, die Futter brauchen und so schnell flügge werden und blutsatte Insekten fressen, Caroline wird zur großen und zur jüngeren Schwester, ihr Alkoholproblem überträgt sich auf ihre Mutter, eine weitere Schwester, Jasmin kommt hinzu, und ich kenne mich gar nicht mehr aus.

Wo die Geschichte spielt, bleibt unklar. Die Namen leiten mich irgendwie in die USA: Die Namen der Familie könnten auch auf Englisch funktionieren, ein Pool, dazu ein Gärtner namens Miguel, auch wenn die Eisenbahn nicht recht dazu passen will …

Sprachlich finde ich den Text nicht schlecht. Die Geheimnisse der Geschichte sind allerdings so heftig verwoben, dass ich sie nicht mehr entwirren kann. Ich entdecke hinter diesem schwalbenumschwebten Familiendrama auch keine Fabel, keine These, keine Geschichte hinter der Geschichte. Kein Punkt, kein Schuss, keine Veränderung, die ich ausmachen kann.

Am Ende keine Punkte von mir.
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silke-k-weiler
Geschlecht:weiblichKlammeraffe

Alter: 49
Beiträge: 749

Das goldene Schiff Der goldene Eisbecher mit Sahne


Beitrag02.09.2022 21:30

von silke-k-weiler
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Lieber Text,

ein Großteil meiner Punkte gebührt Dir für den zweiten Abschnitt, der mich wirklich berührt hat. Wie die Beobachtung des Schwalbennestes sich mit den Gedanken von Carolines Schwester an die eigene Kindheit und die Alkholsucht der Mutter vermengen, dazu noch die Gedanken über das Blut, das letztlich alle Figuren, die in diesen Zeilen auftauchen, miteinander verbindet, ob sie wollen oder nicht.

Lieblingsstelle: Und mit dem Blut nehmen seine Jungen möglicherweise die Hirngespinste der Menschen auf; die Wahrhaftigkeit oder die Verlogenheit von denjenigen, die sich haben stechen lassen, trägt der erwachsene Vogel durch die Luft, und schenkt jenen Blutstropfen dadurch vielleicht ein Stück Freiheit, ehe sie mitsamt der Mücke verfüttert werden.

Die große Veränderung scheint mir allerdings nicht im Anmarsch zu sein, ich fürchte, sie bleibt eine Hoffnung, ein Wunschtraum und alle bleiben in ihren Rolen und Konstellationen verhaftet, in diesem Kreislauf aus Selbstbetrug und gegenseitiger, mehr oder minder subtiler Verletzung, so zuverlässig, wie die Schwalben wiederkehren.

Gern gelesen.

Silke
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Nachtvogel
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Beitrag03.09.2022 11:22

von Nachtvogel
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Ich mag die Geschichte. Die Botschaft ist traurig-ernüchternd; die Charaktere gehen irgendwie abgestumpft durchs Leben, auf der Suche nach einem Sinn, gefangen in der Einsamkeit. Sprachlich überzeugend.

6 Punkte
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Minerva
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Beitrag03.09.2022 20:27

von Minerva
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Wilhelm Busch hat Folgendes geschrieben:
Noch sind sie ohne Tücken,
Rein kindlich ist ihr Sinn.
Bald aber sind sie Mücken
Und fliegen frei dahin.
Aus: „Die Mücken“


Inhalt:
Jasper will gerade die heiße Studentin von der Datingapp treffen, obwohl die bestimmt zu viel labert (für die Aufregung und spätere Sex-Belohnung nimmt er das in Kauf), als Mutti Caroline anruft und ihn an das heutige Treffen erinnert. Jasper kann aber nicht kommen, im wahrsten Sinne des Wortes, denn nach der Erinnerung ist ihm auch die Lust aufs Date vergangen, und er verfällt in eine Existenzkrise. Mutti Caroline säuft dauernd. Das Mädel trifft er trotzdem, mit nem Joint hält er das aus. Nur die Vogelfeder auf ihrem Kopf ist irgendwie komisch.
Seine Tante(?) Jasmin hat da was mit Caroline, ihrer älteren Schwester, offen. Auf jeden Fall sind da Vögel und Mücken, und Mücken stechen Menschen, aber Vögel verfüttern das Pack. In der Natur läuft das mit den Familien, beim Menschen irgendwie nicht.
Mutter, in dem Fall dann Jaspers Oma, trinkt sich erst mal einen, als das Fest vorbereitet ist, säuft ebenso wie Tochter Caroline. Bei ihr liegt es daran, dass alle sie immer verlassen. Ihre Eltern, ihr Mann und nun die Kinder und Enkel Jasper. Nun sind alle da (außer Jasper), aber Caroline meint, der kommt noch, dann wird alles gut. Oma meint aber, das wäre zu viel verlangt.

