|
|
Autor |
Nachricht |
Ralphie Forenonkel
Alter: 71 Beiträge: 6407 Wohnort: 50189 Elsdorf
|
26.03.2021 19:21 Anchor von Ralphie
|
|
|
Noch so ein Problemkind.
Am nächsten Tag fuhren sie um punkt elf Uhr mit einem weißen Heckraddampfer der Anchor Line weiter nach New Orleans. Der Aufmacher der Times-Picayune gab ihrer Gemütslage wenig Grund, sich zu heben. »Jesse Owens aus Danville, Alabama, gewinnt seine vierte Goldmedaille bei den Olympischen Spielen, aber der deutsche Führer verweigert ihm noch immer den Händedruck«, übersetzte Felicitas, während sie auf dem Zwischendeck der Mississippi Seductress einen Mandolino tranken. »Ein Skandal!«, las Felicitas. »Die US-Mannschaft sollte aus Protest sofort abreisen«, zitierte sie.
Ihre Laune besserte sich erst um neun, als Felicitas Agnethe zeigte, wie man Roulette spielt. »Damals in Cranz habe ich sehr viel Roulette gespielt«, sagte sie. »Die Stärke eines erfolgreichen Roulettespielers ist seine Geduld, liebste Agnethe. Ehe wir heute Abend den ersten Jeton setzen, werden wir den Tisch sorgfältig beobachten. So lernen wir die Favoriten kennen – das sind die Zahlen, die aufgrund von Unebenheiten des Kessels am häufigsten fallen. Auch können wir dann den Handrhythmus des Croupiers nachvollziehen und aus dem Kugelwurf abschätzen, wie oft sich der Kessel drehen wird.«
»Anders gesagt: Wir schränken den Faktor Glück so weit wie möglich ein«, sagte Agnethe.
»Richtig«, meinte Felicitas. »Angenommen, der Favorit an diesem Tisch wäre die Dreiundzwanzig. Wenn wir auf diese Zahl setzen, belegen wir die drei Nachbarnummern links und rechts mit und sichern diese Kombinationen noch durch die Zahlen der Kleinen Serie gegenüber ab, denn von hundert Würfen passiert es ungefähr dreißigmal, dass die Kugel im letzten Augenblick genau in das gegenüberliegende Feld springt.«
»Was du nicht alles weißt!«, sagte Agnethe. Sie und Felicitas trugen längst nicht mehr solche unanständigen Abendkleider, wie sie sie zur Zeit des Ersten Weltkrieges benutzt hatten. Die Kleider der Dreißigerjahre waren von klassischer Linienführung, jedoch etwas interessanter als die amorphen Hänger der vergangenen Dekade. Die Silhouette hatte schlank zu sein, die Hüfte schmal, die Taille natürlich, die Schultern breit (was große Polster ermöglichten). Der Rock war ausgestellt und gerade (mit um-gekehrter Kellerfalte). Die Accessoires: Stulpenhandschuhe, zweifarbige Schuhe mit Blockabsätzen, Unterarmtaschen, maskuline Hüte und die unerlässliche Silberfuchsstola. An Farben herrschten vor ein dunkles Creme, Senf, Grau, Marine, Braun und Schwarz. Agnethe und Felicitas entschieden sich für das berühmte kleine Schwarze. Zusätzlich trug Felicitas einen Hut, eine Glocke.
Weitere Werke von Ralphie:
|
|
Nach oben |
|
|
Nina Dichterin
Beiträge: 5012 Wohnort: Berlin
|
26.03.2021 19:28
von Nina
|
|
|
Was ist denn Deine Frage an die Leser/innen, Ralphie?
_________________ Liebe tut der Seele gut. |
|
Nach oben |
|
|
Ralphie Forenonkel
Alter: 71 Beiträge: 6407 Wohnort: 50189 Elsdorf
|
26.03.2021 19:34
von Ralphie
|
|
|
Da sind einige Sachen, Nina. Als Erstes gab es die Anchor Line 1936 nicht mehr. Zweitens wurde in Cranz kein Roulette gespielt. Und drittens stören mich die Blockabsätze.
|
|
Nach oben |
|
|
Nina Dichterin
Beiträge: 5012 Wohnort: Berlin
|
26.03.2021 19:43
von Nina
|
|
|
Ralphie hat Folgendes geschrieben: | Da sind einige Sachen, Nina. Als Erstes gab es die Anchor Line 1936 nicht mehr. Zweitens wurde in Cranz kein Roulette gespielt. Und drittens stören mich die Blockabsätze. |
Hinsichtlich der Linie: Wenn es die nicht mehr gab, gab es sicher ein
"Nachfolge-Modell", oder nicht?
