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Mittelhochdeutsch, cool oder cringe?


 
 
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Grim
Eselsohr


Beiträge: 280



Beitrag18.05.2022 18:28
Mittelhochdeutsch, cool oder cringe?
von Grim
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Kurze Info: Es handelt sich um eine Stelle mitten in meinem Roman. Ganz grob sucht Samra gerade ihre Kinder in einem nasskalten Fantasywald und folgt einer Spur alter Kleidungsstücke in eine gruselige Höhle. Mich würde interessieren wie das Mittelhochdeutsch ankommt. (Kritik zur Korrektheit brauche ich nicht, mir geht es erstmal ums Klangbild. Bisher ist das aus mittelalterlichen Texten zusammengebastelt, würde aber in der Überarbeitung natürlich ordentlich gemacht werden). Ich hoffe, die Stelle ist nicht zu verwirrend.



Das Licht der Pilzstämme reichte nicht weit, schon nach wenigen Schritten wurde es so dunkel, dass sie sich vorwärts tasten musste, und ein paar Schritt weiter sah sie die Hand vor Augen nicht mehr.
Das Loch war gerade so hoch, dass Samra aufrecht hineingehen konnte, dennoch bückte sie sich, denn das klatschnasse Blaufell hing ihr von der Decke ins Gesicht. Ein Bild von abgeschnittenen Leichenköpfen, mit nassem, verfilzten Haar schoss ihr durch den Kopf, irgendeine alte Schauergeschichte. Mit einem Fuß tastete sie vor sich, machte einen Schritt, tastete vor sich.
Es schien ein wenig wärmer zu werden, es roch muffig und nach nassem Hund. Sie atmete ganz flach, lauschte in die Dunkelheit hinein. Leises Scharren und Klickgeräusche. Etwas streifte ihr Ohr, und sie schlug instinktiv danach. Schlug etwas kleines, haariges weg, erschauderte. Versuchte nicht daran zu denken, was hier kroch und krabbelte.
Da berührte etwas glitschiges ihr Hosenbein, Samra erstarrte. Zischeln in der Luft. Aber keine Schlange, dieses Zischeln kam ihr vertraut vor.
Sie ging in die Hocke und streckte die Hand aus. Fühlte eine  Zunge darüberfahren, gefolgt von weiterem Zischeln. Dann wand sich der Schlecker um ihren Unterarm, und sie hob ihn hoch zu sich. Legte ihn um die Schaltern, wo er sich mehrmals um ihren Hals wand wie eine sehr lange, sehr glibberige Kette.
"Hallo" flüsterte Samra in die Dunkelheit, und sie hätte schwören können, dass das darauffolgende Zischeln ein Gruß war. Mit ihrem neuen Kameraden an der Seite, beziehungsweise um den Hals, fühlte sie sich schon ein klein wenig besser.
Sie lief geradeaus, der Arm vor dem Gesicht, herabhängendes Blaufell streifte nass darüber. Wurde dicker, bis es sich nicht mehr wegschieben ließ. Eine Wand? Am Fell entlang tastete sie sich seitwärts.  Alle paar Schritte ging sie in die Hocke, fühlte über den Boden, aber alles war vergammelt, löste sich zwischen ihren Fingern auf.
Gleichzeitig geschahen zwei Dinge. Sie fühlte den Schlecker herumfahren, und hörte, wie das Fell schmatzte. Überall gleichzeitig, etwas großes bewegte sich. Und dann war da Licht, zwei Sterne, die sie aus der Finsternis hinweg anstarrten. Schmatzende Schritte, schwer wie die des Riesen, die Lichter erhoben sich bis unter die Decke. Oder dorthin, wo Samra die Decke vermutete.
Der Geruch von nassem Hund stieg ihr jetzt in die Nase, aber es waren diese Lichter, die ihr am meisten Angst machten.  Eine uralte Angst, wie wenn am  in den Himmel starrt. Sie wusste nicht wovor, sie wusste nicht weshalb, aber sie musste weg!
Ein zweites Sternepaar erschien, unten am Boden, und ein Drittes. Sie waren überall! Kehliges Knurren. Ganz schwach reflektierten Fangzähne das Sternenlicht, geisterhafte Kiefer in der Dunkelheit, mit Zähnen wie ihr Unterarm.
Und sie verschlingen nicht nur den Körper, sondern auch die Seele Sie hatte Hunde Menschen zerreißen sehen, das musste so abartig weh tun, aber mit diesen hier konnte sie vielleicht nicht einmal ihre Unsterblichkeit retten. Samra kämpfte gegen die Panik an, die alle Vernunft aus ihrem Verstand zu jagen drohte. Machte ganz langsam einen Schritt rückwärts. Zähne klackten aneinander, als eine der Bestien in die Luft schnappte. Sie wagte es nicht einmal zu atmen, drehte sich ganz, ganz langsam um. Musste sich zwingen, Luft zu holen, flach durch den Mund. Sie spannte sich an, um loszurennen.
"ez ist mîn bet und ouch mîn rat, envlühe nîht"
Samra erstarrte halb in der Hocke. Sie musste nicht in ihren Erinnerungen suchen, um die Stimme zu erkennen. Diesmal war es das junge Mädchen.
"Oder hat sich wandelt dînen sîn?"
"Ich...was?",war das Einzige, zu dem Samra im Stande war.
 "Minîu kinden zerkiuwen maniger vleîsch unde knochen. Aber manch hunger nimmer sate . Bist du kommen, zu teilen von dîn vleisch?"
 "Nein" antwortete Samra schnell, die jetzt endlich begriff, worauf dieses Wesen hinauswollte. Während sie sprach, schaute sie von einem Sternenpaar zum anderen, aber die Stimme kam von anderswo. Ganz schwach glaubte sie, Spinnweben in dem Schwarz zu erahnen.
"Nein, ich will nicht...aufgefressen werden. Ich gehe...wenn ich darf?"
Etwas streifte ihr Gesicht, sanft wie Ascheflocken, und vielleicht war es auch nur der Wind.
"entvlühe, unde die kinden jagen dirnach. Ein schrit, oder zweye. "
Samra, die gerade eine Schritt zurück wagen wollte, hielt inne. Es klang nicht wie eine Drohung, eher eine Warnung. Ein gut gemeinter Rat. Nein, ermahnte sich Samra. Sie ist böse. Das mit der Kinderstimme machte diese Hexe mit Absicht!

