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Wie bringe ich jetzt nur dieses junge Liebespaar zusammen ...?


 
 
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SilkeE
Leseratte
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Beiträge: 122
Wohnort: Berlin


S
Beitrag10.12.2021 15:34

von SilkeE
Antworten mit Zitat

Also, mir persönlich gefällt es so schon viel besser! Das sind ein paar Techniken, die du jetzt angewendet hast, die helfen, das Kopfkino im Leser entstehen zu lassen. Ich hoffe, dass dir das hilft.

Eine kleine Anmerkung noch: Du verwendest in diesem Absatz zweimal das doch recht auffällige Wort "Triumphierend". Abgesehen davon, dass es wertend ist (Josefina triumphiert also, doch WIE KANN MAN DAS ZEIGEN, STATT ES NUR ZU SAGEN? - ANTWORT: In all ihren Bewegungen, der Art, wie sie spricht, die Worte, sie wählt, die Gedanken, die sie hat usw.), solltest du überlegen, entweder eins davon zu streichen oder ein Synonym zu finden.

LG, Silke
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Chamomila
Geschlecht:weiblichLeseratte


Beiträge: 132



Beitrag11.12.2021 18:26

von Chamomila
Antworten mit Zitat

Ok - das mit dem "triumphierend" werde ich mir noch mal gründlich durch den Kopf gehen lassen. Mal sehen, was dabei rauskommt.

Anbei nun die neueste Szene zu dieser Nebenstory, die ich gestern Abend skizziert und heute Nachmittag noch mal überarbeitet hab.
Sie spielt etwa anderthalb Tage nach dem Vorfall auf Hjerdesteds Veranda.

Was dazwischen passiert:
Josefina besucht Krister und bringt ihm - mehr oder weniger - schonend bei, wie die Dinge stehen und dass sie ihn heiraten möchte. Krister macht Josefina klar, dass sie sich da auf viel einlässt: nach dem Zerwürfnis mit seinem Vater kann er nicht mehr zurück in sein altes Leben - wenn sie ihn heiratet, würde das bedeuten, dass sie nur einen kleinen Handwerker zum Mann bekommt und künftig in einem kleinen Bretterhaus leben wird. Josefina besteht auf ihrem Beschluss: entweder heiratet sie Krister oder gar keinen, an das neue Leben bei ihm muss sie sich eben gewöhnen.
Wieder zurück auf dem Gestüt belauscht sie eine Beratung zwischen ihren Eltern und ihren Verwandten: ihr Vater ist der Meinung, dass sie so schnell wie möglich heiraten muss und hat auch schon einen passenden Kandidaten: einen schon älteren Geschäftsfreund, kultiviert und nicht unvermögend, der schon seit einiger Zeit ungeniert ein großes Interesse an der jungen und hübschen Josefina zeigt - und sicher auch bereit wäre, über einiges hinwegzusehen, solange seine junge Frau nur bei ihm ihre ehelichen Pflichten erfüllt.
Angewidert und entsetzt packt Josefina in der folgenden Nacht das Allernötigste und flüchtet zu Krister.
Am nächsten Morgen wenden sich die beiden jungen Leute an Kristers Freund und Nachbarn Tore, Dorfschmied und Kirchenältester, und schildern ihm die Situation. Tore - der aus eigenen Jugenderfahrungen weiß, was es heißt, tief in der Klemme zu stecken - verspricht, ihnen zu helfen. Um den Anstand zu wahren, bietet er an, dass Josefina bis zur Hochzeit in das alte Zimmer seiner erwachsenen Tochter ziehen kann. Krister hält das ebenfalls für die beste Lösung und so siedelt Josefina noch am gleichen Morgen zu Tore und dessen jüngerer Tochter Siri um - zu ihrem Glück...


Zitat:
Krister betrat sein Haus und ging in die Kochecke. Tore war einfach großartig! Dass er Josefina bis zur Hochzeit bei sich aufgenommen hatte und sich um alles kümmern wollte… Das verdiente einen ordentlichen Dank – am besten in Form von … Hmmh – … kleinen Kirschkuchen vielleicht? Ein halbes Glas eingemachte Kirschen stand noch im Regal und Gunnars Rezept dazu konnte er inzwischen im Schlaf… Krister holte die Schüssel vom Bord und wollte gerade damit beginnen, Zutaten abzuwiegen, als es energisch an der Tür klopfte. Er ging und öffnete.
Die Besucher, die vor ihm standen, überraschten ihn nicht – und sie kamen sofort zur Sache:
„Ist Josefina hier?“
Mutter sah ernsthaft besorgt aus, während Onkel Viktor einfach nur sichtlich wütend war.
Krister schüttelte den Kopf.
„Nein, tut mir leid.“
„Oh Herr im Himmel …“
Krister sah seiner Mutter deutlich an, dass sich gerade ihre letzte Hoffnung zerschlagen hatte: ihre Augen waren weit aufgerissen und ihr Mund zitterte. Einen winzigen Moment lang war er versucht, sie zu beruhigen – er atmete einmal tief durch und presste die Lippen aufeinander. Ihm war nicht wohl bei diesem Besuch: Josefina hatte sicher gute Gründe gehabt, mitten in der Nacht bei ihm aufzutauchen…
„Wo kann sie denn nur sein … - sie kennt sich hier doch kaum aus. Sie muss wirklich verzweifelt gewesen sein!“ seine Mutter drehte sich zu ihrem Schwager um, „Sie hat uns gehört, ganz sicher hat sie das – ich hab’s euch ja gleich gesagt, die Idee mit diesem alten Herrn Grønning…“
„Was für eine Idee?“ unterbrach Krister sie, während ihm im gleichen Moment ein Verdacht kam. So war er also zu seinem nächtlichen Besuch gekommen: seine reizende Familie wollte Josefina Hals über Kopf an einen älteren Mann verheiraten… Langsam schämte er sich wirklich für seine Verwandten!
„Das ist doch jetzt gleichgültig“, fuhr Onkel Viktor auf, „Jedenfalls heiratet sie diesen Mann jetzt, bevor es zu spät ist!“
‚Dafür müsst ihr sie erst mal finden‘, dachte Krister und unterdrückte nur mühsam ein schadenfrohes Grinsen, ‚und bis dahin ist sie längst verheiratet, dafür werden Tore und ich schon sorgen!‘
„Lass‘ uns noch mal im Haus nachsehen! Nur zur Sicherheit!“
Onkel Viktor stieg die Stufen hinauf und machte Anstalten, seinen Neffen zur Seite zu schieben.
„Bitte sehr!“
Krister trat beiseite, hielt ihm die Tür auf und wartete geduldig, während sein Onkel die Hütte sorgfältig durchkämmte. Tausendmal gesegnet sollte Tore Sjøberg mitsamt Haus, Hof und Familie sein, dass er Josefina gleich zu sich geholt hatte – dieser Mann war ein himmlischer Engel, ganz sicher!
„Hier ist sie wirklich nicht“, Onkel Viktor verließ enttäuscht das Haus. Mutter sah ihn bittend an.
„Kannst du dir denn wenigstens vorstellen, wo sie vielleicht sein könnte?“
Hmmh, diese Frage ließ erfreulich viel Spielraum für die Wahrheit, fand Krister. Vorstellen konnte er sich eine Menge Orte – vor allem Orte, die nicht in der Nähe von Tores Schmiede lagen... Er überlegte einige Momente lang angestrengt.
„Sie hat sich vielleicht nach Manvala mitnehmen lassen, um von dort aus zu irgendeiner Freundin zu fahren…“, schlug er schließlich vor, „...heute Morgen vom Bäcker zum Beispiel. Oder ...“, er dachte noch einmal nach: Der Weg dorthin führte nahe an Tores Haus vorbei – aber wenn er sich beeilte und die Abkürzung durch den Wald nahm, konnte er problemlos vor Mutter und Onkel Viktor bei den Sjøbergs ankommen... Krister nickte entschlossen: „Ja – Hilstads alter Vorratskeller, in dem Gunnar und ich neulich Åke Forsbrand gefunden haben … – ein Stück weit von hier in den Bergen, ein gutes Versteck, ja! Und Josefina kennt den Keller auch, wir sind bei ihrem letzten Besuch hier mal hin gewandert. Du weißt doch, wo das Sommerhaus von den Hilstadts steht, Mutter?“
„Nicht genau...“ Nora Hjerdested sah ihren Sohn nachdenklich an, „Aber wir können ja bei Hilstads nachfragen, nicht wahr?“
So langsam kam Krister der Verdacht, dass wenigstens seine Mutter auf Josefinas Seite war: sie kannte das Sommerhaus, das wusste er - aber eine Nachfrage bei den Hilstads würde einen riesigen Umweg durch das Dorf bedeuten. Und das bedeutete mehr als genug Zeit für ihn, um Josefina rechtzeitig zu warnen...
Seine Mutter wandte sich zum Gehen und zog Onkel Viktor mit sich in Richtung Dorf. Krister wartete, bis sie nicht mehr zu sehen waren, zählte sicherheitshalber noch bis fünfzig und rannte dann los – über den kleinen, unscheinbaren Pfad quer durch den Wald in Richtung Tore.



Okay...
Wo kann man hier noch ansetzen?
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Chamomila
Geschlecht:weiblichLeseratte


Beiträge: 132



Beitrag15.12.2021 17:25

von Chamomila
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Zitat:
Zitat:
Krister lachte – leicht hysterisch – auf: „Warte mal … du sagst mir da jetzt nicht, dass du das alles mit voller Absicht …?“
Josefina lächelte versöhnlich.
„Komm schon, sei’ nicht böse! Das war einfach eine Verzweiflungstat!“
Krister atmete einmal tief durch und stellte zu seiner Überraschung fest, dass er Josefina tatsächlich nicht böse sein konnte.

Das halte ich dann doch für ziemlich unglaubwürdig. Er hat allen Grund, böse zu sein. Immerhin wird hier angedeutet, dass Josefina seine Betrunkenheit komplett ausgenutzt hat.


Okay, bei nochmaligem drüber nachdenken hast du recht...

Ich hab jetzt die Stellen gestrichen, an denen Josefina durchblicken lässt, dass das mit dem Kind Absicht war:
Es passt wohl wirklich besser zu der Zeit, wenn sich die beiden einfach nach einer Soirée, auf der viel Champagner geflossen war, beim "Gute Nacht"-sagen spontan miteinander vergessen haben.

LG, Cammy
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SilkeE
Leseratte
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Beiträge: 122
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S
Beitrag15.12.2021 17:56

von SilkeE
Antworten mit Zitat

Mich wundert es, dass Krister backt. Wann spielt die Geschichte nochmal? Ist es nicht furchtbar unüblich gewesen, einen Mann zu jener Zeit in einer Küche zu finden? Abgesehen davon, dass es früher ziemlich schwierig war, eine Küche zu bedienen - da brauchte es jede Menge Übung, vor allem, wenn man mit dem Holzofen arbeiten wollte. So oder so, kein Mann wäre wohl freiwillig in eine Küche gegangen. Das war Frauensache. Und ein halbes Glas eingemachte Kirschen? Wird das nicht schlecht, wenn es einmal auf ist? Wenn die Geschichte in Norwegen spielt, könnte er es ja wenigstens draußen auf der Fensterbank haben oder so ... Und hat man die Zutaten wirklich abgewogen? Oder vielleicht eher gemessen mit Löffeln? So macht man es bis heute in den englischen Ländern - man misst in Cups, man wiegt nicht ab.

Auch weiß ich  nicht, ob du nicht ein wenig zu modern denkst, wenn Krister sich darüber aufregt, dass die Eltern für Josefina einen älteren Mann ausgesucht haben. Sowas war früher doch üblich. Es ging um die wirtschaftliche Absicherung der Frauen, nicht um Liebe und Romantik. Oftmals waren junge Männer noch nicht etabliert genug, um sich die Ehe und Hausstandsgründung leisten zu können. Ich verstehe nicht, wie da jemand überrascht sein könnte, wenn der vorgeschlagene Herr doch offenbar über die finanziellen Mittel verfügt.

Fragen über penible Fragen...
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Chamomila
Geschlecht:weiblichLeseratte


Beiträge: 132



Beitrag15.12.2021 20:04

von Chamomila
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Zitat:
Mich wundert es, dass Krister backt. Wann spielt die Geschichte nochmal? Ist es nicht furchtbar unüblich gewesen, einen Mann zu jener Zeit in einer Küche zu finden?

Ja, im Normalfall wäre es unüblich - aber Krister hat seit seiner Flucht aus seinem Elternhaus ganz allein in seinem kleinen Holzhaus gewohnt und war daher gezwungen, sich selbst zu versorgen, also auch möglichst schnell kochen und backen zu lernen. Denn dass er bald verheiratet sein wird, hatte er zu dem Zeitpunkt noch nicht geahnt.
Das nötige Know-How hat er von seinem ebenfalls unverheirateten besten Freund und Nachbarn Gunnar, der seit seinem sechzehnten Lebensjahr allein für sich und seine kleine Schwester sorgen muss und für den Kochen und Backen daher ebenso sehr zum Alltag gehört, wie alle anderen Hausarbeiten.
Und ich will nicht ausschließen, dass Krister dabei entdeckt hat, dass ihm Backen sogar riesigen Spaß macht...

