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Truetext Gänsefüßchen
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Beiträge: 29
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T 04.10.2021 19:23 on the road again von Truetext
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Der schlaue Käfer
Als Georg am Waldrand angekommen war, murmelte er vor sich hin: Was ist eigentlich los? - Niemand antwortete. Er setzte sich auf einem Baumstumpf und schaute auf die an den Wald angrenzende Wiese mit hohem Gras und mit den teils vertrockneten Blumen. Würde es heute Regen geben?
Lange blieb er dort sitzen und dachte darüber nach, worüber er eigentlich nachdenken könnte. Aber es fiel ihm nichts ein.
Eine Weile betrachtete er den modrigen Waldboden vor seinen Füßen und gewahrte plötzlich einen ziemlich großen schwarzen Käfer, der eilig am Rand der Wiese entlang krabbelte.
»Hey, Käfer«, rief Georg, »weißt du, worum es geht, oder was ich machen soll?«
Der Käfer blieb stehen, streckte seine Fühler in die Luft, dann wandte er sich um, und schaute zu Georg hoch. »Da sitzt ein Idiot auf einem Baumstumpf«, dachte der Käfer, »und stellt dumme Fragen. Was soll ich ihm antworten?«
Der Käfer machte mit einem seiner Fühler eine kreisende Bewegung, dann schüttelte er den Kopf mit seinen Facettenaugen daran, dann blickte er zur anderen Seite, dort wo die Wiese los ging, dann blickte er wieder zurück zu dem Typen auf dem Baumstamm, räusperte sich und dann sagte er mit einer feinen, lispelnden Stimme, wie sie bei Käfern nun mal so üblich ist: »Mein lieber, Sie stellen reichlich dumme Fragen. Selbst ich als Käfer weiß darauf keine Antwort. Obwohl Käfer meines Typs einen außerordentlich hohen Bildungsstandard haben, und zu geistigen Leistungen der höchsten Stufe fähig sind.«
»Dumme Fragen«, murmelte Georg, dann nahm er den winzigen Körper des schwarzen Käfers genauer in Augenschein und fragte: »Wie ist ihr Name?«
»Mein Name ist One-Way On-the-Road«, lispelte der Käfer, »und Ihrer?«
»Ich bin Georg, Georg Lurch.«
»Okay.«
»One-Way On-the-Road, das ist aber ein ziemlich langer, seltsamer Name ... aber er klingt schön, finde ich«, sagte Georg, »hat er etwas damit zu tun, was Sie so tun? Ist es eine bestimmte Käfer-Art, oder ist es gar Ihre Berufsbezeichnung?«
»Mein Name? Ja, eher mein Name, Georg«, entgegnete der Käfer, »mit dem was ich tue hat es jedenfalls nichts zu tun. Ich bin auch heute einfach nur so unterwegs, schon gar nicht beruflich, und ein Ziel habe ich auch nicht.«
Okay, er duzt mich, dachte Georg. »Willst du dich vielleicht einfach ein bisschen rumtreiben?«, fragte er zurück.
»Ja«, sagte der Käfer, »genaugenommen bin ich dabei mir meine acht Beine zu vertreten.«
»Hm«, sagte Georg, »da hast du ja ordentlich was zu tun, - ich habe nur zwei.«
»Zwei Beine nur?«, fragte One-Way zweifelnd.
»Ja, zwei.«
»Damit kommt man nicht weit?«
»Doch doch, eigentlich schon, aber man muss wissen, in welche Richtung, und wenn man das nicht weiß, kommt man gar nicht voran. Man bleibt auf einem Baumstumpf sitzen und wird depressiv.«
»Ach«, sagte der Käfer, »das wird schon nicht so schlimm sein. Irgendwie geht es doch immer weiter. Weißt du Georg, vorgestern war ich drüben in der Stadt. Da ist vielleicht was los, du glaubst es nicht. Wenn du als Käfer dort so rum krabbelst, läufst du Gefahr, dass man dich einfach überrollt. Autos heißen diese tonnenschweren Dinger, und eh man sich versieht, fahren sie einen platt. Einer entfernten Freundin von mir ist sowas passiert. Man hat sie nicht mal mehr beerdigen können, denn sie war platt gewalzt von einem Auto wie ein Blatt, und der Wind hat sie anschließend fort geweht.«
»Das ist ja furchtbar«, entgegnete Georg. Manche Leute haben noch mehr Pech als ich.«
»Du hast Pech?«, fragte One-Way On-the-Road und hob den anderen Fühler langsam nach oben.
»Ja Pech«.
»Pech womit?«
»Mit den Frauen.«
»Mit den Frauen? Was denn für Frauen? Ich sehe keine.«
»Das ist es ja«, sagte Georg, »sie ist weg.«
»Weg? Wohin?«
»Ja, gegangen, einfach fort, innerlich wie äußerlich.«
»Hm«, machte One-Way, »das ist natürlich eine traurige Angelegenheit, da verstehe ich schon, dass du depressiv bist.
