18 Jahre Schriftstellerforum!
 
Suchen
Suchabfrage:
erweiterte Suche

Login

Jetzt erhältlich! Eine Anthologie von und mit unseren Usern. Jetzt bestellen! Die erste, offizielle DSFo-Anthologie! Lyrikwerkstatt Das DSFo.de DSFopedia


Deutsches Schriftstellerforum Foren-Übersicht -> Prosa -> Einstand
Der kalte Hund


 
 
Neues Thema eröffnen   Neue Antwort erstellen
 Vorheriges Thema anzeigen :: Nächstes Thema anzeigen  « | »  
Autor Nachricht
Hirata
Schneckenpost
H


Beiträge: 12
Wohnort: Bayern


H
Beitrag20.06.2021 17:14
Der kalte Hund
von Hirata
eBook pdf-Datei Antworten mit Zitat

Neue Version »

Hallo,

hier ist mein Einstandswerk.

Liebe Grüße
Hirata


Der kalte Hund

Es war 16 Uhr nachmittags und in der Psychotherapie Praxis von Herrn Dr. Schlegel war es brütend heiß.
Rosa zupfte an ihrer weißen Bluse, die an ihrem Körper zu kleben begann. Sie bereute jetzt schon, dass sie nicht das hellblaue luftige Sommerkleid trug, stattdessen eine dunkelblaue Leinenhose mit einer weißen kurzärmeligen Bluse. Sie registrierte, dass es bereits 16:10 Uhr war.

Herr Dr. Schlegel räusperte sich.
“Nun, ihr Mann weiß Bescheid, dass sie heute einen Termin hier haben?” fragte er mit einem tiefen Blick.
“Ja natürlich, ich habe ihn auch heute früh nochmals daran erinnert!” erwiderte Rosa
“Gut, dann warten wir einfach noch ab!”

Es klingelte wild. Herr Dr. Schlegel warf Rosa einen unbestimmten Blick zu, trat an die Tür und öffnete.
“Hallo Herr Dr. Schlegel, nun ja es tut mir leid, ...ich habe die S-Bahn verpasst!” sagte Christian Meisner außer Atem. Er trat ein und folgte Herrn Dr. Schlegel in das kleine Behandlungszimmer. Die Praxis war in einem alten Gebäude mit Elementen des Jugendstils wie Rundbögen an den Fenstern,  untergebracht. Ein goldenes Schild neben der Tür verriet jedem, der es wissen wollte, dass Herr Dr. Schlegel, Psychotherapeut, hier seine Praxis hatte. Die Räume waren hell und weiß gestrichen. Die hohen Wände waren mit Stuck verziert.  Drei dunkelbraune Ledersessel standen sich in einer Dreier-Kombination gegenüber. Ein kleiner runder Glastisch in der Mitte mit etwas Konfekt ergänzte das Echtleder-Set.  Ein dunkelblauer orientalischer Teppich mit Ornamenten in verschiedenen Blautönen von hell bis dunkelblau unter dem Ensemble wirkte behaglich. An einer der weißen Wände lehnte ein großer dunkler Kirschholzschrank mit zwei Türen.
Herr Meisner ließ sich in einen der Sessel plumpsen. Rosa runzelte die Stirn, als sie das verschwitzte und zerknitterte weiße Hemd an ihm bemerkte. Ein leichter Schweißgeruch wehte zu ihr hinüber, sie rümpfte die Nase.
Herr Dr. Schlegel tat so, als bemerke er nichts. Er lächelte beide an.

“Das ist ja toll, dass Sie es noch geschafft hat! Dann können wir ja jetzt beginnen!”
Rosa nickte und Christian sah Herrn Dr. Schlegel an.
“Wir haben ja die Formalitäten letztes Mal besprochen!” sagte Herr Dr. Schlegel.
“Jeder spricht 15 Minuten und der andere hört nur zu! Sprechen sie über sich ...möglichst in der Ich-Form, reden sie über ihre Gefühle, was sie belastet, warum sie jetzt hier sind!”
Christian lehnte sich zurück und schlug ein Bein über das andere. Er sah Rosa an.