Zitat:
Und ein halbes Glas eingemachte Kirschen? Wird das nicht schlecht, wenn es einmal auf ist?

Nicht, wenn man es schnell genug aufbraucht - möglicherweise hat Krister es erst an diesem Morgen geöffnet? Ich könnte es aber auch in "Kirschkompott" ändern, das hält sich, glaube ich, länger...
Und ob eine Fensterbank im Hochsommer wirklich geeigneter ist, um Lebensmittel kühl zu halten, als ein Regal in einer schattigen Küche?

Übrigens hatte ich neulich mal eine sehr interessante Autobiografie von einer Dame (Jahrgang 1907) gelesen. Sie war ebenfalls in Skandinavien auf dem Land aufgewachsen und hatte in dem Buch berichtet, dass ihre Eltern z.B. die Milch immer in einem kleinen Bach hinter dem Haus gekühlt hatten, damit sie nicht schlecht wurde. Warum sollte es zwanzig Jahre davor nicht auch schon so oder so ähnlich gewesen sein? Damals gingen die Uhren ja noch sehr viel langsamer als heute...
(Ich sollte mir diese Autobiografie wirklich noch mal vorknöpfen und sie nach weiteren Details zum Landleben in dieser Zeit durchkämmen!)

Zitat:
Und hat man die Zutaten wirklich abgewogen? Oder vielleicht eher gemessen mit Löffeln? So macht man es bis heute in den englischen Ländern - man misst in Cups, man wiegt nicht ab.

Ooops, stimmt, da hast du sicher recht!!! Flüchtigkeitsfehler meinerseits...

Zitat:
Auch weiß ich nicht, ob du nicht ein wenig zu modern denkst, wenn Krister sich darüber aufregt, dass die Eltern für Josefina einen älteren Mann ausgesucht haben. Sowas war früher doch üblich.

Ja, damit hast Du schon recht... - vermutlich regt sich Krister auch eher darüber auf, dass sie nicht irgendein Mädchen an den Mann bringen wollen, sondern seine Josefina!!! Hey, die will er doch heiraten - warum kommen seine alten Herrschaften nicht einfach auf ihn, wenn sie schon einen Bräutigam brauchen!

LG, Cammy
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SilkeE
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Beiträge: 122
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S
Beitrag15.12.2021 21:11

von SilkeE
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Ok, ich verstehe. Ich bin ja wie gesagt keine Expertin für die Ära, aber mir fällt da sofort When Calls the Heart von Janette Oke ein. Das spielt in Kanada, 1910, und wurde vor ein paar Jahren mal als Serie verfilmt.

Jedenfalls, lange Rede, kurzer Sinn, die Junggesellen in dieser Serie hätten einen Teufel getan, sich in einer Küche erwischen zu lassen, womöglich noch mit einer Schürze! Man muss ganz einfach mal überlegen, wie strikt damals die Geschlechtergrenzen waren. Jedenfalls, in der Serie gehen sie deshalb morgens und mittags im Café zum Essen, abends in den Pub. Das finde ich persönlich realistisch.

Nun ja, und Kuchenbacken ist ja noch mal eine ganz andere Geschichte ... ist ja keine pure Nahrungsaufnahme, sondern eine Verwöhngeschichte...

Und dann kommt da die Beschaffung und Vorratshaltung von Lebensmitteln hinzu. Alles recht schwierig zu der Zeit, man brauchte möglichst viel frisch - Milch, Eier, Fleisch, Käse usw. lohnte ja kaum, wenn man alleine war ... aber nun gut, es ist deine Geschichte. Wenn es für dich möglich erscheint, dann lass es so.

Und zum Kirschglas - gut, wusste ja nicht, dass Hochsommer ist. Ja, da wäre es wohl im Haus besser aufgehoben. Wollte es nur mal kurz anmerken.

Mit der gekühlten Milch hast du wohl recht - ich habe Ähnliches gesehen in der Serie Anne with an E - die Kinder sind morgens zur Schule und haben ihre Milch in das kleine Bächlein hinter der Schule gelegt. Das Mittagessen haben sie auf dem Ofen im Klassenraum aufgewärmt (im Winter).

Viel Spaß noch weiterhin!
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Chamomila
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Beitrag15.12.2021 22:11

von Chamomila
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Zitat:
Jedenfalls, in der Serie gehen sie deshalb morgens und mittags im Café zum Essen, abends in den Pub. Das finde ich persönlich realistisch.

Sofern sie das Geld dazu haben und ein Café und ein Pub in der Nähe sind...

...das Dorf "Solvangen" ist sehr klein und liegt sehr abgelegen. Niemand würde hier je auf die Idee kommen, ein Gasthaus zu eröffnen.
Der nächste Ort mit einer wenigstens kleinen (und etwas verrufenen) Gastwirtschaft (und dem nächstgelegenen Bahnhof) ist Manvala - etwa einen Tagesmarsch von Solvangen entfernt.

Und Krister muss sowohl mit seiner Zeit als auch mit seinem Geld sehr sparsam umgehen.

Zitat:
Und dann kommt da die Beschaffung und Vorratshaltung von Lebensmitteln hinzu. Alles recht schwierig zu der Zeit, man brauchte möglichst viel frisch - Milch, Eier, Fleisch, Käse usw. lohnte ja kaum, wenn man alleine war ...

Ja, das stimmt schon - allerdings kam damals (vor allem im sehr ländlichen Bereich) wohl sicher auch "Nachbarschaftshilfe" dazu:
Einige Hühner und anderes Kleingetier hatte damals auf dem Land wohl fast jeder - und konnte einem Nachbarn bei entsprechender (nicht nur finanzieller, sondern auch materieller oder geistiger) Gegenleistung sicher etwas abgeben.
Genauer ausgedrückt:
Krister macht für den Schmied einige Botengänge - und trägt dafür einen Korb mit einigen Eiern, etwas Butter und vielleicht auch noch einem Glas Kompott nach Hause...

LG, Cammy
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Chamomila
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Beitrag15.12.2021 22:20

von Chamomila
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Zitat:
Mit der gekühlten Milch hast du wohl recht - ich habe Ähnliches gesehen in der Serie Anne with an E - die Kinder sind morgens zur Schule und haben ihre Milch in das kleine Bächlein hinter der Schule gelegt. Das Mittagessen haben sie auf dem Ofen im Klassenraum aufgewärmt (im Winter).


Wo Du gerade Anne Shirley erwähnst...

...sie war eine der Lieblingsbuchheldinnen von der oben genannten Dame -
- und hat mir (unter anderen) für meine kleine Greta Ekdal Modell gesessen...
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Nachtvogel
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Beitrag17.12.2021 01:08

von Nachtvogel
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Ich habe auch nicht so viel Ahnung von den historischen Gegebenheiten - das, was ich im Folgenden schreibe, sind deshalb nur meine spontanen Gedanken.

Chamomila hat Folgendes geschrieben:
...das Dorf "Solvangen" ist sehr klein und liegt sehr abgelegen. Niemand würde hier je auf die Idee kommen, ein Gasthaus zu eröffnen.

Das würde ich nicht denken. Nach meiner Erfahrung hat jedes noch so kleine Minidorf zumindest eine kleine Kneipe, und besonders früher mussten sich die Menschen ja irgendwie die Zeit vertreiben und brauchten einen Ort, wo sie abends oder nach der Kirche zusammensitzen und gemeinsam Alkohol trinken konnten. Gaststätten mit Übernachtungsmöglichkeit waren meines Wissens früher vor allem auch auf dem Land unverzichtbar, damit Durchreisende zwischendurch Übernachtungsmöglichkeiten hatten. Also besonders in abgelegenen Teilen macht eine Gaststätte durchaus Sinn, glaube ich.

Zitat:
Ja, das stimmt schon - allerdings kam damals (vor allem im sehr ländlichen Bereich) wohl sicher auch "Nachbarschaftshilfe" dazu:
Einige Hühner und anderes Kleingetier hatte damals auf dem Land wohl fast jeder - und konnte einem Nachbarn bei entsprechender (nicht nur finanzieller, sondern auch materieller oder geistiger) Gegenleistung sicher etwas abgeben.
Genauer ausgedrückt:
Krister macht für den Schmied einige Botengänge - und trägt dafür einen Korb mit einigen Eiern, etwas Butter und vielleicht auch noch einem Glas Kompott nach Hause...

Ich würde denken, dass diese Nachbarschaftshilfe besonders auch darin bestehen wird, dass irgendwelche älteren Frauen für den armen Junggesellen, der alleine in einer kleinen Wohnung leben muss, regelmäßig Eintöpfe machen und so etwas. Besonders zu der Zeit war Kochen wirklich noch viel zeitaufwändiger als heute und es wäre für die meisten Menschen wohl undenkbar, wenn ein alleinlebender Mann (!) täglich (!) nur für sich selbst kocht.

Ich will dir aber noch mal sagen, dass du dich natürlich, wenn du das nicht möchtest, gar nicht so sklavisch an die historischen Gegebenheiten halten musst. Wenn du das Buch irgendwann veröffentlichen möchtest, würdest du wahrscheinlich Probleme bekommen, wenn deine Darstellung nicht zu den historischen Gegebenheiten passt, aber wenn du deine Geschichte nur für dich selbst und deine Freunde/Familie schreibst, bist du natürlich viel freier. Ich fand jedenfalls die Teile, die ich bisher davon gelesen habe, ziemlich lustig und kurzweilig geschrieben und hatte auch Spaß am Lesen Smile
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Lila X
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Alter: 54
Beiträge: 145



L
Beitrag17.12.2021 11:05
Wirkung der Personen
von Lila X
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Hallo Chamomilla,
ich habe mir den Verlauf jetzt weitgehend durchgelesen. Vielleicht ist ja eine weitere Meinung interessant für dich. Ich möchte dir gern spiegeln, wie die Figuren auf mich wirken:
Josefina wirkt auf mich wie eine wenig einfühlsame, sehr berechnende Person, die über die Gefühle ihrer Familie ungerührt hinwegtrampelt und auch darüber, was das alles bedeutet. Mag sie ihre Familie nicht? Niemanden?. Denn eine Schwangerschaft war nicht nur an und für sich ein Problem für Familien, sondern in gesellschaftlicher und christlicher Hinsicht wirklich schlimm. Und natürlich auch in Bezug auf die Sicherung des Lebensunterhalts. Stell dir vor, sie wird von ihrem Vater rausgeschmissen. Sozialhilfe gab es ja nicht. Ich finde starke Frauen toll. Und ich finde auch gut, wenn sie unkonventionell gemessen an der Zeit sind, in der sie sich bewegen. Aber sie brauchen liebenswerte Eigenschaften wie Mitgefühl, Mut, Zärtlichkeit, Zivilcourage oder ähnliches, damit der Leser sie mag und mit ihnen fiebert. Ich finde, das gelingt dir noch nicht.
Kristen dagegen wirkt alles andere als wie ein männlicher Held. Er wirkt schwach, abhängig, leicht zu manipulieren (von Josefina), ohne Ziel - weil, wie stellt er sich die Zukunft vor, wenn er in einer Holzhütte hockt und nicht an einer Verbesserung seiner Lage arbeitet. Oder hat er da Pläne/Ideen? Und spätestens wenn Josefina von ihm schwanger wird, muss er sich überlegen, wie er seine Familie zukünftig zum einen vor seinem Vater schützt und zum anderen aushält. Diese Situation muss ihn unbedingt in Perspektiven denken und handeln lassen. Heiraten allein reicht nicht. Sonst würde ich als Leser davon ausgehen, dass er niemals die Endlösung für eine starke Frau wie Josefina sein kann. Die verspeist ihn zum Frühstück. Abgesehen davon, was findet sie an ihm liebenswert? Bisher gibt er doch ein sehr schwaches Bild ab und sie verarscht ihn.
Es tut mir leid, das sagen zu müssen, aber ich würde das Buch weglegen, allein weil mich die Protagonisten nerven würden.
Hast du dir denn schon ausführlich überlegt, wie du deine Figuren anlegst, d.h. was sie für Menschen sind, welche Probleme sie haben, ob und wie sie diese überbordenden Probleme, die beide haben, am Ende lösen werden? Bisher klingt das, als ob es für beide nur in einer Katastrophe enden kann - oder darin, dass ihre Eltern die Sache für sie regeln, so unreif wie sie denken und handeln…. Was meinst du?


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Lila X
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Chamomila
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Beitrag18.12.2021 15:20

von Chamomila
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Hej, Lila!

Zitat:
Josefina wirkt auf mich wie eine wenig einfühlsame, sehr berechnende Person, die über die Gefühle ihrer Familie ungerührt hinwegtrampelt und auch darüber, was das alles bedeutet. Mag sie ihre Familie nicht? Niemanden?

