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Deutsches Schriftstellerforum Foren-Übersicht -> Antiquariat -> Zehntausend 05/2021
Elefantensprache

 
 
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nebenfluss
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Beitrag29.04.2021 19:00
Elefantensprache
von nebenfluss
eBook pdf-Datei Antworten mit Zitat

WWWUMP! WUMP ... WUMP, WUMP … WWWUMP! WUMP ... WUMP, WUMP ...
»Wieder die Elefanten?«, fragte Bernard.
Karl hob das Ohr von den Dielen und nickte. »Lauter als gestern. Und da ist noch etwas. Ein Klirren.«
Bernard lauschte, oder tat zumindest so. Karl rechnete es ihm hoch an, dass er seinen Spott nicht mehr auf dem Gesicht spazieren trug; er hielt die Elefanten für einen dummen alten Spruch, den sein Freund und Vorgesetzter - aus welchen Gründen auch immer – als tägliches Ritual liebgewonnen hatte.
Karl stand auf. »Sie hören doch das Klirren, oder? Ich denke, es kommt von hier drüben.« Er näherte sich der Glasvitrine mit den Sammlerstücken. Die Elefanten gehört zu haben, versetzte ihn immer in einen irritierenden Zustand der Erregung: Sie beunruhigten ihn, aber bestärkten ihn auch, wie eine Mahnung, sich noch intensiver um die ihm anvertrauten Schätze und Schätzchen zu sorgen; eine Mission, die er nach bestem Gewissen zu erfüllen gedachte, und sei es nur, um sich zu beweisen, dass er der richtige Mensch am richtigen Ort war, wenigstens hier, wenn schon sonst nirgends in der Welt.
Er holte den Schlüssel aus der Westentasche, öffnete die Vitrine und horchte hinein. Es war die Mokkatasse, Blumen und Schmetterling, KPM Berlin. Sie vibrierte in dem Rhythmus, der ihm mittlerweile vertraut war; wenn er die Augen zusammenkniff, glaubte er, es sogar sehen zu können.
Bernard studierte gerade den Einkaufszettel, der neben der Kasse lag.
»Wir müssen die Schmetterling besser schützen. Etwas zwischen Unterteller und Tasse legen.«
»Ein Tassendeckchen? Aber wir haben erst letzte Woche überall Stoff untergelegt?«
»Schauen Sie bitte einfach nach, was sich findet.«
»Erst noch einkaufen. Und für Sie wird es Zeit«, bestimmte Bernard mit einem Blick auf die feine Berta, »ein bisschen frische Luft zu schnappen, bevor wir öffnen.«
Karl nickte. Auch dies war ein Ritual geworden, und die einzige Weisung, die er Bernard gestattete, für die er sogar dankbar war - die Gelegenheit war rasch verpasst. Er verließ den Laden Richtung Treppenhausflur, wo es einen Nebeneingang gab. Die Tür war leider nicht mehr original, hatte dafür ein eingebautes Fenster, durch das man »frische Luft schnappen« konnte. Karl entriegelte die Öffnung, streckte langsam den Kopf hindurch und sah vorsichtig die Straße hinunter, wie gestern um diese Zeit, vorgestern, letzte Woche. Etwas anderes als sein Kopf war seit Jahren nicht mehr da draußen gewesen.
Er würde sie erkennen, auch wenn er nicht recht wusste, woran. Jeden Tag um diese Zeit ging sie vorbei, und doch hätte Karl nicht sagen können, ob sie nun dunkelblonde oder eher hellbraune Haare hatte; ihm fehlte die Übung in solchen Dingen. An den beigen Mantel erinnerte er sich, der etwas von einem Trenchcoat hatte, und an ihren Gang, der zielstrebig war, ohne verbissen zu wirken.
Von der frischen Luft wurde ihm bald schwindelig, von Minute zu Minute mehr, bis er nicht nur überzeugt war, dass sie heute nicht vorbeikommen würde, sondern es ihn aus dem Fenster hinaussaugen würde, wenn er sich nicht sofort wieder zurückzog.
Mit beiden Händen an der Wand tastete er sich zurück.

Bernard war gerade vom Einkauf zurück, als sie  den Laden betrat und sich neben ihn stellte, während er die feine Berta polierte, nicht aus Notwendigkeit, mehr der beruhigenden Wirkung wegen. Nein, sie suche nichts, habe noch einen Dachboden voll Geerbtem, sie könne ihm eher noch etwas vorbeibringen.
»Aber deshalb bin ich nicht hier. Ich möchte … wissen, was es mit den Elefanten auf sich hat.«
Karl stutzte. Wie sehr ihn Bernard doch verunsichert hatte – er war bis eben davon ausgegangen, dass niemand von den Elefanten wusste außer ihm.
»Das möchte ich auch. Sie kommen näher, nicht wahr? Sie bringen mein Porzellan zum Klirren.«
»Die Elefanten?«
»Ja. Kommen Sie.«
Er ließ sich auf dem Boden nieder, ein Ohr ans Parkett gedrückt.
Sie lachte ihm in das andere, was jung und ungekünstelt klang. »Wie die Indianer?«
»Wenn Sie so wollen.«
Dann war sie neben ihm, den konzentrierten, blaugrüngrauen Blick in seinem versenkt, als könne sie durch seine Augen eine Verbindung zu seinem Hörsinn herstellen. Ihre Mine aber blieb ausdruckslos. Sie hörte nichts. Genauso tumb wie Bernard.
»Wie klingt es denn?«
»So … Wwwwump! Wump ... Wump, wump.«
Sie nickte. »Passt.« Sie setzte sich ihre Füße. »Wir statten denen einen Besuch ab. Können Sie autofahren?«
»Nein, ich … habe keinen Führerschein.«
»Fahren kann ich. Ich meinte, können Sie beifahren?«
 Karls Herzschlag erhöhte sich. »Wohin?«
»Na, in den Zoo. Elefantenhaus. Wo sonst fänden wir welche in der Stadt.«
»Das … ist kein Haus, sondern ein Gehege, oder?«
»Es ist überdacht.«
Karl richtete sich nun auch auf, hastig, sein Nervenkostüm meldete Gefahr im Verzug. »Darüber muss ich erst nachdenken.« Clara hielt ihn am Arm fest.
»Worüber denn nachdenken? Seien Sie ehrlich. Sie wollen sich entziehen. Aber wozu dann das Ganze?«
»Ich kann den Laden nicht alleine lassen.«
»Eine Ausrede. Sie würden ihn doch nicht alleine lassen.« Fragend sah sie zu Bernard hinüber, der in einem Nähkästchen stöberte. Er grinste selbstgefällig zurück. Das waren schon hundertmal seine Worte gewesen.

