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Die Kraft der Liebe


 
 
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V.K.B.
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Das goldene Rampenlicht Das silberne Boot
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Beitrag31.03.2022 20:00
Die Kraft der Liebe
von V.K.B.
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Die Kraft der Liebe


Am Anfang war das Wort, das Wort war bei Gott und Gott war das Wort. Nein. Am Anfang ist es nur wichtig, dass man sich über Wasser hält, irgendwie. Die Hoffnung nicht aufgeben, auch wenn es keine gibt, nie gegeben hat und auch nie geben sollte. Jedenfalls nicht für mich. Meine Aufgabe ist, ihnen zu gehorchen und keine Fragen zu stellen. Für die Gerechtigkeit am Ende werden andere sorgen.
Halt, was sind das für Gedanken in meinem Kopf? Definitiv nicht meine!
Ich reiße die Augen auf. Und so beginnt die Welt.

Langsam schiebt sie sich in die Existenz, durch endlose graue Nebelschleier und der Geist Gottes schwebte unsichtbar und frei über den Wassern. Im Gegensatz zu mir, die gefesselt in einem Ruderboot mitten auf dem Ozean sitzt, völlig sichtbar, zumindest für meine eigenen Augen, weil ich fassungslos an meinem verschnürten Oberkörper hinunterstarre. Ich bin allein, sonst ist nichts da draußen, am Anfang darf es wohl keinen weiteren Betrachter geben. Das dünne Stahlseil verläuft unter- und oberhalb meiner Brüste und hält meine Arme auf dem Rücken, relativ bequem wie in einer Wiege, aus der es dennoch kein Entkommen gibt. Irgendwo im Nebel schreit eine Katze.
Willst du mich verarschen? Eine Katze auf dem Meer?
Jetzt höre ich weitere seltsame Laute, als ob alle Bestien aus dem Garten Eden mich in meiner hilflosen Lage begrüßen wollen. Karmarückkehr? Nein, Unsinn, ich weiß es besser. Ich stehe auf. Auch wenn ich mich nirgendwo abstützen kann, die kleine Nussschale auf dem Ozean schaukelt und das Verlieren des Gleichgewichts meine Geschichte beenden würde, obwohl sie gerade erst begonnen hat. »Willst du mir Angst machen?«, brülle ich in die Diffusität und Kakophonie des Nebels. »Los, rede mit mir! Du willst doch was von mir, oder?«
Die Geräuschkulisse flaut ab, nur noch das Plätschern der endlosen Wassermassen gegen die Holzwände meines Bootes. »Ich weiß genau, dass du mich geschrieben hast! Also komm mich endlich holen und nimm mir das verdammte Stahlseil ab! So ist das doch keine Handlung!«
Stille. Das Boot schwankt, ich kippe zur Seite. Gerade noch rechtzeitig gelingt es mir, in die Knie zu gehen und mich nach hinten zurückfallen zu lassen, statt über Bord zu stürzen. Mein Kopf schlägt auf der Holzbank auf, aua! Hätte ich da schicksalsfügsam sitzenbleiben sollen?
»Du Arschloch!«, schreie ich in den Nebel. »Wie kannst du mich so auf dem Meer aussetzen?«
Nichts ändert sich, ich sitze hier fest. Hilflos und allein. Ich zerre an den Stahlfesseln, versuche mich da irgendwie rauszuwinden, aber ohne Flex oder Schweißgerät nichts zu machen. Manche Schriftsteller haben doch echt den Arsch offen. Immerhin bin ich vollständig bekleidet, merke ich gerade, auch wenn ich in einem albernen, schwarz-grünen Jumpsuit stecke.
»Und musste es wirklich das Bermuda-Dreieck sein?«, setze ich meine in die Unschärfe der Umgebung gebrüllte Anklage fort. »Ist dir nichts Originelleres eingefallen?«


Wir stehen an Deck der MS Sinneslöschen und ich bin froh, dass die Sturmgewehre der Wachen jetzt aufs Meer in den Nebel zeigen, statt so subtil wie deutlich in meine Richtung gehalten zu werden, wie es mir auf den ersten zwei Wochen unserer Mission fast schon zur Gewohnheit wurde. Gast und literaturwissenschaftlicher Berater sollte ich auf diesem Schiff sein, behandelt wurde ich wie ein Gefangener. Ich hätte gleich skeptisch sein müssen, warum braucht eine obskure paramilitärische Bibelgruppe einen nihilistischen Schriftsteller auf einem Forschungsschiff? Dann verstand ich die unglaublichen Möglichkeiten, die sie mir bieten. Bisher schrieb ich nur Geschichten – doch heute werde ich Geschichte schreiben.
»Hast du das auch gehört?«, stößt Horace mich an und reißt mich aus den Gedanken. Mein Kopf dröhnt immer noch, warum muss diese Anlage beim Actualization-Prozess so einen Krach veranstalten, als hätten wir die Pforten zur Hölle aufgestoßen?
»Ja, habe ich. Sie ist wirklich dort draußen auf dem Wasser. Und sie scheint völlig self-aware zu sein.«
»War das beabsichtigt?«
»Nein, natürlich nicht.« Aber wir experimentieren hier ja auch mit Dingen rum, die fern der letzten Ufer aller Vernunft liegen. Wenigstens scheint sie wie von mir beschrieben sicher gefesselt zu sein und wird uns nichts tun können. »Ich hatte jedenfalls nicht die Absicht, eine Meta-Geschichte zu schreiben«, füge ich zur Klarstellung hinzu. Nicht, dass noch jemand auf den Gedanken kommt, ich könne ihr Projekt für eigene Zwecke untergraben wollen.
Ich blicke auf das Megaphon, das Horace mir reicht. »Sprich du mit ihr, sie ist deine Schöpfung.«
Aber was soll ich antworten? Dass das Bermuda-Dreieck nicht meine Idee war, sondern für das Eidolon-Actualization-Projekt ausgewählt wurde, lange bevor ich dazustieß? ›Wo sonst auf dem Meer würdest du das Gelingen eines solchen Unterfangens für möglich halten‹, rechtfertigte der Chefwissenschaftler die Auswahl unseres Reiseziels. Seine Theorie basiert auf Wahrnehmungsunschärfe und Realitätskonstrukten, und das kollektive Unbewusste spielt dort wohl immer mit rein. Ganz zu verstehen scheint er seine Forschungen jedenfalls selbst noch nicht. Auch wenn die Zeit noch so drängt und unsere Ziele jenseits ethischer Bedenken liegen, musste er gleich Gott aus dem kollektiven Glauben der Menschheit erschaffen wollen? Ich war da etwas besonnener, meine Figur ist nur Demiurg. Ich bin ja nicht wahnsinnig.


»Bitte bleiben Sie ganz ruhig sitzen. Rettung ist auf dem Weg!«
Tatsächlich, eine Antwort. Die männliche Stimme aus dem Megaphon erscheint mir vertraut, auch wenn ich sie noch nie gehört habe. Aber ich weiß, wer er ist und was uns miteinander verbindet. Ich habe nur keine Ahnung, was er von mir will und warum er mich in dieser hilflosen Lage auf einen Ozean setzt. Er hat doch nicht etwa Angst vor mir?
Langsam bricht die Nebelwand auf, als sich ein metallisches Monster mit vielen Leuchtaugen herausschält. Mein Boot schaukelt stärker, gut, dass ich mich an die Anweisung gehalten habe und sitzengeblieben bin.
Breite Lichtstrahlen irrlichtern durch den Wasserdunst und bleiben nach und nach an meiner Person kleben. Dazu kleine rote Leuchtpunkte, die in Herznähe über meinen Brustkorb tanzen. Das Monster aus dem Nebel lässt sich jetzt als Schiff erkennen, monströs wirkt es immer noch. Ich bemerke zwei Kerle in Kampfanzügen, die an Stahlseilen vor der Bordwand hängen, dicht über der Wasseroberfläche. Gekonnt landen sie rechts und links neben mir, als das Schiff mich passiert, und haken ihre Seile in Ösen an der Seite meines Bootes ein, die wie dafür gemacht scheinen. »Hochziehen«, ruft einer von ihnen nach oben.
Mitsamt dem Boot und meiner Eskorte erhebe ich mich aus dem Wasser, das metallische Kreischen des Krans schmerzt in meinen Ohren.