“Fang du an, du wolltest das hier ja alles - diese Paartherapie” sagte er und führte mit der rechten Hand bei “das hier” eine kreisförmige Bewegung den Raum und sie umfassend aus.
Rosa schluckte und spürte ein Zwicken im Magen.

“Nun ja also...ich weiß jetzt nicht wo ich beginnen soll!” Sie sah Herrn Dr. Schlegel an.
“Ja, wollen sie heute einfach mal von ihrem Tag erzählen, wie war ihr Tag heute?”, schlug Herr Dr. Schlegel vor.  
“Ja, gut, also...ich bin heute früh aufgestanden und habe erstmal den Hund gefüttert!”
Rosa sah auf den Boden.
“Ja, wissen sie Herr Dr. Schlegel, wir haben einen Golden Retriver…!” Sie blickte an Christian vorbei.  Herr Dr. Schlegel nickte ihr zu.
“Also ich habe erst Benno - unseren Hund - gefüttert. Er isst halt doch lieber Nassfutter, aber meine Mann - Rosa sieht Christian scharf an - gibt ihm aber nur Trockenfutter. Können sie sich das vorstellen?”
“Frau Meisner, bitte...sprechen sie über ihre Gefühle..in der Ich-Form!”
Rosa nickte wieder und strich eine verklebte blonde Strähne aus dem Gesicht.
“Ja, das ärgert mich sehr. Der Benno... letztens musste ich mit ihm zum Tierarzt, weil mein Mann wieder nur Trockenfutter hinstellte. Der ganze Magen ist doch verklebt! Rosas Stimme zittert und wird eine Oktave höher.  Herr Dr. Schlegel nickte betroffen.
“Was sagte denn der Tierarzt?!”
“Ja, also….der Tierarzt sagte, es sei nicht so schlimm, wenn er zusätzlich auch Nassfutter bekäme und genügend Wasser! Es sollte halt eine Ausnahme bleiben, dass er nur Trockenfutter bekommt!”
“Aber Ausnahme...das ist keine Ausnahme, das passiert fast 3 mal die Woche!” schimpfte Rosa jetzt lauthals und sah Christian mit glitzernden Augen an.
“Der Scheiß-Hund!” entweicht es Christian
Rosa und Herr Dr. Schlegel sehen Christian erschrocken an. Rüdiger hebt beide Arme in die Höhe.
“Ja mein Gott,...!”

Herr Dr. Schlegel sieht auf die Uhr.
“Frau Meisner wollen sie noch etwas sagen? Sie haben noch 5 Minuten Zeit, dann sind ihre 15 Minuten um und Herr Meisner ist dran!”
“Da sehen sie es, wie der mit meinem Hund umgeht!” wurde Rosa laut.
“Frau Meisner….Ich-Botschaften!”
“Da sehen sie, wie mich das ärgert, wenn er so mit meinem Hund umgeht.”
Rosa verschränkte die Hände und sah  demonstrativ an Christian vorbei.

Herr Dr. Schlegel stand auf und öffnete endlich eines der großen Fenster, welches zu einem herrlichen Garten führte. Ein frischer Luftzug erfrischte die Gemüter.