Ja, stimmt, an Josefina muss ich noch etwas mehr arbeiten... - da sind allerdings auch viele Passagen noch nicht fertig ausgearbeitet:

Seit dem Tod ihrer leiblichen Mutter hat sich Josefina immer mehr in sich verschlossen, manchmal fühlt sie sich selbst, als wäre sie in der Kälte, die in ihrer Familie herrscht, zu Eis gefroren.
Der einzige, der wirklich noch an die "echte" Josefina herankommt, ist Krister - und das auch nur in den seltenen Momenten, wenn er mit ihr allein ist.
An ihrer Familie liegt ihr tatsächlich nicht allzu viel:
- Ihr Vater ist Geschäftsmann und denkt auch im Alltagsleben wie ein Geschäftsmann: seine Tochter hat gefälligst eine gute Partie zu machen, ob ihr der Bräutigam nun gefällt oder nicht, ist nicht relevant.
- Ihre Stiefmutter denkt vor allem an ihr Renommee: so lange das nach außen hin gewahrt wird, ist ihr alles recht. Mit Josefina ist sie nie so richtig warm geworden und Josefina will auch keinen Ersatz für ihre leibliche Mutter, an der sie sehr gehangen hat. Dass ihr Vater und ihre Stiefmutter alles im Haus, was an die leibliche Mutter erinnerte, entfernt haben, hat das Verhältnis zwischen Josefina und ihren Eltern nicht gerade verbessert.
- Josefinas zehnjährige Halbschwester Marianna ist ein verzogenes kleines Biest und Josefina findet sie einfach nur unangenehm und lästig.
- Onkel Asgeir ist ein bigotter Heuchler, der bei jeder unpassenden Gelegenheit seine brutalen Bemerkungen anbringt und außerdem seine Kinder - namentlich Krister - prügelt oder im Keller einsperrt, wenn sie nicht nach seiner Pfeife tanzen. Josefina sieht keinen Grund, warum sie ihren Stiefonkel auch nur ansatzweise mögen soll.
- Tante Nora ist ganz nett, Josefina kann sich zumindest vorstellen, sie zu mögen, aber sie war bisher zu selten in Hesterhaugen, um sie wirklich gut kennenzulernen.

Anders sieht es mit Krister und dessen kleiner Schwester Jonetta aus:
Josefina liebt Krister wirklich von Herzen: seit dem Tod ihrer Mutter ist er - gefühlt - der einzige, der wirklich gut und liebevoll zu ihr ist und bei dem das auch von Herzen kommt. Und Krister ist der einzige in der Familie, der versteht, wie es Josefina geht und warum sie oft so kalt ist.
Jonetta ist ein liebes und freundliches Mädchen, es fällt Josefina leicht, sie gern zu haben.

Als Josefina im Lauf der Handlung Kristers Freunde kennenlernt, die ebenfalls aufrichtig herzlich und gut zu ihr sind, fängt das Eis in ihr langsam an, zu tauen.


Zitat:
Kristen dagegen wirkt alles andere als wie ein männlicher Held. Er wirkt schwach, abhängig, leicht zu manipulieren (von Josefina), ohne Ziel - weil, wie stellt er sich die Zukunft vor, wenn er in einer Holzhütte hockt und nicht an einer Verbesserung seiner Lage arbeitet. Oder hat er da Pläne/Ideen?

Ja, stimmt, das hab ich hier nicht erwähnt:
Krister arbeitet bereits an seiner Zukunft. Eigentlich soll er später das Gestüt seines Vaters übernehmen - aber das ist so ziemlich das Letzte, was er will. Er interessiert sich viel mehr für den Beruf von seinem besten Freund Gunnar - Tischler - und lässt sich deshalb von Gunnar alles beibringen, was man als Tischler können und wissen muss. Seit Gunnar sich mit einer kleinen Werkstatt selbständig gemacht hat, arbeitet Krister mit bei ihm. Sein heimlicher Traum ist, irgendwann gemeinsam mit Gunnar diese kleine Werkstatt weiter zu einer richtigen Tischlerei auszubauen. Die Arbeit bei Gunnar bringt jetzt natürlich noch nicht viel ein, also nimmt Krister für den Anfang noch zusätzliche Arbeiten auf den Höfen in der Gegend und in der Dorfschmiede an. Ihm ist alles recht, solange er nur seine Füße nie wieder unter den Tisch seines Vaters setzen muss.
Anbei eine Passage, die eigentlich nicht in die Love-Story gehört, aber es verdeutlicht - sie spielt einige Tage nach Kristers Flucht aus seinem Elternhaus:
Zitat:
Frau Hjerdested sah sich um und wunderte sich selbst: da lebte sie schon so viele Jahre in Solvangen, aber in dieser Gegend war sie noch nie gewesen. Sie tupfte sich mit dem Taschentuch über die Stirn, nahm den Koffer und den Korb und ging weiter. Der Wald wurde wieder dichter, lichtete sich dann und schließlich entdeckte sie zwischen den Bäumen eine große Lichtung und ein kleines, rotbraunes Haus. Vor dem Haus waren zwei Gestalten mit irgendeiner Arbeit beschäftigt. Sie trat langsam näher und erkannte die Stimme von Gunnar Stjernebekk:
„Ja! Genau so! Das ist sehr gut - jetzt hast du‘s raus!“
Als die Frau des Pferdehändlers auf die Lichtung kam, traute sie ihren Augen kaum: Krister – ihr Sohn, Krister Hjerdested… Er trug ein altes Hemd von Gunnar, an mehreren Stellen geflickt, stand mit hochgekrempelten Hemdsärmeln vor einer Werkbank, in die ein Brett eingespannt war, und bearbeitete dieses Brett gleichmäßig mit einem Hobel. Gunnar stand daneben und beobachtete ihn prüfend. Jetzt hob Krister kurz den Kopf und wischte sich ein paar Schweißperlen von der Stirn.
„Mutter!“ Krister ließ den Hobel sinken, „Schön dich zu sehen – was führt dich hierher?“
Nora Hjerdested kam langsam näher und sah ihren Sohn zärtlich an.
„Vater ist heute in der Stadt, da konnte ich los: ich hab dir ein paar Sachen gebracht – Kleidung - und Wäsche - ein paar von deinen Büchern – und ein bisschen was zu essen ...“ sie stellte Koffer und Korb ab und deutete auf das Brett. „Ja und ihr ...? – Und ... - das hier?“  
Krister sah sehr stolz und zufrieden aus. Sogar – ja, richtig glücklich! Wann hatte er das letzte Mal so ausgesehen? Sie erinnerte sich nicht... Ihr Sohn grinste breit und deutete auf das Brett vor sich:
Das hier wird mein neues Bett.“
Frau Hjerdested versetzte es einen Stich.
„Dann willst du also nicht wieder nach Hause kommen?“
Kristers Gesicht wurde plötzlich sehr ernst und er schüttelte entschieden den Kopf.
„Nein, Mutter! Ich werde meine Füße nie wieder unter Vaters Tisch setzen – niemals wieder – nicht nach allem, was passiert ist!“
Kristers Mutter ließ sich langsam auf den Hauklotz neben der Tür sinken.
„Aber – was dann? Was hast du jetzt vor?“
Krister lächelte jetzt wieder.
„Ich werde arbeiten – was sonst? Fleißige Hände werden überall gern gesehen.“
„Arbeiten!“ Frau Hjerdested konnte sich bereits lebhaft ausmalen, was ihr Mann dazu sagen würde. „Aber … - dein Studium? Und das Gestüt? Was wird aus deinen Plänen für die Zukunft?“
„Pläne ändern sich“, erwiderte Krister ruhig, „vor allem, wenn es nicht die eigenen Pläne waren.“


Krister ist tatsächlich ein zurückhaltender und sensibler junger Mensch mit einem weichen Herz, der am Anfang der Geschichte noch nicht gelernt hat, für sich selbst einzustehen (das lernt er allerdings im Lauf der Handlung).
Trotzdem zeigt er in wichtigen Momenten eine überraschende Stärke: er kassiert ohne mit der Wimper zu zucken Schläge, die sonst seine kleine Schwester bekommen würde und er würde auch keine Sekunde zögern, sein Leben zu riskieren, um einen anderen Menschen zu retten.
Anfangs ist er noch ein eingeschüchterter, etwas verwöhnter, reicher Junge, im Laufe der Handlung stellt er sich aber seinen Ängsten und den Herausforderungen und wächst daran.

LG, Cammy
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Chamomila
Geschlecht:weiblichLeseratte


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Beitrag20.12.2021 22:38

von Chamomila
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So - hab mich jetzt noch mal mit einer lieben Bekannten kurzgeschlossen, die als Traumatherapeutin arbeitet (es geht doch nichts über Bekannte mit Know-How!) und die hat mir ein paar kleine Tips für die überarbeitete Charakterentwicklung von Josefina gegeben...

Hab jetzt eine Szene völlig neu geschrieben und bin gerade dabei, die Szene mit Josefinas nächtlicher Ankunft bei Krister noch mal gründlich zu überarbeiten...

Anbei die Skizze zu der heute neu dazugekommenen Szene:
Sie spielt bei Josefinas erstem Besuch in Hesterhaugen, seit Krister von dem Besuch bei ihr in der Stadt zurückgekommen ist. Krister lebt zu diesem Zeitpunkt noch bei seinen Eltern.
Ausgangssituation:
Die Familie sitzt gerade zu "Middag" - Die Mahlzeit "Middag" wird in Norwegen zwischen 15:00 und 18:00 eingenommen, bei den Hjerdesteds eher früh. Josefina ist nicht zu Tisch erschienen und ihr Vater ist darüber ungehalten...
Zitat:
„Wo ist meine Tochter? Warum kommt sie nicht zum Essen?“
Dorthea knickste.
„Frøken Josefina lässt sich entschuldigen, gnädiger Herr. Sie sagt, ihr ist nicht gut.“
Krister warf einen raschen Blick auf Dorthea und einen zweiten auf den leeren Platz von Josefina. Am liebsten wäre er sofort aufgestanden, um nach ihr zu sehen – aber damit musste er sich bis nach dem Essen gedulden. Vater würde ihm niemals durchgehen lassen, dass er vorher das Zimmer verließ…
Die Mahlzeit zog sich quälend-langsam hin und Krister hatte mehr und mehr das Gefühl, auf glühenden Kohlen zu sitzen. Die betont munteren Tischgespräche der anderen zerrten zusätzlich an seinen Nerven. Er bemerkte nicht, dass Dorthea ihm die Platte mit dem Lachs hinhielt und erst als sie ihm eine leise Aufforderung zuflüsterte, besann er sich, schichtete etwas davon auf seinen Teller und fing mechanisch an, zu essen. Normalerweise mochte er Lachs sehr gern – jetzt hatte er das Gefühl, auf einer faden, glitschigen Masse herumzukauen, die einfach nicht weniger werden wollte. Er würgte den Bissen irgendwie hinunter und schob sich pflichtbewusst den nächsten Happen in den Mund…
Endlich legte sein Vater das Besteck aus der Hand.
„Danke fürs Essen!“*
Krister murmelte eine Erwiderung, faltete hastig seine Serviette zusammen und verließ den Raum.

Josefina saß am Fenster und starrte ins Leere. Sie hörte die Tür, aber sie drehte sich nicht um. In ihr war es eiskalt, so als würde sie von innen heraus erfrieren. Hart und kalt werden, wie eine Statue aus Eis. Sie hatte so gehofft, dass es auf Hesterhaugen besser sein würde, als in Kristiania – aber sie hatte sich eben getäuscht.
„Josefina?“
Eine sanfte, weiche Stimme riss sie aus ihren Gedanken. Sie drehte sich langsam um. Krister stand vor ihr, seine Miene war zärtlich und – ja, ehrlich besorgt... In ihrer Kehle brannten Tränen, die sie herunterschluckte und die sie noch weiter gefrieren ließen.
„Ja?“
Sie hatte so gehofft, dass ihre Stimme besser klingen würde – freundlicher – aber es ging nicht. Nicht, wenn es in ihr so kalt war, wie jetzt… Krister lächelte sie an, mit diesem einzigartigen Lächeln, bei dem er den linken Mundwinkel immer etwas höher zog, als den rechten...
„Ich wollte nur wissen, ob es dir gut geht – meine kleine Eiskönigin …“
Seine Stimme war so gütig – und er hatte bemerkt, wie es um sie stand… Josefina drehte das Gesicht weg, damit er die Tränen in ihren Augen nicht sah. Vielleicht würde er sie auch für sentimental und schwach halten und ihr spöttische Vorwürfe machen, wenn sie weinte, so wie ihr Vater es auch immer tat.
„Mir ist so kalt …“ flüsterte sie heiser, „… ich hatte so gehofft, hier ist es wärmer …“
„Das müssen wir dringend in Ordnung bringen!“ Kristers Stimme klang so liebevoll – und so warm… Die Schranktür knarrte und einige Momente später legte er ihr zärtlich ein leichtes Wolltuch um die Schultern. „Und ich weiß auch schon wie: komm mit!“
Er nahm ihre Hand und zog sie auf die Füße. Josefina blickte zu Boden.
„Wohin?“ fragte sie leise.
„Raus, in die Sonne! … Komm schon!“
Josefina zwang sich zu einem winzigen Lächeln und ließ sich von Krister aus dem Zimmer ziehen.
„Ganz leise …“ flüsterte Krister verschwörerisch, „Dann merkt keiner, dass wir gerade ausbüchsen! Lass’ die dritte und die achte Stufe aus, die knarren schrecklich!“
Josefina gehorchte und schlich sich beinahe lautlos hinter ihm her aus dem Haus. Ihre Neugier wuchs. Wenn sie so heimlich verschwanden, konnte das nur bedeuten, dass Krister irgendein Geheimnis hatte. Ein Geheimnis, von dem weder seine noch ihre Eltern etwas wissen durften. Die Vorstellung, ihnen eins auszuwischen war wirklich verlockend! Josefinas Augen funkelten. Und das Lächeln, das sich jetzt auf ihr Gesicht stahl, war das einer Katze, die gerade das Goldfischglas geplündert hatte.

