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Die leisen Mädchen und die Lauten, Kapitel 1 und 2


 
 
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Tobias Tezuka
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Beitrag05.12.2021 21:58

von Tobias Tezuka
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Blut ist süßer als Ketchup

Jenny Cummings sah sich im Diner um, in das Antonella Vilzoni sie mitgenommen hatte.
Detroit, anscheinend so etwas wie das bessere New York.
Eine Dartscheibe an der Wand, des weiteren Bilder mit Würstchen und Autos, beim Blick aus dem Fenster sah man Fabrikschlote neben hässlichen Häusern.

„Dies, meine Freundin, ist einer der leckersten Burger, den ich je zu mir genommen habe.“
 Diese geschwätzige Italienerin, in ihrem kleinen Schwarzen, ihren High Heels und ihrem albernen Dutt.
„Tja, Tony, das ist Rock’n’Roll-Essen.“
„Cooles Lokal hier, hmmm? Wie eine Mischung aus einem Norman-Rockwell-Bild und Pop-Art, nur in real.“
Jenny verdrehte die Augen unter ihrer Pilzkopffrisur. Sie hatte keine Ahnung was das für Begriffe waren, die Tony oben gebraucht hatte, aber wenn man in der Bar ihrer Eltern so geschwollen geredet hätte wäre sie mit derselben Wucht, die die Musik gestern hatte, durch die Scheibe des Fensters geflogen.
„Und? Schon Idee für ´ne eigene Band?“
Tony schien – ein Stück Burger im Mund – zu überlegen, ihre Augen kullerten wie zwei Billardkugeln.
Was genau wollte unser italoamerikanisches Modepüppchen uns mit dem Gerede über das Fast Food, das ihr so gut schmeckt, sagen?
Wahrscheinlich, dass hier alles amerikanisch ist, wenn man sich die Einrichtung ansieht, die Gerichte auf der Speisekarte, alles. Der Ketchup auf dem Tisch, daneben ein Teller voller Pommes, nichts weiter, kein hochgestochener Firlefanz. Jenny hasste es wie Tony in ihrer Boutique Pizza, Pasta und anderes unamerikanisches Zeug verkaufte. Wir sind nicht im verkommenen Europa, sondern befinden uns im großartigsten Land auf diesem Planeten! Warum nicht gleich den Eifelturm oder diesen schiefen Turm von Pisa auf irgendwelche Wolkenkratzer montieren.
Genauso ein Unding wie diese ganzen zugedröhnten Gammler, welche die heilige Musikkultur, welche sie so sehr schätzte – Rockabilly, Rythm`n`Blues – mit endlosen Soli und kitschigen Love-and-Peace-Texten zerstörten.
Jenny war Patriotin bis ins Mark, würde nie woanders leben wollen, und die Fünfziger Jahre des 20. Jahrhunderts gehörten zu den grandiosesten Epochen der Menschheitsgeschichte, was für ein Privileg, dass sie diese Zeit noch bewusst miterleben durfte. Das verkommene Jahrzehnt namens Sechziger hingegen – absolut grauenhaft.
Aber die Motor City hier gefiel ihr, ein stadtgewordenes Unkrautvernichtungsmittel, welches sämtliche Blumenkinder abtötete.

Aber was machte dann diese menschliche Brennnessel am Tisch nebenan? Verkommene Frau, Stretchhose, Hippie-Haare, hängende Brüste notdürftig in einen BH gezwängt, Gesichtszüge wie zerfließendes Wachs, und als Krönung eine völlig alberne Kette mit Vorhängeschloss als Kopfschmuck.
Apathisch stopfte die Freakin ihren Cheeseburger in sich hinein, mehr Essenvernichtungsmaschine als Mensch. Dabei spritzte sie sowohl ihren Platz als auch den Fußboden unter sich mit Ketchup voll, Tischmanieren hatte ihr wohl auch noch niemand beigebracht.
Wird wohl mal Zeit ein bisschen die Fäuste zur Windmühle werden zu lassen! dachte Jenny.