Wertung
Der Übersichtlichkeit halber habe ich die Details zu den Kategorien in den Fußnoten ausführlich aufgeführt. Die Wertung dient dazu, die Geschichte für den Wettbewerb ranken zu können, deswegen wird alles im Detail betrachtet, bitte nimm es nicht als zerpflückende Kritik wahr, sondern als eine intensive Auseinandersetzung.

1 Die Geschichte an sich 4/5
Vom Vögeln zu Vögeln. Dysfunktionale Familie, das erklärt auch das eher unsympathische Verhalten Jaspers am Anfang. Aber wer wird bei so viel Erwartungen und Sauferei nicht zum bindungsphobischen Kiffer mit Existenzkrise? Die Art, wie Caroline mit ihm redet (und Oma an ihn denkt), spricht für mich entweder dafür, dass sie sehr jung Mutter geworden ist und Jasper vielleicht wie das Kind von Oma aufgezogen wurde oder … ne, ich glaube, so könnte das sein.
Gut ausgearbeitet ist das Familiengebilde. Bedrückend. Alles vererbt sich weiter, wenn man es nicht aufarbeitet. Oma trinkt, Caro trinkt, möglicherweise auch Jasmin, Jasper versucht's mit Kiffen und Sex. Aber irgendwie hat er sich nicht abgenabelt, er kann ja nicht mal Spaß haben, wenn er dafür Mutters Erwartungen nicht erfüllt.
Man will das irgendwie wieder kitten mit der Familie, man hofft wohl, Jasper könnte es. Zwar wirft Oma Caroline die Erwartungen vor, aber selbst denkt sie ja auch an ihn als ihre Hoffnung. Das ist übrigens auch sehr bezeichnend, dass sie für ihre Töchter keine so positiv gefärbten Gedanken hat. Vielleicht projizierter Selbsthass? Man kann auf jeden Fall viel darüber nachdenken, was da schief läuft. Mir haben vor allem Jasmins Gedanken zu den Vögeln gefallen. Mir scheint auch, sie hat am meisten Potential, sich aus dem System zu befreien.
Weißt du, woran mich das denken lässt: „Alle glücklichen Familien sind gleich, aber jede unglückliche Familie ist auf ihre eigene Art unglücklich.“ (aus: "Anna Karenina" - Tolstoi)
Die Geschichte war einerseits interessant zu entschlüsseln, andererseits etwas ärgerlich, dazu weiter unten mehr. Wie die Figuren sich winden, die Bilder und Vergleiche mit den Vögeln … hab ich ja schon erwähnt. Hat durchaus Eindruck hinterlassen.

2 Umsetzung der Themen 6/7
Die Gäste sind die Protas (Familie) bei der Mutter/Oma im elterlichen Haus. Begegnung sehe ich nur beim Date, das ist aber nicht tragend für die Geschichte, na gut, die Gäste begegnen sich.
Die sich anbahnende Veränderung sehe ich bei Jasmin. Ich stehe nur angesichts des Endes einer wirklichen Veränderung skeptisch gegenüber. Den Sommer braucht es für die Mücken und Vögel als Allegorie, so kann man auch durchaus sagen, dass das Thema den Text durchdringt.

3 E-Faktor 3/5
Die Vögel und Mücken verbinden das Thema, es sind ein paar interessante Gedanken dabei mit hübschen Sätzen und Allegorien. Die Bedrückung ist durch den Text spürbar, er ist fast schon unangenehm, da bin ich froh über Jasmin, sowohl ihren Mittelteil, als auch ihr (von mir herbeifantasiertes) Potential. Ernsthafte Themen kommen vor, allerdings finde ich manchmal zu erklärbärig (Scheidung, Haus, Vermögen). Und bei Jasper kommt die ganze Krise ein wenig plump. Das würde ich ihm ja für sein Alter noch nachsehen, da aber später im Text die 30 Jahre erwähnt werden, frag ich mich, wie alt er ist. Das geht aber davon aus, dass ich meine, die Oma hätte ihn mit großgezogen. Es hätte ein wenig mehr ungesagt bleiben können, an anderer Stelle etwas mehr gesagt werden.

