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Schuld ohne Sühne in Saintes-Maries-de-la-Mer


 
 
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Hera Klit
Geschlecht:männlichEselsohr

Alter: 61
Beiträge: 446



Beitrag08.12.2021 19:12
Schuld ohne Sühne in Saintes-Maries-de-la-Mer
von Hera Klit
eBook pdf-Datei Antworten mit Zitat

Das kirre Eisblau des Freiheit atmenden Mittags knallt in meine gespreizte Seele wie ein ejakulierender Tintenfisch
und die segnende Sonne gelbt am Firmament wie eine besoffene Sumpfdotterblume,
während das sich lässig rekelnde Meer selbstverliebt die scharfen Krallen am endlos ausgebreiteten Sandstrand wetzt.

Die abgöttisch schönen französischen Girls tummeln sich hier überall und locken
wie das ewige Weib mit dieser melonenhaften Prallheit und Drallheit, die das erklärte Synonym für pure Weiblichkeit ist.
Runde, wie von Götterhand gemeißelte Hüften, schlingern über den heißen Sandstrand, wohin das Auge auch entfliehen mag.

Saintes-Maries-de-la-Mer, du maritim Schönste, soweit ich sah, du bist mein Paradies auf Erden,
galaktisch groß und fundamental bahnbrechend und schöner als ein Streuselkuchen.
Besinnungslos dionysische Liebe möchte ich machen mit sämtlichen hier weilenden französischen Göttinnen,
das ist noch das mindestens jetzt Erträumte und Gewünschte.

Doch man ist Ehemann und Vater und man gehört somit zu den domestizierten Tierchen,
die brav an der Kandare gehen und im schummrigen Stall Ruhe geben.
Unsoziale zerstörerische Instinkte darf und kann es auf dieser Stufe der Evolution nicht mehr geben.
Die sind einfach nicht mehr angebracht, unzeitgemäß, obsolet.

Gäbe es in Frankreich noch die Todesstrafe, dann hätte ich sie längst verdient.
Es wurden große Konflikte für weniger vom Zaun gebrochen,
doch wir Nachgeborenen sind besonnener und aufgeklärter,
zumindest solange unser Kartenhaus der Rechtschaffenheit notdürftig hält.
Die Guillotine ist seit 1977 nicht mehr in Gebrauch.
Ich liebe dieses kultivierte Land und seine geistreichen, schönen Menschen.

Ach was! Ich bin Tier unter Tieren und ich möchte mein Fell an den rauen Klippen des wollüstigen,
käuflichen Abendlandes schubbern und reiben.
Ich will diese kleinen Französinnen lieben, doch ich bin Deutscher und gelte als schlechter Liebhaber,
dieser Ruf eilt mir weit voraus. Flirten ist zwecklos bis lächerlich.

Man ist jetzt zivilisierter Mitteleuropäer, geschult von schändlicher Geschichte und wählt auch so,
denn die europäische Freundschaft bringt uns allen viel. Diese Hoffnung bleibt.
Aber Hoffnung galt den alten Griechen als ein lähmendes Übel, denn sie hemmt den Tatendrang.
Klopft an, so wird euch aufgetan.

Dass die sonnenbrillengetarnten Augen meiner lieben Ehefrau über die Muskelstränge und Badehosenbeulen
der verdammt gut aussehenden, sonnengebräunten, durchtrainierten Franzosen tasten, weiß ich doch ganz genau. Herrgott noch mal!

Saintes-Maries-de-la-Mer sehen und sterben, das würde helfen.
Vielleicht läuft die nächste Inkarnation günstiger ab und man kommt zum Zug.

Der mausgraue staubige Schreibtisch im rolloverhangenen Großraumbüro in Deutschland
reißt schon bald wieder sein allesverschlingendes Maul auf.

Sehnsucht ist Sonne, Sand und Liebe und die mythische,
tausend Meilen tiefe See in Saintes-Maries-de-la-Mer und die in Stein gemeißelte Vergeblichkeit
von nie enden wollenden Augenblicken des Nicht-zurück-zur-Natur-Könnens.

Spinoza nahm an, dass es keinen persönlichen, strafenden Gott gibt,
deshalb wurde er aus der Gemeinschaft der Menschen ausgeschlossen und zu frühem Tod durch Linsenschleifen verdammt.
Es gab und gibt nämlich immer persönliche, strafende Menschen, aber Menschen macht man auf sich aufmerksam.

Ich bete zu Gott, Spinoza möge recht gehabt haben, ich jedenfalls kann schweigen.