„He, das hier ist unser Laden! Wir sind hier nicht in San Francisco!“

„Jenny, lass sie, die will doch auch nur ihr Essen zu sich nehmen.“
„Ich hasse diese Kaputten!“

Fassungsloser Gesichtsausdruck bei Tony Vilzoni, Jenny am Tisch der Burgermampferin, grimmiger Blick, dazu die Haltung eines Boxers der zum entscheidenden Schlag ausholt.

Unsere Kettenträgerin hingegen schien vollkommen unbeeindruckt. Sie zog ein spitzes Messer aus ihrer Hosentasche.
Jennys Augen wurden groß, ihr Mund stand offen.
Der Dolch wurde jetzt sehr langsam in die Handfläche gestoßen.
Unsere Rock’n’Rollerin wurde jetzt leichenblass.
Das Blut floss den Unterarm herunter und landete schließlich auf der Nahrung, als ob es Himbeersirup wäre, der schmackhaftes Eis verschönert.
Jenny trat, wie ein Zombie in einem Zombiefilm der rückwärts abgespielt wurde, einige Schritte zurück.
Unsere Messer-Fetischistin blieb teilnahmslos, erinnernd an New Yorker Hydranten, die auch nach den übelsten Schießereien und den kriminellsten Drogengeschäften noch wasserführende Armaturen blieben. Sie verzehrte ihre Fritten und ihren Käse-Burger, als wären es die leckersten Delikatessen auf diesem Planeten, und hielt ihre blutüberströmte Extremität, aus der immer noch Körpersaft floss, dabei senkrecht nach oben.

Jenny Cummings hingegen verließ mit weitaufgerissenem Rachen das Lokal, Tony begleitete sie.


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Man hatte uns als Kindern das Ende der Welt versprochen, und dann bekamen wir es nicht.
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Nachtvogel
Geschlecht:weiblichLeseratte

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Wohnort: Münster


Beitrag15.12.2021 01:34

von Nachtvogel
Antworten mit Zitat

Hallo Tobias,

hier ein paar Anmerkungen zum Kapitel "Blut ist süßer als Ketchup":

Tobias Tezuka hat Folgendes geschrieben:
„Dies, meine Freundin, ist einer der leckersten Burger, den ich je zu mir genommen habe.“

Ich glaube, diesen Ausdruck "meine Freundin" hat Roberta auch schon einmal zu Caroline gesagt. Da ist er mir auch schon aufgefallen, aber ich habe ihn als typische Ausdrucksweise für Roberta betrachtet. Wenn nun auch Tony so redet, gilt das nicht mehr. Du könntest ein bisschen sparsamer mit solchen auffälligen Ausdrücken sein und z.B. diese Floskel als "Catch-Phrase" für nur eine Figur nehmen.

Zitat:
Was genau wollte unser italoamerikanisches Modepüppchen uns mit dem Gerede über das Fast Food, das ihr so gut schmeckt, sagen?
Wahrscheinlich, dass hier alles amerikanisch ist, wenn man sich die Einrichtung ansieht, die Gerichte auf der Speisekarte, alles. Der Ketchup auf dem Tisch, daneben ein Teller voller Pommes, nichts weiter, kein hochgestochener Firlefanz.

Hier höre ich wieder sehr stark die "Stimme aus dem Off" (was ja wahrscheinlich so auch von dir intendiert ist, aber ich kann mich da nicht so richtig reinfinden). Den Begriff "Modepüppchen" finde ich für einen außenstehenden Erzähler zu wertend. Das wirkt schon fast sarkastisch, als würde der Erzähler über sie herziehen.

Zitat:
Wird wohl mal Zeit ein bisschen die Fäuste zur Windmühle werden zu lassen! dachte Jenny.

„He, das hier ist unser Laden! Wir sind hier nicht in San Francisco!“

„Jenny, lass sie, die will doch auch nur ihr Essen zu sich nehmen.“
„Ich hasse diese Kaputten!“

Fassungsloser Gesichtsausdruck bei Tony Vilzoni, Jenny am Tisch der Burgermampferin, grimmiger Blick, dazu die Haltung eines Boxers der zum entscheidenden Schlag ausholt.

