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CelloMord. Ein Kriminalfall in Versen


 
 
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wunderkerze
Eselsohr
W


Beiträge: 381



W
Beitrag01.08.2022 19:25
CelloMord. Ein Kriminalfall in Versen
von wunderkerze
eBook pdf-Datei Antworten mit Zitat

O Wahnwitz, Chaos unterm Schädeldach!
Wo Wahn mit Wahrheit sich geschickt verpaart,
Irrgärten baut und Truggebilde schafft,
verrückt vor Lust und Lust-verrückt
und finstre Mächte um sich schart:

O könnt ich aus der Schandtat scharfen Krallen,
sollt ich dran denken, mich sofort befrei´n!
Doch ach!, auch der geständ´ge Mörder muss oft leiden,
sei´s an Erinn´rung, Worten, Taten.
Ich lächle nicht, auch nicht zum Schein.

*

   So beginnen die Aufzeichnungen der Cellistin Merit N., die vor drei Jahren als aufgehender Stern am Musikerhimmel gefeiert wurde, und die dann ihren Arzt und Lebensgefährten Bodo von B. umbrachte. Es sind seltsame Zeilen, mit denen sie ihre Tat und den Weg dahin beschreibt, im Stil ziemlich aus der Zeit gefallen und zwischen Verzweiflung und Humor schwankend, aber dennoch keine reinen Fantasiegebilde. Die Umstände am Tatort und die Erkenntnisse der Gutachter zielen in die gleiche Richtung. Seltsamerweise erwarb ich ihr Vertrauen – warum, steht in den Sternen – und sie erteilte mir den Auftrag, die Verse nach ihrem Tode zu veröffentlichen, aus welchem Grund auch immer. Was hiermit geschieht, denn vor einem halben Jahr brachte sie sich mit einer Überdosis Schmerztabletten ums Leben.  
   E.A.Schwartau, Strafverteidiger.
*
      
Schicksalssinfonie

 Im Orchester ist großer Betrieb
 Frack und Hosen wogen rhythmisch.
 H. Mann


Sigurts Wangen glühen wüstisch,
weißer Stab in wilder Geste,
matter Schein auf blanker Weste –  
Bruckner ist´s, wie immer mystisch.

Trommeln brüllen, Geigen stöhnen,
fressen sich durch Gänsehäute,
backstage´s jammern Ratzenbräute,
manches Hirn beginnt zu dröhnen.

Da, der Celli Honigklänge –
Sigurts Miene: Tränen sprießen,
scheint vor Wonne zu zerfließen –
Schall wie keuscher Engel Sänge.

Was ist das? Im dritten Satze –
Gott!, wer nahm je diese Hürde?
 Der Cellistin steife Würde  
humpelt schmerzgebeugt vom Platze.

Ganz verdutzt sitzt jede Reihe.
Wie bizarr ist diese Szene!
Passt´ wohl zu der Lill Marlene –
nicht in dieses Hauses Weihe.

Sigurts Augen schimmern kryptisch.
Lässt den Stab, den weißen, sinken,
sieht die Starcellistin hinken,
 ihren Gang: Apo-kalyptisch.

Einsam noch sirrt eine Flötje.
Fahrenholt, das Dirigentje,
ringt verzweifelt seine Händje. –
 ihren Lauf nimmt die Tragödje.

*
 Fahrenholt, mit rotem Kopf
eilt nach hinten, wo sich krümmt
seine Starcellistin Merit.
Wirft sich vor das Kanapee,
ruft verzweifelt: „Tut´s sehr weh?“
Auf und ab hüpft grauer Zopf.

Ihrer Brust entweicht ein Ach.
„Lieber Freund, es ist viel schlimmer!
Warf den Arm in hohe Lagen,
weißt du, Sigurt, drei Oktaven!
Stach ein Teufel meinen Rücken
dass ich meint´, ich müsst ersticken!