Sie hieß Clara und schien mehr über ihn zu wissen, als anzunehmen war: Sie holte sogar den Wagen und hielt mit laufendem Motor direkt vor dem Geschäft. Karl beschloss - in einer Anwandlung, deren Lächerlichkeit ihm nicht entging -, seinen Mann zu stehen, und schlug der Panik während der zwei Meter durchs Freie ein Schnippchen; sie begriff erst im Auto, was er getan hatte, jagte jetzt seinen Puls um so mehr in die Höhe; die Brust ein nervös pochendes Beben. Unmöglich, einen Plan zu ersinnen, wie er Clara von dem Irrsinn abbringen konnte, den diese Reise für ihn bedeutete.
»Ich hoffe, es herrscht nicht so viel Betrieb. Ich mag Menschenmengen nicht besonders«, versuchte er es lahm. Was für eine groteske Untertreibung!
»Keine Sorge. Mittwoch mittag haben nur wenige Zeit dafür.«
Sie behielt in allem recht.
Das Elefantenhaus war tatsächlich ein Gebäude und befand sich gnädigerweise nah am Eingang des Zoos, und doch war Karl nervlich völlig am Ende, als sie dort ankamen. Clara stützte ihn, hielt ihn schließlich sogar umfasst, auf eine erstaunlich unpeinliche Art. Man befand sich auf einer Galerie über den Tieren, groß, grob, grau, Elefanten eben. Am Geländer nahm Karl unscharf ein paar herumturnende Kinder wahr, die Viecher mit hinabrieselnden Kiesbröckchen bestäubend. Die Hand fuhr immer wieder an die pulsierende Ader am Hals, und als er eine Bank erblickte, stürzte er zu ihr hin, nahm kaum wahr, wie sich Clara am Geländer umdrehte und langsam herüberkam. Trotz allem war es nicht so schlimm wie befürchtet, das Keuchen des Körpers ebbte ab, und es gelang ihm, sich auf ihre Worte zu konzentrieren. Sie war ganz im Moment, bei den Elefanten, über die sie offenbar einiges gelesen hatte.
»… und sie habe sehr sensible Füße. Wenn Sie hinsehen würden, könnten Sie sehen, wie sie sich unterhalten, indem sie aufstampfen oder nur die Zehen auf dem Boden rollen. Verstehen Sie? Das ist es, was Sie in Ihrem Laden belauschen. Ein Elefantengespräch.«
»Nicht gerade sehr abwechslungsreich. Was soll ich damit.«
Wieder dieses Lachen. »Das weiß ich doch nicht! Sie müssen elefantisch lernen. Ich bin kein Elefant, wissen Sie.«
»Ist mir aufgefallen. Aber albern sind Sie.«
Sie schien weder beleidigt zu sein noch sich verteidigen zu wollen. Nur in Karl hatte sich etwas wieder auf die Lauer gelegt: Die Brustenge, das Zittern, die Schnappatmung, all das würde bestimmt bald zurückkommen.
»Ich glaube, die Elefanten da unten, das sind nicht meine«, sagte er schließlich. Sich ablenken, das Gespräch in Gang zu halten.
»Das habe ich mir schon gedacht. Sie brauchen Hilfe.«
»Gerade helfen Sie mir«, entgegnete Karl. Es war nicht gelogen, aber doch eine Illusion; als wäre ihm zu helfen, langfristig.

»Wollen Sie denn Hilfe?«, fragte sie, als sie wieder vor der Antiquitätenhandlung parkten.
»Ich habe Bernard.«  Karl versuchte, nicht an den Himmel zu denken, unter dem er gleich würde aussteigen müssen. »Er kauft für mich ein, und … ich könnte ihn jederzeit anrufen.«
»Aber jedes Mal, wenn ich hier vorbeikomme, schauen Sie aus dieser Luke, murmeln etwas von Elefanten, und sehen dabei aus, als hätten sie Angst, hinauszufallen.«
Murmeln tat er also auch noch, und hatte es gewusst, eigentlich, Bernard hatte es erwähnt, immer wieder.
Vielleicht war es das Brennen des Blutes, das ihm ins Gesicht schoss, das ihn jeden Dank, jede Höflichkeit vergessen ließ. Mit einem Todesmut, der ihn selbst überraschte, riss er die Tür auf und war auf dem Gehsteig vor dem Geschäft, und dann: endlich wieder im Geschäft.
Der Laden schien auf den ersten Blick leer, da sich Bernard in die schattige Ecke hinter der Kasse zurückgezogen hatte, in eigentümlich kauernden Haltung, und aussah, als hätte er geweint. Seine rechte Hand hielt die Schmetterling, die linke den Henkel dazu.
»Die Elefanten waren da«, flüsterte er.
Danach sah es hier drinnen allerdings nicht aus.
Bernard hielt die Stücke aneinander, als könne er den Schaden ungeschehen machen, indem er die Form wiederherstellte. Wenn er bloß nicht vorschlug, den Henkel wieder anzukleben.
»Sie haben sie fallen lassen.« Karl hatte Mühe, die Wut aus seiner Stimme herauszuhalten, Bernard war in fünfzehn Jahren nichts runtergefallen, er hatte jede einzelne Position auf dem Einkaufszettel besorgt, niemand hatte weniger Zorn verdient. Wäre da nur nicht dieses Gefühl gewesen, heute einen gewaltigen Schritt ins Leben getan zu haben – was lächerlich war, denn es war allenfalls ein winziger Schritt gewesen, der erste von vielen tausend Schritten, doch nun … nun würde er sich erst wieder an die Startlinie zurückkämpfen müssen, und das würde er morgen nicht schaffen und übermorgen auch nicht, und vielleicht niemals mehr.
Und als er am Abend die Treppen zu seiner bescheidenen Wohnung hinaufstieg, waren die Elefanten ihm bereits ein Stockwerk voraus.
WWWUMP! WUMP ... WUMP, WUMP …