“So, jetzt bin ich an der Reihe!” sagte Christian mit einem Knurren in der Stimme.
“Der blöde Hund, wer wollte denn den doofen Hund? Ich jedenfalls nicht!”  
Herr Dr. Schlegel zuckte zusammen.
“Herr Meisner, bitte keine Schimpfwörter….wir sind doch erwachsen!”
“Der Hund verreckt an dem bisschen Trockenfutter schon nicht. Aber keine Wunder, dass der Hund so verweichlicht, wenn meine Frau - dabei zeigt er auf Rosa - ihn so bemuttert!”
Rosemary kniff die Augen zusammen und presste die Lippen aufeinander.
“Jetzt stellen sie sich vor….das Viech schläft neuerdings sogar in unserem Schlafzimmer!”
“Ja, weil du da nicht mehr schläfst!” warf Rosa ein.
“ Frau Meisner, bitte….jetzt ist ihr Mann dran, sie sollen nur zuhören!”
“Ist doch wahr” nuschelte Rosemarie vor sich hin.
“Ja, natürlich schlaf ich seit Monaten auf dem Sofa….das ist dir doch eh lieber, anders ist das ja nicht auszuhalten!”
“Herr Meisner, warum schlafen Sie auf dem Sofa? Was halten sie nicht aus? Denken sie an die Ich- Botschaften!” wendete Herr Dr. Schlegel ein.
“verdam….Ich-Botschaften!” knurrt Christian.
Plötzlich lehnt sich Herr Meisner zufrieden zurück.
“Aber das hat jetzt ein Ende mit dem Viech!”

“Wie meinst du das?” fragt Rosa erschrocken.
“Entsorgt!” antwortet Rüdiger kurz und knapp.
“Ach ja...Ich -Botschaften.!” sagte Rüdiger mit Blick auf Herrn Dr. Schlegel.
“ICH HABE IHN ENTSORGT!”  Jedes Wort sagte er betont langsam und blickte mit Belustigung in Rosas Augen.

“Wie entsorgt?” kreischte Rosa.
“Herr Meisner, was meinen Sie mit “entsorgt?” auch Herr Dr. Schlegel rutschte jetzt auf seinem Sessel herum mit runzeln der Stirn und einem flackernden Blick.
Christian zuckt mit den Schultern und grinst. Er lehnt sich zurück und genießt es, als alle kurz verstummen.
Rosa laufen Tränen über die Wangen.
“Was hast du getan?”

“Herr Meisner, jetzt sagen sie schon, was ist mit dem Hund passiert!” Herr Dr. Schlegels Stimme wirkt plötzlich sauer.
“Ich muss los!”  Christian springt auf, nimmt seine Aktentasche und läuft fröhlich pfeifend in Richtung Tür.
“Halt Herr Meisner, Herr Meisner, sie können jetzt nicht einfach gehen…!” Herr Dr. Schlegel läuft Herr Meisner hinterher.
“Was ist mit Benno, was hast du mit Benno gemacht!” Rosas Kreischen wird immer wahnsinniger.
Bevor beide ihn aufhalten können, hat Christian die Praxis schnellen Schrittes verlassen. Rosa fing wieder an zu schwitzen. Auch bei Herrn Dr. Schlegel zeigten sich unter den Achseln Schweißflecken.
Sie weinte hemmungslos.
“Sehen Sie, das macht er ständig so!”
Herr Dr. Schlegel nickte und streichelte Rosas Arm.
“Frau Meisner, sie gehen jetzt am besten nach Hause und sehen nach, was mit Benno passiert ist!”
Rosa nickte.
“Sie können mich jederzeit anrufen, wir lassen jetzt den Termin nächste Woche stehen...es gibt doch mehr zu klären als ich dachte!”
Rosa nahm die Visitenkarte mit der Telefonnummer entgegen und lief zur Tür. Sie drehte sich noch mal kurz um.
“Danke Herr Dr. Schlegel….ich rufe sie an!”
Herr Schlegel nickte. Hoffentlich war nichts schlimmes passiert. Aus Erfahrung wusste er, dass - wenn Herr Meisner Ernst gemacht haben sollte - eine klare Grenze überschritten war. Das war in 90 % der Fälle der Todesstoß für die Ehe oder Beziehung. Ein Tier war in fast allen Fällen ein weiteres Familienmitglied und nur sehr schwer zu verzeihen, wenn absichtlich etwas passiert war.
Er erinnerte sich an den Fall, als ein Ehegatte, während seine Frau mit der Freundin im Urlaub war, die gemeinsamen Katzen kurzerhand ins Tierheim gebracht hatte. Das führte dazu, dass die Frau die Scheidung postwendend verlangte.