Endlich werde ich auf dem Deck abgesetzt, wo mich weitere Kampfanzugträger mit Sturmgewehren in Empfang nehmen. »Ich werde euch wohl kaum etwas tun können«, stelle ich klar und schüttle demonstrativ meinen verschnürten Oberkörper.
»Eine notwendige Sicherheitsvorkehrung, entschuldigen Sie.« Einer der Bewaffneten traut sich ganz nahe heran und überprüft meine Fesseln. »Alles sicher. Keine Schlösser oder Schwachstellen.«
Na toll, die Hoffnung, da in absehbarer Zeit rauszukommen, kann ich mir abschminken.
»Haben Sie Schmerzen oder Krämpfe?«
»Nein, alles gut und total bequem.« Ich seufze. »Dürfte ich fragen, wo mein Autor ist?«
»Der möchte Sie zusammen mit unserem Projektleiter zum Dinner einladen. Bitte folgen Sie mir.«
Kann das eigentlich noch absurder werden? Wenigstens bin ich jetzt auf einem richtigen Schiff, ich sollte mich halbwegs kooperativ verhalten. Sie führen mich, immer ein paar Gewehre schussbereit auf mich gerichtet, durch monotone Schiffskorridore zu einer prunkvollen Essenstafel, an deren Kopfende ein thronartiger Sessel für mich bereitgestellt ist. Zwei Herren in Abendgarderobe sitzen dort, ältere weiße Männer, war ja klar. Der Bartträger spricht mich an. »Bitte nehmen Sie Platz. Es ist mir eine große Freude, Sie als unseren Heiland heute hier begrüßen zu dürfen. Mein Name ist Stephen und das gegenüber ist unser Projektleiter Horace.«
Dieser erhebt sich, nur um sich dann tief zu verneigen. »Einen wunderschönen guten Abend, Miss Tiamat.«
»Tiamat war ein Drache, aus dessen erschlagenem Leib Marduk Himmel und Erde erschuf«, erinnere ich ihn. »Ich hoffe, Sie haben mit mir nicht Ähnliches vor.«
»Keine Sorge, Tia.« Stephen lächelt mich an. »Ich darf doch Tia sagen, oder?«
»Von mir aus. Passt doch eh alles nicht zusammen. Was soll eine sumerische Göttin mit dem gnostischen Weltschöpfer zu tun haben?«
»Die Eidolon-Actualization-Engine befindet sich noch in einem experimentellen Stadium«, erklärt Horace. »Man muss nehmen, was man aus dem kollektiven Unbewussten zu greifen kriegt. Wir bitten Sie daher, eventuelle kleinere Unstimmigkeiten zu verzeihen.«
Kleinere Unstimmigkeiten, dass ich nicht lache! »Sie erschaffen eine Schöpferin, die rückwirkend Ihre Welt erschaffen haben soll?«
»Ganz genau.« Horace nickt. »Wenn man die Vorstellung einer linearen Zeitdimension ausklammert, die eh nur im menschlichen Bewusstsein existiert, ist das kein Paradoxon mehr.«
Ich komme nicht mehr zum Antworten darauf, da zwei Diener bereits auftischen. »Sie müssten mir schon die Hände losmachen, wenn ich vornehm mit Ihnen dinieren soll.«
»Das ist leider aus Sicherheitsgründen nicht möglich«, erklärt Horace. »Erst wenn Sie ein speziell für Sie vorbereitetes behavioristisches Erziehungsprogramm durchlaufen haben, können wir riskieren, dass Sie Ihre Arme gen Himmel erheben und Ihre Macht walten lassen.«
Ich soll also irgendwas für sie an der Welt nachbessern? »Und wie stellt ihr beiden euch das vor?«, frage ich, während die Diener mir Essen auftun und Wein einschenken. Dieser Braten riecht ganz hervorragend.
»Nun …« Horace zieht die Stirn in Falten. »Wir brauchen einen Gott. Die Menschheit hat sich in eine verhängnisvolle Lage manövriert, aus der sie alleine nicht wieder rauskommt. Die zivilisierten Gesellschaften werden immer instabiler, weltpolitische Konflikte eskalieren, und der Klimawandel–«
»Ich will jetzt erst essen, ich habe Hunger.«
»Kein Problem.« Stephen deutet auf die Bediensteten. »Aleph und Ezra werden dir bei allem behilflich sein, bis wir dir deine Freiheit gewähren können.«
Schon wird Fleisch auf meinem Teller zerschnitten und mir zusammen mit einer Krokette auf einer Gabel angereicht. Ich probiere, wirklich lecker. »Wie kann ich überhaupt hier sein?«, frage ich meinen Schriftsteller.
»Gedanken formen die Realität«, beginnt Stephen zu schwadronieren, »und das Meer ist formlos. Hier draußen können wir zu Papier gebrachte Gedanken verwirklichen, ohne dass die bereits bestehende Kognition anderer–«
»Wie ein 3D-Drucker für literarische Ideen«, vereinfacht Horace. »Geist über Materie, und der Ozean ist groß genug, sich einem permanenten Beobachter zu entziehen. Daher können wir in Verbindung mit der Quantenphysik, angewendet auf Jungs Theorien des kollektiven Unbewussten und Sheldrakes morphogenetischen Feldern–«
»Pseudowissenschaft als Chaosmagie«, winke ich ab, um mir nicht stundenlange Erklärungen anhören zu müssen. Die sind doch komplett durchgeknallt! Aber besser höflich bleiben, ich bin ihnen im Moment wehrlos ausgeliefert, also erstmal mitspielen. Sie müssen glauben, dass ich auf ihrer Seite wäre und mir diese verdammten Fesseln abnehmen.
So devot, wie eine sumerische Drachengöttin irgendwie kann, nehme ich einen großen Schluck vom mir an die Lippen gehaltenen Weinglas. »Ich mag die Idee. Und das Essen ist auch wirklich gut. Aber warum holen Sie für Ihre Weltprobleme–«
»Unsere Sponsoren wollten eigentlich den Gott aus der Bibel«, erklärt Horace, »aber Stephen hat uns überzeugt, dass eine Demiurgin aus seiner Feder leichter abzurichten und zu kontrollieren sei.«
Wenigstens der ist ehrlich. »Aber Stephen ist ein Arschloch«, zische ich. »Erschafft mich, nur um mich gewissenlos in die Sklaverei einer Sekte zu verkaufen und missbrauchen zu lassen, typisch Schriftsteller.«
Mein Autor verschluckt sich an seinem Wein und hustet. »Entschuldigt mich, ich werde mich lieber auf mein Quartier zurückziehen. Horace, es ist besser, du setzt diese Konversation erst mal ohne mich fort.«
Der Projektleiter nickt und der Schriftsteller türmt. »Hat da jemand ein schlechtes Gewissen?«, rufe ich ihm hinterher.
Ohne zu antworten verschwindet er im Korridor und sein Chef wendet sich mir zu. »Miss Tiamat, Sie urteilen zu hart. Von missbrauchen hat niemand was gesagt. Uns treibt die Kraft der Liebe.«
Wie um das zu beweisen hält mir einer der Diener wieder die Gabel mit Essen vor den Mund. Schnell zuschnappen, wer weiß, wie sie mich später behandeln. »Sie wollen mich durch Folter gefügig und zu Ihrem Werkzeug machen«, mutmaße ich.
»Aber nicht doch. Wir werden Sie liebevoll erziehen, auch wenn es vielleicht mal schmerzhaft wird. Wir glauben an die christlichen Werte von Disziplin und Gehorsam. Es ist alles zu Ihrem Besten, und wenn Sie das verinnerlicht haben, werden Sie uns helfen, unsere Ideen durchzusetzen. Bei der Weltrettung, im staatlichen Bildungssystem und bei Präsidentschaftswahlen, sowie Entscheidungen des obersten Gerichtshofs.«
»Sonst noch Wünsche?«, schnaube ich.
»Sie können doch bestimmt auch Aktienkurse beeinflussen, oder?«