Lieber Freund, es war entsetzlich!
Fühlte mich wie ausgestoßen!
Weiterspielen? Nicht zu denken!
Dann der Schrecken: Sollt ich patzen?
 Dachte dann: Ein Cello wen´ger
lässt das Konzert bestimmt nicht platzen.“

Kräft´ge Hand ergreift die Ihre,
streichelt ihrer Finger Wangen,
 – Augenblitz wie Edelsteine –
sucht er lächelnd sie zu trösten,
sucht nach Witzen Launen Scherzen,
doch ihr Geist versinkt in Schmerzen.

„Nahm grad ein paar heft´ge Pillen
aus des Doktors Wundertüte“,
sagt sie jetzt mit Grabesstimme,
„sei so gut, ruf mir ein Taxi,
  ist nicht weit zu meiner Klause!
 Hilft nichts, hilft ein fester Willen!“

 Wieder sucht der Mann zu trösten,
baut fantastische Paläste,
spricht von weiten Ruhmeshallen,
„Merit!“, ruft er, „du, die Beste!“ –
„Ach“, haucht sie mit welken Lidern,
„gib es auf, das wird nie wieder!“


Nacht

 Ach Furcht! Ach rasend Furcht!
 Ich seh, ich seh dich nahn,
 kenn dein´n geschwinden Schritt!
 W. Collins


Verzweiflung ringt mit Hoffnung
in mitternächtlicher Einsamkeit.
Hingestreckt aufs gramzerwühlte Lager,
die Hände ringend, flucht sie: „Ist das Gerechtigkeit?
Steh´ ich nicht, in der Blüte meines Könnens,
an der Schwelle des Ruhms? O teuflisches Schicksal!

Wie glücklich war ich doch,
Schoßkind der reinsten Muse:
Orchester umbuhlten mich,
Dirigenten schmachteten mich an,
das Publikum lag mir zu Füßen.
Vom Applaus berauscht
vergaß ich die Schmerzen.
Die Zeitungen waren des Lobes voll:
So jung, und schon so brillant!
Die Neider schwiegen betreten.

Doch jetzt?
Abgeschlagen in die Wüste des dritten Pultes
darf ich dem Zweiten die Seiten wenden.
Ach ach ach! Bin nur noch Geschmeiß der Kunst,
den Neidern ein gefundenes Fressen!

Ich, eine Sklavin der Natur
zum Ruhme geboren, zum Elend verdammt,
war nie ein hüpfendes Kind der Einfalt.
Der weiche Boden unbeschwerter Spiele lockte mich nie.
Mein Genius, ein strenger Mentor,
setzte vor den geringsten Erfolg
die größte Mühe. Ha!, ich bezwang ihn.
Doch nun ist alles aus! Ein teuflischer Dämon
bohrt mir
Schrauben in den Rücken,
und eine schwarze Sonne verfinstert meine Tage.
O, könnte ich doch sterben!“
F.f

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wunderkerze
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wunderkerze
Eselsohr
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W
Beitrag16.08.2022 15:41

von wunderkerze
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Intermezzo

 Banause bleibt Banause,
auch bei ´ner Silberlöffel-Jause.
Merit.N.

Das Messer fällt, der Teller klirrt,
der Bogen stockt, man blickt verwirrt –
Obwohl´s von hinten „Weiter!“ schalt,
ist Merits Blick jetzt eiseskalt.

Das Cello wandert in den Kasten.
der Pianist verlässt die Tasten,
Den Gästen macht das sichtlich Spaß –
das war Kultur, jetzt kommt der Fraß.

Sie rennt hinaus, wo unter Bäumen
Maiglöckchen und dergleichen träumen,
Ein Mann kommt auf sie zu, sagt keck:
„Sie ärgern sich? Hat keinen Zweck!

  Banause bleibt Banause,
auch bei ´ner Silberlöffel-Jause.“
Sie geht vorbei, denkt: „Knirsch,
Ein alter Mann auf geiler Pirsch!