*die in Norwegen gängige Formel, um eine Mahlzeit zu beenden.

Bin gespannt auf eure Kritiken und Verbesserungsvorschläge!

LG, Cammy
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Nachtvogel
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Beitrag26.12.2021 00:07

von Nachtvogel
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Hallo Chamomila,

interessant, jetzt auch etwas vom Anfang der Geschichte zu lesen! Die Beschreibungen mit der Kälte, die Josefina in sich fühlt, finde ich gut.

Zitat:
„Ja?“
Sie hatte so gehofft, dass ihre Stimme besser klingen würde – freundlicher – aber es ging nicht. Nicht, wenn es in ihr so kalt war, wie jetzt…

Den Satz nach ihrer Antwort finde ich gut. Er zeigt meiner Meinung nach gut das Dilemma, in dem Josefina steckt - dass sie eigentlich wärmer, freundlicher und lebensfroher sein möchte, aber es einfach nicht kann. Nur den letzten Satz würde ich hier streichen, den brauchst du eigentlich gar nicht mehr, weil das für den Leser an der Stelle schon klar ist. Ich würde außerdem auch sparsamer mit den drei Punkten am Ende eines Satzes umgehen. Die benutzt du ziemlich oft an Stellen, wo du auch einfach nur einen normalen Punkt setzen könntest.

Zitat:
Krister lächelte sie an, mit diesem einzigartigen Lächeln, bei dem er den linken Mundwinkel immer etwas höher zog, als den rechten...

Schön, dass ihr sowas auffällt - damit baust du schon gut auf, dass er ihr wichtig ist. Der Satz würde mit einem einfachen Punkt am Ende meiner Meinung nach noch besser wirken.

Zitat:
Seine Stimme war so gütig – und er hatte bemerkt, wie es um sie stand… Josefina drehte das Gesicht weg, damit er die Tränen in ihren Augen nicht sah. Vielleicht würde er sie auch für sentimental und schwach halten und ihr spöttische Vorwürfe machen, wenn sie weinte, so wie ihr Vater es auch immer tat.

Glaubst sie das wirklich, wenn seine Stimme gütig ist und sie ihn wahrscheinlich ja bisher nur als freundlichen Menschen kennengelernt hat? Und ist es ihr nicht in ihrem Zustand eher egal, was andere Leute denken? Vielleicht dreht sie sich eher aus dem Grund weg, weil sie die Nähe noch nicht zulassen kann, die er versucht aufzubauen?

Zitat:
„Ganz leise …“, flüsterte Krister verschwörerisch. „Dann merkt keiner, dass wir gerade ausbüchsen! Lass’ die dritte und die achte Stufe aus, die knarren schrecklich!“

Schöne Stelle, ich mag Kristers Art hier sehr. Kommasetzung bei wörtlicher Rede könntest du dir vielleicht noch mal anschauen (hab ich hier verbessert).
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SilkeE
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S
Beitrag27.12.2021 12:35

von SilkeE
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Hallo Chamomila,

hier mal ein paar Gedanken dazu:
Chamomila hat Folgendes geschrieben:


Zitat:
„Wo ist meine Tochter? Warum kommt sie nicht zum Essen?“
Dorthea knickste. Warum knickst sie? Ich stolpere da jedes Mal drüber, wenn ich diesen Text lese. Erschwerend kommt der Zeilenumbruch hinzu. Vielleicht besser, wenn es wenigstens in einer Zeile mit der wörtlichen Rede stünde.
„Frøken Josefina lässt sich entschuldigen, gnädiger Herr. Sie sagt, ihr ist nicht gut.“
Krister warf einen raschen Blick auf Dorthea und einen zweiten auf den leeren Platz von Josefina. Hmmm. Braucht es das? Ein Blick hier, ein Blick da ... das kommt ein wenig überzogen comic-haft daher. kann er nicht einfach überrascht von seinem leeren Teller aufschauen? Am liebsten wäre er sofort aufgestanden, um nach ihr zu sehen – aber damit musste er sich bis nach dem Essen gedulden. Vater würde ihm niemals durchgehen lassen, dass er vorher das Zimmer verließ… Ach ja, deine Punkt Punkt Punkt. Warum nicht einfach Punkt?
Die Mahlzeit zog sich quälend-langsam kein Bindestrich hin und Krister hatte mehr und mehr das Gefühl, auf glühenden Kohlen zu sitzen. Die betont munteren wieso betont? Sind sie alle auf glühenden Kohlen oder ist es ihnen völlig egal, ob Josefina da ist? Tischgespräche der anderen zerrten zusätzlich an seinen Nerven. Er bemerkte nicht streng genommen, kann er nicht wissen, was er nicht bemerkt. Er kann es spät bemerken, aber wenn er es gar nicht bemerkt, dann entzieht es sich seiner Wahrnehmung, ergo seiner Perspektive , dass Dorthea ihm die Platte mit dem Lachs hinhielt und erst als sie ihm eine leise Aufforderung zuflüsterte glaube nicht, dass sie ihn als Dienstmädchen auffordern würde, vielleicht würde sie seinen Namen sagen?, besann er sich, schichtete etwas davon auf seinen Teller und fing mechanisch an, zu essen. Normalerweise mochte er Lachs sehr gern – jetzt hatte er das Gefühl, auf einer faden, glitschigen Masse herumzukauen, die einfach nicht weniger werden wollte. Er würgte den Bissen irgendwie hinunter und schob sich pflichtbewusst den nächsten Happen in den Mund… Punkt Punkt Punkt smile Diese Punkte wirken auf mich immer so, als hättest du keinen Bock, mir noch mehr davon zu erzählen, so nach dem Motto, hey, Leser, du weißt schon, was ich damit sagen will, also denk dir den Rest
Endlich legte sein Vater das Besteck aus der Hand.
„Danke fürs Essen!“* Das finde ich toll, dass du hier dieses Lokalkolorit reinbringst. Allerdings frage ich mich dann, ob man nicht vor dem Essen auch gemeinsam einen Tischsegen spricht? Du hast doch mal erwähnt, wie wichtig den Leuten dort die Religion ist.
Krister murmelte eine Erwiderung, faltete hastig seine Serviette zusammen und verließ den Raum. stürzte? eilte? flog? stob?

Josefina saß am Fenster und starrte ins Leere. Sie hörte die Tür, aber sie drehte sich nicht um. In ihr war es eiskalt, so als würde sie von innen heraus erfrieren. Hart und kalt werden, wie eine Statue aus Eis. Das sind schöne Bilder, aber leider ein wenig doppeltgemoppelt. Das würde ich ein irgendwie zu einem stimmigen Bild zusammenziehen Sie hatte so gehofft, dass es auf Hesterhaugen besser sein würde, als in Kristiania – aber sie hatte sich eben getäuscht.
„Josefina?“
Eine sanfte, weiche Stimme riss sie aus ihren Gedanken. Sie drehte sich langsam um. Krister stand vor ihr, vor ihr oder an der Tür? seine Miene war zärtlich geht das? Eine zärtliche Miene haben? und – ja, ehrlich besorgt... In ihrer Kehle brannten Tränen, die sie herunterschluckte und die sie noch weiter gefrieren ließen. Hier spielst du wieder mit dem heiß-kalt-Gedanken. Ist eine schöne Idee, aber dieser Widerspruch reißt mich raus, so, wie du ihn formulierst. Außerdem weiß ich nicht, ob man Tränen runterschlucken kann. Bei mir kommen die aus den Augen. smile
„Ja?“ hier fehlt mir angesichts des folgenden Satzes eine Inquitformel, die die Art und Weise des Sprechens verdeutlicht. blaffte, zischte, fauchte, stöhnte
Sie hatte so gehofft, dass ihre Stimme besser klingen würde – freundlicher – aber es ging nicht. Nicht, wenn es in ihr so kalt war, wie jetzt… schön, dass du das mit der Kälte wieder aufnimmst. Ich bin mir sicher, du sprichst nicht nur von körperlicher Kälte Krister lächelte sie an, mit diesem einzigartigen Lächeln, bei dem er den linken Mundwinkel immer etwas höher zog, als den rechten... Das finde ich sehr schön erdacht. Er lächelt einzigartig. Vielleicht würde ich nur nicht sagen, dass es einzigartig ist. Ich würde es immer wieder im Text auftauchen lassen, dass DAS sein Lächeln ist. Der Leser kann die Schlüsse ziehen, dass DAS dann auch Krister ist.
„Ich wollte nur wissen, ob es dir gut geht – meine kleine Eiskönigin …“
Seine Stimme war so gütig – und er hatte bemerkt, wie es um sie stand… Josefina drehte das Gesicht weg, damit er die Tränen in ihren Augen nicht sah. Vielleicht würde er sie auch für sentimental und schwach halten und ihr spöttische Vorwürfe spöttische Vorwürfe? Passt nicht zusammen. Er würde sie verspotten oder er würde ihr Vorwürfe machen - warum auch immer machen, wenn sie weinte, so wie ihr Vater es auch immer tat.
„Mir ist so kalt …“ KOMMA flüsterte sie heiser, PUNKT „… KEINE PÜNKTCHEN UND GROSS WEITER ich hatte so gehofft, hier ist es wärmer …“
„Das müssen wir dringend in Ordnung bringen!“ Kristers Stimme klang so liebevoll – und so warm… Ja, das wissen wir bereits. Gibt es noch etwas anderes, dass du für ihn finden kannst? Ansonsten kannst du es auch weglassen. Es wirkt so aufgedrängt. Die Schranktür knarrte Super, dass du nicht vergessen hast, dass sie ihn nicht sehen kann, weil sie den Blick abgewendet hat und einige Momente später legte er ihr zärtlich Das Wort kannst du streichen, weil zärtlich hast du schon oben verwendet und mir ist mittlerweile klar, wie er zu ihr steht, was sich ja auch in der gesamten Geste ausdrückt ein leichtes Wolltuch um die Schultern. „Und ich weiß auch schon wie: komm mit!“
Er nahm ihre Hand und zog sie auf die Füße. Josefina blickte zu Boden. Äh, wieso?
„Wohin?“ fragte sie leise.
„Raus, in die Sonne! … Komm schon!“
Josefina zwang sich zu einem winzigen Lächeln und ließ sich von Krister aus dem Zimmer ziehen.
„Ganz leise …“ flüsterte Krister verschwörerisch, INPUNKTION BEI WÖRTLICHER REDE „Dann merkt keiner, dass wir gerade ausbüchsen! Diesen Satz hätte ich gestrichen. Wer nicht erwischt werden will, macht keine großen Worte. Ist doch klar, dass sie sich davonschleichen. Lass’ die dritte und die achte Stufe aus, die knarren schrecklich!“ Das mag ich sehr!
Josefina gehorchte Klingt mir zu unterwürfig, sie ist doch kein Hund. Du kannst das gehorchen auch zeigen, indem sie einfach seinen Anweisungen folgt und schlich sich beinahe lautlos hinter ihm her aus dem Haus. Ihre Neugier wuchs. Wenn sie so heimlich verschwanden, konnte das nur bedeuten, dass Krister irgendein Geheimnis hatte. Ach wirklich? Vielleicht fehlt mir hier der Kontext, aber für mich ist es einfach ein aus dem Haus stehlen, kein größerer Plan Ein Geheimnis, von dem weder seine noch ihre Eltern etwas wissen durften. Die Vorstellung, ihnen eins auszuwischen war wirklich verlockend! Wieso? Wahrscheinlich fehlt mir auch hier der KontextJosefinas Augen funkelten. Perspektive. Das kann sie nicht wissen. Oder denkst du von dir auch, dass deine Augen funkeln? Und das Lächeln, das sich jetzt auf ihr Gesicht stahl, war das einer Katze, die gerade das Goldfischglas geplündert hatte. Hm, also das einer Mörderin? Ich überziehe das jetzt mal. Ich würde ein sympathischeres Bild wählen.

*die in Norwegen gängige Formel, um eine Mahlzeit zu beenden.

Bin gespannt auf eure Kritiken und Verbesserungsvorschläge!