Was Roulette angeht - können die sich nicht anders beschäftigen? Z.B.
mit Bingo, das könnte doch auch auf einem Schiff stattfinden, ist doch
etwas Typisches. Ich weiß allerdings nicht, wie lange es das schon gibt.
Mich persönlich stören die Blockabsätze nicht. Überhaupt nicht.
_________________ Liebe tut der Seele gut. |
|
Nach oben |
|
|
Ralphie Forenonkel
Alter: 71 Beiträge: 6407 Wohnort: 50189 Elsdorf
|
26.03.2021 19:47
von Ralphie
|
|
|
Leider habe ich das Buch über die Damenmode der Dreißigerjahre nicht mehr.
|
|
Nach oben |
|
|
Calvin Hobbs Klammeraffe
Alter: 55 Beiträge: 564 Wohnort: Deutschland
|
26.03.2021 19:47
von Calvin Hobbs
|
|
|
Hallo
Bis auf den letzten Absatz, der erklärt, was sie nicht mehr tragen, sondern stattdessen und in welchen Schnitten und Farben, wäre nur wichtig und interessant, wenn es in der Geschichte insgesamt um Mode/Modeentwicklung ginge.
Ansonsten muss ich gestehen: Wenn sich die Anchor Line und Cranz in die Handlung glaubwürdig einfügen, würde ich es auf keinen Fall googeln.
Auch ich habe mich ertappt, manchmal zu "überrecherchieren" und bin dann bei manchen Geschichten anderer erstaunt, dass einfaches Behaupten so gut funktioniert.
Am Ende wird es so oder so irgendwelche Klugsch**** geben und nur wegen einer Handvoll davon, lasse ich mir den Spaß nicht nehmen.
MfG
PS.: Achso, der Text las sich ansonsten klasse
_________________
|
|
Nach oben |
|
|
Rike La Leseratte
Beiträge: 164
|
26.03.2021 20:09
von Rike La
|
|
|
Hallo Ralphie,
zunächst mal möchte ich mich Calvin Hobbes anschließen. Ich würde sowas auch nicht googeln, solange es glaubwürdig rüberkommt...
Und von der Damenmode in den 30ern habe ich leider auch keine Ahnung, mir sind nur zwei Dinge aufgefallen:
Zitat: | »Was du nicht alles weißt!«, sagte Agnethe. Sie und Felicitas trugen längst nicht mehr solche unanständigen Abendkleider, wie sie sie zur Zeit des Ersten Weltkrieges benutzt hatten ("Kleider benutzen" ist keine schöne Formulierung. Vielleicht eher: "wie sie zur Zeit des Ersten Weltkrieges in Mode waren"? Damit umgehst du auch gleich das "sie sie"). Die Kleider der Dreißigerjahre waren von klassischer Linienführung, jedoch etwas interessanter als die amorphen Hänger der vergangenen Dekade. Die Silhouette hatte schlank zu sein, die Hüfte schmal, die Taille natürlich, die Schultern breit (was große Polster ermöglichten). Der Rock war ausgestellt und gerade (widerspricht sich das nicht?) (mit um-gekehrter Kellerfalte). Die Accessoires: Stulpenhandschuhe, zweifarbige Schuhe mit Blockabsätzen, Unterarmtaschen, maskuline Hüte und die unerlässliche Silberfuchsstola. An Farben herrschten vor ein dunkles Creme, Senf, Grau, Marine, Braun und Schwarz. Agnethe und Felicitas entschieden sich für das berühmte kleine Schwarze. Zusätzlich trug Felicitas einen Hut, eine Glocke.
|
War mir nur aufgefallen... ansonsten liest es sich gut!!
Liebe Grüße
Rike
|
|
Nach oben |
|
|
Ralphie Forenonkel
Alter: 71 Beiträge: 6407 Wohnort: 50189 Elsdorf
|
26.03.2021 20:28
von Ralphie
|
|
|
Hi Rike!
Darf ich deine Änderungen benutzen?
|
|
Nach oben |
|
|
Globo85 Klammeraffe
Alter: 38 Beiträge: 745 Wohnort: Saarland
|
26.03.2021 20:53
von Globo85
|
|
|
Hallo Ralphie,
schließe mich den anderen an, was das "überrecherchieren" angeht. Sehe ich hier auch unkritisch.