Soll doch mit seiner Flinte sonstwo jagen,
hab jetzt für Smalltalk keinen Magen,
Er ruft ihr nach. „Sie täuschen sich!
Sie haben Nutzen, und nicht ich!“

Ärgerlich fährt sie herum, „Was wollen Sie?
Bin doch nichts als ein krummes Vieh!
Sehen Sie denn nicht meine Figur?
Ein Fragezeichen nach einer Hungerkur!“

Er sagt: „Was ist Figur, was ist Gestalt?
Am Ende werden wir doch alle kalt.
Was bleibt dann noch in ewiger Finsternis?
Dass wir der Welt kein Ärgernis.“

Sie sieht ihn an, ganz unverwandt,
doch seine Augen halten stand.
Sie sagt: „Oha!, ein Philosoph
 auf einem Silberhochzeits-Schwoof!

O lasst mich doch an Eurer Weisheit Quelle nippen!“
Ein feines Lächeln kräuselt seine Lippen.
„Da ist nicht viel. Was ich nur lehren kann,
das kommt aus meinem letzten Weisheitszahn.

Und wenn auch der verfault ist bis auf das Mark,
bin ich so dumm wie frisch geschlagener Quark.“
 Sie grinst ihn an. „Sie sind ein Teufelsbraten!
Was machen Sie beruflich?“ – „Sie dürfen raten.“

„Hm … kein Philosoph … ein Rechtsanwalt?“
  Kopfschütteln. „Nein nein nein, ganz kalt.“
„Hmhm … nun ja ... vielleicht ein Lehrer gar?“
„Geworden wär´ ich´s um ein Haar!“

 „Ein Geschäftsmann, hier in Paderborn?
Womöglich gar auf dem Kap Hoorn?
Man hört doch jetzt in diesen Tagen,
dass viele sich ins Ausland wagen.“

 Er grinst. „In Paderborn? Nicht schlecht!
Doch auf Kap Hoorn – dat geit jetzt necht.“
Ein Ärger-Schatten springt in ihr Gesicht.
Ihr Fuß stampft auf. „Dann rat´ ich´s nicht.“

„Dann sag´ ich´s frei,“ Ihr blick wird lichter.
„Nun also dann“? – „Ich bin ein Richter –“
„Oh, Euer Ehren …“ Einen Schritt tritt sie zurück –
 „nein nein, ich richte Knochen Stück für Stück.

Der 'Rückenpapst'  werd´ ich genannt“
 ein Unikum im ganzen Land –
So, Schluss jetzt mit der Blödelei!
Hab Sprechstund´ heute! Punkt halb zwei!“



5
Hoffnungsschimmer

Der einz´ge Mann, den ich gekannt,
den ich nicht gleich zum Kotzen fand.
W. Blake

Der Doktor 'Rückenpapst', mit Metzgerhänden,
nicht mehr ganz jung, doch eine Koryphäe seines Fachs.
Denn glaubt man den Legenden,
so hat er einen Arbeiter des Dachs,
der einst von hoher Warte stürzte
und sich den Tag mit schlimmen Schmerzen würzte
und sich dabei die Ehe-Pertersilie verhagelt´,
so kunstvoll wieder gesund genagelt,
dass der, o ha!, nach wen´gen Wochen
schon wieder ist aufs nächste Dach gekrochen.
Begeistert applaudierte da die Menge,
dezentes Heldentum durchströmte das Gedränge.
 Dies seine Stärke: Arbeitskraft.
Dies seine Würde: Leidenschaft.
Zu richten wo des Leibes Harmonien
gestört. Manch einer dankt´ es ihm auf Knien.
*

Im hellen Raum mit Bildern marmorierter Pracht,
er sieht die Frau und weiß sogleich Bescheid:
Die Nerven angespannt, die Muskeln hart,
 des Mundes Anmut schmerzverzerrt,
der Augen Flamme fast erloschen.

Welch Schicksal, denkt er gram, sie ist so jung!
Wo sah ich einen solchen Rücken schon!
Die Kraft, die Muskeln spannt, dahin
die Wirbelsäule krumm wie
Midgards Schlange.