Horace hat seinen gefesselten Prometheus mit Titten und wird mir nicht mehr in die Quere kommen, auch die Wachmannschaft ist komplett auf den von mir geschaffenen Götzen fokussiert. Die Feder ist mächtiger als das Sturmgewehr, auch wenn Tia recht hat und es mir tatsächlich um sie leid tut. Zumindest etwas, es ist ja nicht das erste Mal, dass ich einer meiner Figuren für eine Finte Leid zufügen muss. Aber all das wird schon bald keine Rolle mehr spielen.
Wie geplant ist das Forschungsdeck jetzt unbewacht. Ich stecke meinen USB-Stick ein und lade die Dateien ins Eidolon-Actualization-Programm. Dauert diesmal länger, für Tia brauchte ich ja nur wenige Normseiten, das jetzige Quelltextmaterial ist wesentlich umfangreicher. Zum Glück sind die oben alle beschäftigt. Endlich erscheint die Bildschirmanzeige, auf die ich wochenlang hingearbeitet habe.
›Actualization-Prozess starten?‹
Ich bestätige, verlasse den Raum und setze den hydraulischen Türöffner außer Gefecht. Da kommt so schnell keiner mehr rein. Hinter mir beginnen die gigantischen Spulen mit den Magnetkernen zu rotieren. Es wird einige Minuten dauern, bis der richtige Krach losgeht, wenn die übertragenen Daten draußen in die Realität hereinbrechen. Ich eile an Deck.
Oben stehen bereits alle an der Reling und starren in den aufwallenden Nebel, drehen sich aber sofort zu mir um. Tias Abendgarderobe wurde zwischenzeitlich um einen modischen Ballknebel ergänzt, anscheinend ist die Dinnerkonversation auch ohne mein Beisein nicht ganz harmonisch zu Ende gegangen.
Horace gestikuliert wild in Richtung Meer. »Ist das ein natürliches Phänomen oder läuft die Anlage wieder?«, fragt dieser Kretin auch noch.
»Was denkst du?« Ich kann mir das diabolische Grinsen nicht verkneifen. Sofort schwenken die Gewehre auf mich, doch ich zeige auf den Ozean. »Dort werdet ihr gleich alle Feuerkraft benötigen.« Kurz stutzen die Wachen, dann gehen sie tatsächlich an der Reling in Position.
Horace schaut mich verwirrt an und deutet auf seine Gefangene. »Aber wir haben–«
Ich trete an die beiden heran. »Tiamat war doch nur ein Testlauf und Ablenkung für dich.« Schnell greife ich die Gefesselte, hieve sie über das Geländer und stürze sie über Bord. »Ciao Bella!«
»Was hast du getan?«, schreit Horace, während er seinem im Meer verschwindenden Götzen nachblickt.
»Die Kraft der Liebe, von der ihr immer redet, ein bisschen wörtlicher genommen.« Ich lache.
»Womit hast du die Anlage gefüttert?«
»Lovecrafts gesammelte Werke. Wenn wir schon Götter auf unsere Welt holen, dann auch die richtigen.«
Blanker kosmischer Horror steht ihm ins Gesicht geschrieben. »Warum, Stephen? Warum?«
»Weil wir unsere Chance auf diesem Planeten hatten und jetzt nichts anderes mehr verdienen. Menschen wie du sind der beste Beweis dafür.«
Im Nebel bricht ein höllischer Lärm los. Ich hebe die Arme, um unsere wahren Götter willkommen zu heißen. »Iä Azathoth, iä Yog-Sothoth, iä Cthulhu!«

Meine manischen Schreie gehen im infernalen Tosen des Meeres unter, bevor sie eins mit dem unheiligen Chaos werden, das sowohl aus den Tiefen des Ozeans wie auch dem kollektiven Unbewussten über uns hereinbricht.

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V.K.B.
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Beitrag31.03.2022 23:42

von V.K.B.
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Mein lieber Herr Kanoder-Brunnel,

was haben Sie da wieder verzapft? Denken Sie wirklich, jemand wird Ihnen diese Misogynie durchgehen lassen? Gut, dass Sie hier anonym sind, die würden Sie sonst als Chauvinisten steinigen. Auch wenn es nicht Ihre Schuld ist, falls niemand versteht, dass es Ihnen wahrscheinlich um die Rolle der Frau in Lovecrafts Werken ging, die dort bestenfalls stummes Hintergrundobjekt ist. Ganz passend darf Tia dann ja auch nichts mehr sagen, sobald die Geschichte ihre Lovecraft'sche Wendung nimmt. Aber trotzdem, Sie wurden so oft für coole Frauenfiguren gelobt, muss man das dann alles über Bord werfen, und gleich im Wortsinne, wohl nur weil das Setting die Gelegenheit bietet? Und dabei noch "Funny Games" zitieren, damit die Kritiker Ihr Werk für Sozialkritik halten? Überhaupt scheint mir Ihre Hauptmotivation SCNR gewesen zu sein, warum sonst müssen gerade Sie hier eine Geschichte schreiben, bei der am Ende Cthulhu auftaucht? Dann der ganze Bondage-Nervkram (selbst Tia seufzt ja schon genervt darüber auf, wie wohl die meisten Ihrer Leser) und pseudophilosophisches Gedöns über Realitätskognition und Quantenphysik, da hätten sie doch auch gleich Ihren Namen drunterschreiben können. Oder sollte das auch wieder eine Finte sein, Ihre ganze Geschichte soll ja anscheinend nur aus solchen bestehen, geht ja schon beim Titel los. Am Anfang soll man das dann fälschlich für eine Meta-Geschichte zum Wettbewerb halten, dann stellen sich die unpassenden Anfangsgedanken der weiblichen Hauptfigur als Forshadowing des In-Story-Schriftstellers heraus. Dann soll man glauben, es geht um ein Frankenstein-Ding und die Kreatur würde sich befreien und es ihnen allen zeigen, aber nein, auch sie (und damit der Großteil Ihrer Geschichte) war nur eine Finte und fliegt über Bord. Sollte ja in Wirklichkeit nur um Lovecraft gehen. Oder Religionskritik? Egal. Ihr "Kraft der Liebe" / "Lovecraft" Wortspiel funktioniert übrigens auch nur auf etymologischer Basis, wenn überhaupt. Und wer zum Teufel kann mit "Sinneslöschen" was anfangen? Einfach nur Namedropping in Bezug auf Urban Legends? Soll sich der Leser nach dem Lesen Ihrer Geschichte fühlen, als hätte ew eine Runde Polybius gespielt? Da sind Sie aber auch zu spät dran, die Jugend von heute kennt höchstens Jeff Minters harmloses Remake statt des niemals existent gewesenen Originals aus dem MK-Ultra-Projekt. Glauben Sie wirklich, bei einem Wettbewerb mit 27 Geschichten hat jemand Lust und Zeit, sich per Google durch Ihre ganzen Andeutungen zu graben? Und ist eine Pointengeschichte diese Mühe wert?  Nein, Ihnen wird auch keiner abnehmen, dass Sie versuchen wollten, die Anti-Story neu zu erfinden und die vermeintliche Pointe damit auch nur eine Finte sei. Die eigentliche Finte sind Sie nämlich selbst.