Die ganze Woche dachte Herr Dr. Schlegel immer wieder an die Meisners. Was war jetzt mit dem Hund geschehen. Er sah immer wieder auf das Telefon, das still blieb.
War es vielleicht doch nicht so schlimm? Hatten sie sich versöhnt?
Oder war etwas besonders schlimmes passiert? Mit einem Verbrechen? Und sie rief deshalb nicht an? Es klingelte und Herr Dr. Schlegel wusste, es kam der nächste Klient.

Dienstag - die Woche darauf- 16 Uhr.
Herr Dr. Schlegel hatte den ganzen Tag auf 16 Uhr hingefiebert. Er hatte nichts mehr von Frau oder Herrn Meisner gehört. Auch die Nachrichten, die er in den letzten Tagen akribischer als sonst angesehen oder aus der Zeitung/ Nachrichten verfolgt hatte, hatten keine Verbrechen zutage gefördert, die in Zusammenhang mit Familie Meisner standen.
Seine Sekretärin hatte ihm nach dem Mittagessen einen Espresso hingestellt mit zwei kleinen Linzer-Keksen.  Das Wetter war deutlich frischer als letzte Woche und aufgrund der abendlichen Lüftungen war der Behandlungsraum angenehm kühl.

Um 16 Uhr traten Herr und Frau Meisner gemeinsam ein. Herr Dr. Schlegel suchte in den Gesichtern nach Anzeichen der Tragödie.  Doch er fand keine.
Sie setzten sich.
“Guten Tag, Herr und Frau Meisner!”
Rosa nickte ihm zu und zupfte dann an ihrem Rock herum. Herr Meisner sah ihn nur an und wartete.
“Ähm..ja nun. Also die letzte Sitzung war ja doch etwas aufregend. Wie geht es Ihnen?
Wie geht es dem Hund?”
Herr Meisner lachte schallend. Herr Dr. Schlegel sah ihn mit Erstaunen an.
“Herr Dr. Schlegel, mein Mann hat sich letztes Mal einen Scherz erlaubt!” sagte Rosa. Sie schluckte mehrmals und fasste sich an den Hals.
“Ähm, also mir tut das ja unendlich leid!”
“Der kalte Hund ist ein Kuchen, den ich letzten Dienstag zu Ehren meiner Großmutter gemacht habe! Er wird aus Kokosfett, Schokoladen und Butterkeksen abwechselnd geschichtet!” erklärte Rosa.
“Mein Mann”, sie sieht dabei Christian an, “ hat sich einen Scherz erlaubt und den kalten Hund - also den Kuchen - komplett aufgegessen!”  
“Ach….achso!” Herr Dr. Schlegel schnaufte lange auf.
“Der Hund ist bester Gesundheit?”
“Ja, und er schläft jetzt sogar wieder unten in seinem Hundebettchen!” sagte Rosa und sah Christian an. Er lächelte.

Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
silke-k-weiler
Geschlecht:weiblichKlammeraffe

Alter: 49
Beiträge: 750

Das goldene Schiff Der goldene Eisbecher mit Sahne


Beitrag24.06.2021 13:25
Re: Der kalte Hund
von silke-k-weiler
Antworten mit Zitat

Hallo Hirata,

ich würde Dir gern ein Feedback zu Deinem Text dalassen.
Erst einmal, was mir positiv aufgefallen ist: Auch wenn das Motiv einer Paartherapie, die aus dem Ruder läuft, nicht neu ist, hat die Idee an sich Potential zu einer schönen absurd/bös-humorvollen Szene. Das Beharren der Ehefrau auf der richtigen Ernährungsweise des Hundes und die wiederholten Hinweise des Therapeuten auf die Formulierung von Ich-Botschaften bilden einen guten Ansatz.

Allerdings ist an der Umsetzung noch gewaltig zu feilen. Und zwar mit der groben Feile.

Was als Erstes negativ ins Auge springt: die wechselnden Namen sowie das wechselnde Tempus. Rosa heißt plötzlich Rosemary, aus Christian wird Rüdiger.

Hier sind wir im Präteritum:

Es war 16 Uhr nachmittags und in der Psychotherapie Praxis von Herrn Dr. Schlegel war es brütend heiß.