„Ihr Fall ist ernst“, sagt er dann sanft, „Ihr Rücken:
 ganz verdreht im Labyrinth haltloser Wirbel.“
Dann spricht er´s aus, das grause Wort,
(er flüstert´s fast): Spondylolyse –
  Wirbelgleiten.

Sie hört die Worte, vor Entsetzen starr, den Blick gesenkt.
Für den Moment versagt ihr heißes Herz den Schlag.
Nicht einmal Millionen Zauberküsse könnten
jetzt die dumpfe Starrheit lösen,
die ihre Sinne lähmt.

Der Arzt: „Wie lange schon? Seit wann besteht die Qual?“
Sie, matt: „Die Schmerzen? Ach, seit früher Jugend.“
 Ein Blick: „Sie dachten nie an Therapie?“
„Noch hielt ich´s leidlich aus. Und:
Leiden heißt doch siegen.“

Die hohe Stirn des Doktors, baff von so viel Unverstand,
umspielt ein Reigen tiefer Unmutsfalten.
„Das ist doch Unsinn!“, ruft er barsch,
„und Wahnwitz! HEILEN
heißt doch siegen!“

Und weiter: „Wollen Sie, statt jugendliche Feste, Spaß,
und Witz und flinke Launen zu genießen,
 die viel gemeine Alltagssorgen tilgen,
in Schmerzen und in Runzeln
vor der Zeit verblüh´n?“

Sie sieht ihn an: In seinen Augen reine Menschlichkeit.
Sie sagt: „Bin Tochter nicht der heiteren Natur.“
Doch gebrochen schon ist ihre Leidenslust.
„Wie steht es denn mit Opiaten?“
„Bei Ihrem Rücken? Nein!

Der Hals sollt mir verdorr´n, sollt´ ich auch nur
 für einen Herzschlag lang die Wahrheit
schnöden Heilsversprechen opfern.
Hier gibt´s nur eine Option:
Die Operation!

Doch holen Sie gern andern Rat.“ Er reicht die Hand
und blickt sie an. Aus seiner Augen Schatzestruhe
erströmt sie eine große Ruhe. Die Schmerzen:
 Fast verschwunden. Das erste Mal
seit Tag und Stunden.

F.f

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Eselsohr
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Beitrag28.08.2022 18:52

von wunderkerze
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An den Geliebten!

Love framed with Myrth,
a gay fantastic Round,
Loose were her Tresses seen,
her zone unbound.
W. Collins

Habe fast den halben Tag gespielt
und mich wie neu gebor´n gefühlt!
War doch die Operation
die angesagte Option!
Dank dir, du braver Heil-Chirurg,
du Schmerzens-Wunder-Demiurg!
Wie ist die Welt so sonderbar!
Konnt´ noch vor einem halben Jahr
nicht üben mehr als eine Stund`,
dann war mein Steiß von Schmerzen wund.
Spiel´ jetzt Altmeisters Bachs Sonaten –
noch nie sind sie so gut geraten.
Auch Fahrenholt ist ganz begeistert.
„Die Krise hast du gut gemeistert!
Uns Merit, nach wie vor die Beste!“
Ich sah den Fleck auf seiner Weste.
„Kannst deiner Karriere wieder dienern,
ich seh´ dich schon bei den Berlinern!“

*
Obwohl kein Meerschaum atmet hier
noch feur´ge Wolkenschimmer glüh´n,
so strahlt doch, Bodo, mein Geliebter,
mir deine Sonne mitten ins Gemüt!

Kann wieder atmen, frei, ohn´ Seelenfrust,
fürcht´ nicht des Abends Nachtgebräu,
wo widerliche Furienfratzen mir
das Herz mit Gram und Graus zerreißen.

Dein Bild hier auf dem Tische schmückt
die Schatten meiner klammen Kammer;
der Goldglanz deiner Brillenränder
beschämt der müden Lampe Schein.