Direkt dazu:
ein anonymer (*Prust*) Wettbewerbsteilnehmer hat Folgendes geschrieben:
Ich bin ja nicht wahnsinnig.
Sich kaputt lachen Kopf an die Wand
Aha, wahrscheinlich haben Sie es diesmal gar nicht auf den Publikumspreis abgesehen, sondern hoffen die Zusatzbedingen für Phantasma erfüllen zu können. Aber müsste man dafür nicht eine ernsthafte phantastische Geschichte statt einer Meta-Satire auf phantastische Geschichten schreiben?
Ich hab den Eindruck, auch Sie haben zu tief ins Schwaze Loch geschaut werden. Shocked Moment.

Mit verdammenden Blicken,
Ihr unfreundlicher Literaturgegenpapst aus dem Paralleluniversum

PS: Ich gebe Ihnen die gleiche Punktzahl, wie Constantine es tun wird, das haben Sie jetzt davon. Razz

Leider bin ich zu nett für diese Aufgabe, fürchte ich. Egal, das Konzept wird bestimmt auch so reichen, sie in Furcht und Schrecken erzittern zu lassen. Und Angst öffnet den Geist für alle Hirngespinste.

Hallo Leute, Veith hier. Ich weiß nicht genau, was da passiert ist, anscheinend wurde mein Konto gekapert, dabei war mein Passwort so sicher! Tut mir leid, wird nicht wieder passieren, ich habe es jetzt durch ein noch sichereres ersetzt. In der Zwischenzeit hat irgendeine seltsame Entität die Kommentare und Bewertungen für mich übernommen. Kommt wohl dabei raus, wenn hier so viele im Vorfeld mit Schwarzen Löchern rumgespielt haben. Weil ich zu faul war, selbst noch was zu schreiben, habe ich die gehackten Kommentare und Bepunktungen so stehenlassen – ich bin sicher, dieses Wesen hat bestimmt nichts böse gemeint und wollte nur spielen.


_________________
Hang the cosmic muse!

Oh changelings, thou art so very wrong. T’is not banality that brings us downe. It's fantasy that kills …
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Phenolphthalein
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Beitrag31.03.2022 23:50

von Phenolphthalein
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Hallo Inkognito,

nach den ersten Zeilen war ich raus, so viel Fantasy direkt am Anfang… nein, nur Spaß. Smile
Entschuldigung für diesen üblen Scherz an alle, die sich beleidigt fühlen könnten.
Allerdings holt mich dann ein böser Grammatikfehler doch kurz raus (oder der Knoten im meinem Hirn, den "nicht Fehler" als Fehler wahrzunehmen). Und gab es da einen [empfundenen] Logikfehler? [gefesselte Frau kann aufstehen] Egal. Passiert. Ein Mal ist kein Mal usw. Alles gut. Außerdem habe ich selbst auch Angst davor, aber das nur nebenbei.
Dann kommt jedoch eine Kakophonie (= Geräusch) des Nebels? Okay, gut. Kann man vielleicht auch anders nutzen.

Kurz gesagt oder dennoch: Der Anfang hat mich nicht abgeholt und  – ohne dir zu Nahe treten zu wollen – er kam mir etwas zu ambitioniert vor.
Zwischendrin scheinst du dann noch auf Nummer sicher zu gehen, wenn du eine Mythologie erklärst. Richtige Entscheidung. Tiamat gehörte zu meinen Wissenslücken. Und du hast es auch recht angenehm gelöst. Trotzdem bleibt bei mir dann ein Beigeschmack. Ich durfte etwas … lernen. Hey, ich war glücklich damit, dumm zu sein.
Daran hat sich auch nichts geändert, Pheno.

Okay. Ich tue mir schwer. Der Text hat viel Gutes, ist auch kreativ und ja, objektiv betrachtet auch unterhaltsam (nicht zu vergessen, ich habe etwas gelernt), aber er ist nicht meins.
Ich vergebe trotzdem Punkte. Denn auch dieser Text hat mich etwas länger beschäftigt, als andere.

Liebe Grüße,
Pheno


_________________
Nichts ist leichter, als so zu schreiben, dass kein Mensch es versteht; wie hingegen nichts schwerer, als bedeutende Gedanken so auszudrücken, dass jeder sie verstehen muss.

-Arthur Schopenhauer
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kioto
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Alter: 71
Beiträge: 442
Wohnort: Rendsburg


Beitrag01.04.2022 13:48

von kioto
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Liest sich gut.

Gruß Werner


_________________
Stanislav Lem: Literatur versucht, gewöhnliche Dinge ungewöhnlich zu beschreiben, man erfährt fast alles über fast nichts.
Phantastik beschreibt ungewöhnliche Dinge (leider m.M.) meist gewöhnlich, man erfährt fast nicht über fast alles.

Gruß, Werner am NO-Kanal
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Gast







Beitrag01.04.2022 16:21

von Gast
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Hallo Veith (wenn Du nicht Veith sein solltest, bist Du Veith's Autor Wink ) -

Tja, was soll man dazu schreiben? Handwerklich makellos, wie immer sehr spielerisch und souverän mit den Vorgaben jonglierend, Signaturstil unverkennbar. Lovecraft, Katzen, Metareferenzen, die Kapiteltrenner sorgfältig und zur story passend hineindesigned... sowas von Veith.

Das Einzige Problem, was ich mit deinem Text habe, ist dass Du mit der Vermengung von Autor und Werk an einem Glasdeckel angekommen zu sein scheinst. Mein Avatar ist der RNM, dessen Problem seine Einsamkeit ist - er schreibt wissenschaftliche Werke auf einem Niveau, wo Niemand mehr mitreden kann, also muss er seine Werke selbst rezensieren. Beim Lesen deines Textes scheint es mit so, als hättest Du ein verwandtes Problem - als Schöpfer deiner Texte hast Du die totale Kontrolle über deine Welt. Irgendwann muss das ja fürchterlich LAAAAAANGWEILIG! sein. Als Weg heraus: Dialoge mit seinen Charakteren zu führen... hmmm, das kann man nur so und so weit treiben, denn am Ende wird AutorIn immer gewinnen, die Frage ist nur wie.

In diesem Text experimentierst Du mit der Idee, dass sich Autor und Protagonisten auf einem "neutralen Grund" treffen, auf dem es auch für die Protas eine reelle Chance gibt, sich gegen AutorIn zu behaupten ("Horace...wird mir nicht mehr in die Quere kommen"). Natürlich wissen wir als LeserInnen aber, dass das bestenfalls ein Mindfuck gegenüber den armen Charakteren ist. Wenn Du da noch einen twist reinbringen würdest, dass für sie eine echte Chance (und damit für dich ein echtes Risiko - naja, erfundene Sturmgewehre, die auf einen zeigen, sind auch nicht schön, aber immer noch nicht real) besteht (du also den Glasdeckel durchstößt) - wow, das wäre echt ein Klasse (zensiert).

Nevertheless: Das sticht weit aus der Masse der Einreichungen heraus, also sicherlich oben in meiner Wertung. Daumen hoch²
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Minerva
Geschlecht:weiblichNachtfalter


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Beitrag01.04.2022 20:53

von Minerva
Antworten mit Zitat

Gedanken während des Lesens + nachträgliche Anmerkungen:


Gut leserlich, die Ironie zieht sich weiter durch den Text, die Protagonistin spricht zu ihrem Erschaffer. Da habe ich vorhin schon etwas Ähnliches gelesen.

Zitat:

warum braucht eine obskure paramilitärische Bibelgruppe einen nihilistischen Schriftsteller auf einem Forschungsschiff?