4 Lesbarkeit und Handwerk 3/5
Gut lesbar war es. Ein wenig geschwächelt hat es bei der natürlichen Redeweise von Caroline:
Zitat:
„Was ist es, das dich zögern lässt?“
Nein, so redet man nicht.
Zitat:
… dirigiert durch die Bewegungen dieses Vogels und erlebe ein Stück …

Hier ist mir Ästhetik des Satzanfangs durchs Erklären wieder ein wenig genommen. Weniger hätte es intensiver wirken lassen können. Auch Teil 3 hat ein paar zu viele Erklärungen für meinen Geschmack, z.B. die Scheidung. Die kursiven Dialoge könnte man in Frage stellen, aber das nur am Rande.

5 Logik 1/3
Ich habe es jetzt zum dritten Mal gelesen. Beim ersten mal habe ich nicht durchgeblickt, wer wer ist, beim zweiten Mal gefiel er mir sehr gut, beim dritten Mal war ich wieder verwirrt. Da kommen wir mal zum Punkt: Die Abschnitte hätte man vielleicht besser mit Namen überschrieben, zumindest die ersten beiden. Ich will jetzt gar nicht alle meine Familienkonstellationsentwürfe darlegen, bis ich das kapiert hatte (wenn ich das überhaupt habe). Ein wenig mehr Klarheit hätte der Geschichte gutgetan. I Jasper II Jasmin III Familie oder so. So lenkt es von der Geschichte ab.

6 Sorgfalt 1/2
Da fehlten mindestens 5 Kommas.+1 Fehler.

7 Sommerfrischequotient 5/5

Gesamtpunkte: 23/32

PUNKTESPOILER * trommelwirbel *
3 Punkte

Meine liebsten Textstellen:
Zitat:
...und ich frage mich kurz, weshalb sie so etwas Absurdes macht. Sich eine Feder ins Haar stecken.
Zitat:
Es ist ein Konzert aus Flügelschlägen und dem Gleiten der ausgebreiteten Schwingen; es gibt sanfte Passagen und solche mit Regsamkeit, mit rhythmischer Steigerung.
Zitat:
Und mit dem Blut nehmen seine Jungen möglicherweise die Hirngespinste der Menschen auf; die Wahrhaftigkeit oder die Verlogenheit

-----------------------
Bewertung – ein Versuch. Ein bisschen Neutralität einbringen, jenseits von: mag ich - nicht mein Ding. Hab ich eigentlich „Ahnung“ von E-Lit? Nee, deswegen brauch ich diese Krücke zum Bewerten. Bei Offenheit der Interpretation einzelner Aspekte, lege ich immer alles zu euren Gunsten aus. Tut mir leid, dass das so ausführlich geworden ist. Jegliche Kritik ist meine persönliche Sichtweise, wenn ihr davon etwas gebrauchen könnt, greift zu, ansonsten lasst euch nicht den Tag vermiesen.

1 Ich will einfach eine gute Geschichte lesen und etwas herauslesen. 5 Punkte

2 a) Sind Sommergäste tatsächlich oder symbolisch vorhanden?
b) Dreht sich die Geschichte um eine oder mehrere Begegnungen und/oder Abschiede?
c) und d) Ist eine Veränderung thematisiert, und ist diese anbahnend, d.h. nicht schon im gesamten Text vollzogen und zudem „spürbar“ über den Textverlauf?
e) Wie relevant ist das zentrale Thema für die Geschichte?
f) Können es nur „Sommergäste“ sein oder könnte die Geschichte auch anderswie spielen?
g) Wie sehr durchdringen diese Themen insgesamt den Text als Ganzes? 7 Punkte