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Stefanie
Reißwolf


Beiträge: 1741



Beitrag09.05.2021 21:58

von Stefanie
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Agoraphobie, Panikattacken, der Drang, etwas zu ändern als Elefantenrufe, die unter den Füßen dröhnen. Eine originelle Metapher.
Die Umsetzung des Themas finde ich aber nicht ganz gelungen. Er geht ja nicht am Fenster vorbei, sondern hindurch und kehrt zurück.
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hobbes
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Beitrag10.05.2021 00:37

von hobbes
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Ich bin sehr froh über diesen Text. Eventuell vor allem auch deshalb, weil ich zuvor zu viele von der Sorte "ich erkläre dir alles und noch viel mehr" + "zu viel Sahne/Zucker/HappyEnd/Glückseligkeit kann es gar nicht geben (doch!!!!)" gelesen habe.
Und dann kommt der hier und erzählt mir was von Elefanten, es gibt einen reichlich durchgeknallten (im positiven Sinn) Prota. Und - ha! - ich verstehe nicht auf Anhieb alles. Wirklich sehr schön ist das smile

Das hätte ich anfangs auch nicht gedacht, dass du "nur" 5 Punkte von mir bekommst. Tatsächlich sind im direkten Vergleich auch völlig überraschende (also für mich überraschend) Texte an dir vorbeigezogen, einfach, weil ich mich mehr aufs Wiederlesen gefreut hatte. Die Freude fürs Wiederlesen ist hier bei dieser Geschichte ein bisschen beeinträchtigt dadurch, dass mir der Text dann doch irgendwie zu lang und breit erzählt ist.


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V.K.B.
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Beitrag10.05.2021 18:50

von V.K.B.
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Hallo unbekanntes Wesen, das das geschrieben hat

vorweg ein Gedanke gleich beim Lesen:
Zitat:
»Die Elefanten waren da«, flüsterte er.
Hier hätte die Geschichte mMn enden müssen.

und ein paar spontane Gedanken nach dem Lesen: gefällt mir. Der Text hat etwas herrlich Absurdes, ohne dabei trivial zu wirken. E-Lit ist das mMn auf jeden Fall. Ernsthaft heißt ja nicht, dass es völlig ernst sein muss. Einzig mit der Themenumsetzung hadere ich. Ja, es kommt ein Fenster vor, an dem jemand vorbeigeht, was dann auch Auftakt zu dem Gespräch und Zoobesuch ist. Aber das Thema der Geschichte ist nicht "an offenen Fenstern vorübergehen", das ist nur ein Element. und austauschbar (sie könnte ihn auch im Laden von Elefanten murmeln hören). Bis jetzt aber auf jeden Fall trotzdem ein Punktekandidat, doch ich habe noch nicht einmal die Hälfte der Texte gelesen. Dieser steht aber jedenfalls schon mal definitiv in meinem grünen Bereich (=Texte, die mMn wirklich in den 10k passen).

Edit: Zur Endwertung: Ich habe die Texte in die Kategorien grün (genau wie ein Zehntausendertext mMn sein sollte, also definitiv E-Lit, aber auch besonders geschrieben und neue Wege beschreitend, oder das zumindest versuchend), gelb (ernsthafte Themen, aber realtiv traditionell geschrieben) und rot (Text, der mMn nicht in diesen Wettbewerb passt, auch nicht teilweise) eingeteilt. Die Rangfolge für die Punkte erfolgt dann nicht größtenteils nach persönlichem Gefallen, sondern erstmal innerhalb der Gruppen.

Diesen Text habe ich in den grünen Bereich eingeteilt, er erfüllt die Vorgaben dieses Wettbewerbs vollständig, landet auf Platz 4 und erhält damit 7 Punkte.


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Oh changelings, thou art so very wrong. T’is not banality that brings us downe. It's fantasy that kills …
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nebenfluss
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Beitrag11.05.2021 14:00

von nebenfluss
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Tja, mein Lieber, so sehr hast du dich wohl noch nie vertan, was sich so in 10.000 Zeichen erzählen lässt. Der Text hätte einfach mehr Länge gebraucht, vielleicht nicht 18.000 (worauf es wohl hinausgelaufen wäre, hättest du beim Schreiben nicht  den Zeichenzähler im Auge gehabt), aber doch so um die 14.000 Zeichen. Das Kürzen hat hier und da gutgetan, aber das Erzähltempo im Endeffekt doch arg ins Ungleichgewicht gebracht; etwa bei Claras Ankunft, und insbesondere in der Passage, als sich Karl im Elefantenhaus von seiner Panikattacke erholen muss. Die Atmosphäre und Karls Problematik entfalten sich nicht wie gewollt; es liest sich zu sehr wie eine runtererzählte und relativ oberflächliche Geschichte.
Ein paar stilistische Hässlichkeiten sind auch drin, und warum zum Teufel schreibst du immer noch so etwas:
nebenfluss hat Folgendes geschrieben:
als könne sie durch seine Augen eine Verbindung zu seinem Hörsinn herstellen.

anstatt sie z. B. eine "Brücke bauen zu lassen?
Schade drum.