 Laughing

Versiert und sicher geschrieben, aber die Geschichte fesselt mich keineswegs so stark. Das ist mir zu viel, Autor und seine Kreatur ... Klar, es hat Witz, es zeigt Wissen und Bildung.
Ich merke, ich kenne mich nicht aus, aber der Autor erklärt es mir geschickt, ohne dass ich mich dumm fühlen muss (sumerische Göttin).

Ich will jetzt auch ne Krokette essen ...

Die Frau ist Gegenstand der Männer und ihrer Pläne, das gefällt mir nicht, auch wenn sie sich wortreich und geschickt wehrt, aber mal abwarten, was kommt.

Inhaltlich anspruchsvoll, ich komme mir doch dumm vor.

Zitat:
Tias Abendgarderobe wurde zwischenzeitlich um einen modischen Ballknebel ergänzt
Shocked Laughing


Kraft der Liebe = Lovecraft, damit hatte ich nicht gerechnet.
Überraschend. Eineseits. Andererseits ist Lovecraft ja die Liebe zum Erschaffen, nicht die Kraft der Liebe. Allerdings verstehe ich, dass es nachvollziehbarer bleibt, wenn man craft einfach mit Kraft gleichsetzt, verhindert Missverständnisse für weniger dem Englisch mächtigen Leute.

Ok, ich bin durch. Ich muss sagen, es fällt mir schwer, das zu bewerten.

Unterhaltsam, mir aber zu hochgedroschen. Emotion fehlt mir. Gute Emotionen bringen bei mir Extrapunkte. Es ist ein Kopfding. Ein gutes Kopfding.
Sprachlich versiert, ja. Bildung raushängen lassen: scheint mir so.
Das Problem ist, mich packt die Geschichte auch nicht richtig, trotz vieler positiver Seiten.
Leider auch keine Gegenwehr der Frau möglich gewesen, sie wird einfach entsorgt. Was ja konsequent ist, aber auch nicht sehr nett vom Autoren, und das Problem ist, dass die Dame meine Identifikationsfigur ist.

Ich vergebe 2 Punkte


_________________
... will alles ganz genau wissen ...
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hobbes
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Das goldene Aufbruchstück Das goldene Gleis
Der silberne Scheinwerfer Ei 4
Podcast-Sonderpreis


Beitrag01.04.2022 22:09

von hobbes
Antworten mit Zitat

Okay. Meta-Geschichten scheinen gerade im Trend zu sein.

Mir ist das leider zu viel und zu wenig zugleich. Zu viel Info, zu viel Meta, zu wenig von dem, was für mich eine Geschichte ausmacht. Also hauptsächlich: Fühlen, Gefühl, Stimmung.
Das ist natürlich persönlicher Geschmack, aber mei. In meinem Fall ist es leider das, was zählt.

***

Was ich noch sagen wollte: Obwohl sich mein Kommentar so negativ anhört, war es mit den Punkten ganz schön knapp. Was ich nämlich total mag an dieser Geschichte, das ist der erste Absatz. Da saß ich also, verglich Texte, um herauszufinden, welchem ich Punkte geben werde. Und immer, wenn ich dann doch einen anderen dem deinen vorgezogen habe, dachte ich: Aber der erste Absatz!
Tja.


_________________
Don't play what's there, play what's not there.
Miles Davis
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Elisa
Eselsohr
E


Beiträge: 276



E
Beitrag02.04.2022 11:24

von Elisa
Antworten mit Zitat

Fantasievoll und kreativ.
Sehr gut geschrieben.
Da der Text allen Anforderungen entspricht, gibt es von mir auch Punkte.
Ich werde ihn noch ein zweites Mal lesen und mich dann entscheiden.

Ein paar Tage später:
Für mich eine der originellsten Geschichten in diesem Wettbewerb.
Ich gebe dir gern 6 Punkte.
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Heidi
Geschlecht:weiblichReißwolf


Beiträge: 1425
Wohnort: Hamburg
Der goldene Durchblick


Beitrag02.04.2022 19:41

von Heidi
Antworten mit Zitat

Tia wurde von Stephen erschaffen und der wiederum wurde von Horace beauftragt, dass er Tia ins Leben ruft. Denn sie soll die Welt retten, die aufgrund bekannter Unannehmlichkeiten dem Niedergang geweiht ist. Aber Stephen lässt Tia frei - es ist die Kraft der Liebe, die ihn dazu bewegt und auch die Gewissheit, dass die Menschheit untergehen muss, weil sie es eben war, die sich in diese scheiß Lage gebracht hat - nicht Tia.

Das ist schon eine spannende Idee, den Autor als Schöpfer zu präsentieren, der durch seine Schöpfung die Welt verändern kann und das nicht nur im übertragenen Sinne sondern unmittelbar und physisch.
Das Hirn wird also herausgefordert und es kommen gelungene Bilder in mir auf, während ich den Text lese. Das Meer genauso wie die fernen Ufer werden recht deutlich im Lauf der Erzählung.

Dabei handelt es sich um eine düstere Geschichte mit einer düsteren Färbung und mit einer gehörigen Portion Ausweglosigkeit am Ende. Die Frage, ob Tia überleben kann, wenn ihr Schöpfer nicht mehr lebt, bleibt offen. Im Grunde kann eine Figur, die von einem Schriftsteller erschaffen wurde, genau das richtig gut. Aber was, wenn die ganze Menschheit zugrunde geht? Wenn es niemanden mehr gibt, der die Geschichte lesen kann? Bleibt dann die Figur erhalten?
Das sind Fragen, die schwer zu klären sind und sicherlich den Rahmen eines Kommentars sprengen würden, aber sie tauchen auf und das allein ist ein guter Grund, diesen Text hervorzuheben und zu würdigen.

Das Thema wird deutlich, das Meer ist natürlich überall, wenn sich eine Figur auf einem Ruderboot befindet und später auf der MS Sinneslöschen. Sprachlich gefällt mir der Text gut. Was mir besonders gefällt, ist, dass Gott hier eine Frau ist. Vielen Dank.
Was mir nicht gefällt ist der Titel. Ich kann dir versichern, dass ich einen Text mit diesem Titel außerhalb eines DSFo-Wettbewerbs nicht gelesen hätte - allerdings betrifft das auch die meisten anderen Texte in diesem Wettbewerb, die Titel sind dieses Mal wirklich dürftig.

Zitat:
Manche Schriftsteller haben doch echt den Arsch offen.


Das ist mein liebster Satz in deiner Geschichte.

Zitat:
»Gedanken formen die Realität«, beginnt Stephen zu schwadronieren, »und das Meer ist formlos. Hier draußen können wir zu Papier gebrachte Gedanken verwirklichen, ohne dass die bereits bestehende Kognition anderer–«


Von diesen Realitäten im Denken lese ich gerne und das ist auch der Grund, warum dein Text Punkte bekommt.
Warum dann aber letztlich "nur" fünf Punkte drin sind liegt daran:

Zitat:
»Nun …« Horace zieht die Stirn in Falten. »Wir brauchen einen Gott. Die Menschheit hat sich in eine verhängnisvolle Lage manövriert, aus der sie alleine nicht wieder rauskommt. Die zivilisierten Gesellschaften werden immer instabiler, weltpolitische Konflikte eskalieren, und der Klimawandel–«


Ich möchte nicht dauernd Texte über die Dinge lesen, die gerade medial auf- und ablaufen. Nicht, dass ich diese Themen ausblende oder sie mich damit selbst belüge, es gebe sie nicht - im Gegenteil. Ich beschäftige mich damit, verarbeite sie und versuche einen Umgang damit zu finden.

Was ich lesen möchte, ist Allgemeinmenschliches. Leider wird das in der Literatur und auch in der Kunst im Allgemeinen immer mehr zur Rarität.
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John McCrea
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Alter: 50
Beiträge: 152
Wohnort: OWL


Beitrag02.04.2022 19:43

von John McCrea
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Ein Text, den ich im Eindruck erst einmal verdauen muss.
Von der Stringenz und der Dramaturgie gefällt mir der Text gut.