3 a) Künstlerischer Anspruch und Kreativität allgemein, also alles, was sich sinnhaft von einem Genretext abhebt. Hier „reicht“ es nicht, einfach die 2. Person Futur Präsens zu wählen oder möglichst lange und komplizierte Sätze oder Wörter zu verwenden – im Gegenteil, das gibt Abzüge bei Stil und Lesbarkeit, Handwerk muss beherrscht werden. Auch ist eine komplizierte Wortwahl nicht ausschlaggebend, kann auch vollkommen simpel sein. Es kommt immer darauf an … auch auf das, was vielleicht nicht gesagt wird, aber durch den Textaufbau durchwirkt. Die Form, das Gesagte und das Ungesagte müssen Hand-in-Hand gehen, eine Wirkung bewusst erzielt werden (oder zufällig-intuitiv … wer weiß das schon?). [Form und Inhalt oder form follows function] 2 Teilpunkte hier.
b) Ernsthaftigkeit der Themen, wobei Humor dazuzählt, wenn er mir bspw. „die Absurdität“ (des Lebens oder wovon auch immer vermittelt) darstellt; und/oder Sozialkritik und/oder regt mich das zum Nachdenken an? Hat das eine Relevanz? Ein gewisses Maß an Realismus, aber kein absoluter. Bizarr und surreal sind erlaubt. Auch das kann ich nur subjektiv abwägen: ist das Phantastik oder  E-tastik?
c) Mehrschichtigkeit und Ungefügigkeit. Auch hier ist Augenmaß gefordert, ich möchte mir den Inhalt oder die Bedeutung/Interpretation ein wenig erarbeiten müssen (nicht alles erklärt bekommen), aber nicht wie die Sau ins Uhrwerk glotzen. Ob ein Text mich bewusst verwirren will oder ob Thema, Sprache, Aufbau etc. mich nicht richtig erreichen, muss ich subjektiv abwägen.
d) Verwendung einer besonderen Sprache oder Spielerei damit, Verwendung besonderer Bilder oder einer Wirkung durch die gewählte, durchaus auch einfache, Sprache (Intensität).
5 Punkte

4 Kann ich den Text, rein vom Formalen her, gut weglesen, ungeachtet von Pausen zum Nachdenken oder des Anspruchs der Sprache? Wie sieht es mit dem Handwerklichen des Schreibens aus? Wird es beherrscht, wird es gar bewusst gebrochen? 5 Punkte

5 Soweit nachvollziehbar:
a) Logik inhaltlicher Art (in sich logische Geschichte, Reihenfolge),
b) Logik der Details (das namensbestickte Taschentuch von Onkel Günther lag aber vorhin nicht auf dem Liegestuhl sondern auf der Tiefkühltruhe im Keller) – auch: recherchierte Details
c) Logik des menschlichen Handelns (also wie plausibel ist das Verhalten, ungeachtet künstlerischer oder storytechnischer Abweichungen) 3 Punkte

6 Sorgfalt muss sein, bitte nicht mit den Augen rollen, es sind ja nur 2 Punkte. Es gibt immer eine Möglichkeit, die man vorm Absenden wahrnehmen kann: einen Testleser, ausdrucken, sehr langsam lesen, laut vorlesen, mit (kostenloser) Software vorlesen lassen, in ein E-Book umwandeln, um es auf einem anderen Medium zu lesen, Rechtschreibkorrektur der Schreibsoftware, zur Not Gerold (obwohl der nicht der Hellste ist, sorry Gerold). Bei zu vielen Rechtschreib- oder Grammatikfehlern wird etwas abgezogen. Wie gesagt, es sind nur wenige Punkte, aber auch Sorgfalt spielt eine Rolle. Das ist eine Frage der Fairness gegenüber anderen. Ich weiß, du hast viel zu tun und die Muße kam recht spät oder du hast Legasthenie oder ... Nicht bös gemeint. 2 Punkte

7 Onkel Günther würfelt mit seinem 5-seitigen Würfel und dividiert das Ergebnis durch 1… (Nach meinem ersten Bewertungssystem tummelten sich auf einmal mehrere Texte auf den gleichen Rängen, auch mehr Punkte in den Kategorien schafften keine Abhilfe … Leute, das geht nicht, ich muss irgendwie ein Ranking hineinbringen. Onkel Günthers Würfel ist quantenverschränkt mit dem Text und weiß, was richtig ist.) 5 Punkte


_________________
... will alles ganz genau wissen ...
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holg
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Beitrag04.09.2022 11:51

von holg
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Generationenkonflikt? Familiending?
Sohn kommt nicht wie versprochen zur Feier der Mutter, hat stattdessen lieber ein Sexdate.
Der Sohn führt ein eingebildetes Gespräch mit seiner Mutter. Später führt die Mutter eines (zumindest ein typografisch genau so gesetztes) mit Jasmin, ihrer Schwester. Dazwischen eine Meditation über Schwalben.