Könnt´ Wölfe küssen, Löwen bänd´gen,
in schnödem Kinderunfug mich verlieren,
in einem Meer von Freudentränen baden –
 allein dein Foto macht mich schon verrückt!

O könnt ich doch durch Zaubertunnel
mich zu der Tagung hin versetzen!
Sprich nicht so lange, hab Erbarmen.
Ich sehn´ mich so nach deinen Armen!

                                                                                *
                     
                                                        fest geregelt
                                                       wie der gestirnte himmel
                                                            war mein tag:
                                                          morgens das ach
                                                             mittags das oh
                                                               abends das weh
                                                            nachts verzweiflung

                                                                      da kamst du
                                                                      und siehe:

                                                                          morgens die freude
                                                                            mittags die sehnsucht
                                                                       abends das bangen
                                                                            nachts die erfüllung

*
                                                             
    O du unbekanntester der bekannten
    du mann, du held, du ankerplatz

du bist der mann, der mir die ruh´ gebracht
du bist der held, der mich aus meinen schmerzen riss
du bist der adam, der mir die liebe gezeigt
du trocknest meine tränen: den regen im paradies
   in meinem tränenparadies

lass uns auf delphinen reiten
lass uns über gletscher tanzen
lass uns in eine schwarzen sonne fliegen
lass mich die zahl deiner küsse raten
nur lass mich nicht ans ende denken

dein graues haar
dein drei-tage-bart
das blau deiner augen
der süße duft deines atems
welche labsal für meine seele

o du mein geliebter

jeden morgen an deiner seite
erhebe ich mich erneuert
wie der phoenix
aus der asche meiner vergangenheit

o du mein geliebter
verlass mich nicht
es sei denn
du willst
dass ich sterbe

Rückfall

Enttäuschung ist das
harte Brot des Optimisten.
Merit N.


Ach, nun ist es wieder aus! War wohl
des Doktor Finkenschlags Geunke:
„Bei manchen ist es nachher schlimmer,
ich warne vor der Operation,
ist keine sich´re Option!“,
nicht ganz so aus der Luft gegriffen.
 Doch Bodo wiegelt unwirsch ab.
„Hab dir den Rücken eng verblockt
mit Stiften, fest wie Stahl und Eisen,
und manchen Muskel durchgetrennt.
Das wird schon wieder. Habe nur Geduld!
Und nicht geflennt!“

Der Idiot! Hab nicht Geduld, nur meine Not!
Schmerz ist wieder mein täglich Brot.
Die Medikamente verrammeln mir das Hirn!
Fühl´ mich manchmal wie taub hinter der Stirn.

Die Operation war doch ein Riesenbeschiss!
 Patzte gestern beim Matinee! Griff statt F Fis.
Fahrenholt glotzte wie eine betrogene Braut.
Sah es ihm deutlich an: Für ihn bin ich out.

Ha! Hoffnung? Nichts als ein blinder Gaul.
Frau Fortuna? In der Regel ziemlich faul.
Als ob wir es  nicht besser wüssten!
Enttäuschung ist das harte Brot des Optimisten.


Nur Marlene hält noch zu mir,
meine Katze, das gutmütige Tier.
Doch kommt Bodo ins Zimmer
springt sie weg mit Gewimmer.

Was hat das zu bedeuten?
Höre da böse Glocken läuten.
Das Tier mit seinem Gespür
weist meinem Bettfreund die Tür?
*
Mir kommt ein fürchterlicher Verdacht.
Hab gegrübelt die halbe Nacht.
Vielleicht ist Bodo doch nicht der Mann,
dem man blind vertrauen kann.
Musste mich unbedingt operieren –
ja warum? Ha! Um zu kassieren!
Sagte mir mal – es ging schon auf Mitternacht:
„In Amerika hab ich gelernt, wie man Kasse macht!“
Schon damals erhielt meine Liebe einen Knacks,
obwohl mein Herz noch weich war wie Wachs.
Was ich schon ahnte – nun ist es Gewiss!
Geb auf den Mann keinen Fliegenschiss!
Bodo hat meinen Rücken versaut
und mir eine Karriere verbaut!
Ein Verbrechen, dass zum Himmel stinkt!
Jetzt weiß ich auch, warum er neuerdings trinkt!
Diese Untat bereitet ihm Qualen.
Na warte, Bodo, dafür wirst du bezahlen!
 