Mich irritiert hier Jennys plötzliche Gewaltbereitschaft. Völlig grundlos greift sie die Frau am Nebentisch an. Ja, ich verstehe, dass sie Hippies nicht mag und sich wohl durch die bloße Existenz einer Frau, die nach Hippie aussieht, angegriffen fühlt, aber wenn du das wirklich so etablieren willst, dann könntest du das vorher ein bisschen besser vorbereiten. Also vorher schon mal zeigen, dass Jenny leicht reizbar ist, dass sie vielleicht öfter mal abfällig über Hippies spricht (und zwar in Szenen zeigen, nicht nur BEschreiben, wie du das in dem Absatz darüber gemacht hast).

Zitat:
Unsere Kettenträgerin hingegen schien vollkommen unbeeindruckt. Sie zog ein spitzes Messer aus ihrer Hosentasche.

Auch das kommt jetzt sehr plötzlich... Aber gut, sie ist eine Fremde, die man vorher nicht genau einschätzen kann.

Zitat:
Jennys Augen wurden groß, ihr Mund stand offen.
Der Dolch wurde jetzt sehr langsam in die Handfläche gestoßen.
Unsere Rock’n’Rollerin wurde jetzt leichenblass.
Das Blut floss den Unterarm herunter und landete schließlich auf der Nahrung, als ob es Himbeersirup wäre, der schmackhaftes Eis verschönert.
Jenny trat, wie ein Zombie in einem Zombiefilm der rückwärts abgespielt wurde, einige Schritte zurück.
Unsere Messer-Fetischistin blieb teilnahmslos, erinnernd an New Yorker Hydranten, die auch nach den übelsten Schießereien und den kriminellsten Drogengeschäften noch wasserführende Armaturen blieben. Sie verzehrte ihre Fritten und ihren Käse-Burger, als wären es die leckersten Delikatessen auf diesem Planeten, und hielt ihre blutüberströmte Extremität, aus der immer noch Körpersaft floss, dabei senkrecht nach oben.

Ich musste das ehrlich gesagt dreimal lesen, um es zu verstehen... Erst dachte ich, die fremde Frau stößt das Messer in Jennys Hand. Du schreibst ja nur "in die Handfläche", wodurch das gar nicht klar wird. Ich hab mich dann die ganze Zeit gefragt, warum Jenny einfach nur "leichenblass" wird und zurücktritt, statt Schmerzen zu leiden. Erst am Ende ("Sie [...] hielt ihre blutüberströmte Extremität [...] nach oben") habe ich dann wirklich verstanden, dass die Fremde sich das Messer selbst in die Hand gestoßen hat. Der Absatz ist insgesamt sehr verwirrend. Dieser aufklärende Satz mit der "blutüberströmten Extemität" ist sehr verschachtelt (dann auch noch mit dem Fremdwort "Extremität"), sodass man die Information schnell überliest und dann immer noch nicht verstanden hat, was da wirklich passiert ist. Da solltest du darauf achten, dass du in den Szenen selbst, wenn etwas passiert, ganz klar und deutlich bist (der Schlüsselmoment ist hier "Der Dolch wurde jetzt sehr langsam in die Handfläche gestoßen").
Aber mal ganz abgesehen vom Sprachlichen frage ich mich: Warum? Warum so eine verstörende Szene an dieser Stelle? Erfüllt die irgendeinen Zweck?

Ich möchte noch mal betonen, dass ich als ziemlicher Neuling hier im Forum sicherlich nicht die kompetenteste Feedback-Geberin bin (ich sollte mich vor allem erst mal überhaupt trauen, einen eigenen Text einzustellen Embarassed), aber so hast du zumindest die Leseeindrücke einer Person geschildert bekommen und kannst vielleicht ein bisschen besser einschätzen, wie das Kapitel wirkt.