Hier im Präsens (und der ominöse Rüdiger taucht auf):

Rosa und Herr Dr. Schlegel sehen Christian erschrocken an. Rüdiger hebt beide Arme in die Höhe.

Darf nicht passieren, erst recht nicht bei der überschaubaren Textlänge.

Zur Handlung an sich: Rosa und Christian/Rüdiger sind verheiratet, aber es läuft nicht mehr so. Christian pennt auf der Couch, während Hund Benno es sich im Ehebett gemütlich macht. Auch sonst ist Benno Projektionsfläche für die Unzufriedenheit und Eheprobleme der beiden. Dr. Schlegel solls richten, deswegen finden sich beide an einem schwülen Nachmittag in seiner psychotherapeutischen Praxis wieder. Christian/Rüdiger erweist sich dabei nicht nur als lustlos und tendenziell unkooperativ, nein, mittendrin lässt er die Bombe platzen, er habe den Hund, für den er keine allzu großen Sympathien zu hegen scheint, entsorgt und verschwindet. Zurück bleibt eine entsetzte Rosa und ein konsternierter Therapeut, der in den kommenden Tagen die schlimmsten Befürchtungen hegt. Aber in der nächsten Stunde ist alles gut, Christian hat sich nur einen Scherz erlaubt, mit dem "Hund" war der Kuchen für die Schwiegermutter gemeint, den er ratzeputz aufgegessen hat. Benno erfreut sich bester Gesundheit und schläft sogar wieder im eigenen Bettchen.

Ok, könnte sich was Amüsantes draus machen lassen. Hier noch ein paar Stellen, die mir besonders aufgefallen sind:

Hirata hat Folgendes geschrieben:
Es war 16 Uhr nachmittags und in der Psychotherapie Praxis von Herrn Dr. Schlegel war es brütend heiß.
Rosa zupfte an ihrer weißen Bluse, die an ihrem Körper zu kleben begann. Sie bereute jetzt schon, dass sie nicht das hellblaue luftige Sommerkleid trug, stattdessen eine dunkelblaue Leinenhose mit einer weißen kurzärmeligen Bluse. Sie registrierte, dass es bereits 16:10 Uhr war.


Mit dem Anfang kann ich leben. Die Situation kennt jeder, man wartet irgendwo, es ist heiß, die Kleider fangen an, am Leib zu kleben, man beginnt im eigenen Saft leise vor sich hin zu schmoren. Sind die Kleider nebst Farben wichtig? Das könnte man alles streichen und sich beschränken auf z.B.:

Es war 16 Uhr nachmittags und in der Psychotherapie Praxis von Herrn Dr. Schlegel war es brütend heiß. Rosa zupfte an ihrer weißen Bluse, die an ihrem Körper zu kleben begann. Sie bereute, dass sie nicht das luftige Sommerkleid angezogen hatte.

Hirata hat Folgendes geschrieben:
Sie registrierte, dass es bereits 16:10 Uhr war.


Ok, die 10 min. gingen schnell rum, vllt lieber damit anfangen, dass ihr Mann sie warten lässt, was typisch für ihn ist, und sie in der Praxis vor sich hin schwitzt?

Hirata hat Folgendes geschrieben:
“Nun, ihr Mann weiß Bescheid, dass sie heute einen Termin hier haben?” fragte er mit einem tiefen Blick.


Der tiefe Blick passt hier für mich nicht, es sei denn, Dr. Schlegel ist in spontaner Liebe zu seine Patientin entbrannt und möchte ausschließen, dass der Nebenbuhler in absehbarer Zeit hereinschneit.