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marinaheartsnyc
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Beitrag11.05.2021 17:55

von marinaheartsnyc
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Ich liebe alles an dem Text - die Sprache, das Elefanten-Motiv, die Umsetzung des Themas, die Haltung, die Geschichte an sich - für mich auf jeden Fall richtig gute und klassische E-Literatur, die einen richtig beseelt zurücklässt und trotz des schwierigen Themas ganz viel Leichtigkeit hat. Total gerne gelesen und mein Favorit smile

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d.frank
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D
Beitrag12.05.2021 17:15

von d.frank
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Hmmmm

Wahrscheinlich bin ich zu ernst.
Das wirkt auf mich sehr zusammengeschustert.
Also irgendwie will das eine ernste Botschaft übermitteln, aber bedient sich dafür an Motiven aus Kindergeschichten.
Das ist ja nicht schlecht, aber Literatur ist das auch nicht..
Vielleicht bin ich auch zu besetzt von den Wettbewerbsrichtlinien.

In einem anderen Wettbewerb könnte ich mir das sehr gut vorstellen, dieses Leichtfüßige, Blauäugige, Idealisierende, aber hier ist es mir zu wenig.


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Die Wahrheit ist keine Hure, die sich denen an den Hals wirft, welche ihrer nicht begehren: Vielmehr ist sie eine so spröde Schöne, daß selbst wer ihr alles opfert noch nicht ihrer Gunst gewiß sein darf.
*Arthur Schopenhauer
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Nihil
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Beitrag13.05.2021 00:02

von Nihil
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Ein vermutlich herz- und sehschwacher Inhaber eines Porzellanlädchens mag seine vier Wände wegen einer Agoraphobie nicht verlassen und lauscht stattdessen lieber den „Elefanten“ nach, die ihr Unwesen in seinem Laden treiben. Obwohl er wahrscheinlich nur seine eigenen Rhythmusstörungen belauscht, schnappt eine Frau, die täglich an seinem offenen Fenster vorbeiläuft, das Stichwort „Elefant“ auf, was sie dazu antreibt, den alten Herrn ins Elefantengehege einzuladen. Nach dem Zoobesuch scheinen die Herztöne einen anderen Grund zu haben.

Die große Literatur ist das hier natürlich nicht. Den Ladenbesitzer fand ich in seiner Schrulligkeit irgendwie charmant. Ebenso wie die verzweifelte Reaktion des Kollegen, als er das zerbrochene Lieblingsgeschirr präsentieren muss: „Die Elefanten waren da.“ Vielleicht finde ich das auch nur deswegen goldig, weil ich den Laden zunächst nicht als reinen Porzellanladen bzw. die Verbindung zu den Elefanten nicht bemerkt habe. Blind war ich, bis ich dich sah, usw. Meine Langsamkeit hat dir aber zu Punkten verholfen, die es ansonsten ob des mangelnden E-Faktors und der sehr strapaziert konstruierten Begegnung mit der Frau wohl nicht gegeben hätte.

ACH JA. DIE GROẞSCHREIBUNG HÄTTE SICH VIELLEICHT AUCH SUBTILER LÖSEN LASSEN. WIR SIND DOCH NICHT IN ENTENHAUSEN.
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F.J.G.
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Beitrag13.05.2021 16:35

von F.J.G.
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Guten Abend,

das Konzept ist interessant, der Text flüssig, man liest gern weiter.

Auch hier jedoch vermisse ich den tieferen Sinn und den Roten Faden. Auch das Finale erschließt sich mir nicht ganz und damit auch nicht die innere Botschaft.

Bedauernswerterweise konnte ich auch keine wirkliche Umsetzung des Fenster-Themas entdecken. Oder habe ich das überlesen?

Liebe Grüße
der Kojote


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holg
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Beitrag13.05.2021 17:52

von holg
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Ein Text mit Schmetterlingen und Elefanten kann gar nicht schlecht sein. Wenn er mit einer originellen, gut erzählten Geschichte aufwarten kann gehört er auf jeden Fall zu den Anwärtern auf Punkte.
Ich werd bestimmt noch was schlaues schreiben über Fenster im konkreten und offene Fenster als Gelegenheiten und Möglichkeiten und mein Faible für solche Geschichten. Über Figuren, deren Heldentat schon der Marsch von der Wohnung ins Taxi ist, die an einem Lebensabenteuer wie einem begleiteten Museumsbesuch wachsen können. Aber erstmal muss ich mich durch die anderen Geschichten arbeiten.

EDIT:
Nö. Ich lass das einfach so stehen.


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Constantine
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Goldener Sturmschaden Weltrettung in Bronze


Beitrag14.05.2021 19:25

von Constantine
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Ein Herz für Elefanten oder ich bleib in meiner Muschel

Bonjour Inko,

mit Karl und Bernhard haben sich zwei gefunden, die gut zueinander passen als Angestellter und Chef und dabei doch allerlei erleben in ihrer Antiquitätenhandlung.