Liest sich sehr gut, ich mag deinen Schreibstil.
Worüber ich minimal gestolpert bin: die Bezeichnung "Erster Weltkrieg" im Jahr 1936. Gab es wohl schon vereinzelt. Aber verbreiteter war glaube ich "Großer Krieg" (in Frankreich) oder nur "Weltkrieg" bzw "der Krieg". Wegen des auktorialen Erzählers sicher kein Fehler, aber wie gesagt für mich ein minimaler Stolperer.
Gerne gelesen!
|
|
Nach oben |
|
|
Rike La Leseratte
Beiträge: 164
|
26.03.2021 20:56
von Rike La
|
|
|
Zitat: | Hi Rike!
Darf ich deine Änderungen benutzen?
|
Na klar, sehr gerne
|
|
Nach oben |
|
|
Ralphie Forenonkel
Alter: 71 Beiträge: 6407 Wohnort: 50189 Elsdorf
|
26.03.2021 21:02
von Ralphie
|
|
|
Mit dem ausgestellten geraden Rock hast du mich zum Nachdenken gebracht.
|
|
Nach oben |
|
|
Ralphie Forenonkel
Alter: 71 Beiträge: 6407 Wohnort: 50189 Elsdorf
|
26.03.2021 21:15
von Ralphie
|
|
|
Globo85 hat Folgendes geschrieben: | Hallo Ralphie,
schließe mich den anderen an, was das "überrecherchieren" angeht. Sehe ich hier auch unkritisch.
Liest sich sehr gut, ich mag deinen Schreibstil.
Worüber ich minimal gestolpert bin: die Bezeichnung "Erster Weltkrieg" im Jahr 1936. Gab es wohl schon vereinzelt. Aber verbreiteter war glaube ich "Großer Krieg" (in Frankreich) oder nur "Weltkrieg" bzw "der Krieg". Wegen des auktorialen Erzählers sicher kein Fehler, aber wie gesagt für mich ein minimaler Stolperer.
Gerne gelesen! |
Ich hab's schon geändert.
|
|
Nach oben |
|
|
Ralphie Forenonkel
Alter: 71 Beiträge: 6407 Wohnort: 50189 Elsdorf
|
27.03.2021 09:49
von Ralphie
|
|
|
Hallo Rike, ich danke dir, dass du mich auf diesen Widerspruch aufmerksam gemacht hast. Das wäre mir gar nicht aufgefallen.
|
|
Nach oben |
|
|
Rike La Leseratte
Beiträge: 164
|
27.03.2021 16:11
von Rike La
|
|
|
Zitat: | Hallo Rike, ich danke dir, dass du mich auf diesen Widerspruch aufmerksam gemacht hast. Das wäre mir gar nicht aufgefallen.
Embarassed
|
Sehr gerne!! Freut mich, dass ich dir helfen konnte Jaja, bei den eigenen Texten ist man ja oft blinder als bei anderen
|
|
Nach oben |
|
|
Ralphie Forenonkel
Alter: 71 Beiträge: 6407 Wohnort: 50189 Elsdorf
|
21.06.2021 20:46
von Ralphie
|
|
|
Hallo Rike La!
Jetzt habe ich mehrere Male im Internet den Begriff "gerader, ausgestellter Rock" gelesen ...
|
|
Nach oben |
|
|
Ralphie Forenonkel
Alter: 71 Beiträge: 6407 Wohnort: 50189 Elsdorf
|
21.06.2021 21:17
von Ralphie
|
|
|
Das "gerade" hängt wohl mit den Nähten zusammen ...
|
|
Nach oben |
|
|
|
|
Seite 1 von 1 |
|
Du kannst keine Beiträge in dieses Forum schreiben. Du kannst auf Beiträge in diesem Forum nicht antworten. Du kannst Deine Beiträge in diesem Forum nicht bearbeiten. Du kannst Deine Beiträge in diesem Forum nicht löschen. Du kannst an Umfragen in diesem Forum nicht teilnehmen. In diesem Forum darfst Du keine Ereignisse posten Du kannst Dateien in diesem Forum nicht posten Du kannst Dateien in diesem Forum nicht herunterladen
|
Empfehlung | Buch | Empfehlung | Empfehlung | Empfehlung | Buch | Empfehlung | Empfehlung | Buch | Empfehlung |
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|