Liebe Grüße
Nachtvogel
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Tobias Tezuka
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Alter: 44
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T
Beitrag16.12.2021 04:56

von Tobias Tezuka
Antworten mit Zitat

[quote="Nachtvogel"]Hallo Tobias,

hier ein paar Anmerkungen zum Kapitel "Blut ist süßer als Ketchup":

Tobias Tezuka hat Folgendes geschrieben:
„Dies, meine Freundin, ist einer der leckersten Burger, den ich je zu mir genommen habe.“

Ich glaube, diesen Ausdruck "meine Freundin" hat Roberta auch schon einmal zu Caroline gesagt. Da ist er mir auch schon aufgefallen, aber ich habe ihn als typische Ausdrucksweise für Roberta betrachtet. Wenn nun auch Tony so redet, gilt das nicht mehr. Du könntest ein bisschen sparsamer mit solchen auffälligen Ausdrücken sein und z.B. diese Floskel als "Catch-Phrase" für nur eine Figur nehmen.

Roberta sagte "Mein Mädchen". Ansonsten guter Hinweis!

Zitat:
Was genau wollte unser italoamerikanisches Modepüppchen uns mit dem Gerede über das Fast Food, das ihr so gut schmeckt, sagen?
Wahrscheinlich, dass hier alles amerikanisch ist, wenn man sich die Einrichtung ansieht, die Gerichte auf der Speisekarte, alles. Der Ketchup auf dem Tisch, daneben ein Teller voller Pommes, nichts weiter, kein hochgestochener Firlefanz.

Hier höre ich wieder sehr stark die "Stimme aus dem Off" (was ja wahrscheinlich so auch von dir intendiert ist, aber ich kann mich da nicht so richtig reinfinden). Den Begriff "Modepüppchen" finde ich für einen außenstehenden Erzähler zu wertend. Das wirkt schon fast sarkastisch, als würde der Erzähler über sie herziehen.

Das ist die Erzählperspektive von Jenny, kam das nicht richtig rüber?

Zitat:
Wird wohl mal Zeit ein bisschen die Fäuste zur Windmühle werden zu lassen! dachte Jenny.

„He, das hier ist unser Laden! Wir sind hier nicht in San Francisco!“

„Jenny, lass sie, die will doch auch nur ihr Essen zu sich nehmen.“
„Ich hasse diese Kaputten!“

Fassungsloser Gesichtsausdruck bei Tony Vilzoni, Jenny am Tisch der Burgermampferin, grimmiger Blick, dazu die Haltung eines Boxers der zum entscheidenden Schlag ausholt.

Mich irritiert hier Jennys plötzliche Gewaltbereitschaft. Völlig grundlos greift sie die Frau am Nebentisch an. Ja, ich verstehe, dass sie Hippies nicht mag und sich wohl durch die bloße Existenz einer Frau, die nach Hippie aussieht, angegriffen fühlt, aber wenn du das wirklich so etablieren willst, dann könntest du das vorher ein bisschen besser vorbereiten. Also vorher schon mal zeigen, dass Jenny leicht reizbar ist, dass sie vielleicht öfter mal abfällig über Hippies spricht (und zwar in Szenen zeigen, nicht nur BEschreiben, wie du das in dem Absatz darüber gemacht hast).

Hat sie doch in ihrem inneren Monolog, muss ja nicht immer alles im Dialog stattfinden, sie ist ja - anders als Tony - nicht die Person die sich groß verbal ausdrückt...

Zitat:
Unsere Kettenträgerin hingegen schien vollkommen unbeeindruckt. Sie zog ein spitzes Messer aus ihrer Hosentasche.

Auch das kommt jetzt sehr plötzlich... Aber gut, sie ist eine Fremde, die man vorher nicht genau einschätzen kann.

