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Wendekreis


 
 
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Sunyata
Schneckenpost
S


Beiträge: 9



S
Beitrag06.03.2022 12:36
Wendekreis
von Sunyata
eBook pdf-Datei Antworten mit Zitat

Wie Faust so wollt’ auch ich nun wissen was die Welt  
Im Innersten und Äußersten zusammenhält
Gut möglich, dass die Antwort mir dann nicht gefällt
Es zählt allein,  dass sich die Nacht in Licht erhellt
 

Tausend Fragen wollte ich zu stellen wagen
Tausend Fragen, keiner konnt’ mir ihre  Antwort sagen  
Tausend Fragen, die wie Leuchttürme in den Nebel ragen
Tausend Fragen, deren Lösungen sich mir verbargen.
 
 
Ziel meiner Suche war’s die Schlüssel zu finden
Die mir endlich verraten wie die Wege sich winden
Ein jeder begann meinen Geist an sich zu binden
Doch ließen sie auch meine Hoffnungen schwinden
 
 
Zur Theologie fehlte mir Vertrauen doch vor allem  Glauben
Der Philosophie wollt’ ich nicht gleich hundert Wahrheiten erlauben
Chemie behandelt weder größte, weder kleinste Weltenschrauben
Kunst dagegen schien den Menschen nur die Zeit zu rauben
 
 
Mit heiß’m Bemüh'n studierte ich Jahr auf Jahr
Die Disziplin der Physik, sie schien so unfehlbar,
Stets prüfend, stets fragend, stets Zweifeln nah
Hoffte ich auf Wissen das nicht widerlegbar war.
 
 
Mit Evidenzschwert und Formelflamme würde ich bald richten
Die Gordisch’n Knoten kühn zerschlagen und dunkle Wälder lichten
Auf den Schultern von Riesen wollt’ ich stolzerfüllt stehen
Hoch über den Wolken würde ich endlich über jede Mauer sehen.
 
 
Doch Beschreiben lernte ich und mich an Daten satt zu fressen,
Lernte  das Sein nur in Ziffern und Zeichen zu pressen,
Keine Antworten auf “Was?”, nur auf “Wie?” fand ich stattdessen
Konnte nichts begreifen, doch fast alles erklären und messen.
 
 
Jede Antwort spuckte neuen Fragen nur
So stand ich nun mit jenen allein auf weiter Flur
Von wahrer Erkenntnis fehlte  jede Spur
War keinen Schritt weiter als beim Abitur
 
 
Schleichend wie  ein Fieber wurde mir erst später klar
Wie ich ohne es zu ahnen bald verändert war
Logik, Kausalität und Axiome war’n was ich nun sah
Sodass mein Geist Gedanken wie Maschinen gebar
 
 
Du bist was du isst und wirst was du denkst,
Selbst wenn du im Geiste gerne Grenzen sprengst,
Die Gedanken in unentdeckte Länder lenkst,
Altes mit Neuem zu Unbekanntem vermengst
 
 
Auch du wirst folgen was deines Faches Regeln sind
Hoffend deine Kunst zu meistern recht geschwind
Wer eifrig nur nach Nadeln sucht wird blind
Für gold’ne Ähren, welche tief im Heu verborgen sind
 
 
Je mehr ich den Herzschlag des Universums verstand,
desto weniger hatte ich seine Wärme erkannt.
Der Sternenhimmel war mir einst ein Wunderland
Heute sehe ich nur Wüste angefüllt mit Lichtersand.
 
 
Schlimmer noch, ein Auge musste mir nun reichen
Denn die Worte schienen nun vor mir zu weichen
Waren trocken und leer, träge und schwer, schweigende Leichen
Ich verstummte vor einer Welt voller Fragezeichen.
 
 
Liebe und Hass, Freude und Not, es stirbt wer ward geboren
Ihr Widerstreit war einst ein dunkles Lied in allen Ohren
Stumm nun bleibt  das Herz, sieht  doch hinter allem nur:
Wie im Himmel so auf Erden, regiert allein die Natur.
 
 
Nach Jahren kalten Rechnens will ich endlich wieder fühlen
Wie die Herzschläge der Welt mich durchwühlen
Will  im Feuer junger Jahre wieder brennen
Will der fernen Länder  Küsten kennen
Will die Welt in tausend bunten Farben malen
Damit die Sterne im Glanze alter Zeiten strahlen
 
 
Zwei Seelen sollen sein in meiner Brust
Die eine schlägt mit Logik Fakten in den Stein
Die andre aber soll ein zarter Pinsel sein  
Welcher zeichnet meiner Sinne feine Lust
 
 
Mein Dürsten stillt die Wahrheit nicht allein
Denn Wissen wird  für immer rar, nur Gedanken frei sein
Erkenntnis wird meinen Hunger niemals sättigen
Nur der Glanz der Welt kann ihn bändigen
 
 
Noch habe ich nicht vergessen Mensch zu sein
Noch ist mein Herz nicht tot, es schlief nur ein
Mehr als ich bin will ich wieder sein
Will mein altes Ich von sich selbst befrei'n.