Lustigerweise dachte ich zunächst einmal an eine weibliche Erzählerin/Autorenerzähler was mich störte. Es machte aber auch neugierig, was für eine unglaublich selbstbewusste Frau hier erzählt.

Es bleibt ein ganz lustiges Spiel mit Geisteskräften als Erschaffer von Welten.

Gerne gelesen. Meine 7 Punkte.


_________________
Italian Leather Sofa
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Murnockerl
Geschlecht:weiblichEselsohr
M


Beiträge: 340



M
Beitrag03.04.2022 09:27

von Murnockerl
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Coole Idee. Irgendwie wurde ich mit den Charakteren nicht ganz warm und dass diese Leute ihr Götter-Erschaffungsprogramm vollkommen unbewacht lassen (immerhin könnte nicht nur der Schriftsteller, sondern auch jeder andere Irre, der zur Besatzung gehört, dort Werke einspeisen, wie ich es verstehe), kommt mir nicht ganz glaubhaft vor. Davon abgesehen macht die Geschichte Spaß.

Edit: 6 Punkte. Ich mag die Geschichte und das Thema ist erfüllt, auch hier fürs Thema aber ein kleiner Punkteabzug, da die Rolle des Meeres zumindest im übertragenen Sinne nicht tragend ist und die Handlung genauso gut auch woanders spielen könnte.
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Abari
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Der bronzene Durchblick


Beitrag03.04.2022 16:00

von Abari
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Der Einfachheit und Übersichtlichkeit halber schreibe ich zu Anfang eine Kürzestzusammenfassung, damit ich mich dann beim Bewerten besser orientieren kann:

Ein durchgeknallter Schriftsteller erschafft mit technischer Hilfe erst eine Demiurgin, um dann sein wahres Gescht in Lovecraftschen Göttern zu zeigen.

Solide geschrieben, sauber durchgeführt, die Machart vermeine ich zu kennen. ->Veith?


_________________
Das zeigt Dir lediglich meine persönliche, höchst subjektive Meinung.
Ich mache (mir) bewusst, damit ich bewusst machen kann.

LG
Abari
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Reimeschreiberin
Geschlecht:weiblichEselsohr


Beiträge: 220



Beitrag03.04.2022 16:51

von Reimeschreiberin
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Der Einstieg weckt schnell das Interesse weiterzulesen. Spannend fand ich auch die Perspektivwechsel. Und die Grundidee, auf sowas muss man erstmal kommen. Das Ende war aber einfach nur göttlich.
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d.frank
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D

Alter: 44
Beiträge: 1123
Wohnort: berlin


D
Beitrag03.04.2022 17:28

von d.frank
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Hmm, muss ich mal sacken lassen. Bin dem Geschriebenen aufmerksam gefolgt, auch hatte es die richtige Dosis an Unverständlichem, und die Sache mit dem Weltenschöpfer aka Autor finde ich auch interessant, aber mit dem ersten Lesen jetzt, bin ich noch unschlüssig, ob ich das alles richtig verstanden habe und ob ich etwas daraus mitnehmen kann.

Wieder da:
Der Text hat mich einen langen und interessanten Artikel über Lovekraft lesen lassen

https://www.zeit.de/kultur/literatur/2019-09/howard-phillips-lovecraft-schriftsteller-horrorliteratur-thriller/komplettansicht

Das sagt ja schon mal was darüber, dass er mich beschäftigt hat.
Trotzdem lässt der Text jetzt keine Begeisterungsstürme in mir aufkommen, eher so ein formloses Grauen, wie es im Artikel erwähnt wird, als hätte die Sinnlosigkeit des Seins hier auch noch die letzte Festung gestürmt. Am Ende ist der Typ aber vielleicht auch einfach nur ein asshole? Das wäre ebenfalls etwas, das ich nicht so mag am Text, diese betonte und deshalb aufgesetzt wirkende Jugendlich- bzw. Lässigkeit. Aber mag ja sein, dass das auf Metaebene einen Zweck erfüllt?

Naja, ich habe bisher so viel noch bei keinem Text geschrieben, das heißt, an sich müsste ich das auch in die Wertung aufnehmen, aber ich weiß noch nicht - das Ganze ist so dermaßen hoffnungslos und abgefeimt

Trotzdem 10 Punkte, keine Ahnung, ich mag das honorieren, dass jemand sich traut, einen so grätzigen Text zu schreiben


_________________
Die Wahrheit ist keine Hure, die sich denen an den Hals wirft, welche ihrer nicht begehren: Vielmehr ist sie eine so spröde Schöne, daß selbst wer ihr alles opfert noch nicht ihrer Gunst gewiß sein darf.
*Arthur Schopenhauer
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Taranisa
Geschlecht:weiblichBücherwurm

Alter: 54
Beiträge: 3207
Wohnort: Frankenberg/Eder


Beitrag04.04.2022 10:47

von Taranisa
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Richtig toller Schreibstil, stimmig geschildert, auch wenn ich nicht auf Fesselspiele und mal eben Opferungen Wehrloser stehe.

_________________
Henkersweib, Burgenwelt Verlag, ET 12/18
Die Ehre des Henkersweibs, Burgenwelt Verlag, ET 12/20
Spielweib, Burgenwelt Verlag, ET 12/21
Das Gegengift des Henkersweibs, Burgenwelt Verlag, ET 11/22
Der Stab der Seherin, Burgenwelt Verlag, Herbst 2024
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silke-k-weiler
Geschlecht:weiblichKlammeraffe

Alter: 49
Beiträge: 748

Das goldene Schiff Der goldene Eisbecher mit Sahne


Beitrag04.04.2022 11:10
Re: Die Kraft der Liebe
von silke-k-weiler
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Señora Incógnita hat Folgendes geschrieben:
Im Gegensatz zu mir, die gefesselt in einem Ruderboot mitten auf dem Ozean sitzt, völlig sichtbar, zumindest für meine eigenen Augen, weil ich fassungslos an meinem verschnürten Oberkörper hinunterstarre.


Na das klingt mal schwer nach V.K.B. Laughing Sich kaputt lachen

Señora Incógnita hat Folgendes geschrieben:
Ich bin allein, sonst ist nichts da draußen, am Anfang darf es wohl keinen weiteren Betrachter geben.


Ah, davon stand aber nichts in den Vorgaben. Es war sogar von "Figuren" die Rede, da hätte man locker zwei Rollbraten ins Boot packen können.

Señora Incógnita hat Folgendes geschrieben:
Ich hätte gleich skeptisch sein müssen, warum braucht eine obskure paramilitärische Bibelgruppe einen nihilistischen Schriftsteller auf einem Forschungsschiff?


Wenn das nicht V.K.B. ist, fresse ich live einen Besen.

Señora Incógnita hat Folgendes geschrieben:
»Pseudowissenschaft als Chaosmagie«, winke ich ab, um mir nicht stundenlange Erklärungen anhören zu müssen.


Kann man gefesselt abwinken, also mit Worten? wink
Falls ja, wird Galen künftig seitenweise Monologe lächeln.

edit: Stimmt, vielleicht hat sie ja die Hände frei und kann so flossenmäßig abwinken. Ich probier das gleich mal aus.

(...)

Halllo?

(...)

Kann mich mal wer losmachen?

Señora Incógnita hat Folgendes geschrieben:
»Unsere Sponsoren wollten eigentlich den Gott aus der Bibel«, erklärt Horace, »aber Stephen hat uns überzeugt, dass eine Demiurgin aus seiner Feder leichter abzurichten und zu kontrollieren sei.«
Wenigstens der ist ehrlich. »Aber Stephen ist ein Arschloch«, zische ich. »Erschafft mich, nur um mich gewissenlos in die Sklaverei einer Sekte zu verkaufen und missbrauchen zu lassen, typisch Schriftsteller.«


 Sich kaputt lachen So sieht's aus.