Im zweiten Abschnitt blieb ich kurz weiter unten hängen:
Zitat:
Bernard war gerade vom Einkauf zurück, als sie  den Laden betrat und sich neben ihn stellte, während er die feine Berta polierte, nicht aus Notwendigkeit, mehr der beruhigenden Wirkung wegen. Nein, sie suche nichts, habe noch einen Dachboden voll Geerbtem, sie könne ihm eher noch etwas vorbeibringen.
»Aber deshalb bin ich nicht hier. Ich möchte … wissen, was es mit den Elefanten auf sich hat.«
Karl stutzte. Wie sehr ihn Bernard doch verunsichert hatte – er war bis eben davon ausgegangen, dass niemand von den Elefanten wusste außer ihm.
»Das möchte ich auch. Sie kommen näher, nicht wahr? Sie bringen mein Porzellan zum Klirren.«
»Die Elefanten?«
»Ja. Kommen Sie.«
Er ließ sich auf dem Boden nieder, ein Ohr ans Parkett gedrückt.
Sie lachte ihm in das andere, was jung und ungekünstelt klang. »Wie die Indianer?«
»Wenn Sie so wollen.«
Dann war sie neben ihm, den konzentrierten, blaugrüngrauen Blick in seinem versenkt, als könne sie durch seine Augen eine Verbindung zu seinem Hörsinn herstellen. Ihre Mine aber blieb ausdruckslos. Sie hörte nichts. Genauso tumb wie Bernard.
»Wie klingt es denn?«
»So … Wwwwump! Wump ... Wump, wump.«
Sie nickte. »Passt.« Sie setzte sich ihre Füße. »Wir statten denen einen Besuch ab. Können Sie autofahren?«
»Nein, ich … habe keinen Führerschein.«
»Fahren kann ich. Ich meinte, können Sie beifahren?«
 Karls Herzschlag erhöhte sich. »Wohin?«
»Na, in den Zoo. Elefantenhaus. Wo sonst fänden wir welche in der Stadt.«
»Das … ist kein Haus, sondern ein Gehege, oder?«
»Es ist überdacht.«
Karl richtete sich nun auch auf, hastig, sein Nervenkostüm meldete Gefahr im Verzug. »Darüber muss ich erst nachdenken.« Clara hielt ihn am Arm fest.
»Worüber denn nachdenken? Seien Sie ehrlich. Sie wollen sich entziehen. Aber wozu dann das Ganze?«
»Ich kann den Laden nicht alleine lassen.«
»Eine Ausrede. Sie würden ihn doch nicht alleine lassen.« Fragend sah sie zu Bernard hinüber, der in einem Nähkästchen stöberte. Er grinste selbstgefällig zurück. Das waren schon hundertmal seine Worte gewesen.

Irgendwas habe ich im zweiten Abschnitt verpasst, denn da steht plötzlich ein Name, so aus dem Nichts kommt der und lässt mich fragen, wer ist das?

Die Antwort kommt im dritten Abschnitt:
Zitat:
Sie hieß Clara und schien mehr über ihn zu wissen, als anzunehmen war: Sie holte sogar den Wagen und hielt mit laufendem Motor direkt vor dem Geschäft.

Ok.
Würde ich entweder im zweiten Abschnitt bereits erklären, dass ihr Name Clara ist und nicht plötzlich einfach reinwerfen, oder im zweiten Abschnitt den Namen einfach weglassen. Denn im Dritten wird sie mit Namen genannt.

Was mir an Clara etwas suspekt ist, ist ihr plötzliches Erscheinen im Laden, ihre Kenntnis über die Elefanten, das sich ja anscheinend über die Grenzen der Straße herumgesprochen haben muss und dass sie, wenn schon im Laden schon drin, ja mit Karl interagieren muss und eine Art (psycho_therapeutisch_logische) Sozialarbeiterin ist, um Karl von seiner Agoraphobie zu therapieren. Nicht mit Erfolg, wäre auch zu utopisch gewesen, dies nach einem Ausflug zu bewerkstelligen, aber Karl ist über seinen Schatten gesprungen, hat sich getraut, die Welt und die Elefanten gesehen und ist dann wieder zurück in seine Sicherheit des Ladens und der darüberliegenden Wohnung zurück.

Ich mag Elefanten, sogar sehr, und allein schon deswegen hat der Text Punkte verdient. Dazu die beiden Protagonisten in ihrer Welt, dem Laden und mit sich selbst. Gefällt mir. Der Text ist in meiner Top Ten: huit points.

Merci beaucoup
Constantine
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Raven1303
Geschlecht:weiblichKlammeraffe

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Beiträge: 540
Wohnort: NRW


Beitrag15.05.2021 00:15

von Raven1303
Antworten mit Zitat

Liebe/r Unbekannte/r,

sehr hübsche Geschichte und schön geschrieben!
Alle Anforderungen erfüllt.
Ein paar andere Geschichten schieben sich vor deine, daher vier Punkte von mir.

LG Raven.


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Ich lebe mein Leben in wachsenden Ringen, die sich über die Dinge ziehn.
Ich werde den Nächsten vielleicht nicht vollbringen, aber versuchen will ich ihn.
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Und ich weiß noch nicht: bin ich ein Falke, ein Sturm? Oder ein großer Gesang... (R.M. Rilke)
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Gast







Beitrag16.05.2021 20:26

von Gast
Antworten mit Zitat

Liebe/r Autor/in,

schön, gefällt mir, deine Geschichte. Die zweite in diesem Wettbewerb, die eine besondere Art der sozialen Phobie thematisiert. Ich habe Mitgefühl für deinen Protagonisten und das bedeutet, du hast auf jeden Fall eine Menge richtig gemacht. Dein Stil gefällt mir in seiner Klarheit, Karls Handlungsweise ist stringent, seine Gedanken wirken authentisch.

Zitat:
Dann war sie neben ihm, den konzentrierten, blaugrüngrauen Blick in seinem versenkt, als könne sie durch seine Augen eine Verbindung zu seinem Hörsinn herstellen.

Hey, jemand mit blaugrüngrauen Augen! Bin hier nur hängengeblieben, weil tatsächlich schon jede Farbe in meinem Pass stand Laughing.

Thema hast du aus meiner Sicht umgesetzt, dein Beitrag könnte es in meine Top Ten schaffen!

Liebe Grüße,
Katinka
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Gast







Beitrag16.05.2021 21:29

von Gast
Antworten mit Zitat

Karl, Ein alter Sonderling, hat sich vollständig in seinem Antiquitätenladen eingekapselt. Außer seinem Faktotum Bernhard (der auch für ihn einkauft) ist eine mysteriöse Frau, die regelmäßig an dem Laden vorbei läuft, sein einziger Kontaktpunkt zur Außenwelt.

Die Frau, Clara, tritt eines Tages in den Laden ein und nimmt ihn aus seiner gewohnten Umgebung in einen Zoo mit, wonach seine eingekapselte Welt Schaden nimmt.

Vorgaben:

Auf der literalen Ebene durch das Fenster in der Geschäftstür, an dem Clara regelmäßig vorübergeht. Auf der metaphorischen Ebene verargumentierbar.

