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sphinx Wortedrechsler
Beiträge: 56 Wohnort: Moloch in whom I sit lonely! (Ginsberg)
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11.07.2021 13:03 Antworten ohne Frage von sphinx
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Tätigkeiten, die mit einem Forum idealiter besser gehen als ohne:
Schreiben, Lesen, Denken, Kritik, Schreiben.
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Sieht man von einem noch aus Spiel-Strukturen heraus geschriebenen „Roman“ davor ab, habe ich mit 14, 15 zu schreiben angefangen - Gedichte, eher kürzere Prosa (die mir aber ziemlich lang vorkam), Stücke. Meine Prosaarbeiten wurden dann im Laufe der Zeit wichtiger; die Stücke wurden weniger - mein letztes habe ich mit 29 geschrieben; seitdem eigentlich nur an Romanen und Gedichten. Kurzgeschichten kamen manchmal vor, aber eigentlich kann ich mit dieser Form (als Schreibender, nicht als Lesender) wenig anfangen. Ich neige, schreibend, dazu, mich in Szenarien einzugraben, Figuren und Konstruktionen um- und umzuschichten und nicht fertig zu werden (obwohl ich ein paar Mal überrschanderweise dann doch fertig geworden bin). Text ist - unter anderem - das, was sich als Umweg und Verzögerung zwischen Anfang und Ende schiebt.
Da ich die Welt für einen von den ihn bewohnenden Menschen ziemlich schlecht eingerichteten Ort und die vom Markt produzierte Vielfalt für Scheinvielfalt halte, ist mir ein Schreiben, das vom Anything Goes ausgeht, ebenso suspekt wie ein Schreiben, das sich an Zielgruppen orientiert. Mir unerträglich: Die „Büüücher“-quiekende Enthusiastin mit undifferenziertem Wörterfetisch, die die abstrakte Pseudoliebe zu „das LESEN“ propagiert (und verwandte Erscheinungen).
Dass ein Text standhält, ob etwas an und in ihm ist, das aus dem Schrott und Schotter der realen Zumutungen nicht nur herausragt, sondern gegen sie seine Kontur behaupten kann, scheint mir eher die Ausnahme als die Regel; der gute Wille allein kann das nicht verbürgen. Ob ich je etwas geschrieben habe (oder schreiben werde), das in diesem Sinne standhält, weiß ich nicht.
Ich kann auch nicht sagen, wie sehr dieser Gedanke mir beim Schreiben selbst präsent ist, wie überhaupt der Vorgang des Schreibens ja nichts Immergleiches ist.
Ich halte Literatur für diejenige Kunstform, die dem Begriff notwendig am nächsten steht; das prägt sie, und das prägt auch ihre Rezeption. Literatur und Literaturkritik sind nicht dasselbe und sollen es nicht sein, aber etwas verbindet sie. Deutung und Kritik eines literarischen Textes ersetzen den Text nicht, sie sind ihm aber notwendig. Der literarische Text ist kein reiner Beitrag-zur-Debatte, aber die Debatte kann ihm sein, was das Wasser dem Oktopus ist.
Der wichtigste theoretische Einfluss auf meine ästhetische Position war und ist (un-überraschend) Adorno. Theoretiker, die außerdem meine Sicht auf die Welt geprägt haben: Freud (ein vom Kopf auf die Füße zu stellender Denkender und großartiger Empiriker), Robert Kurz, Roswitha Scholz; früher: Wittgenstein (den ich vielleicht wieder lesen sollte). Hegel und Marx zu lesen nehme ich mir notorisch vor, weil wichtig für die von mir geschätzten Denker (es liegt nicht an den Texten, diese Verzögerung, es liegt am sonstigen Leben & der ewigen Knappheit von Zeit).
Mir sehr fern: Derrida, Lacan etc. - jeder universitäre Versuch damit: eine Qual; ich habe den Verdacht, es ist ein Denken, das kritisch sein möchte und dabei der Kritik das Wasser abdreht, aber wer weiß.
Die fettesten (fast) noch nicht gelesenen literarischen Ich-sollte-wirklich-Bücher im Regal:
Mann ohne Eigenschaften, Verlorene Zeit, Ulysses, Don Quichote
Früh-Geschätzt (und immer noch):
Rimbaud, Crevel, Brecht, Tucholsky, Keun etc.
erst nach ca. 25 zu schätzen/lesen begonnen: Thomas Mann, Nabokov, Richard Yates, Fleißer, Frisch etc.
Unter den Gegenwartsschreibern interessiert und eher positiv wahrgenommen (zumindest gern gelesen):
Franzen, Kehlmann
Autoren, an denen ich mich gerne abarbeite (weil man an ihnen lernen kann, wie man nicht schreiben soll):
Ulla Hahn (speziell die Prosa), Juli Zeh, Donna Leon, Benedict Wells, Moers (und noch etliche).
Lyrisch stehen mir (auch im Sinne eigenen Schreibens) am nächsten:
Brecht, Benn, der junge Enzensberger, manchmal Hölderlin, Heine; Goethe wahrscheinlich auch, früher ein bisschen Trakl, gelegentlich etwas Bachmann, Neue Frankfurter Schule, ein wenig Jandl, usw.