LG, Cammy
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Chamomila
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Beitrag28.12.2021 13:59

von Chamomila
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Hej, Nachtvogel, hej, Silke!

Danke für eure Kritiken! Die bringen mich weiter - hab jetzt noch mal einiges überarbeitet...

@Silke:
Zitat:
Dorthea knickste. Warum knickst sie? Ich stolpere da jedes Mal drüber, wenn ich diesen Text lese.

Dorthea ist das Hausmädchen - wenn sie mit den erwachsenen Herrschaften spricht, ist ihr Knicks eine unausgesprochene Höflichkeitsformel (vergleiche die Nesthäkchen-Filme mit besonderem Blick auf "Frieda", das schweigsame Hausmädchen aus den ersten vier Teilen.). Hier verdeutlicht sie damit, dass sie den Schwager des Hausherrn als vorgesetzte Autorität anerkennt.

Zitat:
Die betont munteren wieso betont? Sind sie alle auf glühenden Kohlen oder ist es ihnen völlig egal, ob Josefina da ist? Tischgespräche der anderen zerrten zusätzlich an seinen Nerven.

Eigene Erfahrungen:
Etwas stört die gute Stimmung, obwohl das gerade nicht so sein sollte? Tränen oder Besorgtheit bei einem gemütlichen, gemeinsamen Beisammensein? Oh, dann lasst uns jetzt nur alle ganz besonders heiter und munter und gesellig werden, damit wenigstens obenauf alles so aussieht, wie es sich gehört!

Zitat:
erst als sie ihm eine leise Aufforderung zuflüsterte glaube nicht, dass sie ihn als Dienstmädchen auffordern würde, vielleicht würde sie seinen Namen sagen?,

Die Aufforderung von Dorthea habe ich aus einem Roman aus der Zeit um 1880 gemopst: die junge Gesellschafterin in diesem Buch hat einen geheimen Kummer und leidet deshalb unter anderem an Appetitlosigkeit. Der Butler der Familie, der väterliche Gefühle für sie hegt, spricht ihr beim Bedienen bei Tisch heimlich gut zu und empfiehlt ihr leise verschiedene Speisen.
Dorthea ist vielleicht ein wenig dezenter, aber ein leises: "Nehmen Sie sich doch, Herr Krister!" traue ich ihr schon zu. Nur den Namen nennen, ginge vielleicht auch, aber beim Ausprobieren liest sich das für mich ein bisschen zu intim.

Zitat:
Punkt Punkt Punkt smile Diese Punkte wirken auf mich immer so, als hättest du keinen Bock, mir noch mehr davon zu erzählen, so nach dem Motto, hey, Leser, du weißt schon, was ich damit sagen will, also denk dir den Rest

In diesem Fall sollen die drei Punkte verdeutlichen, dass sich das Essen noch eine Weile weiter hinzieht.

Zitat:
„Danke fürs Essen!“* Das finde ich toll, dass du hier dieses Lokalkolorit reinbringst. Allerdings frage ich mich dann, ob man nicht vor dem Essen auch gemeinsam einen Tischsegen spricht? Du hast doch mal erwähnt, wie wichtig den Leuten dort die Religion ist.

Ich habe meine 98jährige Großmutter gefragt, die früher oft in Norwegen - und dort auch hin und wieder eingeladen - war und sie meinte, das wäre dort nicht üblich: jeder beginnt, sobald er etwas auf dem Teller hat.
Allerdings muss ich mal schauen, ob ich irgendwo noch einen Norweger für eine Zweitmeinung aufgabeln kann.

Zitat:
Krister murmelte eine Erwiderung, faltete hastig seine Serviette zusammen und verließ den Raum. stürzte? eilte? flog? stob?

So wie ich Krister einschätze, beherrscht er sich wenigstens so lange, wie er in Sichtweite der restlichen Familie ist.
Also vielleicht eher "...und verließ mühsam beherrscht den Raum"? oder etwas in der Art?

Zitat:
Josefina saß am Fenster und starrte ins Leere. Sie hörte die Tür, aber sie drehte sich nicht um. In ihr war es eiskalt, so als würde sie von innen heraus erfrieren. Hart und kalt werden, wie eine Statue aus Eis. Das sind schöne Bilder, aber leider ein wenig doppeltgemoppelt. Das würde ich ein irgendwie zu einem stimmigen Bild zusammenziehen

Ich seh' mal zu, ob ich da was passenderes ausklamüsern kann.

Zitat:
Eine sanfte, weiche Stimme riss sie aus ihren Gedanken. Sie drehte sich langsam um. Krister stand vor ihr, vor ihr oder an der Tür? seine Miene war zärtlich geht das? Eine zärtliche Miene haben?

Krister hat inzwischen den Raum durchquert, er steht also vor ihr.
Und ja - wenn ich mir die Fotos von dem jungen Herrn ansehe, der mir für "Krister" Modell gesessen hat... - Ja, eine zärtliche Miene (= Gesichtsausdruck) liegt da durchaus im Bereich des Möglichen.

Zitat:
In ihrer Kehle brannten Tränen, die sie herunterschluckte und die sie noch weiter gefrieren ließen. Hier spielst du wieder mit dem heiß-kalt-Gedanken. Ist eine schöne Idee, aber dieser Widerspruch reißt mich raus, so, wie du ihn formulierst. Außerdem weiß ich nicht, ob man Tränen runterschlucken kann. Bei mir kommen die aus den Augen.

Du kennst echt nicht dieses Gefühl, wenn die Augen noch trocken sind, aber das Weinen schon direkt im Hals sitzt? Beneidenswert!

Zitat:
„Ja?“ hier fehlt mir angesichts des folgenden Satzes eine Inquitformel, die die Art und Weise des Sprechens verdeutlicht. blaffte, zischte, fauchte, stöhnte

"Ihre Stimme klang rau." wäre wohl die passendste Beschreibung: Josefina ist zu "eingefroren", um noch zu blaffen oder zu fauchen.

Zitat:
Ach wirklich? Vielleicht fehlt mir hier der Kontext, aber für mich ist es einfach ein aus dem Haus stehlen, kein größerer Plan

Eigentlich soll Krister das Grundstück von Hesterhaugen gar nicht verlassen, so lange die Verwandten zu Besuch sind. Und noch weniger soll er sich in der Zeit mit seinen "primitiven Handwerkerfreunden" treffen und die Familie mit solchen unpassenden Bekanntschaften blamieren.
Aber genau das hat er jetzt vor: er will Josefina mit seinen besten Freunden bekannt machen, Gunnar und Tore, die zwar einfach, aber dafür warmherzig und freundlich sind.

Zitat:
Und das Lächeln, das sich jetzt auf ihr Gesicht stahl, war das einer Katze, die gerade das Goldfischglas geplündert hatte. Hm, also das einer Mörderin? Ich überziehe das jetzt mal.

Naja, eher das einer Katze, die sich einen absolut verbotenen, aber sehr leckeren kleinen Snack gönnt.
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SilkeE
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S
Beitrag28.12.2021 14:52

von SilkeE
Antworten mit Zitat

Chamomila hat Folgendes geschrieben:

Dorthea ist das Hausmädchen - wenn sie mit den erwachsenen Herrschaften spricht, ist ihr Knicks eine unausgesprochene Höflichkeitsformel (vergleiche die Nesthäkchen-Filme mit besonderem Blick auf "Frieda", das schweigsame Hausmädchen aus den ersten vier Teilen.). Hier verdeutlicht sie damit, dass sie den Schwager des Hausherrn als vorgesetzte Autorität anerkennt.


Schon verstanden. Mich haut es nur raus, weil ich das Knicksen für andere Gelegenheiten kenne - zur Begrüßung, beim Abgang, vielleicht noch, wenn man eine Anweisung entgegen nimmt. Aber hier stellt der Hausherr eine Frage, da kommt mir das Knicksen komisch vor. Die Arme knickst doch hoffentlich nicht jedesmal, wenn man ihr eine Frage stellt, oder? Aber das ist nur mein Eindruck.

Zitat:

Eigene Erfahrungen:
Etwas stört die gute Stimmung, obwohl das gerade nicht so sein sollte? Tränen oder Besorgtheit bei einem gemütlichen, gemeinsamen Beisammensein? Oh, dann lasst uns jetzt nur alle ganz besonders heiter und munter und gesellig werden, damit wenigstens obenauf alles so aussieht, wie es sich gehört!


Ah, verstehe! Das ist an mir vorbeigegangen. Aber mir fehlt auch der Kontext. Ich dachte nicht, dass das Fernbleiben der jungen Dame ein allgemeines Unwohlsein bei Tisch auslöst, das man krampfhaft versucht zu verschleiern. Ok.

Zitat:

Die Aufforderung von Dorthea habe ich aus einem Roman aus der Zeit um 1880 gemopst: die junge Gesellschafterin in diesem Buch hat einen geheimen Kummer und leidet deshalb unter anderem an Appetitlosigkeit. Der Butler der Familie, der väterliche Gefühle für sie hegt, spricht ihr beim Bedienen bei Tisch heimlich gut zu und empfiehlt ihr leise verschiedene Speisen.
Dorthea ist vielleicht ein wenig dezenter, aber ein leises: "Nehmen Sie sich doch, Herr Krister!" traue ich ihr schon zu. Nur den Namen nennen, ginge vielleicht auch, aber beim Ausprobieren liest sich das für mich ein bisschen zu intim.


Gesellschafterin bedeutet doch auch Angestellte, oder? Und Krister ist aber ein Familienmitglied? Wenn ein Angestellter eine Angestellte anspricht, ist das meinem Verständnis nach was anderes und viel eher auf einer sozialen Ebene (auch wenn es dort massive Abstufungen gab). Ein Dienstmädchen sollte gar nicht das Wort erheben, außer sie muss dringend die Aufmerksamkeit des zu Bedienenden erlangen. Sie sollte möglichst unsichtbar sein, denke ich. Aber vielleicht irre ich mich.

Zitat:

In diesem Fall sollen die drei Punkte verdeutlichen, dass sich das Essen noch eine Weile weiter hinzieht.


Verstehe. Das würde sich aber sowieso aus dem Kontext ergeben. Als Leser weiß man ja, dass sich so ein Essen ziehen kann. Schau, ich will dich damit auch gar nicht nerven. Aber mir ist noch kein Buch untergekommen, wo es so gehandhabt wird.

Zitat:

Ich habe meine 98jährige Großmutter gefragt, die früher oft in Norwegen - und dort auch hin und wieder eingeladen - war und sie meinte, das wäre dort nicht üblich: jeder beginnt, sobald er etwas auf dem Teller hat.
Allerdings muss ich mal schauen, ob ich irgendwo noch einen Norweger für eine Zweitmeinung aufgabeln kann.


Religion ist ja auch eine ziemlich private Sache, und jede Familie mag es anders halten oder gehalten haben. Ist mir nur so aufgefallen. Du bist die Autorin, du setzt den Ton.

Zitat:

So wie ich Krister einschätze, beherrscht er sich wenigstens so lange, wie er in Sichtweite der restlichen Familie ist.
Also vielleicht eher "...und verließ mühsam beherrscht den Raum"? oder etwas in der Art?


Ich würde vielleicht schreiben: "Krister murmelte eine Erwiderung, ließ die gefaltete Servierte auf den Teller fallen und verließ den Raum. Kaum durch die Tür, stürzte er die Treppe hinauf." Oder sowas in der Art.

Zitat:

Krister hat inzwischen den Raum durchquert, er steht also vor ihr.
Und ja - wenn ich mir die Fotos von dem jungen Herrn ansehe, der mir für "Krister" Modell gesessen hat... - Ja, eine zärtliche Miene (= Gesichtsausdruck) liegt da durchaus im Bereich des Möglichen.


Ich weiß genau, was du meinst. Ich glaube nur nicht, dass das Adjektiv zusammen mit diesem Substantiv funktioniert. Er kann einen zärtlichen Ausdruck haben, einen sanften Glanz in den Augen, seine Züge werden weiche oder so. Aber hey, das ist vielleicht tatsächlich Geschmacksache.

Zitat:

Du kennst echt nicht dieses Gefühl, wenn die Augen noch trocken sind, aber das Weinen schon direkt im Hals sitzt? Beneidenswert!


Ich kenne es als Kloß im Hals, ein zäher Brocken, der nicht runterzuschlucken ist, während sich hinter den Lidern heiße Tränen bilden.


Zitat:

Eigentlich soll Krister das Grundstück von Hesterhaugen gar nicht verlassen, so lange die Verwandten zu Besuch sind. Und noch weniger soll er sich in der Zeit mit seinen "primitiven Handwerkerfreunden" treffen und die Familie mit solchen unpassenden Bekanntschaften blamieren.
Aber genau das hat er jetzt vor: er will Josefina mit seinen besten Freunden bekannt machen, Gunnar und Tore, die zwar einfach, aber dafür warmherzig und freundlich sind.