Sie schluckte, vor ihrem inneren Auge war der Irre, und wie er zerfetzt wurde. Ein nasser Körper, davongeschleift in den Ruinen.
"vürthe niht, klein menschlichen kint. Neme min hant"
Instinktiv zog Samra die Arme zur Brust, bevor irgendein Monster sie packen konnte. Aber niemand griff nach ihr, zwang sich ihr auf.
Verdammt, sie musste hier rauskommen. Wenn diese Biester sie töten wollten, konnte sie sowieso nichts dagegen tun.
Sie löste eine Arm, streckte ihn ganz langsam dorthin aus, wo die Spinnweben waren. Streifte etwas warmes, und zuckte zurück. Tastete noch einmal in die Dunkelheit.
Sie fand Fingerspitzen, eine kleine Menschenhand. Knochige Finger, kurz wie bei einem Kind.  Nahm sie mit spitzen Fingern, nur mit Daumen und Zeigefinger. Die Hand schloss sich um ihren Daumen, und Samra zuckte zusammen, so vertraut fühlte es sich an. Genauso, wie die Zwillinge sie an der Hand nahmen, wenn sie Angst hatten oder zu etwas zerrten, das haben oder sehen wollten. Oder einfach nur Aufmerksamkeit. "Schau mal, Samsam" formten ihre Lippen stumm die altbekannten Worte.
"Wieso tust du das?" flüsterte Samra in die Dunkelheit, obwohl sie die Antwort schon wusste. Um sie zu quälen. Um mit ihr zu spielen, wie ihr Kater damals mit einer Maus.
"Hör auf damit so zu tun, als wärst du..als wärst du SIE." Sie war heiser. Sie kniff die Augen zusammen, versuchte irgendetwas zu erkennen zwischen den Sternenpaaren, die sich hoben und senkten, und der Finsternis.
"Ich bin ich."
"Lügner" flüsterte Samra. Aber es fühlte sich so echt an.
"volge mir" sagte das Mädchen, kein Befehl, sondern eine Einladung. "zu ein bezzer ort ."

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HansGlogger
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H

Alter: 65
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Beitrag18.05.2022 20:09

von HansGlogger
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Sätze wie

Minîu kinden zerkiuwen maniger vleîsch unde knochen. Aber manch hunger nimmer sate . Bist du kommen, zu teilen von dîn vleisch?"