Mir unter den alten Dichtern eher fern: George, Rilke, Schiller.
Generell geschätzt:
Literatur, die sich am Gegebenen bricht und mit ihm in Interaktion gerät; die das Gegebene zur Kenntlichkeit bringt (was auf sehr verschiedene Weisen geschehen kann).
Momentan schreibe ich (was Literarisches angeht) vor allem an einem breit angelegten Textgebilde, an dem ich (in sehr veränderten Formen) seit 18 Jahren arbeite. An Gedichten ist dieses Jahr relativ arm, was auch daran liegt, dass ich situationsbedingt nur selten und zum Teil gar nicht in Cafés und Bars herumsitzen konnte, wo ich ansonsten eigentlich gerne Handschriftliches notiere oder zeichne, während ich zuhause eher an der Tastatur tippe.
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Soviel zu mir, erst einmal.
_________________ I would prefer not to |
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Natalie2210 Klammeraffe
N Alter: 37 Beiträge: 581
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N 11.07.2021 17:01
von Natalie2210
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Hallo Sphinx,
willkommen im Forum! Klingt, als würdest du jede Menge Ballast mit dir schleppen - ich wünsche dir, dass du hier vielleicht auch eine gewisse Leichtigkeit findest. Literatur - Kunst im Allgemeinen - muss nicht immer nur ernst sein.
lg,
Natalie
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Bananenfischin Show-don't-Tellefant
Moderatorin
Beiträge: 5335 Wohnort: NRW
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11.07.2021 17:59
von Bananenfischin
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Hallo sphinx,
danke für die spannende Vorstellung, das klingt, als könntest du eine tolle Bereicherung fürs Forum werden. Bin gespannt auf deine Texte!
Liebe Grüße
Bananenfischin
_________________ Schriftstellerin, Lektorin, Hundebespaßerin – gern auch in umgekehrter Reihenfolge
Aktuelles Buch: Geliebte Orlando. Virginia Woolf und Vita Sackville-West: Eine Leidenschaft
I assure you, all my novels were first rate before they were written. (Virginia Woolf) |
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Klemens_Fitte Spreu
Alter: 41 Beiträge: 2902 Wohnort: zuckerstudio waldbrunn
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11.07.2021 19:18
von Klemens_Fitte
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Hm. Hier mag ich mal Hallo sagen.
Hallo.
_________________ 100% Fitte
»Es ist illusionär, Schreiben als etwas anderes zu sehen als den Versuch zur extremen Individualisierung.« (Karl Heinz Bohrer) |
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Tribalis Eselsohr
Beiträge: 251
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11.07.2021 20:19
von Tribalis
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Ja, genau, hier möchte ich auch mal Hallo sagen: Hallo und herzlich willkommen.
Mich hast du jedenfalls neugierig gemacht. Ich bin gespannt auf deine Texte und auch deine Textkritiken.
und och nö: Was hast du denn gegen Benedict Wells?
Liebe Grüße
Tribalis
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sphinx Wortedrechsler
Beiträge: 56 Wohnort: Moloch in whom I sit lonely! (Ginsberg)
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11.07.2021 20:59
von sphinx
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Hallo in die Runde an alle Grüßenden!
Antwort auf die Wells-Frage usw. kommt dann, wenn ich mich hier ein bisschen besser orientieren kann. Momentan klicke ich mich erstmal ein bisschen quer durch alle Threads, um sowas wie 'nen Überblick zu bekommen ...
_________________ I would prefer not to |
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Nimmermehr Schneckenpost
Alter: 52 Beiträge: 7 Wohnort: Großraum Nürnberg Regensburg
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12.07.2021 10:14
von Nimmermehr
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Die Aussage mit dem Rumstöbern zum Orientieren kann ich völlig nachvollziehen.
Viele Dinge sind hier sehr liebevoll gestaltet oder geschrieben - gerade für Neueinsteiger... sowohl hier im Forum, als auch im Schreiben als solches.
Aber gewachsene Strukturen sind mitunter etwas verwirrend und (für mich) nicht immer logisch nachvollziehbar.
Manche Deiner "Wegmarken" kenne ich aus eigener nach Inspiration und verwandten Geistern. Manche sind mir neu oder (ich gebe es unumwunden zu) ich habe sie nach einem Anlesen aus der Hand gelegt.
Aber Lesen hat auch immer etwas mit dem eigenen Leben und den eigenen Stimmungen zu tun und manchmal ist die "Kost" zu schwer oder nicht richtig für den jeweiligen Moment... Hat also zumeist weniger mit den jeweiligen Autor oder der Autorin zu tun, als mit mir selbst.
Neben dem Einstellen von eigenen Werken (und dem damit verbundenen Wachsen durch Austausch, Kritik und Adaption), freue ich mich hier ähnlich tickende Menschen zu treffen.
In diesem Sinne, Willkommen!
_________________ Und also sprach der Rabe... Nimmermehr |
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