Habe ich in anderen Texten zu wenig Subtilität bemängelt, hat dieser entweder zu viel davon oder ist so hermetisch, dass ich ihn nicht geknackt kriege. Da schwelt irgend etwas im Hintergrund, ich kann darüber aber noch nicht einmal spekulieren, weil mir Hinweise fehlen.
Irgendwie kommt mir Visconti in den Sinn. Ich kann das aber  nicht begründen.

Insgesamt lässt mich der Text kalt.


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MoL
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Beitrag04.09.2022 16:38

von MoL
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Lieber Inko,

ich fürchte, ich habe Deine Geschichte nicht ganz verstanden:
Caroline ist die ältere Schwester von Jasmin. Ihre gemeinsame Mutter war Alkoholikerin. Caroline ist reich und auch Alkoholikerin und Sohn ist Jasper, der wiederum unter ihrer Alkoholsucht leidet?

Mein größter Kritikpunkt ist sicherlich sehr objektiv: keiner der Protagonisten ist mir auch nur ansatzweise sympathisch. :-/

Die Einbindung mit dem Blut finde ich von der Idee her super, aber die Umsetzung hat noch viel Potential nach oben. Das ist mir zu wenig eingebunden, wirkt aufgesetzt. Ich bin mir sicher, aus der Geschichte lässt sich noch viel mehr rausholen!


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Hexenherz-Trilogie: "Eisiger Zorn", "Glühender Hass" & "Goldener Tod", Acabus Verlag 2017, 2019, 2020.
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nebenfluss
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Beitrag04.09.2022 18:25

von nebenfluss
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Leider noch kein Kommentar.

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Heidi
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Beitrag10.09.2022 23:04

von Heidi
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Sicherlich ist dieser Text nicht der schlechteste, den ich je geschrieben habe, aber er ist dennoch weit von dem entfernt, was möglich sein könnte und was ich mir eigentlich wünsche von meinen Geschichten. Ich habe dieses Mal echt mit mir gerungen, den Text einzureichen, dachte dann aber, wenn er erst mal da ist, dann soll es so sein.

Seltsamerweise hat mich bei diesem Zehntausender das Thema nicht in dem Maße inspiriert, wie es das sonst getan hat, was keinesfalls an den organisierenden Personen liegt, sondern an meiner persönlichen Verfassung und der Auffassung der Vorgaben. Ich fühlte mich etwa leicht eingeschränkt durch die Vorgabe „Schreibt einen erzählenden Prosatext [...]“; die Sommergäste an sich waren halt ein Thema und so eins ist dehnbar – das Zitat mit den Schüssen und dem Wald ebenfalls, aber erzählende Prosa bedeutet meiner Auffassung nach, dass lyrische Elemente eher fehl am Platz sind, Gedankenströme genauso, weil die ja nicht in dem Sinne erzählend sind.  Da dachte ich dann: Scheiße, das heißt ja, dass ich erzählen muss und eben nicht abweichen darf von einer „herkömmlichen“ Geschichte.
Im Endeffekt habe ich anhand der Text-Resultate dann gesehen, dass ich mich diesbezüglich viel zu sehr versteift habe; lyrische Abschnitte, oder Abweichungen und Besonderheiten anderer Art, hätten bestimmt nichts ausgemacht, aber dieser Gedanke war halt drin in meinem Kopf während des Schreibprozesses. Und so habe ich, nachdem der Text fertig geschrieben und abgegeben war, gedacht: Na, da hast du ja mal eine richtig „normale“ Story aufs Blatt gebracht, fast so, als hättest du ein größeres Projekt ins Auge gefasst, einen Roman in Kurzform, locker, leicht und halbwegs gefällig geschrieben.
Umso mehr bin ich überrascht über den einen oder anderen Kommentar, in dem mir reflektiert wird, dass der Text anscheinend doch nicht so „normal“ ist, wie ich dachte.
Meine Frage an mich selbst und auch an euch, ist nun, wie ich es schaffe, einen Text so zu gestalten, dass er auch verständlich ist und warum es mir nicht auffällt, wenn er zu abstrakt daherkommt. Diese Sache hinterfrage ich gerade bei diesem doch recht einfach gestalteten Stück enorm und damit hinterfrage ich mein Schreiben und die Sinnhaftigkeit davon im Allgemeinen stärker als in allen anderen Phasen meines Schreib-Lebens. Wenn eine Geschichte eine Vielzahl der lesenden Menschen unberührt lässt, dann ist das Schreiben davon letztlich überflüssig (oder irre ich mich?). Zwar schreibe ich generell immer zuerst für mich selbst, aber im Zuge eines Wettbewerbs dann ja doch auch für andere.

