Kinderreime bis zum Abwinken

[menetekel]

In den letzten Tagen gab es nicht wirklich viel zu lachen.
Aber ab morgen Nachmittag gehts wieder los. Und ich hoffe, dass es in unserem Club keine Unwetter-Betroffenen gibt, die nun ohne Internet dastehen ...
Wenn jemand was Näheres über befreundete Poeten weiß, so poste der das bitte.

Bis Mittwoch
m.

[Michel]

Ich weiß von keinem, der Land unter hat oder hatte, und sitze selbst trocken. Mir ist nur bei den Bildern das Reimen zwischenzeitlich etwas vergangen. Aber das springt auch wieder an; ohne Reime fließt das Wasser auch nicht schneller ab.

[menetekel]

Ihr Lieben,

wie ihr seht, fängt der Nachmittag bei mir frühmorgens um sechs an. Da fragt man sich beklommen, wann es wohl Abend sein wird ...

Wenigstens die Alexandriner sind "normal" geblieben, umarmen sich im Mittelspiel weiblich, und werden von männlich endenden Sechshebern umrahmt.
a b b a.
Die barocke Strophenform wird gern in satirischen Verlautbarungen oder sog. Sinngedichten verwendet - mit deutlichen Zäsuren.

Passend zur träge abfließenden Flut eine Strophe des Dichters Czepko aus: Eher ärger als besser

[Michel]

Beim Wort "Einweisen" zucken meine Hände schon nach dem passenden Formular …

Du fragst mich allemal / Wann wird es besser sein,
gibt Sommer es statt Schlamm? / Frag nicht die Leut in Hagen.
Guck auf der Alten Stand- / pult. Und bei allen Plagen
findest du Fotos dort / von Lust und altem Wein.

Wann wird es besser sein / als Flut auf jedem Bild?
Dann wird es besser sein / wenn jeder nach Behagen
sich in den Lehnstuhl drückt / und wenn an allen Tagen
der Wein und nicht der Schlamm / aus deinem Keller quillt.

[davidmuc]

Ich steh am Stufenrand · als sie uns Gläser reicht
Aus meinem Keller hol · ich tief im Schlamm die Weine ·
Ich hör sie rufen: “Stand?” (es zittern Gräser leicht)
“Da schwimmt ein heller Kohl, mein Hund, das Lamm die Schweine!"

(daneben schwamm die Leine)

[Michel]

Vor allem die Nach-Zeile. Solche Brüche liebe ich.

[Tula]

Was lange gärt ...

Der Strauss und jedes Ei, mit dem er unterhielt,
und dann der Kohl, der Hund, ein Weiser ohnegleichen,
ein Geißler und ein Graf, sie stellten uns die Weichen,
kam Lothar auch zu spät, man hat den Blüm gekielt.

Nun fehlt den Namen Kraft. Bei Laschet denkt man ‚lasch‘.
Ein Spa(h)n ist meistens klein. Auf Söder reimt sich Blöder.
Das Klingbeil klingt noch geil. Der Rest wirkt schnöd und schnöder.
Bei Lindnern schlaf ich gern. Allein die Baerbock – Pasch!

Wenn man es so bedenkt! – Wer will ein Land im Gau?
Dann lieber Wellness links. Am besten aber – Mitte!
Der Garten braucht ‘nen Bock. Das ist bei uns so Sitte.
Ich wähle Honig-Pink. Am Abend bin ich blau.

[Fridolin]

Gedanken nach der Flut

Der Mensch den Riesendurst an Himmelsquellen stillt.
Zwar könnt er Geisteskraft  bei jedem Wind erfahren,
doch müsste er den Schatz getreu als Finder wahren,
dass reichlich Segen ihm aus vielen Stellen quillt.  

Er schaut den Wolken nach, die langsam weiterzogen,
wobei er ständig hofft, dass wieder Sonne wär,
Es hängt der Mensch doch, ach, an ird‘scher Wonne sehr.
Mir scheint, die Erde hat auch seine Zeit erwogen.

Nun sehen wir geschockt der Berge Halt erbeben,
wobei wir unsern Teil am Wandel meist vergessen.
Wenn sich noch länger zeigt des Menschen Geist vermessen,
wird sich ein Weltensturm gewiss schon bald erheben.

Als Hoffnung uns noch bleibt, dass, wenn die Fluten gießen,
zu dir und auch zu mir dann nur die Guten fließen.

[menetekel]

Die Landschaft liegt in Braun, befüllt mit eklem Schlamm,
die Blumen, selbst ein Hund, verharren müd im Drecke.
Das Wasser weicht zurück - doch was ich erst nicht checke,
ist jener ferne Klang, der wie ein Glöckchen hängt am Lamm,

das friedlich grasend mampft, indes der Abend sinkt
und Hoffnung, klingelnd, naht: Es sind zwei Weihnachtsmänner,
die fahren schwere Last. Nur Bares gilt als Renner;
ihr Tandem aber birst - und Satan lacht und winkt!

[Michel]

Jetzt fehlen eigentlich nur noch die donnernde Karthaun und das vom Blut fette Schwert.

[Michel]

Das Wasser weicht zurück · die Landschaft liegt in Braun
und Unrat und Geröll · verstopfen jede Rinne.
Am einstmals stolzen Schloss · fehlt jede zweite Zinne.
Vom Dach des RTW · tönt rasend die Posaun.

Doch halt: es gibt auch sie · die selbstlos gute Tat:
Durchs Land erschallt der Ruf · der vielen, vielen Retter.
Die Scheine rascheln beim · Versicherungsvertreter.
Durch Schlamm ganz zaghaft bricht · die erste neue Saat.