Hirata hat Folgendes geschrieben:
“Hallo Herr Dr. Schlegel, nun ja es tut mir leid, ...ich habe die S-Bahn verpasst!” sagte Christian Meisner außer Atem. Er trat ein und folgte Herrn Dr. Schlegel in das kleine Behandlungszimmer. Die Praxis war in einem alten Gebäude mit Elementen des Jugendstils wie Rundbögen an den Fenstern,  untergebracht. Ein goldenes Schild neben der Tür verriet jedem, der es wissen wollte, dass Herr Dr. Schlegel, Psychotherapeut, hier seine Praxis hatte. Die Räume waren hell und weiß gestrichen. Die hohen Wände waren mit Stuck verziert.  Drei dunkelbraune Ledersessel standen sich in einer Dreier-Kombination gegenüber. Ein kleiner runder Glastisch in der Mitte mit etwas Konfekt ergänzte das Echtleder-Set.  Ein dunkelblauer orientalischer Teppich mit Ornamenten in verschiedenen Blautönen von hell bis dunkelblau unter dem Ensemble wirkte behaglich. An einer der weißen Wände lehnte ein großer dunkler Kirschholzschrank mit zwei Türen.


Endlich ist Christian da, endlich kann es losgehen und dann dieser Infodump-Brocken. Mit Informationen, die mir eher nebensächlich erscheinen. Wenn überhaupt, dann vllt Häppchenweise in Rosas Warterei einbauen, aber nur Kleinigkeiten, da der Text sich sonst ja sehr auf den Dialog stützt.

Hirata hat Folgendes geschrieben:
Herr Dr. Schlegel nickte betroffen.
“Was sagte denn der Tierarzt?!”
“Ja, also….der Tierarzt sagte, es sei nicht so schlimm, wenn er zusätzlich auch Nassfutter bekäme und genügend Wasser! Es sollte halt eine Ausnahme bleiben, dass er nur Trockenfutter bekommt!”
“Aber Ausnahme...das ist keine Ausnahme, das passiert fast 3 mal die Woche!”
schimpfte Rosa jetzt lauthals und sah Christian mit glitzernden Augen an.


Die Absätze sind verwirrend gesetzt, ich weiß teilweise gar nicht, welcher Satz zu welcher Figur gehört. Die von mir violett eingefärbten wörtlichen Reden gehören beide zu Rosa, meine ich. Warum trennst Du sie? Oder spricht Christian bei dem ersten violetten Satz?

Hirata hat Folgendes geschrieben:
Herr Dr. Schlegel stand auf und öffnete endlich eines der großen Fenster, welches zu einem herrlichen Garten führte. Ein frischer Luftzug erfrischte die Gemüter.


Da habe ich so meine Zweifel.

Hirata hat Folgendes geschrieben:
“So, jetzt bin ich an der Reihe!” sagte Christian mit einem Knurren in der Stimme.


Wie dieser Satz beweist.

 
Hirata hat Folgendes geschrieben:
“Ja, natürlich schlaf ich seit Monaten auf dem Sofa….das ist dir doch eh lieber, anders ist das ja nicht auszuhalten!”
“Herr Meisner, warum schlafen Sie auf dem Sofa? Was halten sie nicht aus? Denken sie an die Ich- Botschaften!” wendete Herr Dr. Schlegel ein.
“verdam….Ich-Botschaften!” knurrt Christian.
Plötzlich lehnt sich Herr Meisner zufrieden zurück.
“Aber das hat jetzt ein Ende mit dem Viech!”


Wir kommen zum Kern der Eheprobleme: Christian/Rüdiger/Herr Meisner schläft seit Monaten auf dem Sofa. Da ist etwas, das nicht zum Aushalten ist, aber was? Nur der Hund? Wo ist das Entlarvende? Die beiden dürften sich ruhig noch ein/zwei absurde Anschuldigungen mehr an den Kopf werfen.

Hirata hat Folgendes geschrieben:
“Entsorgt!” antwortet Rüdiger kurz und knapp.
“Ach ja...Ich -Botschaften.!” sagte Rüdiger mit Blick auf Herrn Dr. Schlegel.
“ICH HABE IHN ENTSORGT!”


Die Stelle ist witzig, mit dem Schwenk auf die Ich-Botschaft.