Wären besser zu lesen, wenn die heutige Konsonantenschreibweise verwendet würde und Groß- und Kleinschreibung.

IIRC gab es für das Mittelhochdeutsche kein Rechtschreibregeln, die Schreiber schrieben nach Gehör, somit wäre dies schon zu vertreten f statt v zu nehmen Fleisch statt vfleisch;  satt statt sate etc.


zerkiuwen verstehe ich nicht. zerkauen?
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Grim
Eselsohr


Beiträge: 280



Beitrag18.05.2022 20:57

von Grim
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Ja, zerkiuwen=zerkauen. Mhm, es gibt ja schon Konsens, wie man das heute schreibt. Andererseits spiele ich auch mit dem Gedanken, nicht streng Mittelhochdeutsch zu schreiben, sondern eine Fantasiesprache, die stark angelehnt ist. Da könnte ich dann natürlich schreiben, wie ich will. Bzw. bin ich ja in Samras POV sehr nahe an der Figur, und die wüsste gar nicht wie man das schreibt, sie hört das ja auch zum ersten mal.
Danke für deine Eindruck.
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Selanna
Geschlecht:weiblichReißwolf


Beiträge: 1146
Wohnort: Süddeutschland


Beitrag19.05.2022 11:17

von Selanna
Antworten mit Zitat

Hallo Grim,

mich würde interessieren, ob es Sinn ergibt, dass Samra kein Mhd. spricht, ihr Gegenüber aber schon? Ich habe mal angefangen, eine Zeitreisegeschichte zu schreiben, da hätte das Sinn ergeben, aber inwiefern ergibt es bei Dir (im Fantasy-Kontext) Sinn? (Das ist keine Kritik, sondern eine neugierige Frage Embarassed ). Wenn Samra nicht wirklich auf eine Person des deutschsprachigen Mittelalters trifft, sondern eine Person aus einer ans Mittelalter angelehnten Fantasywelt, würde ich eher zu einer dezenten Annäherung ans Mhd. raten, als tatsächlich Mhd. zu schreiben. Dazu würde ich sogar unabhängig vom Kontext raten, wenn Du kein Mediävist bist. Sonst kann es auch ganz unfreiwillig komisch werden … das wäre so meine Befürchtung.
Wenn Du aber Mhd. schreiben willst, dann würde ich bei der mhd. Wortwahl und Schreibweise so nahe wie möglich am Nhd. dranbleiben, um das Verständnis so leicht wie möglich zu machen. Im Mhd. gibt es häufig verschiedene Formen (je nach Zeit, Region etc.), die Du hernehmen könntest. Statt „bet“ zB „bete“, das ist etwas näher am nhd. „Bitte“ dran. Oder statt „envlühe“ -> „entvliehe“. Und ganz generell: Wenn Du auf Mhd. schreibst, wäre es sicher ratsam, sich an einem mhd. Wörterbuch, wie zB dem Lexer, zu orientieren. Das kann Dir die ein oder andere Diskussion ersparen.
Zitat:
"Oder hat sich wandelt dînen sîn?"

Das ist klanglich schwer verdaulich, weil es Nhd. grammatikalisch falsch ist und mich als Nhd.-Sprechender rauswirft. Tatsächlich ist es aber auch im Mhd. falsch, „sîn“ war schon immer maskulin. – Aber generell: ich würde so nah wie möglich am Nhd. dranbleiben, klanglich wie grammatikalisch.

Fazit: Wenn die paar Sätze alles sind, was Du schreibst, kannst Du das schon machen, denke ich. Wenn das länger so weiter geht, sehe ich es kritischer. Wobei ich nicht die objektivste Meinung habe, da ich mich länger mit Mhd. herumschlagen musste und es einigermaßen lesen kann. Ob das auf die Mehrzahl der Leser zutrifft, kann ich nicht sagen. Ich weiß aber, dass sogar leicht verständliche, kurze Sätze auf Platt manchmal hinten im Glossar von Büchern aufgelöst werden (ich kenne aber auch ein Buch, da kam eine ganze Unterhaltung auf Platt vor, die ich gerne hinten nachgeschlagen hätte und da war das dann ausgerechnet nicht der Fall Rolling Eyes War aber eher E-Literatur, denke ich).
Klanglich ist es in Ordnung, aber ich würde mich mehr an der nhd. Schreibung orientieren, insbesondere wenn die entsprechende mediävist. Fachliteratur das auch so handhabt. Du willst ja, dass der Leser es leicht versteht, und es nicht mit Absicht verklausulieren. Wink
Die letzte Frage, die sich hier für mich stellt, ist, wie Du Dein Buch veröffentlichen willst: Über eine Agentur und einen Verlag? Dann würde ich mir jetzt keinen allzu großen Kopf darüber machen, denn die werden Dir bei der Entscheidungsfindung helfen. Wenn Du allerdings über SP veröffentlichen willst, s.o.: Formuliere/Orthographiere so leicht verständlich wie möglich und schreibe so wenige Sätze in Mhd. wie möglich. Außerdem solltest Du (unbedingt!) einen Mediävisten bitten, die paar Sätze vor der VÖ gegenzulesen.