Zitat:
Jennys Augen wurden groß, ihr Mund stand offen.
Der Dolch wurde jetzt sehr langsam in die Handfläche gestoßen.
Unsere Rock’n’Rollerin wurde jetzt leichenblass.
Das Blut floss den Unterarm herunter und landete schließlich auf der Nahrung, als ob es Himbeersirup wäre, der schmackhaftes Eis verschönert.
Jenny trat, wie ein Zombie in einem Zombiefilm der rückwärts abgespielt wurde, einige Schritte zurück.
Unsere Messer-Fetischistin blieb teilnahmslos, erinnernd an New Yorker Hydranten, die auch nach den übelsten Schießereien und den kriminellsten Drogengeschäften noch wasserführende Armaturen blieben. Sie verzehrte ihre Fritten und ihren Käse-Burger, als wären es die leckersten Delikatessen auf diesem Planeten, und hielt ihre blutüberströmte Extremität, aus der immer noch Körpersaft floss, dabei senkrecht nach oben.

Ich musste das ehrlich gesagt dreimal lesen, um es zu verstehen... Erst dachte ich, die fremde Frau stößt das Messer in Jennys Hand. Du schreibst ja nur "in die Handfläche", wodurch das gar nicht klar wird. Ich hab mich dann die ganze Zeit gefragt, warum Jenny einfach nur "leichenblass" wird und zurücktritt, statt Schmerzen zu leiden. Erst am Ende ("Sie [...] hielt ihre blutüberströmte Extremität [...] nach oben") habe ich dann wirklich verstanden, dass die Fremde sich das Messer selbst in die Hand gestoßen hat. Der Absatz ist insgesamt sehr verwirrend. Dieser aufklärende Satz mit der "blutüberströmten Extemität" ist sehr verschachtelt (dann auch noch mit dem Fremdwort "Extremität"), sodass man die Information schnell überliest und dann immer noch nicht verstanden hat, was da wirklich passiert ist. Da solltest du darauf achten, dass du in den Szenen selbst, wenn etwas passiert, ganz klar und deutlich bist (der Schlüsselmoment ist hier "Der Dolch wurde jetzt sehr langsam in die Handfläche gestoßen").

Wollte auf keinen Fall zu viele Wortwiederholungen, vielleicht ging dabei die Verständlichkeit etwas flöten...

Aber mal ganz abgesehen vom Sprachlichen frage ich mich: Warum? Warum so eine verstörende Szene an dieser Stelle? Erfüllt die irgendeinen Zweck?

Ja, denn zwei ziemlich extrem Figuren, mit denen wir später noch zu tun haben werden, werden eingeführt, nähmlich Jenny und Barf (so heisst die "Dame" mit der Kette...)
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Nachtvogel
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Beitrag17.12.2021 00:44

von Nachtvogel
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Tobias Tezuka hat Folgendes geschrieben:
Das ist die Erzählperspektive von Jenny, kam das nicht richtig rüber?

Hm, das kam für mich tatsächlich nicht so rüber... Ich glaube, wegen dem Ausdruck "unser italoamerikanisches Modepüppchen". Vielleicht bewirkt es schon was, wenn du da "unser" durch "dieses" ersetzt.

Tobias Tezuka hat Folgendes geschrieben:
Zitat:
Mich irritiert hier Jennys plötzliche Gewaltbereitschaft. Völlig grundlos greift sie die Frau am Nebentisch an. Ja, ich verstehe, dass sie Hippies nicht mag und sich wohl durch die bloße Existenz einer Frau, die nach Hippie aussieht, angegriffen fühlt, aber wenn du das wirklich so etablieren willst, dann könntest du das vorher ein bisschen besser vorbereiten. Also vorher schon mal zeigen, dass Jenny leicht reizbar ist, dass sie vielleicht öfter mal abfällig über Hippies spricht (und zwar in Szenen zeigen, nicht nur BEschreiben, wie du das in dem Absatz darüber gemacht hast).

Hat sie doch in ihrem inneren Monolog, muss ja nicht immer alles im Dialog stattfinden, sie ist ja - anders als Tony - nicht die Person die sich groß verbal ausdrückt...

