Sorry, Michael Collins

[Globo85]

Die Fenster sind offen, einfach mit der Maus vorübergehen.

Disclaimer
Die folgende Bewertung stellt nur meine persönlichen Leseeindrücke dar. Wertende Aussagen beziehen sich lediglich auf den gelesenen Text, nie auf die Verfasser:innen. Die Punktevergabe und meine persönliche Rangliste ist natürlich vollkommen subjektiv, insbesondere die Bewertung unter dem Gesichtspunkt E-Literatur.

Ersteindruck
Der Titel alleine ist schon E, außerdem ein Saarbrücken-Heimspiel.

E-Lit-Zugehörigkeit
Inhaltlicher Anspruch/etwas zu sagen/tiefer gründender Inhalt
Ja, da steckt jede Menge drin, Depressionen, Ziellosigkeit, der ganze dunkle Sog. Dazu die Referenzen auf Michael Collins und die Verknüpfung des Themas mit dem Irving Zitat.

Stilistischer Anspruch
Viel indirekte Rede, Zeitsprünge, kurze und lange Sätze, verschachtelt und einfach. Sehr ausgewogen.

Ungefügigkeit und Mehrschichtigkeit
Ungefügigkeit: eher nein. Vielschichtigkeit: definitiv

Für mich: E-Literatur.

Umsetzung des Themas
Fenster
Check.

offen
Check.

Vorübergehen
Check.

Für mich: Thema (wörtlich) umgesetzt.

Was mir gefällt
Die viele Referenzen, die nicht aufgesetzt wirken, nicht gewollt, sondern einfach passen. Die Erinnerungen an die Studentenzeit in Saarbrücken, die bei den genannten Ortsmarken aufflammen. Das offene Ende genau an der richtigen Stelle. Der (für mich) beste Titel des Wettbewerbs (auch wenn ich zunächst an den irischen Freiheitskämpfer gedacht hab). Die absolut homogene Einbindung der Pandemie ohne aufdringlich oder belehrend zu sein.
Was mir nicht gefällt
Es ist mehr ein Nichtverstehen, als ein Nichtgefallen: Am Ende bringt Alex das "Keep passing the open windows" Zitat, das die Familie Berry aber ja (soweit ich es verstanden hab) als Inspiration nutzt, eben weiterzumachen. Insofern passt es für mich nicht ganz zu Alex Situation, bzw. sind es Abschiedsworte an Kim? Dass sie es besser machen soll und sich den Spruch zu Herzen nimmt, was er nicht kann?

Lieblingsstelle/Lieblingssatz
„Und dann, fragt Kim, als sie am Ende der Nauwieserstraße am City Love vorbei gehen, wo die Frau mit den roten Locken ihr Dekolletee seit Monaten nicht mehr aus dem Fenster gehängt und gelacht und ihnen, na, ihr zwei Schnuckelchen entgegen gerufen hat.“

Fazit und Punkte
Die Referenzen, das offene Ende, die vielen Schichten, die Sprache, die Verknüpfung der Themenvorgabe mit dem Irvingzitat. Dazu die Einbindung der Pandemie ohne in irgendeine Richtung belehrend zu wirken. Das ist für mich E-Literatur vom Feinsten und damit mein erster Platz.

Zwölf Punkte.

[hobbes]

Ha! So, lieber holg, nun behaupte noch mal, ich mag deine Texte nicht

[holg]

[Constantine]

Lieber holg,

ich beglückwünsche dich an dieser Stelle zum ersten Platz des Zehntausenders 2021.
Vor allem möchte ich dir aber dies hier da lassen:



Sehr beeindruckend, wie dein Text den Wettbewerb dominiert hat. Klasse.

Wir lesen uns.

LG Constantine

[holg]

Danke, Constantine
Ja. Das plättet mich jedes Mal, wenn ich hinschaue.
Ich kann das gar nicht in Worte fassen.
Klar glaube ich, dass der Text gut ist und rund und so. Aber irgendwie scheint er einen Nerv getroffen zu haben. Sechs mal Höchstpunktzahl, ein zweiter und ein dritter persönlicher Platz (Babella, hobbes, anderswolf, Jenni, Globo85, nebenfluss, RAc, Nihil – ganz viel Liebe dafür), dazu Kommentare, die zeigen, dass das Stück über das hinaus wirkt, was ich (bewusst) rein geschrieben habe.
Puh.
Das muss ich erst mal verarbeiten.

[Gast]