Liebe Grüße
Selanna


Edit: Ich sehe gerade, Du schreibst, es gäbe heute einen Konsens, wie man auf Mhd. orthographiert. Laut der Literatur, die ich zuhause habe, bist Du von diesem Konsens aber abgewichen, oder? Es sei denn, man hätte in den letzten 20 Jahren radikal neue Erkenntnisse gesammelt Embarassed


_________________
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KarinS
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Beiträge: 9



K
Beitrag19.05.2022 11:46

von KarinS
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Hallo Grim!

Eines vorweg: Ich kenne mich mit Mhd gar nicht aus (bzgl. korrekten Schreibweisen, etc.). Ich kann dir also nur meinen individuellen Eindruck des Textes und der Textpassage sagen:

Ich fand die Zeilen schwer zu lesen, habe manche Sätze zweimal lesen müssen, um den Sinn zu erfassen. Ich denke, dass das vielen Lesern so gehen wird, die bisher kaum mit Mhd in Berührung kamen. Trotzdem - oder vielleicht sogar deswegen - passt das zur unheimlichen Atmosphäre. Samra weiß nicht, was in der Höhle auf sie wartet und versteht im ersten Moment selbst nicht, was da zu ihr gesagt wird. Der Einsatz des Mhd. unterstreicht meiner Meinung nach dieses Fremde und Unbekannte, macht es glaubhafter und - wie soll ich das ausdrücken - exotischer.

Um es Lesern nicht all zu schwer zu machen, würde ich - wie in den vorigen Kommentaren angemerkt - die Schreibweise etwas anpassen um die Leserlichkeit zu verbessern. In einem Fantasy-Roman kannst du mMn wirklich auch eine Kunstsprache, die an Mhd. angelehnt ist, verwenden. Den Leser drüber stolpern zu lassen, finde ich aber völlig in Ordnung, nachdems der Protagonistin ja auch so geht smile

Noch ein kleiner Punkt, über den ich gestolpert bin (nach dem du nicht gefragt hast, aber ich hoffe zu verzeihst): "Da berührte etwas glitschiges ihr Hosenbein..." - wenn mich etwas an der Hose berührt, weiß ich erstmal nicht, ob es sich glitschig, trocken, warm oder sonstwie anfühlt smile

Ich hoffe, mein Feedback hilft dir weiter,
Lg
Karin
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Ribanna
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Beitrag19.05.2022 12:09

von Ribanna
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Ich finde, das passt super da hinein. Man benutzt ja auch Fremdsprachen in Romanen oder Dialekte. Das macht das Ganze vorstellbarer. Ja, vielleicht liest es sich schwerer, aber für den Prota ist es ja anfangs auch nicht leicht, das zu verstehen, nicht? Ich finde es coll!


(Auch wenn ich nicht weiß, was chringe ist, kann ich mir ja den Sinn erschließen)[/spoiler]


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Globo85
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Beiträge: 742
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Beitrag19.05.2022 12:25

von Globo85
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Hallo Grim,

ich finds auch passend/gelungen. Kein Cringe. Es sollte aber meiner Meinung nach nicht Überhand nehmen, also jetzt kapitelweise vorkommen.

So wie ich es verstehe, geht es dir ja auch eher (nur) um eine an Mhd. angelehnte Fantasysprache, oder? Also nicht um korrektes Mhd. Sondern um etwas, was fremd klingt, aber sowohl für Lesy wie für POV einigermaßen verständlich ist. Da würde ich dann auch eher in die Richtung derer tendieren, die meinten, ein bisschen mehr "Verfälschung", um die Lesbarkeit zu erhöhen.

Wenn du es so deutlich von korrektem Mhd. abgrenzt, brauchst du dir auch nicht den Megakopf zu machen.