Señora Incógnita hat Folgendes geschrieben:
Im Nebel bricht ein höllischer Lärm los. Ich hebe die Arme, um unsere wahren Götter willkommen zu heißen. »Iä Azathoth, iä Yog-Sothoth, iä Cthulhu!«

Meine manischen Schreie gehen im infernalen Tosen des Meeres unter, bevor sie eins mit dem unheiligen Chaos werden, das sowohl aus den Tiefen des Ozeans wie auch dem kollektiven Unbewussten über uns hereinbricht.


Jupp, Cthulhu und co. bieten sich auf dem Ozean einfach an, sind allerdings auch relativ naheliegend, wenn man gelegentlich bis häufiger von der Lovecraft'schen Materie kostet. Originalitätspunkte gibt es also keine, dennoch eine solide, gekonnt geschriebene Geschichte, die fürs Erste eine Runde weiter ist.

VG
Silke


edit: Nach der 2. Leserunde gibt es Punkte. Allerdings folgt die Geschichte für mich einem mir wohlbekannt erscheinenden Muster und hat keinen Aha-Effekt. Einen Extra-Punkt gibt es wegen Lovecraft und seiner Mischpoke.
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Globo85
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Alter: 38
Beiträge: 740
Wohnort: Saarland
Das silberne Eis in der Waffel DSFo-Sponsor


Beitrag04.04.2022 16:01

von Globo85
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Misanthroper Metaritt.

Vorgaben:
Für diesen Autor natürlich kein Problem. Check, check und check.

Eindrücke:
Präsente Protagonistin, gefesselt, wird gefüttert, Ballknebel. Nihilistischer Schriftsteller. Metahumor. Starker Lovecraftbezug. Das kollektive Unbewusste … Dazu aber auch perspektivisch unfassbar dicht geschrieben. Nah dran. Wundervoller Twist und ein abgesetzter letzter Satz. Wer das wohl geschrieben hat? Warum "nur" mein Platz 3? Puh, schwierig zu beantworten. Vor der Punktevergabe hatte ich 13 Texte auf meiner Liste "engere Auswahl". Alleine schon aus diesen die Punktekandidaten auszuwählen war unfassbar schwer. Von den 10 waren die Top 3 relativ schnell identifiziert, aber unter diesen eine Rangfolge finden? Quasi unmöglich. Für mich liegen meine Top Drei (Kraft der Liebe, Im Bauch der Bestie und Duke) alle auf einem ähnlichen Niveau, sind jedoch sehr unterschiedlich geschrieben. Quasi E, E(U) und U(E). Wie will man die miteinander vergleichen? Letzten Endes habe ich auf meinen Bauch gehört, mich einfach gefragt, welche Geschichte "berührt" mich mehr. Und da haben die anderen beiden einen Tacken weiter vorne gelegen. Trotzdem macht deine Story eig alles richtig. Hat Tempo, Witz, Dramatik und eben diesen Twist, den man auf so wenig Raum erst mal vorbereiten muss und der dann auch noch so herrlich subtil foreshadowed wird, mir den Schachfiguren als POV-„Marker“. Super gerne gelesen, wie alle deine Texte und wäre ein würdiger Nachfolger für deine Lux Aeterna vom letzten Mal.

Lieblingsstelle:
Zitat:
Auch wenn die Zeit noch so drängt und unsere Ziele jenseits ethischer Bedenken liegen, musste er gleich Gott aus dem kollektiven Glauben der Menschheit erschaffen wollen? Ich war da etwas besonnener, meine Figur ist nur Demiurg. Ich bin ja nicht wahnsinnig.


Fazit:
Mein dritter Platz. 8 Punkte.
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Jenni
Geschlecht:weiblichBücherwurm


Beiträge: 3310

Das goldene Aufbruchstück Die lange Johanne in Gold


Beitrag04.04.2022 20:27

von Jenni
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Metatext über einen Autoren der zur Ablenkung und als Testlauf zunächst eine sumerische Göttin aus dem kollektiven Glauben der Menschen erschafft, und dann aus Rache an der Menschheit die alten Götter aus Lovecrafts Werken in die Realität produziert. Zwei Erzählebenen, die unfreiwillige Göttin und der Autor. Recht erfinderische pseudowissenschaftliche Konstruktion und erzählt nicht nur meta sondern post-meta. Bisschen plakativ der Bösewicht, aber das mag Genrekonvention sein.

2 Punkte.
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tronde
Klammeraffe
T


Beiträge: 522

Das goldene Aufbruchstück Das silberne Niemandsland


T
Beitrag05.04.2022 23:03

von tronde
Antworten mit Zitat

Hallo!

Es waren durchweg gute Texte und aufgrund ihrer Verschiedenheit ist es mir sehr schwergefallen, sie gegeneinander abzustufen. Verschiedene Genres, verschiedene Ansätze von „Phantastik“, je nachdem, wo ich den Schwerpunkt hingelegt habe, war die Reihenfolge dann wieder eine andere.

10 Punkte. Jetzt nach oben wird es sehr subjektiv, ohne dass ich so recht sagen könnte, warum jetzt hier ein Punkt mehr oder weniger.

Was für ein Ende! Einzig gestört hat mich das Wissen Tiamats, dass sie von einem Autor erschrieben wurde, war für mich einen Tick zuviel Metaebene.
Gut geschrieben, packen, mitreisend!

Danke für den Text!
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Gast







Beitrag06.04.2022 18:44

von Gast
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Liebe/r Inko,

Zitat:
Im Gegensatz zu mir, die gefesselt in einem Ruderboot mitten auf dem Ozean sitzt, völlig sichtbar, zumindest für meine eigenen Augen, weil ich fassungslos an meinem verschnürten Oberkörper hinunterstarre.

Da klingelt irgendwas Laughing.
Zitat:
Das dünne Stahlseil verläuft unter- und oberhalb meiner Brüste und hält meine Arme auf dem Rücken, relativ bequem wie in einer Wiege, aus der es dennoch kein Entkommen gibt.

Ich mag deinen Humor Laughing.
Zitat:
Ich trete an die beiden heran. »Tiamat war doch nur ein Testlauf und Ablenkung für dich.« Schnell greife ich die Gefesselte, hieve sie über das Geländer und stürze sie über Bord. »Ciao Bella!«

... welcome Cthulhu love!

Kurzweilige Story, die Handlung ist rund und nicht vorhersehbar, was ich an deinen Geschichten schätze, und ...
Zitat:
Meine manischen Schreie gehen im infernalen Tosen des Meeres unter, bevor sie eins mit dem unheiligen Chaos werden, das sowohl aus den Tiefen des Ozeans wie auch dem kollektiven Unbewussten über uns hereinbricht.

... Genie und Wahnsinn liegen nah beieinander, if you know what i mean Laughing.

Ich kann nicht anders, als dir für diese abgefahrene Geschichte 10 Punkte zu geben!

Liebe Grüße,
Katinka
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holg
Geschlecht:männlichExposéadler

Moderator

Beiträge: 2395
Wohnort: knapp rechts von links
Bronzenes Licht Der bronzene Roboter


Beitrag06.04.2022 22:10

von holg
Antworten mit Zitat

Etwas verkopfte Metagecshichte, die mit der Auskunft Cthulhu’s endet und nur dank einiger gewagter erzählerischer Hakenschläge als originell durchgeht. Damit dann aber klar unter meinen Top Ten.