Ok, und das weiß Josefina auch in diesem Moment? Denn eigentlich schlägt er ja nur vor, das Haus zu verlassen. Sie weiß um dieses Verbot und die Konsequenzen? Dann ist alles gut. Ich sag ja, Kontext fehlt für mein Verständnis.

Zitat:

Naja, eher das einer Katze, die sich einen absolut verbotenen, aber sehr leckeren kleinen Snack gönnt.


Schön für die Katze, traurig für den Fisch. Das Bild ist ok, aber ich glaube, es gibt passendere, wo niemand den Nachteil hat wie der Fisch. Man kann sich auch so diebisch freuen, ohne dass jemand dabei zu schaden kommt. Verstehst du, was ich damit meine?

Lieben Gruß!
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Chamomila
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Beitrag30.12.2021 00:13

von Chamomila
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So - hab's noch mal überarbeitet und weitergeschrieben...

Zitat:
„Wo ist meine Tochter? Warum kommt sie nicht zum Essen?“
Dorthea knickste. „Frøken Josefina lässt sich entschuldigen, gnädiger Herr. Sie sagt, ihr ist nicht gut.“
"Frøken Trotz schmollt also mal wieder!" warf Tante Hildur spitz ein.
Onkel Viktor brummte etwas Ungehaltenes, gab sich aber dann doch zufrieden. Krister hob den Kopf und warf einen raschen Blick auf den leeren Platz von Josefina. Am liebsten wäre er sofort aufgestanden, um nach ihr zu sehen – aber damit musste er sich bis nach dem Essen gedulden. Vater würde ihm niemals durchgehen lassen, dass er vorher das Zimmer verließ.
Die Mahlzeit zog sich quälend langsam hin und Krister hatte mehr und mehr das Gefühl, auf glühenden Kohlen zu sitzen. Die betont munteren Tischgespräche der anderen zerrten zusätzlich an seinen Nerven. Er bemerkte kaum, dass Dorthea ihm die Platte mit dem Lachs hinhielt und erst als sie ihm leise etwas zuflüsterte, besann er sich, schichtete ein paar Scheiben auf seinen Teller und fing mechanisch an, zu essen. Normalerweise mochte er Lachs sehr gern – jetzt hatte er das Gefühl, auf einer faden, glitschigen Masse herumzukauen, die einfach nicht weniger werden wollte. Er würgte den Bissen irgendwie hinunter und schob sich pflichtbewusst den nächsten Happen in den Mund.
Endlich legte sein Vater das Besteck aus der Hand.
„Danke fürs Essen!“
Krister murmelte eine Erwiderung, faltete hastig seine Serviette zusammen und verließ mit langen Schritten den Raum.

Josefina saß am Fenster und starrte ins Leere. Sie hörte die Tür, aber sie drehte sich nicht um. In ihr war es eisig, so als würde sie von innen heraus erfrieren. Bald würde sie hart und kalt werden, wie eine Statue aus Eis. Sie hatte so gehofft, dass es auf Hesterhaugen besser sein würde, als in Kristiania – aber sie hatte sich eben getäuscht.
„Josefina?“
Eine sanfte, weiche Stimme riss sie aus ihren Gedanken. Sie drehte sich langsam um. Krister stand vor ihr, sein Ausdruck war zärtlich und – ja, ehrlich besorgt... In ihrer Kehle brannten Tränen, die sie herunterschluckte und die sie noch weiter gefrieren ließen. Ihre Stimme war rau.
„Ja?“
Sie hatte so gehofft, dass ihre Stimme besser klingen würde – freundlicher – aber es ging nicht. Nicht, wenn es in ihr so kalt war, wie jetzt. Krister lächelte sie an - mit diesem für ihn typischen Lächeln, bei dem er den einen Mundwinkel immer etwas höher zog, als den anderen.
„Ich wollte nur wissen, ob es dir gut geht – meine kleine Eiskönigin…“
Seine Stimme war so gütig – und er hatte bemerkt, wie es um sie stand… Josefina drehte das Gesicht weg, damit er die Tränen in ihren Augen nicht sah.
„Mir ist so kalt …“, flüsterte sie heiser. „Ich hatte so gehofft, hier ist es wärmer …“
„Das müssen wir dringend in Ordnung bringen!“ Die Schranktür knarrte und einige Momente später legte er ihr vorsichtig ein leichtes Wolltuch um die Schultern. „Und ich weiß auch schon wie: komm mit!“
Er nahm ihre Hand und zog sie auf die Füße. Josefina sah ihn nicht an.
„Wohin?“ fragte sie leise. Ihre Stimme klang zerbrochen.
„Raus, in die Sonne! … Komm schon!“
Josefina zwang sich zu einem winzigen Lächeln und ließ sich von Krister aus dem Zimmer ziehen.
„Ganz leise …“, flüsterte Krister verschwörerisch. „Dann merkt keiner, dass wir gerade ausbüchsen! Lass’ die dritte und die achte Stufe aus, die knarren schrecklich!“
Josefina nickte und schlich sich beinahe lautlos hinter ihm her aus dem Haus. Ihre Neugier wuchs. Wenn sie so heimlich verschwanden, konnte das nur bedeuten, dass Krister irgendetwas Geheimes vorhatte. Etwas, von dem weder seine noch ihre Eltern etwas wissen durften. Die Vorstellung, dieser ganzen eisigen Gesellschaft eins auszuwischen, war wirklich verlockend! Josefinas Augen funkelten. Und das Lächeln, das sich jetzt auf ihr Gesicht schlich, war das einer Katze, die gerade das Sahnekännchen geleert hat.
*

(*Hmmmh - ich bin mir noch nicht ganz sicher, ob es das besser trifft...)

Ein längerer Waldspaziergang (der noch ausgearbeitet werden muss) später:

Zitat:
Hinter den Bäumen hörten sie übermütiges Kinderlachen. Krister machte ein geheimnisvolles Gesicht.
„Pass’ mal auf…“
Er legte ihr von hinten die Hände vor die Augen und führte sie vorsichtig weiter. Irgendwann spürte Josefina, dass sie den Wald verlassen hatten: es wurde wärmer – die Sonne schien auf sie herab und…
„Jetzt kannst du gucken!“
Krister ließ die Hände sinken und Josefina blinzelte ins Helle. Vor ihr lag eine große, grasbewachsene Lichtung mit einem kleinen Holzhäuschen auf der einen und einem Seeufer auf der anderen Seite. Zwischen zwei Bäumen war eine Leine gespannt, auf der mehrere Wäschestücke flatterten und ein Stück weiter stand ein solider kleiner Holzschuppen. Und mitten auf dieser Lichtung stakste ein hochgewachsener, schmaler junger Mann durch das Gras, die Augen mit einem Taschentuch verbunden und beide Arme suchend nach vorn gestreckt. Drei Kinder hüpften kichernd um ihn herum und zupften ihn immer wieder an Hemd und Weste. Josefina sah Krister an und er lächelte jungenhaft zurück:
„Komm, wir spielen mit!“
Er nahm ihre Hand und zog sie mit sich auf die Wiese. Josefina versuchte, ihn zurückzuhalten.
„Wir werden nur stören …“, flüsterte sie.
Krister schüttelte den Kopf. Seine Stimme klang plötzlich verändert – leichter und unbeschwerter als in Hesterhaugen.
„Hier stören wir nicht. Komm!“
Er lief auf die kleine Gruppe zu. Als eins der Kinder – ein kleines Mädchen mit goldblonden Haaren – ihn entzückt ansah und den Mund öffnete, legte Krister schnell den Finger auf den Mund. Das Mädchen nickte. Krister schlich sich von hinten an und tippte dem jungen Mann spielerisch auf die Schulter. Josefina folgte zögernd.
Der junge Mann fuhr herum und erwischte Krister am Hemd. Seine großen, schlanken Hände tasteten vorsichtig das Gesicht ab.
„Krister!“
Er riss sich freudestrahlend das Taschentuch von den Augen. Krister drehte sich zu Josefina um.
„Darf ich dir meinen besten Freund vorstellen? Das ist Gunnar – Gunnar, das ist Josefina.“
Gunnar kam näher und streckte die Hand aus.
„Wie schön, Sie kennen zu lernen! Krister hat mir schon so viel von Ihnen erzählt. Herzlich Willkommen in Solbakken!“
Gunnars Gesicht war wie Sommersonne, dachte Josefina, hell, warm und strahlend. Man konnte gar nicht anders, als ihn gern haben. Sein Blick war offen und freundlich, er lachte sie an – und sein Lachen war ansteckend. Langsam - sehr langsam - breitete sich ein Lächeln über ihr Gesicht. Sie musste sich nicht mal dazu zwingen, das war das Seltsamste daran. Es fühlte sich plötzlich an, als würde das Eis in ihr anfangen, zu tauen. Ja, Krister hatte recht: hier war es wärmer als auf Hesterhaugen.
Josefina ergriff die ausgestreckte Hand.
„Ebenfalls sehr erfreut, Herr … ähhm …“ sie sah Gunnar fragend an. Sein Lächeln wurde jetzt fast schüchtern:
„Gunnar – einfach Gunnar, wenn Sie erlauben. Kristers Freunde sind auch meine Freunde!“
Sie nickte – und drückte entschlossen seine Hand.
„Aber dann müssen Sie mich Josefina nennen – nur Josefina! Denn das gleiche gilt für mich.“
Kristers Freund erwiderte ihren Händedruck mit festem Griff. Das kleine, goldblonde Mädchen zupfte ihn jetzt am Hemdärmel und sah ihn ernst an, während die anderen beiden Kinder sich im Hintergrund hielten.
„Gunnar, die Brötchen!“
Gunnar lachte auf, seine Verlegenheit verschwand.
„Guter Moses, ja – die hätte ich fast vergessen! Tausend dank, Schwesterlein!“ Er drehte sich zu Krister und Josefina um, „Mögt ihr mit reinkommen?“
Sie folgten ihm in die Hütte, während die Kinder draußen das Spiel fortsetzten. Gunnar stellte Gläser und eine Flasche mit Saft auf den Tisch.
„Bitte! – Nehmt euch einfach, wenn ihr mögt!“
Krister zog Josefina neben sich auf die Küchenbank und füllte die Gläser mit Saft. Josefina sah sich verstohlen, aber neugierig um. Was sie sah, überraschte sie: Diese Ordnung und Behaglichkeit, die überall mit wenigsten Mitteln geschaffen war. - Die weißgescheuerten Dielen und hellen Vorhänge, die gewebten Wandbehänge, das saubere, glatte Tischtuch und die gemusterte Flickendecke auf dem Bett, die frischen Blumen überall und der bescheidene, aber geschmackvolle Wandschmuck… – Ihre Familie hatte stets abfällig von armen Leuten gesprochen, von Bettler- und Verbrecherpack, das in Dreck und Elend hauste. Sie hatte sich bisher nie wirklich vorstellen können, dass es auch eine andere, saubere und sogar wohnliche Art von Armut geben konnte.
„Wie schön ihr es hier habt“, murmelte sie, mehr zu sich, bevor sie den ersten Schluck trank. Erst jetzt bemerkte sie, wie durstig sie inzwischen geworden war.
Gunnar lächelte stolz. Er hatte inzwischen ein größeres Stück Teig unter einem Handtuch hervorgeholt und bearbeitete es kräftig und geübt mit seinen Handballen.
„Für unseren Nachbarn“, erklärte er dazu, „Seine Frau ist verreist und er selbst steckt bis über beide Ohren in der Arbeit…“
Er teilte den Teig, formte geschickt runde, gleichmäßige Brötchen, legte sie auf ein Backblech und deckte sie mit dem Handtuch zu.
Josefina hatte noch nie einen Mann in einer Küche hantieren sehen. Aber Gunnar tat es mit so einer ruhigen, alltäglichen Selbstverständlichkeit, dass es sie nicht einmal überraschte. Es gehörte einfach hierher, so wie die Wärme und die Freundlichkeit, die hier wirklich von Herzen kamen.



Okay - bin wieder gespannt auf euer Feedback, eure Kritiken und eure Tips!

LG, Cammy
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SilkeE
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Beitrag30.12.2021 12:06

von SilkeE
Antworten mit Zitat

Hallo!

Dein überarbeiteter Text gefällt mir jetzt viel besser. Vielleicht musst du dich von dem Katzengedanken am Ende lösen und einen anderen Vergleich finden. Generell ist die Sache mit dem Sahnekännchen passend und süß, aber es klingt ein wenig gezwungen und holprig. Aber dir fällt bestimmt noch was ein!

Nun zum Vorliegenden: Inhaltlich ok, denke ich. Es ist eine ruhige Szene, die bereitest auf etwas vor, deshalb kann man da nicht viel zu sagen, außer, dass es sich an gewissen Stellen kürzen lässt, um es zu straffen. Ich habe mal gewagt, den Rotstrich anzusetzen.

Generell: Ich kenne ja den Gesamttext nicht, und es ist wahrscheinlich auch zu früh dafür, aber versuche zu vermeiden, dass die Geschichte nur so dahin plätschert. Die Szenen brauchen Höhepunkte und steile Abfälle, damit man nicht das Interesse verliert, weiterzulesen. Beim Vorliegenden kann ich das jetzt nicht beurteilen, ich will es dir nur generell ans Herz legen.