Wenn es dir aber tatsächlich um Mhd. gehen solte, dann bin ich bei Selanna.
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Grim
Eselsohr


Beiträge: 280



Beitrag19.05.2022 14:46

von Grim
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@Selanna
Zitat:
mich würde interessieren, ob es Sinn ergibt, dass Samra kein Mhd. spricht, ihr Gegenüber aber schon?

Evtl. macht es Sinn, kurz zu sagen was der Sinn der Sache ist: Samra wagt sich an einen Ort, an den nur sehr, sehr selten Menschen kommen. Alles ist groß, alles ist uralt. Die Wesen, die sie trifft bemerken sie entweder gar nicht oder wollen sie fressen. Menschliche Wesen tragen Helme oder verschleiern ihr Gesicht auf andere Weise, sind für Samra also nur gesichtslose Schrecken. Ich möchte also eine große Distanz zwischen Samra und dem Ort aufbauen, sie fühlt sich winzig und unbedeutend und fehl am Platz. Das einzige Wesen, das überhaupt irgendetwas sagt, ist die Hexe (insofern ist das MHD auch auf wenige Aussagen beschränkt, sonst redet niemand so). Mit der Sprache möchte ich die Andersartigkeit beibehalten. Normale Sprache wäre fehl am Platz. Im Endeffekt muss es also nicht unbedingt Mittelhochdeutsch sein, nur eine erkennbar alte Sprache, die man aber noch entziffern kann. Mittelhochdeutsch eignet sich halt gut, und ich finde sie klingt extrem cool ^^

Zitat:
Tatsächlich ist es aber auch im Mhd. falsch, „sîn“ war schon immer maskulin.

Wie gesagt, es ist extrem aufwändig, das 100% korrekt zu machen, deshalb ist das hier erstmal stellvertreterhaft zusammengezimmert (vor allem aus Lanzelet)

Zitat:
Die letzte Frage, die sich hier für mich stellt, ist, wie Du Dein Buch veröffentlichen willst: Über eine Agentur und einen Verlag? Dann würde ich mir jetzt keinen allzu großen Kopf darüber machen, denn die werden Dir bei der Entscheidungsfindung helfen. Wenn Du allerdings über SP veröffentlichen willst, s.o.: Formuliere/Orthographiere so leicht verständlich wie möglich und schreibe so wenige Sätze in Mhd. wie möglich. Außerdem solltest Du (unbedingt!) einen Mediävisten bitten, die paar Sätze vor der VÖ gegenzulesen.

Eher ersteres. Ich möchte dem Verlag/ der Agentur halt keinen Müll hinwerfen, sondern würde die Passagen von jemandem, der sich auskennt, korrigieren lassen, bevor ich das abschicke. Aber wenn die Sprache bei den meisten überhaupt nicht ankommt, kann ich mir das sparen. Das erledigt sich aber jetzt sowieso, ich tendiere nach dem Feedback mehr zu einer Fantasiesprache mit starker Nähe zum mhd, die leserlicher ist.

Zitat:
Edit: Ich sehe gerade, Du schreibst, es gäbe heute einen Konsens, wie man auf Mhd. orthographiert. Laut der Literatur, die ich zuhause habe, bist Du von diesem Konsens aber abgewichen, oder? Es sei denn, man hätte in den letzten 20 Jahren radikal neue Erkenntnisse gesammelt

Wie gesagt, mein Mhd ist zusammengezimmert. Das war eher bezogen auf den Vorschlag, zB. vleisch als fleisch zu schreiben. Ich habe aber in allen Texten, die ich so gesehen habe + Wörterbücher immer vleisch gelesen. Aber ich bin kein Experte, lasse mich da gerne belehren.
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Grim
Eselsohr


Beiträge: 280



Beitrag19.05.2022 14:51

von Grim
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Zitat:
Eines vorweg: Ich kenne mich mit Mhd gar nicht aus (bzgl. korrekten Schreibweisen, etc.). Ich kann dir also nur meinen individuellen Eindruck des Textes und der Textpassage sagen

Genau das suche ich auch ^^

Zitat:
Der Einsatz des Mhd. unterstreicht meiner Meinung nach dieses Fremde und Unbekannte, macht es glaubhafter und - wie soll ich das ausdrücken - exotischer.

