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k.e. law


 
 
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aspesp
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Beiträge: 5



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Beitrag01.09.2016 18:17
k.e. law
von aspesp
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„Wen haarben wir denn da?“ fragte König E., als Robin H. vorgeführt wurde. Er musterte ihn vom Zipfel seiner Gugelhaube bis zur Spitze seiner Schnabelschuhe. Bisher war Robin H. eine Märchengestalt unbestimmter Herkunft gewesen. Der Volksmund hatte sich seiner bedient ebenso wie einige Nachahmungstäter, die aber schnell als schlechte Kopien des berühmten Originals entlarvt werden konnten. In den Überlieferungen des einfachen Volkes war Robin H. ein edler Ritter, der den Reichen nahm, um es den Armen zu geben. König E. sah die Geschichte allerdings etwas anders. Sein Geheimdienst war Robin H. und seinen fröhlichen Gefährten bereits seit Jahren auf der Fährte.

Tatsächlich war der k.e.-IA [kaɪ̯ɐ] der modernste Geheimdienst der Welt. Die Raffinesse seiner Ermittlungsmethoden und Gründlichkeit seiner Verhörpraktiken waren sogar denen der CIA überlegen. Über Jahre hinweg hatten die besten Inquisitoren Indizien gesammelt, die nun die Schuld des Gefangenen beweisen sollten. Diese bestanden vor allem in Proben, die mit 99.3%iger Wahrscheinlichkeit einem bestimmten DNA-Profil zugeordnet werden konnten. Die Fehlerquote lag also bei 0.7% und war damit vernachlässigbar, in Anbetracht der Tatsache, dass 86.7% der Beschuldigten im k.e.-Reich ohne haltbare Beweise zum Tode verurteilt wurden. Damit befand man sich im guten Durchschnitt der Kriminalitätsstatistiken vergleichbarer absoluter Monarchien und der König sah keine Notwendigkeit seine Rechtsprechung zu überdenken.

Dem Beschuldigten Robin H. wurden 101 Fälle von Raub und Diebstahl zur Last gelegt. Die zahlreichen Spuren in Form von Haaren lieferten DNA und ermöglichten die Erstellung eines genetischen Fingerabdrucks der Beteiligten, die sich vor (Tat-)Ort gehaart hatten. Etwa die Hälfte der so aufgefundenen, grausigen Funde einzelner Haare oder Haarbüschel konnten den Verbrechensopfern zugeordnet werden. Unter diesen befanden sich Familienangehörige König E.s, nämlich drei seiner Brüder, siebzehn Nichten und vierzehn Neffen, dreizehn Cousinen, neun Cousins, fünfunddreissig Grosscousins und vier Grosscousinen, sowie drei seiner Schwägerinnen und seine zwei Schwager. Eines der Opfer war mit dem König weder verschwägert noch verwandt und stand daher wegen Mittäterschaft ebenfalls auf der Anklagebank.

Zu Beginn des Verfahrens wurden zwei k.e.-Hofexpertinnen aufgerufen. Haar sei nicht gleich Haar, erklärte die Erste und bestätigte die Zweite. Ein Schamhaar sei im allgemeinen Sprachgebrauch genauso ein Haar, wie ein Bart-, Brust- oder Kopfhaar. Ein fataler Fehler, den es in der Gerichtsmedizin zu vermeiden gelte! Wegen dieser sprachlichen Schwäche bedienten sich Expertinnen des Französischen, das zwar die Sprache des Erzfeindes war, aber Abhilfe bei der Beweisführung versprach. Dort werde zwischen Körperhaar (poil) und Kopfhaar (cheveu) unterschieden.

Auf den ersten Blick scheine es sich hierbei um eine klare Trennung zu handeln, denn Brust- und Schamhaar befänden sich eindeutig nicht am Kopf. Neueste Forschungsergebnisse der Alchemie hätten aber zutage gebracht, dass das Barthaar ein Zwitter beider Kategorien sei, denn obwohl es sich am Kopf befände, werde es als „poil“ bezeichnet. Der Unterschied zwischen Körper- und Kopfhaar liege wohl in der Haarstruktur (drahtig versus weich) und seiner Fähigkeit ins Quasi-Unendliche zu wachsen. Wiederum sei das Barthaar die Ausnahme. Obwohl drahtig, könne es ganz schön lange werden, so die einhellige Expertinnenmeinung.