[menetekel]

[davidmuc]

Zutiefst.

Geheimnis birgt der Wald · stehn keine Fichten dort
Du, sag mal liegt da nicht · da bei der Schnur, noch Pizza?
Sonst mach ich beim Gedicht · mit Wodka pur noch Schnitzer.
wahrscheinlich wirkt er bald ·  was solls, wir dichten fort:

Gefährlich ist der Sumpf · der feuchten Nächte Spur,
doch führt nach Amsterdam · nicht unsre Spur, noch Nizza ·
Jetzt schau mich nich so an, das macht mich nur noch spitzer,
mein Herz fällt in den Strumpf · jetzt klopfen Spechte nur  :>

[menetekel]

Futon-Marathon

Gefährlich wirkt der Leu / weckst du ihn nächtens auf
und wütend grollt sein Blick. / Schon willst du stumm bereuen,
nimmst schüchtern jene Hand / die früh noch scheint zu scheuen;
doch sieht er dich dann an / beginnt des Eros Lauf.

[Fridolin]

Der Wald und ich

Bis in dem deutschen Wald / die letzte Fichte dorrt,
lass ich sie weiterhin / in den Gedichten funkeln.
Auch wenn in Wirklichkeit / doch mehr die Fichten dunkeln,
setz ich die Waldeslust / noch im Gedichte fort.

Doch meinen Segeltörn / geb ich, nach Leros, auf.
Denn auf der schwäbschen Alb / schlaf ich im Schäferkarren.
Wenn dann des Nachts an mir / die süßen Käfer scharren,
beginnt im Lautertal / für mich des Eros Lauf.

[Michel]

Wie schön! Ein heller Gruß · von meinem Urlaubsziel!
Ich freu' mich schon. Ein Blick · ein völlig unverbauter.
Auch Käferscharren klingt · hier an der Lauter lauter.
Nur leider: BMWs · und Hondas gibt’s zu viel.

Statt Segeltörn und Gischt · leiht man sich hier ein Boot
und cruist den Fluss hinab · Lässt einen der Klabauter
kentern am Schlinggewächs · wird’s frisch. Es flucht viel lauter
über des Flusses Tück’ · nur der Boot-Idiot.

Und liegt das Kanu dann · schlussendlich in den Binsen,
verzog sich Lärm und Rauch · der Mopedfahrer auch,
genieße ich die Ruh · und fülle mir den Bauch
mit Saitawürscht und Speck · und Spätzla mit viel Linsen.


… Aus Tübinger Zeiten und von diversen Urlauben kenne ich die Ecke ein wenig. Hayingen, wir kommen!

[Fridolin]

Hi Michael,

da kennst sich aber einer aus. Das Lautertal ist nicht nur landschaftlich wundervoll, es ist auch ein Eldorado für Planzenkundler und Hobbyfotografen.

Wenn du ihn finden willst / dann musst du schauen fruh.
Er  blüht zumeist versteckt / an den geheimern Orten,
dass ihn die Sammler nicht / in ihren Eimern horten.
Wer ist gemeint, wird klar / es ist der Frauenschuh.

Leider ist mir nicht gelungen, das Bild hochzuladen. Mal sehen, ob ich es auf Umwegen schaffe.

http://www.friedhelmgoetz.de/Fotos/Frauenschuh-01.jpg

[Michel]

Ein Frauenschuh? Daran · stoß ich mir oft den Zeh
des Morgens früh im Flur · Das hat nichts Tänzerisches.
Doch in der Lauter Flur? · Hanoi, die Dischtel isches!
Die mag dort koiner, weil · der Stachel macht viel Weh.

[davidmuc]

Mit Frauenschuhen kenne ich mich leider schlecht aus aber:
ich kannte wen vom Schuhvertrieb,  
bis er sich dem Tatoo verschrieb:  


Die Zwiebel brät im Fett · es grünt im Golde Kohl ·
jetzt noch das Kraut im Topf · blanchiert, ganz ohne Würze -
bis man sich traut, im Kopf · serviert ganz  ohne Schürze
Ich war mit Fred im Bett · von der Ecole de Gaulle ·

[menetekel]

Köstlich.

Diesmal ist euch aus meiner Sicht ein besonders amüsanter Dialog gelungen, der (sprachlich) immer das Richtige meint und doch ständig vorbeidriftet.
Fred habe ich deutlich vor Augen, wie der in langer blauer Schürze (und hinten ohne) am Herd bruzzelt, indes sich Michel den Zeh an schlampert abgelegten Higheels stößt, Fridolin aber botanisiert.

  

[menetekel]

Die Umkehrung (zwei weiblich endende Alexandriner umschlingen zwei männliche) existiert natürlich auch und gilt als Lieblingsvers des Barock.
Die Form fand in Fest- und Gelegenheitsgedichten Ausdruck und wurde im 20. Jahrhundert u. a. von Däubler wieder aufegriffen.

Choreographie

Wenn Fred den Kohl blanchiert / in zwei bis drei Sekunden,
danach die Blätter löst / mit Hackfleisch sanft belegt,
erregt mich dies fatal / ich fühl mich tief bewegt
und gleichzeitig geniert / wie wird das alles munden!

 

[Michel]

Wenn Brandt den Kohl blanchiert · in zwei bis drei Sekunden
und im Plenarsaal laut · das Lachen widerhallt,
wenn auf der schwarzen Bank · Empörung höher wallt,
dann haben wir zurück · zu Siebzigern gefunden.