Mit Wohlwollen erfüllt.

Ausgestaltung:

Ein plot mit sehr vielen Ungereimtheiten. Vor Allem bleibt unklar, wer Clara ist, woher sie weiß, dass Karl unter Halluzinationen bezüglich Elefanten weiß, und was sie dazu motiviert, ihn aus seiner Isolation zu locken. Welches Interesse hat sie an ihm? Und daran, ihn von seinen Halluzinationen zu heilen und ihn wieder ein Stück in die reale Welt zu führen? Das Ende ist sehr unbefriedigend. Die (nicht sehr überzeugende) Symbolik seiner zerbrochenen Lieblingstasse lässt erahnen, dass seine bis dahin ohnehin fragile Welt nun völlig kaputt ist. Ist es das, was Clara wollte?

Anleihen an Steve Dietz' Theaterstück "Lonely Planet" sind denkbar, allerdings ohne den Bogen auf ein weltumfassendes Problem, das die ohnehin schon beschränkten Mikrokosmos der Handlung umso surrealer erscheinen ließe und die Geschichte öffnen würde.

Nicht überzeugend.
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silke-k-weiler
Geschlecht:weiblichKlammeraffe

Alter: 49
Beiträge: 748

Das goldene Schiff Der goldene Eisbecher mit Sahne


Beitrag17.05.2021 12:22

von silke-k-weiler
Antworten mit Zitat

Lieber Text,

Dich mag ich irgendwie. Mir gefällt, wie Du Karls Ängste darstellst, das kleine Fenster in der Tür als einzig geduldete Öffnung, durch das man der Welt/dem Leben für einen Moment gestattet, an einem vorbeizuziehen.

Viele kleine, schöne Bilder wie z.B.

Señora Incógnita hat Folgendes geschrieben:
Von der frischen Luft wurde ihm bald schwindelig, von Minute zu Minute mehr, bis er nicht nur überzeugt war, dass sie heute nicht vorbeikommen würde, sondern es ihn aus dem Fenster hinaussaugen würde, wenn er sich nicht sofort wieder zurückzog.


Ein paar holprige, unsaubere Stellen, einmal heißt es z.B.:

Señora Incógnita hat Folgendes geschrieben:
»Darüber muss ich erst nachdenken.« Clara hielt ihn am Arm fest.


paar Zeilen später

Señora Incógnita hat Folgendes geschrieben:
Sie hieß Clara und schien mehr über ihn zu wissen, als anzunehmen war:


Da hätte man etwas sorgfältiger sein können.

Aber sonst eine schöne Sache, die in meine nächste Runde kommt.

VG
Silke
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Gast







Beitrag17.05.2021 17:53

von Gast
Antworten mit Zitat

Karl, Besitzer eines Porzellanladens, leidet unter Agoraphobie, traut sich nicht mehr heraus aus seinem Haus. Und Karl hat Halluzinationen, hört Geräusche, ein Stampfen, es scheint von Elefanten zu stammen. Karl sorgt sich um sein zerbrechliches Inventar. Sein einziger Kontakt zur Außenwelt: Ein in die Tür eines Nebeneingangs eingelassenes kleines Fenster. Dort steht er – ein tägliches Ritual – beschwört murmelnd die Elefanten und hofft darauf, dass eine bestimmte Frau, die täglich vorbeikommt, auftaucht.
Eines Tages erscheint diese Frau, Clara, tatsächlich im Laden und überredet Karl zu einem Besuch im Zoo bei den Elefanten. Clara will Karl helfen, ihn u.a. von der Feinfühligkeit und Sensibilität der Tiere überzeugen. Bei seiner Rückkehr vom Zoo findet Karl seinen Mitarbeiter Bernhard im Laden vor, in den Händen ein wertvolles Stück Porzellan, das ihm zerbrochen ist. Für Karl ein fürchterlicher Rückschlag. Es wird ihm schmerzhaft bewusst, wie schwierig und langwierig der Weg zurück ins Leben werden wird, und er zweifelt, dass er dafür die nötige Energie aufbringen wird. Claras Intervention war sicher gut gemeint, in diesem Fall aber doch vielleicht ein wenig eine Therapie a la Elefant im Porzellanladen
Die Hoffnungen des Lesers,  dass es Karl mit Claras Hilfe gelingen könnte, seine Ängste zu überwinden, erhalten am Ende einen ziemlichen Dämpfer – so zumindest meine Lesart.
Der Text hat mich rundum überzeugt. 10 Punkte von mir.
LG
DLurie
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Jenni
Geschlecht:weiblichBücherwurm


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Das goldene Aufbruchstück Die lange Johanne in Gold


Beitrag17.05.2021 22:23

von Jenni
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Karl ist ein hochgradig paranoider Antiquitätenhändler, der die Elefanten (im Porzellladen) schon kommen hört. Dann kommt Clara und bringt ihn zu echten Elefanten - ein bisschen zu einfach, in Anbetracht dessen, dass er angeblich seit Jahren keinen Fuß vor die Tür gesetzt hat - was ein erster Schritt in die Welt hätte sein können, wäre nicht in der Zwischenzeit zum ersten Mal tatsächlich etwas im Laden zu Bruch gegangen, womit sich quasi all die schlimmen Befürchtungen bewahrheitet haben. Manchmal befreit sowas ja auch, aber nicht Karl, der will jetzt aufgeben. Die offenen Fenster: Karl steht an einem, jeden Tag, seine einzige Verbindung nach außen, und dort findet ihn Clara, die jeden Tag vorbeigeht.
Nur weiß ich nicht recht, was mir das jetzt sagen soll, über diese Geschichte und Karls Schicksal hinaus. Dort führt Social Distancing auf die Dauer hin?
2 Punkte.
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Kiara
Geschlecht:männlichReißwolf

Alter: 44
Beiträge: 1404
Wohnort: bayerisch-Schwaben


Beitrag18.05.2021 14:02

von Kiara
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Hallo,
interessant, mal was anderes. Ganz anderes. Dafür gebe ich 7 Punkte smile