Ich habe dir zudem rot markiert, wo jemand lacht oder lächelt. Du trägst da zu dick auf und könntest das ein oder andere streichen oder durch einen anderen Ausdruck der Freundlichkeit/Glückseligkeit ersetzen. Ansonsten hat man beim Lesen das Gefühl, man befindet sich in einem Werbefilm des norwegischen Tourismusamts.

Zitat:

Hinter den Bäumen hörten sie übermütiges Kinderlachen. Krister machte ein geheimnisvolles Gesicht.
„Pass’ mal auf…“
Er legte ihr von hinten die Hände vor die Augen und führte sie vorsichtig weiter. Irgendwann spürte Josefina, dass sie den Wald verlassen hatten (du erwähnst bereits "hinter den Bäumen"): es wurde wärmer – die Sonne schien auf sie herab und…
„Jetzt kannst du gucken!“
Krister ließ die Hände sinken und Josefina blinzelte ins Helle. Vor ihr lag eine große, grasbewachsene Lichtung mit einem kleinen Holzhäuschen auf der einen und einem Seeufer auf der anderen Seite. Zwischen zwei Bäumen war eine Leine gespannt, an der mehrere Wäschestücke flatterten KOMMA und ein Stück weiter stand ein solider kleiner Holzschuppen. (Diese Beschreibung der Lichtung ist in Ordnung, aber ein wenig fad, wenn ich ehrlich sein darf. Wenn du romantisch schreiben willst, darfst du ruhig ein wenig in die Trickkiste greifen und an dieser Stelle ausschmücken, denn wie ich hinterher sehe,  soll dies offenbar eine Art Sehnsuchtsort für Josefina sein?) Und mitten auf dieser Lichtung stakste (das ist ein tolles Verb, das sehr bildhaft ist, deshalb denke ich, dass du die Adjektive bei der Beschreibung des Mannes nicht unbedingt brauchst) ein hochgewachsener, schmaler junger Mann durch das Gras, die Augen mit einem Taschentuch verbunden und beide Arme suchend nach vorn gestreckt. Drei Kinder hüpften kichernd um ihn herum und zupften ihn immer wieder an Hemd und Weste. Josefina sah Krister an und er lächelte jungenhaft (?) vielleicht verschmitzt oder schelmisch? zurück:
„Komm, wir spielen mit!“, schlug er vor.
Er nahm ihre Hand und zog sie mit sich auf die Wiese. Josefina versuchte, ihn zurückzuhalten. Übermutig zog er sie hinter sich her zur Wiese, doch Josefina stemmte die Füße in den Boden.
„Wir werden nur stören …“, protestierte sie leise.
Krister schüttelte den Kopf. „Hier stören wir nicht. Komm!“ Seine Stimme klang plötzlich verändert – leichter und unbeschwerter als in Hesterhaugen.
Er lief auf die kleine Gruppe zu. Als eins der Kinder – ein kleines Mädchen mit goldblonden Haaren – ihn erkannte und den Mund für eine Begrüßung öffnete, legte Krister schnell den Finger an den Mund. Das Mädchen nickte verständnisvoll. Krister schlich sich von hinten an und tippte dem jungen Mann spielerisch auf die Schulter. Josefina folgte zögernd.
Der junge Mann fuhr herum und erwischte Krister am Hemd. Seine großen, schlanken Hände tasteten vorsichtig das Gesicht ab.
„Krister!“
Er riss sich freudestrahlend das Taschentuch von den Augen. Krister schob Josefina nach vorn.
„Darf ich dir meinen besten Freund vorstellen? Das ist Gunnar – Gunnar, das ist Josefina.“
Gunnar kam näher und streckte die Hand aus.
„Wie schön, Sie kennen zu lernen! Krister hat mir schon so viel von Ihnen erzählt. Herzlich Willkommen in Solbakken!“
Gunnars Gesicht war wie Sommersonne, dachte Josefina, hell, warm und strahlend. (Tolles Bild!) Man konnte gar nicht anders, als ihn gern haben. Sein Blick war offen und freundlich, er lachte sie an – und sein Lachen war ansteckend. Langsam - sehr langsam - breitete sich ein Lächeln über ihr Gesicht. Sie musste sich nicht mal dazu zwingen, das war das Seltsame daran. Es fühlte sich plötzlich an, als würde das Eis in ihr anfangen, zu tauen. Ja, Krister hatte recht: Hier war es wärmer als auf Hesterhaugen.
Sie ergriff die ausgestreckte Hand.
„Ebenfalls sehr erfreut, Herr … ähhm …“ Sie sah Gunnar fragend an. Sein Lächeln wurde jetzt fast schüchtern:
„Gunnar – einfach Gunnar, wenn Sie erlauben. Kristers Freunde sind auch meine Freunde!“
Sie nickte – und drückte entschlossen seine Hand.
„Aber dann müssen Sie mich Josefina nennen – nur Josefina! Denn das gleiche gilt für mich.“
Kristers Freund erwiderte ihren Händedruck mit festem Griff. Das kleine, goldblonde Mädchen zupfte ihn jetzt am Hemdärmel und sah ihn ernst an, während die anderen beiden Kinder sich im Hintergrund hielten.
„Gunnar, die Brötchen!“
Gunnar lachte auf, seine Verlegenheit verschwand.
„Guter Moses, ja – die hätte ich fast vergessen! Tausend Dank, Schwesterlein!“ Er drehte sich zu Krister und Josefina um: (oder: Er machte eine einladende Geste) „Mögt ihr mit reinkommen?“
Sie folgten ihm in die Hütte, während die Kinder draußen das Spiel fortsetzten. Gunnar stellte Gläser und eine Flasche mit Saft auf den Tisch.
„Bitte! – Nehmt euch einfach, wenn ihr mögt!“
Krister zog Josefina neben sich auf die Küchenbank und goss ihnen beiden ein. Josefina sah sich verstohlen, aber neugierig um. Was sie sah, überraschte sie: Die Ordnung und Behaglichkeit, die überall mit wenigsten Mitteln geschaffen war, überraschte sie. - Die weißgescheuerten Dielen und hellen Vorhänge, die gewebten Wandbehänge, das saubere, glatte Tischtuch und die gemusterte Flickendecke auf dem Bett, die frischen Blumen überall und der bescheidene, aber geschmackvolle Wandschmuck (das ist mir zu unspezifisch, was gibt es denn für Wandschmuck in nordischen Hütten?)… – Ihre Familie hatte stets abfällig von armen Leuten gesprochen, von Bettler- und Verbrecherpack, das in Dreck und Elend hauste. Sie hatte sich bisher nie wirklich vorstellen können, dass es auch eine andere, saubere und sogar wohnliche Art von Armut geben konnte. (Hm - ist irgendwie eine grenzwertige Zuordnung im Sinne von "Arm aber Sexy", die mir irgendwie unangenehm aufstößt. Du könntest das auch weglassen - sie ist überrascht über das Aussehen der Hütte. Es entspricht offenbar nicht ihren Vorstellungen von der Welt. Du musst da nicht weiter drauf rumkloppen)
„Wie schön ihr es hier habt“, murmelte sie, mehr zu sich, bevor sie den ersten Schluck trank. Erst jetzt bemerkte sie, wie durstig sie inzwischen geworden war.
Gunnar lächelte stolz. Er hatte inzwischen ein größeres Stück Teig unter einem Handtuch hervorgeholt und bearbeitete es kräftig und geübt mit seinen Handballen.
„Für unseren Nachbarn“, erklärte er dazu, „Seine Frau ist verreist und er selbst steckt bis über beide Ohren in der Arbeit…“
Er teilte den Teig, formte geschickt runde, gleichmäßige Brötchen, legte sie auf ein Backblech und deckte sie mit dem Handtuch zu.
Josefina hatte noch nie einen Mann in einer Küche hantieren sehen. Aber Gunnar tat es mit so einer ruhigen, alltäglichen Selbstverständlichkeit, dass es sie nicht einmal überraschte. Es gehörte einfach hierher, so wie die Wärme und die Freundlichkeit, die hier wirklich von Herzen kamen.

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Chamomila
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Beitrag30.12.2021 21:56

von Chamomila
Antworten mit Zitat

Zitat:
Ansonsten hat man beim Lesen das Gefühl, man befindet sich in einem Werbefilm des norwegischen Tourismusamts.

Sollte ich je in die Verlegenheit kommen, so einen Film drehen zu müssen, würde ich mir dafür auf jeden Fall den norwegischen Schauspieler an Land ziehen, der mir für Gunnar Modell gesessen hat: skandinavisch wie ein Smørbrød mit Lachs und mit dem ansteckendsten Lächeln (und Lachen) von ganz Norwegen gesegnet!

Hab die Passage jetzt noch mal überarbeitet:

Zitat:
Hinter den Bäumen hörten sie übermütiges Kinderlachen. Krister machte ein geheimnisvolles Gesicht.
„Pass’ mal auf …“
Er legte ihr von hinten die Hände vor die Augen und führte sie vorsichtig weiter.
„Jetzt kannst du gucken!“
Krister ließ die Hände sinken und Josefina blinzelte ins Helle. Vor ihr lag eine große, grasbewachsene Lichtung mit einem kleinen Holzhäuschen auf der einen und einem Seeufer auf der anderen Seite. Zwischen zwei Bäumen war eine Leine gespannt, auf der mehrere Wäschestücke flatterten, und ein Stück weiter stand ein solider kleiner Holzschuppen.

Über den blau markierten Teil werde ich noch mal genauer nachdenken. Heute wird das nichts mehr - nach einer überwiegend schlaflosen Nacht und einem fiesen Tag (Erkältung) ist bei mir nicht mehr viel los mit Nachdenken.

Zitat:
Und mitten auf dieser Lichtung stakste ein hochgewachsener, junger Mann durch das Gras, die Augen mit einem Taschentuch verbunden und beide Arme suchend nach vorn gestreckt. Drei Kinder hüpften kichernd um ihn herum und zupften ihn immer wieder an Hemd und Weste. Josefina sah Krister an. Er nahm ihre Hand und nickte in Richtung Wiese.
„Komm, wir spielen mit!“
Josefina schüttelte den Kopf.
„Wir werden nur stören …“, flüsterte sie.
„Hier stören wir nicht. Komm!“
Kristers Stimme klang plötzlich verändert – leichter und unbeschwerter als in Hesterhaugen. Er zog sie hinter sich her. Als eins der Kinder – ein kleines Mädchen mit goldblonden Haaren – ihn erkannte und den Mund für eine Begrüßung öffnete, legte Krister schnell den Finger auf den Mund. Das Mädchen nickte. Krister schlich sich von hinten an und tippte dem jungen Mann auf die Schulter. Josefina blieb zögernd stehen.
Der Mann drehte sich um und erwischte Krister am Hemd. Seine großen, schlanken Hände tasteten vorsichtig das Gesicht ab.
„Krister!“
Er riss sich freudestrahlend das Taschentuch von den Augen. Krister drehte sich zu Josefina um.

Das blau markierte lass ich mal drin: immerhin hat Gunnar seinen besten Freund seit Tagen nicht zu Gesicht gekriegt, da darf er sich ruhig freuen wie Bolle.

Zitat:
„Darf ich dir meinen besten Freund vorstellen? Das ist Gunnar – Gunnar, das ist Josefina.“
Gunnar kam auf sie zu und streckte die Hand aus.
„Wie schön, Sie kennen zu lernen! Krister hat mir schon so viel von Ihnen erzählt. Herzlich Willkommen in Solbakken!“
Gunnars Gesicht war wie Sommersonne, dachte Josefina, hell, warm und strahlend. Man konnte gar nicht anders, als ihn gern haben. Sein Blick war offen und freundlich, er lachte sie an – und sein Lachen war ansteckend. Langsam - sehr langsam - breitete sich ein echtes Lächeln über ihr Gesicht. Es fühlte sich an, als würde das Eis in ihr anfangen, zu tauen. Ja, Krister hatte recht: Hier war es wärmer als auf Hesterhaugen.
Josefina ergriff die ausgestreckte Hand.
„Ebenfalls sehr erfreut, Herr … ähhm …“ sie sah Gunnar fragend an. Seine Miene wurde jetzt fast schüchtern:
„Gunnar – einfach Gunnar, wenn Sie erlauben. Kristers Freunde sind auch meine Freunde!“
Sie nickte – und drückte entschlossen seine Hand.
„Aber dann müssen Sie mich Josefina nennen – nur Josefina! Denn das gleiche gilt für mich.“
Kristers Freund erwiderte ihren Händedruck mit festem Griff.

Es ist Josefinas erstes echtes - nicht erzwungenes - Lächeln seit langem, ich denke, das sollte schon Erwähnung finden...