Ja, genau das will ich erreichen. (Bzw. ist eine Sprachbarriere logisch, wenn die beiden weiß Gott wie viele Jahre trennen)

Zitat:
Um es Lesern nicht all zu schwer zu machen, würde ich - wie in den vorigen Kommentaren angemerkt - die Schreibweise etwas anpassen um die Leserlichkeit zu verbessern. In einem Fantasy-Roman kannst du mMn wirklich auch eine Kunstsprache, die an Mhd. angelehnt ist, verwenden. Den Leser drüber stolpern zu lassen, finde ich aber völlig in Ordnung, nachdems der Protagonistin ja auch so geht

Ja, das ist sinnvoll, werde ich so machen. Danke.

Zitat:
Noch ein kleiner Punkt, über den ich gestolpert bin (nach dem du nicht gefragt hast, aber ich hoffe zu verzeihst): "Da berührte etwas glitschiges ihr Hosenbein..." - wenn mich etwas an der Hose berührt, weiß ich erstmal nicht, ob es sich glitschig, trocken, warm oder sonstwie anfühlt

Quatsch, ich freue mich über jede Anmerkung. Ihre Hose hängt in Fetzen, trotzdem wäre Bein wohl besser als Hose.
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Grim
Eselsohr


Beiträge: 280



Beitrag19.05.2022 14:56

von Grim
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Zitat:
Ich finde, das passt super da hinein. Man benutzt ja auch Fremdsprachen in Romanen oder Dialekte. Das macht das Ganze vorstellbarer. Ja, vielleicht liest es sich schwerer, aber für den Prota ist es ja anfangs auch nicht leicht, das zu verstehen, nicht? Ich finde es coll!

Freut mich. Cringe? Um Susanne Daubner zu zitieren: "Cringe ist das Gefühl, das Sie haben, wenn ich den folgenden Satz sage: Digga, wie fly ist eigentlich die Tagesschau, wenn sie mit Jugendwörtern flext? Läuft bei dir, ARD" Also Fremdschämen, da peinlich.

Zitat:
So wie ich es verstehe, geht es dir ja auch eher (nur) um eine an Mhd. angelehnte Fantasysprache, oder? Also nicht um korrektes Mhd. Sondern um etwas, was fremd klingt, aber sowohl für Lesy wie für POV einigermaßen verständlich ist. Da würde ich dann auch eher in die Richtung derer tendieren, die meinten, ein bisschen mehr "Verfälschung", um die Lesbarkeit zu erhöhen.

Wenn du es so deutlich von korrektem Mhd. abgrenzt, brauchst du dir auch nicht den Megakopf zu machen.


Genau das will ich damit erreichen. Ja, Mhd-ähnliche Fantasysprache scheint die beste Lösung zu sein. Auch das letzte ist kein unwesentlicher Punkt, allein die paar Sätze hier haben mich schon Stunden gekostet
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Selanna
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Beiträge: 1146
Wohnort: Süddeutschland


Beitrag20.05.2022 17:07

von Selanna
Antworten mit Zitat

Hallo Grim,

Zitat:
Im Endeffekt muss es also nicht unbedingt Mittelhochdeutsch sein, nur eine erkennbar alte Sprache, die man aber noch entziffern kann. Mittelhochdeutsch eignet sich halt gut, und ich finde sie klingt extrem cool ^^

Kann ich gut nachvollziehen Daumen hoch Ich würde Dir (wie alle anderen ja auch) zu einer abgespeckten, (etwas) leichter verständlichen Version von Mhd. für Dein Setting raten. Smile
Zitat:
Wie gesagt, es ist extrem aufwändig, das 100% korrekt zu machen, deshalb ist das hier erstmal stellvertreterhaft zusammengezimmert (vor allem aus Lanzelet)

Ja, aufwändig ist es, aber auch darum hat es ja seinen Vorteil, wenn Du Dich etwas vom „Original“-Mhd. distanzierst Wink
Zitat:
Eher ersteres. Ich möchte dem Verlag/ der Agentur halt keinen Müll hinwerfen, sondern würde die Passagen von jemandem, der sich auskennt, korrigieren lassen

Was Du nicht brauchst, wenn Du Deine eigene Mhd-Version erfindest Wink Zu dem Schluss kommst Du weiter unten in Deinem Post ja selbst Smile
Zitat:
Aber wenn die Sprache bei den meisten überhaupt nicht ankommt, kann ich mir das sparen.