Hirata hat Folgendes geschrieben:
“Herr Meisner, was meinen Sie mit “entsorgt?” auch Herr Dr. Schlegel rutschte jetzt auf seinem Sessel herum mit runzeln der Stirn und einem flackernden Blick.


Auf das Stirnrunzeln und den flackernden Blick kann man hier verzichten. Es ist auch etwas schwurbelig formuliert. Wenn dann: fragte Dr. Schlegel stirnrunzelnd.

Hirata hat Folgendes geschrieben:
“Ich muss los!”  Christian springt auf, nimmt seine Aktentasche und läuft fröhlich pfeifend in Richtung Tür.
“Halt Herr Meisner, Herr Meisner, sie können jetzt nicht einfach gehen…!” Herr Dr. Schlegel läuft Herr Meisner hinterher.
“Was ist mit Benno, was hast du mit Benno gemacht!” Rosas Kreischen wird immer wahnsinniger.


Christian springt auf und nimmt die Auflösung mit. Halte ich für relativ unglaubwürdig. Bei Rosa würde mir übrigens "kreischt Rosa" reichen, da kreischen stark genug für eine unbeherrschte, gefühlslastige Äußerung ist.

Die von Dir intendierte Pointe an sich versandet dann leider, u.a. auch wegen der für mich eher unglaubwürdigen zweiten Begegnung mit den beiden. Zwischen Rosa und ihrem Mann herrscht seit Monaten Flaute, Christian/Rüdiger pennt auf dem Sofa, erlaubt sich diesen bösen Scherz mit dem "Hund entsorgen", stellt Rosa zusätzlich vor einem anderen Menschen, auch wenn es "nur" Therapeut Dr. Schlegel ist, bloß und eine Woche später sitzen sie zusammen, als wäre nichts gewesen, klären das Missverständnis auf, Benno schläft nicht mehr im Bett, sondern im Körbchen und Christian lächelt. Na gut, wahrscheinlich haben sie sich ordentlich ausgesprochen und danach den zusätzlichen Platz im Ehebett zu Versöhnungszwecken ausgenutzt, kann ja sein.

Da wäre jedenfalls noch viel zu tun. Ich bin mir noch nicht einmal sicher, ob die Grundauflösung wirklich funktioniert und als Pointe zieht. Wäre es mein Text, würde ich mich zunächst nur auf den Dialog konzentrieren. Was läuft zwischen den Eheleuten ab? Wie eskalieren sie in der Praxis? Das darf noch absurder werden. Zwischen den Fronten der Therapeut, der verzweifelt auf Ich-Botschaften pocht und dem langsam die Kontrolle entgleitet. Dann die Bombe: Ich habe den Hund entsorgt.

Ups, das Nudelwasser verdampft gerade in der Küche. Dies wäre also mein Beitrag zu Deinem Text. Lass Dich aber nicht entmutigen, krempel die Ärmel hoch und pack die Feile aus. Vllt magst Du ja eine neue, überarbeitete Version reinstellen.

Viele Grüße
Silke
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden Website dieses Benutzers besuchen
Selanna
Geschlecht:weiblichReißwolf


Beiträge: 1146
Wohnort: Süddeutschland


Beitrag26.06.2021 23:52

von Selanna
Antworten mit Zitat

Hallo Hirata,

Deine Idee zur Kurzgeschichte ist amüsant und hat einiges Potential. Wortspiele mag ich generell.
Hier mal fünf kleine Tipps, die die Geschichte mit wenig Aufwand gleich wesentlich aufwerten:
Du könntest noch das ein oder andere kürzen, etwa die genaue Beschreibung der Kleidung Rosas. Das ist für die Kurzgeschichte nicht wirklich relevant, man versteht den Inhalt auch ohne zu wissen, was genau Rosa gerade trägt oder gerne getragen hätte. Wink So lenkst Du nur vom Wesentlichen ab. Das gleiche gilt für die ausführliche Beschreibung der Räumlichkeiten etc.
Wenn gesiezt wird, schreibt man „Sie“ und „Ihr“ groß.
Achte darauf, die Zeitform einzuhalten. Du wechselst zwischen Präteritum und Präsens.
Auch die Namensgebung sollte konsequent durchgehalten werden. Ist es nun Rosa, Rosemary oder Rosemarie? Ist es Christian oder Rüdiger?
Leerzeilen nur dann setzen, wenn ein Orts- oder kompletter Themenwechsel einsetzt, sonst reicht ein Absatz.
Viel Erfolg beim Überarbeiten und Feilen!