Auf eure Kommentare werde ich natürlich noch einzeln eingehen, wenn die Zeit dazu gekommen ist. Vielen Dank erst mal für die Mühe, die ihr reingesteckt habt in diesen Text!
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d.frank
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D
Beitrag11.09.2022 00:12

von d.frank
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Write drunk; edit sober

Ernest Hemingway

Nicht falsch verstehen: Schreibe blind, überarbeite konzentriert


_________________
Die Wahrheit ist keine Hure, die sich denen an den Hals wirft, welche ihrer nicht begehren: Vielmehr ist sie eine so spröde Schöne, daß selbst wer ihr alles opfert noch nicht ihrer Gunst gewiß sein darf.
*Arthur Schopenhauer
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Minerva
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Beitrag11.09.2022 11:21

von Minerva
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Hallo Heidi,

ich hoffe, du schreibst auch in Zukunft weiter und lässt dich nicht entmutigen, weil es dieses Mal nicht so geklappt hat, wie du dir es gewünscht hast. Der Nachteil an so einem Wettbewerb ist letztendlich, dass sicher einige die Zeit gebraucht haben, um überhaupt auf eine Geschichte zu kommen und diese umzusetzen. Was dann fehlt, ist der Abstand und die Überarbeitung, die Distanz.

Heidi hat Folgendes geschrieben:
Meine Frage an mich selbst und auch an euch, ist nun, wie ich es schaffe, einen Text so zu gestalten, dass er auch verständlich ist und warum es mir nicht auffällt, wenn er zu abstrakt daherkommt.


So lange ich nicht weiß, wie du nun wirklich dir gewünscht hast, dass er gelesen wird bzw. wie er genau gemeint war; kann ich dir das nicht beantworten.
Ich habe es als dysfunktionale Familie verstanden, das Blut, es vererbt sich ... Anspielung auf transgenerationales Trauma. Alkohol, Drogen, Sex als Bewältigungsstrategie. Familie als systemisches Gefüge, das aber nur durch zweitbeste Lösungen gehalten wird.
Manchmal habe ich mich auch gefragt, ob es vielleicht um Inzest gehen könnte, also dass der abwesende Opa von Jasper eigentlich sein Vater ist. Ich schloss das dann aber aus, weil ja die "Oma" (je nachdem, ob ich die Familienverhältnisse überhaupt verstanden habe), darüber nachdenkt, dass sie immer verlassen wurde und ihr Mann sie ja auch verlassen hat und vor Gericht ging es um das Haus etc. Zumindest wäre das dann nicht der Grund für die Trennung gewesen.

Ich habe mich auch mal kurz gefragt, ob Jasper und Jasmin eigentlich eine Person sind Laughing
Aber auch das verworfen.

Klar irritiert hat, dass der zweite Abschnitt so losging, dass man annahm, es spräche hier immer noch Jasper. Dadurch bekam ich auch das Gefühl, ganz ganz genau aufpassen zu müssen, wer hier wer ist und das hat mich verwirrt.

Dazu hast du das Konzept mit dem Blut, den Mücken, den Vögeln, führst dann aber noch die abstrakte "Bürde" ein, was meiner Meinung nach das Ganze schon überlädt mit Reflexion, unabhängig von der Textlänge. Weniger ist mehr. Bürde ist auch abstrakt, das mit den Vögeln ist hingegen wunderschön geworden und hätte mir gereicht und den Text leichter gemacht.
Er verknüpft ja die Abschnitte. Im letzten vermisse ich da aber die Vögel, ein paar Federn am Pool, ein Schwarm am Himmel o.ä. Das hätte sich dann noch etwas runder und bedeutungsvoller angefühlt.

Heidi hat Folgendes geschrieben:
Wenn eine Geschichte eine Vielzahl der lesenden Menschen unberührt lässt, dann ist das Schreiben davon letztlich überflüssig (oder irre ich mich?).