Hera-Klit, Dezember 2021

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wohe
Geschlecht:männlichKlammeraffe
W

Alter: 71
Beiträge: 632
Wohnort: Berlin


W
Beitrag09.12.2021 18:50

von wohe
Antworten mit Zitat

Hallo Hera Klit,

Hm, mir ist nicht so recht klar, wie ich Deinen Text einschätzen soll.
Er hat keinen Handlungslauf, ist eher eine Sammlung von Gedanken zum ewigen Thema (übrigens nicht unbekannten Gedanken / ich war auch schon in der Gegend).
Ich bin mir daher nicht sicher, ob das noch unter Prosa läuft und (auch ohne Reim und von mir erkennbares Versmaß) nicht eigentlich eher Lyrik (von der ich nichts verstehe) ist.
Sprachlich stören mich die Schärfen wie "knallt in meine gespreizte Seele wie ein ejakulierender Tintenfisch" und "wie eine besoffene Sumpfdotterblume" oder krasse Zusammenhänge wie "du maritim Schönste" und "galaktisch groß".
Was bleibt bei mir vom Text hängen?
Er ist halt eine Erinnerung an Schönheit (Zeit, Land und Leute), mal anders geschrieben, nach meinem Ermessen experimentell, aber stilistisch nicht meine Welt.
Mich würde interessieren, was andere dazu meinen (vielleicht bin ich dafür zu alt).

MfG Wohe
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Levo
Klammeraffe
L


Beiträge: 869



L
Beitrag09.12.2021 21:31

von Levo
Antworten mit Zitat

Ich mag den leisen Humor und die Lebenssehnsucht, die hinter der schmetternden Wortwahl stecken. Verstehe aber, dass man sich davon ablenken lassen kann.
Mich haben die Worte auf jeden Fall mit an den Strand genommen, durch die Historie gezogen und in ein grausames Post-Urlaubs-Déjà vu geworfen. Laughing
Mir gefiel auch Dein anderes Gedicht. Lyrik, von der ich einen Band kaufen würde. (Ich versteh nichts von Lyrik, aber ich versteh, dass mir Dein Stil gefällt).
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Hera Klit
Geschlecht:männlichEselsohr

Alter: 61
Beiträge: 446



Beitrag09.12.2021 21:46

von Hera Klit
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Vielen Dank Levo. LG Hera
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holg
Geschlecht:männlichExposéadler

Moderator

Beiträge: 2396
Wohnort: knapp rechts von links
Bronzenes Licht Der bronzene Roboter


Beitrag10.12.2021 15:20

von holg
Antworten mit Zitat

Das ganze klingt eher nach Herbert als nach Hera; Herbert, dessen Hirn am sonnigen Strand im eigenen Saft vor sich hin geilt; Herbert, der unter seinem Bildungsbürgertum leidet, derart, dass es immer der Superlativ sein muss; dessen graue Masse derart überhitzt, dass sie vor allem am Anfang sehr schiefe Bilder evoziert.

Ejakulierendes Eisblau und mediterraner Strand,
ein Meer mit Krallen, die es am Sandstrand wetzen will,
runde, schlingernde Hüften, die doch gemeißelt wirken.
Ich weiß nicht.

Danach aber, da wird es mMn richtig gut. Dieses sommerfiebrige Delirium, dieses ineinander- und umeinanderfließen von Eindrücken, Erinnerungen, Erregungen, Erniedrigungen und Ereiferungen.

Der vorletzte Satz passt mMn nicht. Vong Tonalität her.

Willkommen übrigens im Forum.
holg

(Und wenn du an Feedback interessiert bist, gib den Leuten Gelegenheit, ein paar Tage um deine Texte herum zu streifen, und ihre Gedanken zu Kommentaren zu sortieren, bevor du den nächsten einstellst.)


_________________
Why so testerical?
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Hera Klit
Geschlecht:männlichEselsohr

Alter: 61
Beiträge: 446



Beitrag10.12.2021 17:24

von Hera Klit
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Vielen Dank für dein Feedback.

Einige Anmerkungen:
-"Mediterraner Strand", steht da nicht.

-"Das Meer mit Krallen..." vs. Weiches Wasser bricht den Stein.
Ich mag es Gegensätze zu überspitzen.

-Michelangelo konnte sehr rund meißeln.

-Im vorletzten Satz geht es um Schuld und Sühne


Aber im Grunde war dein Feedback ja ziemlich positiv.

Vielen Dank dafür.

LG Hera
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Günter Wendt
Geschlecht:männlichExposéadler


Beiträge: 2861



Beitrag19.03.2023 13:54
Re: Schuld ohne Sühne in Saintes-Maries-de-la-Mer
von Günter Wendt
Antworten mit Zitat

Hera Klit hat Folgendes geschrieben:
Das kirre Eisblau des Freiheit atmenden Mittags knallt in meine gespreizte Seele wie ein ejakulierender Tintenfisch
und die segnende Sonne gelbt am Firmament wie eine besoffene Sumpfdotterblume,
während das sich lässig rekelnde Meer selbstverliebt die scharfen Krallen am endlos ausgebreiteten Sandstrand wetzt.