Das hat auf mich dann wohl nicht stark genug gewirkt. Ich glaube, mit "Show-Don't-Tell" würdest du hier weiter kommen. Ihren Hass gegenüber bestimmten anderen Menschen langsam aufbauen, erst mal ein paar Begegnungen stattfinden lassen und dabei zeigen, dass sie sich schnell angegriffen fühlt. Das Problem dabei, wenn so schnell so eine Eskalation kommt, ist, dass die Geschichte ihre Glaubwürdigkeit verliert.

Tobias Tezuka hat Folgendes geschrieben:
Zitat:
Aber mal ganz abgesehen vom Sprachlichen frage ich mich: Warum? Warum so eine verstörende Szene an dieser Stelle? Erfüllt die irgendeinen Zweck?

Ja, denn zwei ziemlich extrem Figuren, mit denen wir später noch zu tun haben werden, werden eingeführt, nähmlich Jenny und Barf (so heisst die "Dame" mit der Kette...)

Muss man das mit so einer Eskalation machen? Es kann ja auch später zur Eskalation kommen, und erst einmal nur eine verbale Auseinandersetzung (z.B. "Hey, du hast mir meinen Platz weggenommen", dann hätte Jenny zumindest auch einen echten Grund anstatt nur, dass die fremde Person Hippiekleidung trägt und unschön isst, und das Ganze würde mehr Glaubwürdigkeit bekommen).
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Tobias Tezuka
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Beitrag18.12.2021 01:47

von Tobias Tezuka
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Wenn "Show Don't Tell" so interpretiert wird dass man Formulierungen wie "sie war fröhlich" durch "sie tanzte ausgelassen mit den Fingern schnippend durch den Raum" ersetzt wird, ist "Show Don't Tell" natürlich unbedingt zu befürworten. Wenn "Show Don't Tell" heisst den von mir so geliebten inneren Monolog durch Dialoge zu ersetzen, als könne man einen Roman nicht von einem Drehbuch unterscheiden, stehe ich "Show Don't Tell" kritisch gegenüber.

Werde mal das Kapitel "Blut ist süßer als Ketchup" mehrmals überarbeiten, ihr könnt mir dann ja schreiben was ihr dazu meint...


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John McCrea
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Beitrag30.12.2021 15:32

von John McCrea
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Hi Tobias,

ich bin ein Newbie hier im Forum, möchte Dir aber auch eine Kritik zu Deinen beiden Prosa Kapiteln geben.

Zunächst einmal, vielen Dank, dass Du diesen Text hier vorstellst, ich habe beide Kapitel gelesen.

Eher subjektive Meinung (persönlicher Geschmack):
Ich bin nicht so sehr Fan der Sprache, welche Du hier anwendest und ich würde als Leser Deinen Roman relativ schnell weglegen, da ich die Geschichte und die Sprache nicht unter einen Hut bekommen würde.
Beispiel: Die Beschreibungen von Barry's Haltung zu bestehender Musik:
Blues, Jazz - als "Geseier" und Ähnliches, das ist für mich absolut nicht stimmig.
Selbst, wenn Barry das einmal in einem Interview gesagt haben sollte, so wird das nicht wirklich seine innere Einstellung sein. So empfinden Musiker meiner Meinung nach nicht. Und dann wäre es noch sehr schlecht übersetzt.

Ich empfinde es auch als sehr mutig, dass Du Dich an eine Motown Geschichte heranwagst, ohne dass Du selber Amerikaner bist(wahrscheinlich) und die Zeit erlebt hast. Ich bin da einfach ein zu fantasieloser und kritischer Leser und möchte alles möglichst bestätigt haben. Smile


Ich nehme mir hier dann noch einmal einen Abschnitt als vielleicht eher objektive, konstruktive Kritik:

Tobias Tezuka hat Folgendes geschrieben:


Aber sonst? Langeweile. Sie vermisste das Landleben ihrer Jugend, aber auch den Trubel der Modewelt. Caroline verstand eigentlich nichts von Kunst, und hatte keine Ahnung, ob die komischen Dinge, welche hier gemacht wurden, darunterfielen.
Und dann waren da noch eine Menge eigenartiger Gestalten, welche sich im „Hive“ herumtrieben.
Irgendein blinder Musiker, mit komischem Gedöns auf dem Kopf, kam wohl aus demselben Land wie diese Wendy. (Wo stammte eigentlich noch mal Carolines Familie her?)
Eine junge, sehr frech wirkende Latina, die mit ihrem Skateboard auf irgendwelchen Tafeln rumfuhr, sollte wohl irgendwie sowas wie eine „Performance“, (oder wie Leute hier sowas nennen) darstellen.  
Des weiteren eine dunkelhaarige Frau in einer Art Schneewittchenkleid, machte wohl irgendwas mit Mode.
Diese dürre Dichterin, strubbelige Haare auf dem Kopf, immer einen Rekorder dabei.
Dazu diese Rockerin, Lederweste, irrer Blick, ein Kreuz um den Hals das irgendwie nach Krieg aussah. (Caroline ist ja eher ungebildet.)
Und sie, Caroline Swanson, eigentlich fröhliches Landei, dann gefeiertes Modell, später blumiges Hippie-Mädchen, und jetzt? Projektion für eine komische Kunstaktion bei der niemand weiß wofür sie gut sein soll, wo sich niemand von der Musik ein Album kaufen würde?
Caroline lag gelangweilt auf dem Bett herum.
Sie lief angeödet durch die Gänge des „Hive“ und glotzte alles mit großen Farmerstochteraugen an.
Unsere Hippie-Dorfkind-Walküre-Mannequin-Nico fragte sich was ihr bislang fehlte.


Das was Du hier mit dem Leser machst, empfinde ich als tödlich.
Du versuchst die Atmosphäre einer Szene(Wahrnehmungs-Abschnitt) als auch einer Szene(soziales Umfeld) deiner Protagonistin zu beschreiben, aber das funktioniert überhaupt nicht, da du sie als Erzähler mit den Wahrnehmungen und Gedanken Deiner Protagonistin beschreibst und sie leider kein Insider ist.
Ein Leser fühlt sich aber wohl, als "wissender Leser". Und das dürften die wenigsten Leser bei dieser Beschreibung sein.
Du vermittelst den Eindruck als Autor als "wissender Erzähler", greifst aber zu der Wahrnehmung deiner Protagonistin. Das empfinde ich als nicht klug.
Und mich schreckt dann auch das sehr schlichte Gemüt, Deiner Protagonistin ab, wenn das wirklich ihre Wahrnehmungen sind.
Schau Dir einmal an, wie häufig Du das Wort "irgendwie" in dieser Beschreibung benutzt.

Also, was ich meine, ein bisschen mehr "Wissen" und Grips solltest Du der Caroline schon geben.

Das ist sehr schade, da solltest Du noch einmal Arbeit reinstecken.

Das ist ein schweres Projekt, welches Du da stemmen willst, ich wünsche Dir viel Muße und Spaß bei der Arbeit.
Ich bin auch ein großer Musik Fan.


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Tobias Tezuka
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Beiträge: 20
Wohnort: Hamburg


T
Beitrag01.01.2022 04:47

von Tobias Tezuka
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Hallo John,

frohes neues Jahr und vielen, vielen Dank dass du dir Gedanken gemacht hast!

Muss dazu sagen dass ich mit dem Thema Roman weitesgehend abgeschlossen habe und jetzt eher zum Comic tendiere...

Trotzdem ganz interessant was du da geschrieben hast.
Meineserachtens grenzen sich Musiker um ihren eigenen Stil zu definieren gerne von anderen Musikern oder Stilrichtungen ab - Punk von Prog usw. (Prominentes ikonisches Bild: Das "I Hate Pink Floyd"-T-Shirt von Johnny Rotten. Aber da gibt es noch andere Bespiele!)
Berry Gordy ist übrigens kein Musiker sondern Musikunternehmer!

ZU deinen Ausführungen zu Caroline müsste ich mir mal weitere Gedanken machen!


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