... aber wenn du hier rumsitzt, wird es auch nicht besser«, sagte er dann, »du musst irgendwas tun. Schau mich an, ich geh einfach vorwärts und vertrete mir die Beine.«
»Du meinst das hilft?«
»Ja, geh vorwärts und vertritt dir die Beine. ... auch wenn es nur 2 sind«, fügte er dann etwas geringschätzend hinzu.
»Hm«, machte Georg, die Beine vertreten, überlegte er. Gerade erst war er doch im Wald gewesen und hatte sich ordentlich die Beine vertreten.
»Du musst sie dir noch mehr vertreten«, rief der Käfer, so als habe er Georgs Gedanken gelesen. »Beine vertreten ist alles, worauf es ankommt.«
»Tziss«, machte Georg, »du hast vielleicht Ratschläge, aber vielleicht hast du Recht.«
Etwas mühsam erhob sich Georg von seinem Baumstumpf. Der Käfer One-Way wandte sich wieder seiner Strecke zu und sagte: »Ich muss jetzt weiter. Ich weiß zwar nicht warum, aber Beine vertreten ist alles, einfach gehen. Weiter gehen. Immer den Fühlern nach.«
»Okay«, sagte Georg, »ich geh jetzt auch. Ich wünsche dir noch einen schönen Tag. Und pass gut auf dich auf.«
»Dito«, sagte der Käfer und trippelte vorwärts.
Georg ging am Rand der Wiese entlang, in Richtung Stadt. Und er dachte an die Freundin des Käfers, die dort überfahren worden war. Es gab schlimmere Schicksale als seins.
Als er eine Weile gegangen war, wurde aufeinmal alles anders.
Vielleicht sollte einem das Ziel am Arsch vorbei gehen, dachte er. Irgendwie brauchte das Ziel frohe Gedanken, um es zu sehen, und wenn man die nicht hatte, dann sah man es nicht, dann musste man eben einfach gehen. Gehen gehen gehen. Georg erreichte den Rand der Wiese. Er wandte sich noch mal um und schaute in die Richtung, wo One-Way On-the-Road verschwunden war. Ein wahrhaft weiser Käfer. Und dann dachte er: ich denke jetzt nicht mehr, ich bin auch nicht mehr traurig, ich gehe einfach weiter, ich mache es wie One-Way On-the-Road. Der Weg ist das Ziel. Das Ziel ist schon erreicht. Das große Ziel ist immer da. Man lebt darin, und Everything is allright.
Einfach Gehen oder Krabbeln. Weiter Weiter Weiter.
Und dann fiel ihm ein Lied ein, das hieß "It is just the way it is". Es ist wie es ist, und an ein anderes, in dem es hieß, "And here I am, on the road again. Das Leben geht weiter, wenn ich weiter gehe. Für immer.
Und etwas später viel ihm noch ein Lied ein, das hieß:
A long and winding road. One-Way On-the-Road.
Weitere Werke von Truetext:
_________________ Entschuldigung für die Strapazen |
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Lindwurm Schneckenpost
L Alter: 39 Beiträge: 9
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L 05.11.2021 18:11
von Lindwurm
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Hallo Truetext,
Erst einmal:
Ich finde die Idee hinter deiner Geschichte wirklich gut. Ein Dialog mit einem Käfer ist originell und lustig.
Hier ein paar Anmerkungen:
Der Käfer machte mit einem seiner Fühler eine kreisende Bewegung, dann schüttelte er den Kopf mit seinen Facettenaugen daran, dann blickte er zur anderen Seite, dort wo die Wiese los ging, dann blickte er wieder zurück zu dem Typen auf dem Baumstamm, räusperte sich und dann sagte er mit einer feinen, lispelnden Stimme, …
Dieser Satz ist leider wirklich gruselig! Innerhalb der wörtlichen Reden kann man gerne mal so etwas formulieren. In der Erzählung ist es nicht nach meinem Geschmack. Du hast im Allgemeinen sehr oft den gleichen Satzaufbau verwendet (….., dann ….)
»Ja«, sagte der Käfer, »genaugenommen bin ich dabei mir meine acht Beine zu vertreten.«
Haben Käfer nicht nur sechs? Die Diskussion über die Beine finde ich toll.
Der Weg ist das Ziel. Das Ziel ist schon erreicht. Das große Ziel ist immer da. ….
Der Schluss ist etwas viel des Guten. Da wird man mit dem Zaunpfahl erschlagen.
Danke für deine Geschichte.
Lindwurm[/quote]
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Truetext Gänsefüßchen
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Beiträge: 29
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