Liebe Grüße
Selanna


_________________
Nur ein mittelmäßiger Mensch ist immer in Hochform. - William Somerset Maugham
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Hirata
Schneckenpost
H


Beiträge: 12
Wohnort: Bayern


H
Beitrag29.08.2021 18:39

von Hirata
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Hallo Silke,

vielen Dank, dass du dir soviel Mühe mit meinem Text gemacht hast. Bitte entschuldige, dass ich erst jetzt antworte. Ich dachte, meine Geschichte ist einfach zu schlecht und dass gar niemand antwortet.  Ich habe erst vor paar Tagen deine Antwort gesehen.

Deine Vorschläge nehme ich sehr gerne an. Ich werde die Geschichte nochmal überarbeiten.

Liebe Grüße

Hirata
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Hirata
Schneckenpost
H


Beiträge: 12
Wohnort: Bayern


H
Beitrag29.08.2021 18:41

von Hirata
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Hallo Selanna,

Danke für das Lesen meiner Geschichte  und für deine Überlegungen.  Sorry, dass ich so spät antworte.

Ich bin froh über deine Ratschläge. Ich werde meine Geschichte nochmal komplett überarbeiten.

Liebe Grüße

Hirata
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Beiträge der letzten Zeit anzeigen:   
Neues Thema eröffnen   Neue Antwort erstellen
Seite 1 von 1

Deutsches Schriftstellerforum Foren-Übersicht -> Prosa -> Einstand
Du kannst keine Beiträge in dieses Forum schreiben.
Du kannst auf Beiträge in diesem Forum nicht antworten.
Du kannst Deine Beiträge in diesem Forum nicht bearbeiten.
Du kannst Deine Beiträge in diesem Forum nicht löschen.
Du kannst an Umfragen in diesem Forum nicht teilnehmen.
In diesem Forum darfst Du keine Ereignisse posten
Du kannst Dateien in diesem Forum nicht posten
Du kannst Dateien in diesem Forum nicht herunterladen
 Foren-Übersicht Gehe zu:  


Ähnliche Beiträge
Thema Autor Forum Antworten Verfasst am
Keine neuen Beiträge Werkstatt
Der Glücksritter
von Peter Hort
Peter Hort Werkstatt 0 22.04.2024 20:39 Letzten Beitrag anzeigen
Keine neuen Beiträge Einstand
Der Bandit
von dirkheg
dirkheg Einstand 2 22.04.2024 12:43 Letzten Beitrag anzeigen
Keine neuen Beiträge Rechtliches / Urheberrecht / Copyright
Nach Vertragsabschluss wird der Verla...
von Mion
Mion Rechtliches / Urheberrecht / Copyright 33 22.04.2024 12:05 Letzten Beitrag anzeigen
Keine neuen Beiträge Roter Teppich & Check-In
Der rote Teppich hat Flecken - oder t...
von schreiby
schreiby Roter Teppich & Check-In 5 22.04.2024 10:09 Letzten Beitrag anzeigen
Keine neuen Beiträge Trash
Der Renegat
von wohe
wohe Trash 2 22.04.2024 08:58 Letzten Beitrag anzeigen

EmpfehlungEmpfehlungEmpfehlungEmpfehlungEmpfehlungEmpfehlungEmpfehlungBuchEmpfehlungBuch

von MosesBob

von Kojote

von versbrecher

von Minerva

von Minerva

von JT

von JT

von Raven1303

von Uenff

von Lapidar

Impressum Datenschutz Marketing AGBs Links
Du hast noch keinen Account? Klicke hier um Dich jetzt kostenlos zu registrieren!