Zitat:
Das kleine, goldblonde Mädchen zupfte ihn am Hemdärmel.
„Gunnar, die Brötchen!“
Gunnar lachte auf, seine Verlegenheit verschwand.
„Guter Moses, ja – die hätte ich fast vergessen! Tausend Dank, Schwesterlein!“ Er machte eine einladende Geste, „Mögt ihr mit reinkommen?“
Sie folgten ihm in die Hütte, während die Kinder draußen das Spiel fortsetzten. Gunnar stellte Gläser und eine Flasche mit Saft auf den Tisch.
„Bitte! – Nehmt euch einfach, wenn ihr mögt!“
Krister zog Josefina neben sich auf die Küchenbank und goss ihnen beiden ein. Josefina sah sich verstohlen um. Die Ordnung und Behaglichkeit, die überall mit wenigsten Mitteln geschaffen war, überraschte sie. - Die weißgescheuerten Dielen und hellen Vorhänge, die gewebten Wandbehänge, das saubere Tischtuch und die bunte Flickendecke auf dem Bett, die frischen Blumen überall und der bescheidene Wandschmuck aus kleinen, gerahmten Bildern und etwas unbeholfenen Bastelarbeiten, die wohl von der kleinen Schwester stammten… –
„Wie schön ihr es hier habt!“
Gunnar lächelte stolz. Er hatte inzwischen ein größeres Stück Teig unter einem Handtuch hervorgeholt und bearbeitete es kräftig und geübt mit seinen Handballen.
„Für unseren Nachbarn“, erklärte er dazu, „Seine Frau ist verreist und er selbst steckt bis über beide Ohren in der Arbeit…“
Er teilte den Teig, formte geschickt runde, gleichmäßige Brötchen, legte sie auf ein Backblech und deckte sie mit dem Handtuch zu.
Josefina hatte noch nie einen Mann in einer Küche hantieren sehen. Aber Gunnar tat es mit einer so ruhigen Selbstverständlichkeit, dass es sie nicht überraschte. Es gehörte einfach hierher, so wie die Wärme und die Freundlichkeit, die hier wirklich von Herzen kamen*.

*Im Gegensatz zu der höflich-kühlen Anstands-Freundlichkeit auf Hesterhaugen.

Bei den Wandbehängen hatte ich an diese farbenfrohen, handgewebten Wandteppiche aus Wolle gedacht - meine Großeltern hatten mal einige von der Sorte von ihren Skandinavien-Reisen mitgebracht.
Solche Teppiche waren früher in diesen kleinen Holzhäusern gerade im Winter unentbehrlich, um die Kälte etwas abzuhalten. Vielleicht sollte ich das noch etwas genauer ausführen?

Ansonsten besser?

LG, Cammy
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SilkeE
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Beitrag31.12.2021 11:46

von SilkeE
Antworten mit Zitat

Wegen der Wandbehänge: Ich finde nur, dass das "gewebt" ein wenig doppelgemoppelt ist. Wie sollen sie sonst hergestellt worden ein? Wandteppiche, um Zugluft einzudämmen, wurden bereits im Mittelalter verwendet, deshalb kommen sie auch in meinen Geschichten häufig vor.
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Chamomila
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Beiträge: 132



Beitrag15.01.2022 16:19

von Chamomila
Antworten mit Zitat

So - hab jetzt noch mal an der Passage gearbeitet, wo Josefina Krister (mehr oder weniger schonend) beibringt, wie die Dinge stehen:
Zitat:
„Langsam wird es was“, Krister zeichnete die richtige Länge am Brett an und fing an zu sägen. Gunnar drehte sich um und warf einen prüfenden Blick auf die Hütte.
„Ja – zumindest besteht keine Lebensgefahr mehr, wenn man dein Haus betritt.“
Krister grinste und sägte weiter.
„Krister – Gunnar!“
Die beiden Freunde drehten sich nach der Stimme um.
„Josefina!“ Krister strahlte über das ganze Gesicht, er ließ die Säge fallen und lief auf sie zu, „Wo kommst du denn plötzlich her? – Du siehst blass aus, geht’s dir gut?“
Josefina nickte lächelnd.
„Aber ja! Ich wollte nur mal sehen, wie du jetzt so wohnst – ja, und mit dir reden wollte ich auch. Es gibt Neuigkeiten …“
„Klar, komm’ rein!“
Krister hakte seine Stiefcousine ein und führte sie zu seinem Haus. Gunnar sah den beiden lächelnd nach, hob die Säge auf und ging wieder an die Arbeit.
„’Kjære Hjem’“ las Josefina nachdenklich vor, als sie das Schild über der Haustür sah. Krister lächelte stolz.
„Ja: mein trautes Heim. Komm und sieh’s dir an!“
Er öffnete die Haustür und hielt ihr seine Hand hin, um ihr die Stufen hinauf zu helfen. Jonetta folgte ihnen wie ein Hündchen und durchsuchte - wie bei jedem Besuch bei ihrem Bruder - erst mal die Kochecke. Während sie sich mit einem Teller Zimtbrötchen auf die Küchenbank zurückzog und ihr Frühstück nachholte, ließ Josefina ihre Blicke bewundernd durch die kleine Wohnküche streifen.  
„Hübsch hast du’s hier!“
Krister nickte strahlend. Josefina sah sich noch einmal um, ihr Blick blieb an der Wand neben der Schlafstube hängen.
„Da könnte das Klavier stehen ...“ murmelte sie nachdenklich.
Krister, der gerade ein paar welke Blätter aus den Begonien am Fenster gezupft hatte, drehte sich um.
„Welches Klavier?“
„Mein Klavier“, Josefina lächelte, „Ich denke, ich werde es mitbringen.“
Krister starrte sie verwirrt an.
„Was meinst du mit ‚mitbringen‘?“
Sie lächelte ihn an.
„Du hast mich zwar bisher noch nicht gefragt, aber ich geb‘ dir die Antwort trotzdem schon: Ja! Ich will deine Frau werden!“
Die welken Blätter fielen zu Boden.
„Du willst was?!“
Josefina trat einen Schritt auf ihn zu.
„Dich heiraten und hier mit dir leben.“
Ihr Tonfall ließ keinen Zweifel daran, dass sie es ernst damit meinte.
„Josefina!“ Krister wurde plötzlich sehr ernst. Er nahm ihre Hand und sah ihr direkt in die Augen. „Hast du gut darüber nachgedacht? Kannst du dir wirklich vorstellen, was das bedeutet? - Hier leben, nicht nur jetzt im Sommer? Die Winter sind lang und niemand wird uns irgendeine Arbeit abnehmen. Es wird hart werden, richtig hart! - Und ich kann nicht versprechen, dass ich dir je ein besseres Leben bieten kann …“ Krister schüttelte den Kopf. „Ich kann nicht mehr zurück“, fuhr er heiser fort, „Weder nach Hesthaugen, noch in mein altes Leben. Nicht nach allem, was zwischen Vater und mir vorgefallen ist. Ich bin kein reicher Gutsbesitzersohn mehr, Josefina: ich bin jetzt nur noch ein kleiner Tischlergehilfe – weit unter allem, was du gewöhnt bist ...“
Seine Augen brannten. Er senkte den Kopf, in der Erwartung, dass seine Stiefcousine es sich anders überlegen würde. Der Gedanke tat grausam weh. Gleich würde sie sich umdrehen und für immer gehen… - Josefinas Hand strich vorsichtig über seine Wange. Als er den Kopf hob, sah er sie lächeln. Nicht gezwungen, so wie sonst, sondern sehr zärtlich:
„Ach Krister, Lieber … - ich werd’ mich dran gewöhnen, ganz bestimmt. Ich versprech‘s dir!“ ihr Blick und ihre Stimme wurden ebenfalls ernst: „Verstehst du denn nicht: es geht nicht darum, ob ich ein bequemes Leben führen will! Es geht um das Allerwichtigste: darum, zu wem ich gehören soll, mit Körper und Seele! Muss ich denn noch deutlicher werden? Und wenn meinen Eltern erst mal wirklich klar wird, was ich ihnen da heute Morgen gesagt hab ...“
Krister hob verwirrt den Kopf:
„Was … - meinst du damit?“
Josefina sammelte die heruntergefallenen Blätter auf, warf sie in den Ascheimer und drehte sich zu Krister um.
„Weißt du noch? Die Soirée bei den Bergmanns? Die, nach der dir am nächsten Morgen so furchtbar schlecht war …?“
Krister stöhnte gequält auf und hob abwehrend die Hände.
„Erinner‘ mich bitte nicht da dran! Nie wieder Champagner, ich schwör‘s dir!“
Josefina wurde rot.
„Aber – also, zwischen der Soirée und deinem Katzenjammer, ich meine, als ich - wir ...“
Sie brach verlegen ab. Eine entsetzliche Ahnung stieg plötzlich in Krister auf.
„Du meinst, als wir … mit einem Mal irgendwie völlig von Sinnen waren?“
Sie nickte leicht und schluckte.
„Ja. – Das … ja, das hat jetzt wohl Folgen ...“
Der Schreck schlug ein, wie ein Blitz. Kristers Knie wurden weich. Josefina neigte den Kopf etwas zur Seite und lächelte ihn, wie um Entschuldigung bittend, an.

Gunnar, der draußen sägte und an nichts Böses dachte, hörte plötzlich von drinnen einen lauten Aufschrei. Im nächsten Moment flog die Tür auf und Jonetta kam herausgestürzt.
„Gunnar! Gunnar, komm schnell! Krister ist ohnmächtig geworden!“


Was meint ihr?
Welche Stellen sollten noch mal überarbeitet werden?

LG, Cammy

12Wie es weitergeht »

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Chamomila
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Beitrag21.01.2022 16:33

von Chamomila
Antworten mit Zitat

Und weiter geht es mit Josefinas Flucht:

Zitat:
Das Licht des Vollmonds fiel hell und bleich ins Gästezimmer von Hesthaugen. Ein Koffer und eine Reisetasche, die Jonetta ihr heimlich vom Dachboden geholt hatte, waren weit geöffnet. Josefina stand am Schrank und sah mit heftig klopfendem Herzen ihre Sachen durch. Was würde sie brauchen? Was konnte zurückbleiben?
Sie warf hastig Wäsche und Strümpfe in den Koffer. Im nächsten Fach lagen ihre Schnürkorsetts. Josefina nahm eins davon in die Hand, überlegte kurz – und stopfte es dann mit einer wütenden Handbewegung zurück in den Schrank. Diese scheußlichen, unbequemen Dinger nahmen nur unnötig Platz weg: sie würde ja doch nicht mehr lange hineinpassen! Josefinas Hand strich liebevoll über ihren Bauch, dort, wo sie ihr Kind vermutete.
„Nein, mein Kleines“, flüsterte sie zärtlich, „Ich sperr dich nie wieder in so einen Fischbeinkäfig! Da, wo wir jetzt hingehen, werden kleine Kinder nicht eingesperrt …“
Während sie rasch ihre Kleider durchsah und mit zitternden Händen die einfachsten und stabilsten davon in den Koffer stapelte, überlegte sie weiter.
Minda, dachte sie, sie musste dringend an ihre Freundin Minda schreiben und ihr mitteilen, was los war – und noch dringender an ihr Zimmermädchen … Olina war immer eine brauchbare Spießgesellin gewesen und dreist und geschickt genug, die würde ihr helfen, ohne ein Wort zu verlieren. Und hinterher würde sie frech lügen und behaupten, sie wüsste von nichts. Olina musste ihr unbedingt noch einige Sachen nachschicken: ein paar Kleider und Bücher auf jeden Fall…  – und auf dem Dachboden waren auch noch Sachen von Mutter, die Stiefmutter hatte damals ja alles durch ihr eigenes Zeug ersetzt… Es würde gar nicht auffallen, wenn von Mutters Sachen was fehlte – und sie wäre dann wenigstens nicht ganz ohne Aussteuer. Olina würde eine Liste brauchen und vielleicht eine Beschreibung, wo sie alles finden konnte… Dann musste sie das Zeug nach und nach heimlich zu Minda schaffen, um es da zu verpacken - oder Minda musste es abholen … Und ein gutes Kleid für die Hochzeit musste mitgeschickt werden – welches war denn eigentlich ihr bestes Kleid? Das himmelblaue Spitzenkleid? Aber das war so grässlich eng und steif… Also lieber das Gelbseidene mit den grünen Samtschleifen, das vom letzten Winter? Und ob Minda ihren Brautschleier noch hatte und ihn ihr leihen konnte?
Josefina wühlte weiter in den Tiefen des Schranks und stopfte hastig ihr Tagebuch und andere persönliche Gegenstände in die Tasche.
’Leise’, dachte sie, als sie sich mit Koffer und Tasche aus dem Zimmer schlich. Sie erinnerte sich plötzlich an Kristers Worte: die dritte und achte Stufe knarren fürchterlich… Als sie ungehört am Fuß der Treppe angekommen war, atmete sie erleichtert auf. Sie öffnete vorsichtig die Haustür und verschwand in der Nacht.


So - wo muss da noch überarbeitet werden?
Wo hakt es noch?
Sind irgendwo noch Ungereimtheiten, die mir durch die Lappen gegangen sind?

Liebe Grüße, Cammy

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