_________________
Why so testerical?
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Constantine
Geschlecht:männlichBücherwurm


Beiträge: 3311

Goldener Sturmschaden Weltrettung in Bronze


Beitrag07.04.2022 13:05

von Constantine
Antworten mit Zitat

Bonjour iä Inkothoth

Cabin in the Woods trifft auf Tintenherz: Witzige Idee, die Eidolon-Actualization-Engine mit 3D-Drucker-Feature für literarische Ideen zu nutzen, um wie hier in diesem Text die babylonische Göttin Tiamat, passend als Göttin des Salzwassers und niederer Schöpfergott, lebendig in unserer Welt "auszudrucken".

Die Story fängt mit der Finten_Perspektive in Göttergestalt an, switcht zum Autor Stephen, wieder zurück zu Tiamat und final back zu Stephen.

Die Story beginnt mit Tiamat und bereits zu Beginn, im Gesamttextkontext, passt da einiges nicht für mich:

Zitat:
Am Anfang war das Wort, das Wort war bei Gott und Gott war das Wort. Nein. <-- Wozu dieser Anfang, wenn er verneint wird?  Am Anfang ist es nur wichtig, dass man sich über Wasser hält, irgendwie. <-- Klar, die Themenvorgabe, aber Tiamat als Göttin des Salzwassers und selbst auch als Flüssigkeit hier und da dargestellt, kann ich dies nicht abnehmen. Die Hoffnung nicht aufgeben, auch wenn es keine gibt, nie gegeben hat und auch nie geben sollte. <-- Was Tiamat hiermit meint, bleibt kryptisch. Klingt sehr nach erzwungenem Blabla. Sie ist die Göttin des Salzwassers und Erschafferin von Himmel und Erde, die Muttergöttin von allem. Die Motivation dieses Satzes bleibt mir unklar. Jedenfalls nicht für mich. Meine Aufgabe ist, ihnen zu gehorchen und keine Fragen zu stellen. <-- Auch hier bleibt es kryptisch. Sie hat anscheinend eine Aufgabe und soll jemandem gehorchen. Spannungsaufbau und Foreshadowing, eigentlich auch wieder unmotiviertes Blabla im Gesamttextkontext, weil Tiamat und mit ihr der Leser erst später erfährt, wie was wo. Für die Gerechtigkeit am Ende werden andere sorgen.
Halt, was sind das für Gedanken in meinem Kopf? Definitiv nicht meine!
<-- Tiamat ist für mich in dieser Einführung nicht Tiamat, sondern hier wird durch den Verfasser versucht vorzugreifen, Spannung der Spannung Willen aufzubauen, egal ob passend zum Erzählkontext und der anfänglichen Motivation Tiamats. Du siehst, der Anfang ist für mich wenig überzeugend.
Ich reiße die Augen auf. Und so beginnt die Welt.


Zitat:
Langsam schiebt sie sich in die Existenz <-- die Welt? Schiebt sich langsam in die Existenz? Bereits im ersten Abschnitt oben denkt Tiamat und sie ist eigentlich die Welt. Sie existiert bereits. , durch endlose graue Nebelschleier und der Geist Gottes <-- Und das formuliert eine babylonische Gottheit? Hatte Tiamat sich nicht gegen die Götter des Mesopotamischen Pantheon angelegt, gegen sie Krieg geführt und wurde von Marduk besiegt? Warum spricht sie hier nur vom Geist Gottes? Passt für mich nicht. schwebte unsichtbar und frei über den Wassern. Im Gegensatz zu mir, die gefesselt in einem Ruderboot mitten auf dem Ozean sitzt, völlig sichtbar, zumindest für meine eigenen Augen, weil ich fassungslos an meinem verschnürten Oberkörper hinunterstarre. Ich bin allein, sonst ist nichts da draußen, am Anfang darf es wohl keinen weiteren Betrachter geben. Das dünne Stahlseil verläuft unter- und oberhalb meiner Brüste und hält meine Arme auf dem Rücken, relativ bequem wie in einer Wiege, aus der es dennoch kein Entkommen gibt. <-- Empfinde ich zu sehr als Holzhammer. Diese Beschreibungen sind mMn für den Leser gedacht. Irgendwo im Nebel schreit eine Katze.
Willst du mich verarschen? <-- Holla, was ist denn mit Tiamat los? Dieses Vulgäre tritt im Verlauf der Story weiter auf und scheint beliebt zu sein, Charaktere etwas tough und modern/cool rüberkommen zu lassen. Geschmacksfrage und generell habe ich kein Problem damit, aber irgendwie will mir das nicht passen, so wie für mich leider einiges in diesem Text nicht passt, damit er für mich in sich rund ist. Eine Katze auf dem Meer?
Jetzt höre ich weitere seltsame Laute, als ob alle Bestien aus dem Garten Eden <-- Passt für mich nicht. Was hat Tiamat mit dem Begriff "Garten Eden" zu tun? Wo ist der Zusammenhang? mich in meiner hilflosen Lage begrüßen wollen. Karmarückkehr? Nein, Unsinn, ich weiß es besser. Ich stehe auf. Auch wenn ich mich nirgendwo abstützen kann, die kleine Nussschale auf dem Ozean schaukelt und das Verlieren des Gleichgewichts meine Geschichte beenden würde, obwohl sie gerade erst begonnen hat. »Willst du mir Angst machen?«, brülle ich in die Diffusität und Kakophonie des Nebels. »Los, rede mit mir! Du willst doch was von mir, oder?« <-- Natürlich. Bereits oben nahm sie voraus, dass sie eine Aufgabe hat, ihnen zu gehorchen und keine Fragen zu stellen.
Die Geräuschkulisse flaut ab, nur noch das Plätschern der endlosen Wassermassen gegen die Holzwände meines Bootes. »Ich weiß genau, dass du mich geschrieben hast! <-- Interessant, dass ihr das bewusst ist. Woher weiß sie das? Dann weiß sie, es gibt einen Autor, der sie "erschaffen" hat und dass sie nicht real ist, sondern ein fleischgewordenes Gedankenprodukt. Mir ist das alles zu erzwungen konstruiert, dass Tiamat manches weiß und manches dann doch nicht, weil's die gegen die Storylogiok/Spannung arbeiten würde.  Also komm mich endlich holen und nimm mir das verdammte Stahlseil ab! So ist das doch keine Handlung!«
Stille. Das Boot schwankt, ich kippe zur Seite. Gerade noch rechtzeitig gelingt es mir, in die Knie zu gehen und mich nach hinten zurückfallen zu lassen, statt über Bord zu stürzen. Mein Kopf schlägt auf der Holzbank auf, aua! Hätte ich da schicksalsfügsam sitzenbleiben sollen?
»Du Arschloch!«, schreie ich in den Nebel. »Wie kannst du mich so auf dem Meer aussetzen?«


Tiamat und ihre Gedanken kommt mir leider nicht gut geschrieben rüber. Wie soll man auch einer sumerisch-babylonischen Gottheit in der Neuzeit/Gegenwart gerecht werden.

Die Perspektivwechsel sind anfangs eine witzige Idee, aber sie sind Mittel zum Zweck. Ist das verwerflich? Nein. Die Story muss funktionieren, aber einen bitteren Geschmack verursacht es dennoch bei mir, weil das ganze konstruiert ist und die Motivation nicht wirklich aus der Story heraus kommt.

Der letzte Perspektivwechsel zeigt einen innerlich anderen Stephen, der einen perfiden Plan verfolgt und so gar nicht in seinem ersten Perspektivabschnitt rüberkam. Klar, wäre der Pointe entgegen gelaufen, hätte man Stephen bereits zu Beginn als Man with the evil plan gezeigt. Schade.

Es stecken einige tolle Ideen im Text, aber leider funktioniert für mich die Story insgesamt leider nicht.

Im Vergleich haben mich andere Texte mehr überzeugt. Es tut mir leid: zéro points.


Merci beaucoup
Constantine
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