Ich glaube, die Idee, etwas in Richtung Mhd. zu schreiben, kam rundweg gut an Daumen hoch
Zitat:
Wie gesagt, mein Mhd ist zusammengezimmert. Das war eher bezogen auf den Vorschlag, zB. vleisch als fleisch zu schreiben. Ich habe aber in allen Texten, die ich so gesehen habe + Wörterbücher immer vleisch gelesen. Aber ich bin kein Experte, lasse mich da gerne belehren.

Und mein Kommentar war auf das „envlühe“ bezogen, das ich im Lexer als „entvliehe“ gefunden habe. Das ist näher am Nhd. dran als Deine Version UND steht im "Lexer" (=Standard-Mhd.-Wörterbuch). – Aber wie gesagt: Schreib lieber Deine eigene alte Sprache mit Anleihen ans Mhd.

Ich wünsch Dir viel Erfolg!
Liebe Grüße
Selanna


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Grim
Eselsohr


Beiträge: 280



Beitrag22.05.2022 16:52

von Grim
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Zitat:

Schreib lieber Deine eigene alte Sprache mit Anleihen ans Mhd.


Ja, die Schwarmintelligenz hat gesprochen wink


_________________
bonk
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Drakenheim
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Beitrag21.08.2022 17:12

von Drakenheim
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Buch
Zitat:
"ez ist mîn bet und ouch mîn rat, envlühe nîht"

Zitat:
"vürthe niht, klein menschlichen kint. Neme min hant"

Süß. (^.^)

Es klingt, als ob sie in der Höhle von einem uralten Wesen gefunden wird, das nur alle paar Jahrhunderte mal Kontakt zu lebenden (und sprechenden) Menschen hat. Und es sieht sie wie ein kleines Vögelchen, das sich im Zaun verhedert hat. (Ruhig, gaaanz ruhig. Nicht flattern, dann kann ich dich hier rauslösen.)

Über Lesbarkeit und Verständlichkeit lässt sich vortrefflich diskutieren, nur nicht mit mir. Ich habe als Kind im Urlaub in Holland die Comis auf niederländisch gelesen, und ich schmöker gerne in plattdeutschen Texten, auch wenn ich manche Sätze zwei bis dreimal durchgehe, bis ich sie verstanden habe.
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Grim
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Beitrag21.08.2022 19:00

von Grim
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Zitat:
Es klingt, als ob sie in der Höhle von einem uralten Wesen gefunden wird, das nur alle paar Jahrhunderte mal Kontakt zu lebenden (und sprechenden) Menschen hat. Und es sieht sie wie ein kleines Vögelchen, das sich im Zaun verhedert hat. (Ruhig, gaaanz ruhig. Nicht flattern, dann kann ich dich hier rauslösen.)


Ja, ziemlich genau so war es auch gemeint. Gut, dass es so rüberkommt.


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Beitrag21.08.2022 19:16

von V.K.B.
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Für mich passt das. Kein Cringe-Gefühl.

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Grim
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Beitrag21.08.2022 20:52

von Grim
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V.K.B. hat Folgendes geschrieben:
Für mich passt das. Kein Cringe-Gefühl.


Danke fürs Feedback, ja, ich übernehme es auch so (ähnlich).


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Stefanie
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Beiträge: 1741



Beitrag22.08.2022 09:10

von Stefanie
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Ich muss es quasi laut vorlesen bzw. überlegen, wie es gesprochen klingt, damit ich es verstehe, was es etwas mühsam macht, aber es funktioniert für mich. Wenn es nur ein paar Sätze sind, gefällt es mir, wenn es mehr wird, wird es anstrengend, weil der Lesefluss abgebremst wird.
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Skatha
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Beiträge: 371
Wohnort: Alpenraum


Beitrag22.08.2022 18:55

von Skatha
Antworten mit Zitat

Für die Lesbarkeit befürworte ich auch den Vorschlag, die Schreibweise noch leicht anzupassen; vor allem wenn es für mehrere Textstellen/Dialoge sein soll (u/o das junge Mädchen lernt schrittweise Nhdt.).
Grundsätzlich klingt es für mich aber altertümlich und macht die Szene lebendig und greifbar.


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It is not despair, for despair is only for those who see the end beyond all doubt. We do not.
(J.R.R. Tolkien, The Lord of the Rings)
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Grim
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Beiträge: 280



Beitrag23.08.2022 12:56

von Grim
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Danke an alle für das Feedback. Für mich ist die Sache damit klar und die Frage hat sich erledigt.

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bonk
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