Die abgöttisch schönen französischen Girls tummeln sich hier überall und locken
wie das ewige Weib mit dieser melonenhaften Prallheit und Drallheit, die das erklärte Synonym für pure Weiblichkeit ist.
Runde, wie von Götterhand gemeißelte Hüften, schlingern über den heißen Sandstrand, wohin das Auge auch entfliehen mag.

Saintes-Maries-de-la-Mer, du maritim Schönste, soweit ich sah, du bist mein Paradies auf Erden,
galaktisch groß und fundamental bahnbrechend und schöner als ein Streuselkuchen.
Besinnungslos dionysische Liebe möchte ich machen mit sämtlichen hier weilenden französischen Göttinnen,
das ist noch das mindestens jetzt Erträumte und Gewünschte.

Doch man ist Ehemann und Vater und man gehört somit zu den domestizierten Tierchen,
die brav an der Kandare gehen und im schummrigen Stall Ruhe geben.
Unsoziale zerstörerische Instinkte darf und kann es auf dieser Stufe der Evolution nicht mehr geben.
Die sind einfach nicht mehr angebracht, unzeitgemäß, obsolet.

Gäbe es in Frankreich noch die Todesstrafe, dann hätte ich sie längst verdient.
Es wurden große Konflikte für weniger vom Zaun gebrochen,
doch wir Nachgeborenen sind besonnener und aufgeklärter,
zumindest solange unser Kartenhaus der Rechtschaffenheit notdürftig hält.
Die Guillotine ist seit 1977 nicht mehr in Gebrauch.
Ich liebe dieses kultivierte Land und seine geistreichen, schönen Menschen.

Ach was! Ich bin Tier unter Tieren und ich möchte mein Fell an den rauen Klippen des wollüstigen,
käuflichen Abendlandes schubbern und reiben.
Ich will diese kleinen Französinnen lieben, doch ich bin Deutscher und gelte als schlechter Liebhaber,
dieser Ruf eilt mir weit voraus. Flirten ist zwecklos bis lächerlich.

Man ist jetzt zivilisierter Mitteleuropäer, geschult von schändlicher Geschichte und wählt auch so,
denn die europäische Freundschaft bringt uns allen viel. Diese Hoffnung bleibt.
Aber Hoffnung galt den alten Griechen als ein lähmendes Übel, denn sie hemmt den Tatendrang.
Klopft an, so wird euch aufgetan.

Dass die sonnenbrillengetarnten Augen meiner lieben Ehefrau über die Muskelstränge und Badehosenbeulen
der verdammt gut aussehenden, sonnengebräunten, durchtrainierten Franzosen tasten, weiß ich doch ganz genau. Herrgott noch mal!

Saintes-Maries-de-la-Mer sehen und sterben, das würde helfen.
Vielleicht läuft die nächste Inkarnation günstiger ab und man kommt zum Zug.

Der mausgraue staubige Schreibtisch im rolloverhangenen Großraumbüro in Deutschland
reißt schon bald wieder sein allesverschlingendes Maul auf.

Sehnsucht ist Sonne, Sand und Liebe und die mythische,
tausend Meilen tiefe See in Saintes-Maries-de-la-Mer und die in Stein gemeißelte Vergeblichkeit
von nie enden wollenden Augenblicken des Nicht-zurück-zur-Natur-Könnens.

Spinoza nahm an, dass es keinen persönlichen, strafenden Gott gibt,
deshalb wurde er aus der Gemeinschaft der Menschen ausgeschlossen und zu frühem Tod durch Linsenschleifen verdammt.
Es gab und gibt nämlich immer persönliche, strafende Menschen, aber Menschen macht man auf sich aufmerksam.

Ich bete zu Gott, Spinoza möge recht gehabt haben, ich jedenfalls kann schweigen.

Hera-Klit, Dezember 2021


Solche und ähnliche Gedanken kommen mir auch oft, wenn ich im Urlaub irgendwo herumhänge.
Es muss bei mir kein französischer Strand sein. Bad Sankt Peter-Ording reicht mir völlig.
Normandie … Bretagne … oder ein italienischer Strand. Marrokanischer Atlantikstrand … oder Australien Ostküste … überall wo ich im Leben bereits herumhing: Überall das Selbe.
Helgoland … Sylt … Husum.
Überall wo ich mein Ejakultat meiner Gedanken in Form von Graffiti, Streetart etc. hinterlassen habe, ist es wie in SPO.
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