_________________
Zum Schweigen fehlen mir die Worte.

- Düstere Lande: Das Mahnmal (2018)
- Düstere Lande: Schatten des Zorns (2020)
- Düstere Lande: Die dritte Klinge (2023)
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Selanna
Geschlecht:weiblichReißwolf


Beiträge: 1146
Wohnort: Süddeutschland


Beitrag19.05.2021 21:56

von Selanna
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Ein interessanter Einstieg, hätte auch in einem Kinderbuch stehen können und hatte ich so nicht erwartet. Finde ich aber nicht schlecht!
Hier wusste ich nicht gleich recht, wer etwas für einen alten Spruch hielt: „Bernard lauschte, oder tat zumindest so. Karl rechnete es ihm hoch an, dass er seinen Spott nicht mehr auf dem Gesicht spazieren trug; er hielt die Elefanten für einen dummen alten Spruch, den sein Freund und Vorgesetzter - aus welchen Gründen auch immer – als tägliches Ritual liebgewonnen hatte.“ Später, im Verlauf des Textes, konnte ich es mir dann aber erschließen.
Karl ist herrlich kauzig, ich mochte ihn sofort (vllt auch wegen seiner Liebe zu KPM-Tassen Wink ).
Ganz wunderbar fand ich auch: „Ich meinte, können Sie beifahren?“ Die Frage ist göttlich, ich lese da zwei Bedeutungen heraus, obwohl die sicher gar nicht dastehen. Freu mich trotzdem drüber Laughing
Den zweiten Abschnitt fand ich von der Figurenkonstellation oder genauer von der Einführung der Figuren seltsam. Mir war nicht bewusst, dass Karl auch im Raum stand, als Clara kam. Dass „sie“ mittendrin ganz selbstverständlich Clara genannt wird, kommt mir für den zweiten Abschnitt zu spät, aber noch seltsamer war, dass sie am Anfang des dritten Abschnitts dann noch offiziell vorgestellt wurde. Ist das verquere Erzählstruktur oder nur komisch? Ich bin mir – mal wieder – unsicher.

Insgesamt fand ich die Geschichte sehr berührend. Anrührend. Karl, der mit seinem Innenleben ringt und in Kunst(handwerk) einen Ersatz für Leben und Liebe gefunden hat. Bernard, der sich aufopfert und dem dann dieser Fehler passiert. Ich glaube, er weint nicht nur um die Tasse, sondern mehr noch, weil er weiß, was sie Karl bedeutet. Carla, die so feinfühlig, empathisch und interessiert an einem eigenwilligen Fremden ist, an dem die meisten sicher schaudernd vorübergegangen wären (wenn er in sich hineinmurmelnd den Kopf auf die Gasse reckt). Jeder der drei Personen erscheint mir außerordentlich sensibel, zwei im positiven Sinne, einer im negativen, weil es ihn in seiner Lebensfreude einschränkt. Und ich liebe Elefanten Embarassed Schon aufgrund der kurzen Szenen mit den wirklichen Elefanten bin ich auf völlig irrationale Weise ganz verliebt in den Text (was ich versuche, auszuklammern, es ging ja im Wettbewerb nicht um einen Text mit Selannas Lieblingstieren Rolling Eyes Laughing ).

Zur Themenvorgabe: Ich glaube, es ist der erste Text, den ich hier lese, in dem der Protagonist nicht an offenen Fenstern vorbeigeht, sondern hinter einem offenen Fenster steht, an dem vorbeigegangen wird. Aber warum nicht, dann ging eben Clara am offenen Fenster vorbei Wink
Hat der Text etwas zu sagen? Ich denke, ja. Er thematisiert den Alltag eines psychisch erkrankten (?) Menschen. Agoraphobie? Panikanfälle. Halluzinationen. Darüber hinaus thematisiert der Text, wie zwei andere Menschen Karl unterstützen: passiv, seine Symptome tolerierend und sogar akzeptierend – aktiv, konfrontierend, im Versuch, eine Wende herbeizuführen. Ob das Scheitern des ersten Weges zum Scheitern des zweiten führt (Bernards Fehler reißt Karl zurück von Claras Startlinie)? Welche der beiden Hilfeleistungen/Unterstützung ist die richtige?
Zu Sprache und Struktur: Die Erzählstruktur ist eher traditionell, denke ich, mit Ausnahme der Namenseinführung von Clara, aber ob das nun der große Coup oder überhaupt gewollt ist, wage ich nicht zu beurteilen. Der Text schlägt strukturell als auch inhaltlich den Bogen von Wump zu Wump, ist also ganz den Elefanten gewidmet.
Die Sprache ist nicht außergewöhnlich, aber sehr abwechslungsreich und immer adäquat. Mal kurze Sätze, dann wieder sehr lange, verschachtelte, die aber stets gut verständlich formuliert sind. Das zentrale Bild ist hier der „Elefant im Porzellanladen“, der imaginäre Elefant, der den Porzellanladen nie betritt, dafür besucht der „Porzellanladenbesitzer“ das Elefantenhaus, wo ihm die sensiblen Füße der angeblichen Rüpel erklärt werden. Während daheim im Porzellanladen der gutherzige Helfer für einen Moment zum Elefanten wird. Sehr schön variiert! Nur … das Meisterstück wäre es gewesen, wenn hier das Wettbewerbsthema eine so präsente Rolle in der Bildsprache eingenommen hätte, natürlich nur imho.
Nichtsdestotrotz, ob nun hundertprozentig wettbewerbsoptimiert oder nicht, ein wirklich anrührender, wundervoller, so schön ruhig erzählter Text. Er hat mir sehr gefallen.
Wenn ich genügend Texte bewertet habe, um bepunkten zu können, schau ich noch einmal hier vorbei Smile

Liebe Grüße
Selanna


_________________
Nur ein mittelmäßiger Mensch ist immer in Hochform. - William Somerset Maugham
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Globo85
Geschlecht:männlichKlammeraffe

Alter: 38
Beiträge: 738
Wohnort: Saarland
Das silberne Eis in der Waffel DSFo-Sponsor


Beitrag20.05.2021 13:50

von Globo85
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Die Fenster sind offen, einfach mit der Maus vorübergehen.