Nein. Ich kann jetzt nur versuchen, es aus meiner Sicht zu erklären, warum es möglicherweise so rüberkam. Dann kannst du es nächstes Mal ja anders probieren. smile Schreiben = Dranbleiben.
Jasper kommt recht unsympatisch daher. Andererseits ist auch Caroline nicht sympatisch, ich empfinde sie als "übergriffig". Oma ebenso. Sie geben sich keine Mühe, ihre Probleme zu lösen, sondern stecken immer mehr Leute damit an.
Die Stimmung vom Text drückt schon alles sehr gut aus, das führt aber bei der Bewertung oft dazu, dass Leute keine Lust darauf haben. Sie suchen eher positive Emotionen oder ein bisschen Licht und Glitzer am Ende. Oder einfach etwas Menschelndes. Und Identifikation mit Hoffnung im Ergebnis.
Das hat also weniger mit deinen Fähigkeiten zu tun, als mit den Bedürfnissen von Lesenden, die Texte nicht rein nach dem Künstlerischen, Funktion und Wirkung betrachten, sondern bestimmte Gefühle suchen. Menschen lesen wegen Gefühlen, sie sind Gefühlswesen. Und wenn sie superanspruchsvolle Dinge lesen, dann suchen sie vielleicht immer noch das positive Gefühl, dass SIE den Text verstehen oder den Kick, sich in ein wundersames Gedankenkonstrukt entführen zu lassen.
Und wenn sie Negatives lesen, dann suchen sie immer noch das Gefühl von höherer Gerechtigkeit oder Hoffnung oder Güte oder Vergebung oder Verstehen oder "nie-wieder" (in letzten Fall mal auf schreckliche/traurige Episoden der Geschichte bezogen).

Ich würde jetzt sagen, wenn du Jasper mehr Raum für Positives gegeben hättest, sodass wir mit ihm mitfühlen, wäre der Text anders rübergekommen. Wie er über sein Date denkt und wie er mit allem umgeht, ist da halt zu schwierig. Er scheint auf der Oberfläche keine Bedürfnisse zu haben, die z.B. in uns Mitgefühl wecken. Außerdem scheint er das Ganze viel zu sehr zu verstehen, anstatt nur ein Spielball zu sein. Er drückt für mich fast einen Ödipuskomplex aus, scheint aber nicht zu rebellieren.
Da reicht dann auch die nervige Übergriffigkeit durch Mutter und Oma nicht aus, die ganzen Erwartungen. Das stößt auch ab, weil man da gewisse Muster erkennt, die man im Entferntesten ähnlich erlebt hat. Da kriecht ein Schauer der Abscheu über den Rücken ...

So, also nach meiner Ansicht, wäre das so gewesen, dann hätte das Ende eine gewisse Befriedigung geboten, weil er nicht kommt. So ist es relativ egal.

Ansonsten war vor allem der Mittelteil sehr schön, aber die Jasmin konnte man nicht ausreichend kennenlernen, um da die Identifikation draufzulegen.

Trau dich ruhig, bewusst die Gefühle der Lesys zu lenken. Du knüpfst beim Schreiben ja auch an deine an, dann bist du möglicherweise sogar enttäuscht, dass andere da nicht mitfühlen können oder wollen. Dazu musst du sie halt auf deine Spur führen und verführen.


_________________
... will alles ganz genau wissen ...
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Heidi
Geschlecht:weiblichReißwolf


Beiträge: 1425
Wohnort: Hamburg
Der goldene Durchblick


Beitrag12.09.2022 19:52

von Heidi
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d.frank hat Folgendes geschrieben:
Write drunk; edit sober

Ernest Hemingway

Nicht falsch verstehen: Schreibe blind, überarbeite konzentriert


Das verstehe ich nicht falsch, nein, denn genauso arbeite ich. Meine Texte entstehen immer im Fluss, es gibt keinen Plot, nur ein diffuses Bild oder eher eine Empfindung, die ich transportieren will (von der ich selbstverständlich nicht verlange, dass alle lesenden Menschen sie genauso fühlen). Wenn der Text steht, überarbeite ich ihn mehrmals. So lange bis ich zufrieden bin. Meistens lege ich vor dem finalen Ende eine längere Pause von mehreren Wochen ein, in der der Text ruht und ich mit ihm, dann überarbeite ich noch mindestens ein Mal. Letzteres ist natürlich im Zuge eines DSFo-Wettbewerbs nicht möglich.
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