Diese Unterscheidung rief zwei Berufsgruppen auf den Plan und in den Zeugenstand: Die Frisörin und die Kosmetikerin. Der k.e.-IA war stolz von sich behaupten zu können jeweils eine ganze Truppe beider Professionen in seinen Reihen zu beschäftigen. Während sich erstere um Kopfbehaarung kümmert, befasst sich letztere ausschliesslich mit Körperbehaarung. Barthaar fällt wohl in die kundigen Hände der Frisörin, obwohl an sich die Kosmetikerin das struppige Drahthaar behandelt. Damit waren die Zuständigkeitsbereiche genauestens abgesteckt.

Bei den 1.100 Haarspuren handelte es sich in 1.095 Fällen um Kopfbehaarung. Zwei Bart- und drei Brusthaare fanden ebenfalls Eingang in das Prozessprotokoll, konnten aber von der Kosmetikerin einem Cousin sowie zwei Neffen des Königs zugeordnet werden und waren daher nicht weiter tatrelevant. Das Vorgehen bestand nun darin, die verbleibenden 1.095 Kopfhaare mit denen von Robin H. zu vergleichen und so die Schuld des Angeklagten vorzuführen und zu verurteilen.

König E. legte in solchen Schauprozessen gerne selbst Hand an und spielte Staatsanwalt. Da das Staatsoberhaupt ausserdem zugleich Richter und Jury verkörperte und der Verteidigung keinerlei juristische Unterstützung zustand, war der Gerichtssaal leer, abgesehen vom Film- und Fernsehteam, das das Verfahren live in die Haushalte des gesamten Königreichs übertrug. An dem Abend bestand für alle k.e.-Untertanen Fernsehobligation. Obwohl nur Indizienbeweise gegen den Angeklagten vorlagen und letzterer die Sympathien der ärmeren Bevölkerungsschichten genoss waren sich die Beobachter und Berichterstatter des gesamten Königreichs sicher, dass es zu einer Verurteilung kommen würde. Noch nie war der Schiedsspruch König E.s im Live-Fernsehen zu Gunsten des Angeklagten ausgefallen.

Robin H. wurde herbeigeschleift und musste sich niederknien. Der König wollte die Haarprobe eigenhändig entnehmen und der Frisörexpertin übergeben. Ein ganzes Haarbüschel wollte er dem Angeklagten ausreissen, um für seine Familie Rache zu nehmen und Robin H. die von A.I. mehrmals und schwerstens verurteilte Spezialbehandlung in den Kellerkerkern des k.e.-Gerichtsgebäudes anzukündigen. „Hiermit, werde ich dich, Robin H., Dieb und Verbrecher, deiner schändlichen Taten überführen. Lassen wir Fakten sprechen. Deine Haarprobe soll deine Schuld beweisen!“ sprach das Staatsoberhaupt und riss dem Knienden die Haube vom Kopf. Kamera 1 zoomte auf das bald schon guillotinierte Haupt des Angeklagten. Totenstille im Saal. Schreie vor den Fernsehgeräten.

Robin H.s Hinterkopf flimmerte rosa glänzend und nackt, wie Gott ihn seit Jahrzehnten schuf auf den Bildschirmen aller Haushalte des Königreichs. Vor Schreck liess die Regie auf Kamera 2 schalten. Diese zeigte König E., der versteinert die Gugel des Knienden von sich streckte. Der glatzige Robin H. schnellte federnd auf. Er nutzte die Starre, die den Gerichtssaal befallen hatte und verflüchtigte sich. Noch lange später regte sich kein Lüftchen im Saal. Der Prozess wurde vertagt.

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V.K.B.
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Beitrag01.09.2016 23:03

von V.K.B.
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Hallo aspesp,
Danke für deinen Einstand

Haarige Sache, muss man schon sagen. Mir ehrlich gesagt zu haarig, ich hab mit jedem Absatz immer schneller und unaufmerksamer gelesen, nur um zu sehen, ob noch was außer Haaren kommt.

Sorry, ich fand das ganze zu lang und auch langweilig, meinen Humor hat das nicht wirklich erreicht. Dabei kannst du schreiben, denn eigentlich las sich der Text recht flüssig. Nur mit dem Inhalt werde ich irgendwie nicht warm.

Die Pointe hat bei mir auch nicht richtig gezündet, ich fand das doch etwas, pun intended, an den Haaren herbeigezogen. Erst einmal muss man nicht lange warten, bis Haare genug nachgewachsen sind, um genug für einen DNA Test zu haben, zweitens kann man Zellen dafür auch anderswo entnehmen und drittens kann mir niemand erzählen, dass keiner dem Typen nach der Verhaftung nicht erstmal unter die Haube geschaut hätte.

Soweit meine Einschätzung, behaart aber gerecht, hoffe ich. Und natürlich nur meine individuelle Meinung.