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transmet
Schneckenpost
T


Beiträge: 10



T
Beitrag11.03.2022 12:06

von transmet
Antworten mit Zitat

Hallo, ich kenn mich jetzt nicht besonders gut aus mit Lyrik, was Versmaß und sonstige Kriterien angeht. Doch ein paar Dinge stören mich, z.B., dass du nicht konsequent bist, meist ist es zwar AAAA, doch dann auch mal AABB, dann einmal AABBCC und fast zum Schluss AABC (allein-sein-sättigen-bändigen). Dann finde ich manche Verse noch etwas holprig, da fehlt mir etwas die Melodie, die ich an Gedichten so mag, das hängt meiner Meinung nach mit der unterschiedlichen Silbenzahl zusammen. Doch wie gesagt, ich bin sicher kein Kritiker, auf den man allzu viel geben muss, dafür hab ich nicht das Wissen über Lyrik. Und auch wenn ich den Faust nicht gelesen hab, erinnert es mich zu sehr an ihn, die gleichen Fragen, teils nahezu identische Sätze (Zwei Seelen wohnen, ach in meiner Brust). Also mein Fazit: Zu sehr Goethe, aber nicht so perfekt, zu wenig du selbst (wobei das natürlich nur ne Behauptung ist, die ich nicht belegen kann). Ich find's immer recht schwierig, sich an etwas vorhandenem zu orientieren. That's all, transmet
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Abari
Geschlecht:männlichAlla breve

Alter: 43
Beiträge: 1838
Wohnort: ich-jetzt-hier
Der bronzene Durchblick


Beitrag11.03.2022 13:08

von Abari
Antworten mit Zitat

Hey,

hmmmm. Im Grunde legt transmet den Finger in die richtigen Wunden. Insbesondere die Eigenständigkeit gegenüber eines der berühmtesten Faustmonologe fehlt mir. Vielleicht verehrst Du Goethe sehr und möchtest eine Hommage schreiben. Oder referierst darauf, dass man mit gemeinfreien Werken tun und lassen kann, was man will. Beides ist möglich, aber nicht automatisch gut. Hmmm.

Der Text wird dadurch unfrei (insbesondere in letztem Falle). Was in der Musik gerade noch durchgehen mag (siehe Procol Harum und Bach), funktioniert bei Texten nur bedingt, vor allem, wenn man der Leserschaft eher das Gefühl vermittelt, zu kopieren als sich inspirieren zu lassen. Der Grat zum Epigonentum ist dann halt besonders schmal. Und in Deinem Text ist halt die Mechanik/Struktur und der Inhalt verdächtig ähnlich zum Vorbild.

Allerdings sehe zB ich auch, dass die Anzahl unreiner Reime gering ist. Oder dass für Dich der Goethetext nichts an Aktualität verloren hat, was aber eher für Goethe spricht.

Trrotz allem: Willkommen hier.


_________________
Das zeigt Dir lediglich meine persönliche, höchst subjektive Meinung.
Ich mache (mir) bewusst, damit ich bewusst machen kann.

LG
Abari
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Sunyata
Schneckenpost
S


Beiträge: 9



S
Beitrag26.03.2022 20:26

von Sunyata
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Hallo, danke für eure Kommentare! Ich finde es sehr interessant zu sehen, dass der Text als unfrei wahrgenommen wird. Tatsächlich nehme ich ja auf den Faust nur in vier der Strophen Bezug. Meine eigentliche Intention ist hier eher autobiographisch: ich habe etwas ähnliches empfunden wie die Figur des Faust, und versuche ausgehend von diesem Dialog meine eigene Antwort zu finden. Das muss ich noch etwas besser herausarbeiten.
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Hakatajin
Geschlecht:weiblichWortedrechsler
H


Beiträge: 91



H
Beitrag27.03.2022 19:08
Re: Wendekreis
von Hakatajin
Antworten mit Zitat

Ich sehe das auch so wie transmet und ich empfinde das Gedicht stellenweise holprig und unmelodisch. Auch mit dem unregelmäßigen Reimschema komme ich nicht ganz klar. Das in Kombination mit dem unregelmäßigen Versmaß wirkt sich für mich auf den Rhythmus aus und reißt mich immer wieder ein bisschen raus beim Lesen.

Ansonsten finde ich es inhaltlich total interessant und habe es auch als etwas autobiografisches verstanden.

Sunyata hat Folgendes geschrieben:
Der Sternenhimmel war mir einst ein Wunderland
Heute sehe ich nur Wüste angefüllt mit Lichtersand.

Diese Stelle hier fand ich besonders schön (und traurig). Auch wenn man das Problem vorher schon verstehen konnte, macht es das besonders bildlich.
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