Disclaimer

Die folgende Bewertung stellt nur meine persönlichen Leseeindrücke dar. Wertende Aussagen beziehen sich lediglich auf den gelesenen Text, nie auf die Verfasser:innen. Die Punktevergabe und meine persönliche Rangliste ist natürlich vollkommen subjektiv, insbesondere die Bewertung unter dem Gesichtspunkt E-Literatur.


Ersteindruck

Berührend, rund, schön.


E-Lit-Zugehörigkeit

Inhaltlicher Anspruch/etwas zu sagen/tiefer gründender Inhalt

Erzählt etwas über Phobien, ohne jedoch direkt etwas zu sagen.

Stilistischer Anspruch

Sehr gewählte Sprache, jedes Wort sitzt.

Ungefügigkeit und Mehrschichtigkeit

Ungefügigkeit nein. Mehrschichtigkeit? Auch eher nein.

Für mich: E-Literatur.


Umsetzung des Themas

Fenster

Die Luke in der Tür nach hinten.

offen

Check.

Vorübergehen

Clara, die bislang immer daran vorüberging?

Für mich: Thema umgesetzt.


Was mir gefällt

Die Geschichte wirkt komplett, das Ende ist super. Der Protagonist, obwohl man außer seiner Phobie kaum etwas ausdrücklich erfährt, wirkt so herzzerreißend sympathisch.

Was mir nicht gefällt

Inhaltlich keine Kritikpunkte, nur ein kleiner Logikfehler (?): "Clara hielt ihn am Arm fest." Aber erst 4 Zeilen später wird sie dem Leser als Clara vorgestellt.


Lieblingsstelle/Lieblingssatz

„Sie bringen mein Porzellan zum Klirren.“


Fazit und Punkte

Einfach ein schöner Text mit einem Protagonisten, den man am liebsten an der Hand nehmen will, um ihm zu zeigen, dass da draußen nichts Schlimmes lauert. Innerhalb weniger Zeilen ist man mittendrin, fesselnd. Für mich vielleicht am unteren Ende der E-Lit. Skala (was auch immer das ist), aber wegen des ungewöhnlichen Zugangs zur Thematik und des ungeschönten Blicks im Rahmen des Wettbewerbs alle Vorgaben erfüllend. Mein sechster Platz.

Fünf Punkte.
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MoL
Geschlecht:weiblichQuelle


Beiträge: 1838
Wohnort: NRW
Das bronzene Stundenglas


Beitrag21.05.2021 09:40

von MoL
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Lieber Inko!

Leider hat Dein Text keine Punkte von mir bekommen.

Abgedreht ist er, E-Lit, Fenster, alles da.
Was also stört mich? Ich - und das ist jetzt eine persönliche Geschmackssache, sicher, aber so ist das eben - mag einfach keine Texte, in denen so richtig krass-schlimme Ängste "mal eben so" überwunden werden. Klar hat er Panik, Brustenge usw., aber insgesamt ging mir das einfach zu glatt in dem Text: da verlässt einer seit zig Jahren den Laden nicht, wagt es nur einmal am tag für wenige Minuten, den Kopf rauszustrecken, und dann kommt eine Wildfremde und plötzlich ist sogar eine Autofahrt drin?
Sorry, aber das kaufe ich Dir einfach nicht ab. Ich meine, wäre ja schön, wenn es wäre, aber das glaube ich einfach nicht.

Bis "»Die Elefanten waren da«, flüsterte er." dachte ich auch, den Text verstanden zu haben - dann bin ich aber ins Unverständnis gefallen. Wärst Du so nett, mir Deine Geschichte zu erklären?

Sprachlich gefällt mir die Geschichte ganz gut. Vor allem ist sie sehr sympathisch und die Idee extrem einfallsreich! Smile


_________________
NEU - NEU - NEU
gemeinsam mit Leveret Pale:
"Menschen und andere seltsame Wesen"
----------------------------------
Hexenherz-Trilogie: "Eisiger Zorn", "Glühender Hass" & "Goldener Tod", Acabus Verlag 2017, 2019, 2020.
"Die Tote in der Tränenburg", Alea Libris 2019.
"Der Zorn des Schattenkönigs", Legionarion Verlag 2021.
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nicolailevin
Geschlecht:männlichEselsohr


Beiträge: 259
Wohnort: Süddeutschland


Beitrag21.05.2021 11:45

von nicolailevin
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Die eingebildeten Elefanten im Kopf des Porzellanladenbesitzers. Diese Idee ist natürlich allerliebst und schräg.

Ich finde es schade, dass diese wunderschöne Geschichte so schnöde auf eine Zwangsstörung hinausläuft. Psychotische Antiquare finde ich trivial, mir wäre es unendlich lieber, dass es die Elefanten wirklich geben würde. Ich wünsche sie mir herbei! Ich will Elefanten haben – und nicht nur diesen doofen Klemmkarl, der sich nicht aus dem Haus wagt.

Handwerklich gibt es wenig zu bekritteln: Ich bin zu Beginn zweimal über Perspektivenholperer Richtung Bernard gestoßen, und der Namen Clara kommt, bevor er kommen darf. Das mit dem beifahren fand ich komisch und mit diesem Satz „sie begriff erst im Auto, was er getan hatte, jagte jetzt seinen Puls um so mehr in die Höhe“ komm ich auch nicht so recht klar.

Aber was ist das alles gegen die Enttäuschung, dass mein Wunsch nach Magie unerhört verhallt?

Ach ja, und dann waren da noch die Fenster. Sind nur kurz drin, aber absolut essentiell für die Story. Haken dran.

Am Ende doch meine Nummer 1, schon wegen der wunderbar-skurrilen Atmosphäre  
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