Cellomord

O scheußlich Tier!
Da liegt er wie ein Schwein! –
Grauenvoller Tod, wie ekel
ist dein Abbild!
Shakespeare,
Der Widerspenstigen Zähmung

Brüsk aufgeschreckt von verstör´nden Träumen
die aus der kranken Fantasie sich bäumen,  
nach einer sündhaft wild durchzechten Nacht,
mit grellem Kopfschmerz ist sie aufgewacht.
 
Der Kehle Trocknis fordert was zu trinken,
sie steht jetzt auf, um in die Küch´ zu hinken.
Der Katze Aug´ an ihres Bettes Ende funkeln,
sie ahnt schon, was da kommt, sogar im Dunkeln.

Vom Flur her dröhnt gewalt´ges Schnarchen
so wie von hundert schwer bezechten Oligarchen.
Sie öffnet leis die Tür zu Bodos Kammer –
beim Schein der Lampe: Nichts als Jammer!
 
Da liegt der Mann, ihr kruder Bettgenosse
wie ein Verworfener in weicher Gosse
auf ihrer Couch, zur Bettstatt ihm bereitet,
hilflos und taub wie Schlachtvieh ausgebreitet.

Sie sieht das Bild – umklammert von Entsetzen.
Der kühne Mann – sein Abbild liegt in Fetzen.
Die Zunge quoll, das fett´ge Haar zerzaust,
die leere Flasch´ noch in der bleichen Faust.

Vermehrte Schauder schütteln ihre Glieder
wie Sturm der Eul´ durchnächtigtes Gefieder.
Das zarte Band der Zuneigung zerrissen
 verlor´n des Herzens Halt und Ruhekissen.

Da liegt der Mann, ihr Spiel-Verderber
und jahrlang doch ihr treuer Liebeswerber.
Der Speichel rinnt aus seines Mundes Gähne,
und blöde bleckt das weiße Band der Zähne.

Ins Grenzenlose wächst nunmehr ihr Ekel,
dem wachen Geist ein übles Menetekel.
Ihr krankes Hirn jedoch, von Rachegier durchdürstet
hat alle Skrupel schnöde weggebürstet.

„Er soll bezahlen!“, stöhnt sie, „soll bezahlen
für all die Hoffnung, aufgelöst in Qualen!“
 Sie hebt das Cello, ihres Lebens Honigbecher,
Sein Dorn so spitz und schlank wie Eisenstecher,

sie hebt es hoch, das edle Instrument,
dieweil ein heißer Schmerz in ihrem Rücken brennt –  
sie hebt es hoch und stößt mit gnadenloser Lust
den Stachel tief in des betrunk´nen Mannes Brust.

Abgesang

   Ha! Raubt doch nur, finst´re Schatten,
des Todes Bruder mir, den Schlaf!
Doch kalte Schande wär´s, wenn ich,
die Mörderin, in dunklen Nächten
schlummern könnt´ wie ein schuldlos Schaf!

Gesteh´ ich´s doch, und schwer errötend:
Der Stachel tief in schwarz behaarter Brust –
Ein Anblick ohnegleichen!
Das edle Holz von meiner Hand ertötend,
missbraucht zum Mörderwerkzeug, nicht zur Freud´.

Nach Atem ringend, lag er, erst lebend noch.
Doch dann ergriff der kalte Tod die Glieder,
 zum letzten Mal erbebt´ das wilde räuberische Herz,
Mit grausem Ton verröchelt´ letzter Atem:
Dahin sind alle Ruhmestaten.

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