LG,
Veith


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aspesp
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Beiträge: 5



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Beitrag02.09.2016 08:22

von aspesp
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Hallo Veith,

danke für's rasche Lesen und Kommentieren!

Das Thema "Haarig" war vorbestimmt, ich hatte den Text für den fm4 Kurzgeschichtenwettbewerb 2014 geschrieben.

Sich an die Fakten zu halten (DNA-Tests auch anders möglich, Abnahme der Haube bei der Verhaftung, wie du schreibst), schien mir weniger wichtig, da die Geschichte zu Robin H.s Zeiten spielt.

Ich werde mir deine Anmerkungen aber durch den Kopf gehen lassen!

BG,
aspesp
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supermichail
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Beitrag02.09.2016 21:01

von supermichail
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Ich bin mit V.K.B. einverstanden, abgesehen von, ehrlich sagen, "lang und langweilig". Ich wurde ziemlich überrascht und unterhalten, während die Diskussion zur Klassifizierung des Haars drehte. Eigentlich möchte ich mehr solcher... Albernheit, mit alberneren Figuren. Ich vermute, das könnte wirklich komisch werden. Aber der Höhepunkt war ziemlich enttäuschend.

Ich möchte auch ein bisschen mehr wissen, was für ein Zeitraum das war. Es gibt DNA-probe, aber auch irgendwas monarchisch. Obwohl vielleicht ist das nicht wichtig.


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V.K.B.
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Beitrag03.09.2016 01:29

von V.K.B.
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aspesp hat Folgendes geschrieben:

Sich an die Fakten zu halten (DNA-Tests auch anders möglich, Abnahme der Haube bei der Verhaftung, wie du schreibst), schien mir weniger wichtig, da die Geschichte zu Robin H.s Zeiten spielt.


aspesp hat Folgendes geschrieben:
Die zahlreichen Spuren in Form von Haaren lieferten DNA und ermöglichten die Erstellung eines genetischen Fingerabdrucks der Beteiligten, die sich vor (Tat-)Ort gehaart hatten.


Das passt für mich aber nicht wirklich zusammen.


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Roman Ramon
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Beitrag20.09.2021 15:26
Interesse geweckt
von Roman Ramon
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Ich mag es wenn ein Text derart in sein Spezialthema abgleitet und in eine Mischung aus absurd und an Fakten orientiert. Unstimmigkeiten was die zeitliche Einordnung angeht stören mich da nicht, machen es meinem Hirn eher noch gemütlicher in der eindeutig nicht realen welt der Geschichte. Unstimmigkeiten im Plot sind da was anderes, kann so oder so ausfallen. Für mich war der nackte Hinterkopf ok.
Das er sich am Ende so einfach verflüchtigt stieß mir auf.

Vielleicht könnte das hohe Spannungspotenzial das von der Gerichtssituation ausgeht, neben den erläuterten technischen Einzelheiten noch ein bisschen hervorgehoben werden, indem es auch öfter mal kurz in die Szene reingeht, die spannungsgeladene Atmosphäre andeutet.
So könnte der Text evtl. noch etwas mehr Drive bekommen.
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F.J.G.
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Beitrag20.09.2021 15:35

von F.J.G.
Antworten mit Zitat

@Roman Ramon

Der Threadersteller, dessen Text du rezensiert hast, war zuletzt am 2. September 2016 – einen Tag nach seiner Anmeldung – hier unterwegs und hat sich seitdem fünf Jahre lang nicht blicken lassen.

Es ist wirklich nett, dass du dich aktiv am Forenleben beteiligen möchtest, nur läuft das in Fällen wie diesem ins Leere. Autoren brauchen offene Ohren den Kritikastern gegenüber, und derartige Ohren sind nach fünf Jahren der Inaktivität eben nicht gegeben. Wink


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Roman Ramon
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Beitrag22.09.2021 12:03

von Roman Ramon
Antworten mit Zitat

Kojote hat Folgendes geschrieben:
@Roman Ramon

Der Threadersteller, dessen Text du rezensiert hast, war zuletzt am 2. September 2016 – einen Tag nach seiner Anmeldung – hier unterwegs und hat sich seitdem fünf Jahre lang nicht blicken lassen.

Es ist wirklich nett, dass du dich aktiv am Forenleben beteiligen möchtest, nur läuft das in Fällen wie diesem ins Leere. Autoren brauchen offene Ohren den Kritikastern gegenüber, und derartige Ohren sind nach fünf Jahren der Inaktivität eben nicht gegeben. Wink


Danke

guter Hinweis, ich werd mal darauf achten, sonst hat je wirklich niemand was davon.
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