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Sachtext Mythos Wolfsschanze


 
 
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Thomas74
Geschlecht:männlichExposéadler

Alter: 49
Beiträge: 2329
Wohnort: Annaburg


Beitrag02.04.2021 16:06
Sachtext Mythos Wolfsschanze
von Thomas74
eBook pdf-Datei Antworten mit Zitat

Dieser Text ist eine Auftragsarbeit, das Vorwort für einen Reiseführer durch die Ruinen der Wolfsschanze. Vorgabe war, kurz die historischen Eckdaten und die Baugeschichte zu erläutern. Zielgruppe: militärhistorisch interessierte Touristen.
Vielleicht kann mal wer als nicht militärhistorisch vorbelasteter Leser schauen, ob die Ausführungen verständlich sind.
Danke!


Mythos Wolfsschanze

Spricht man heute auf der Straße einen durchschnittlichen Mitbürger an und fragt ihn, welches Bauwerk er mit Hitler und dem Zweiten Weltkrieg am ehesten in Verbindung bringt, lautet die Antwort ( neben „Autobahn“) ziemlich sicher, „Die Wolfsschanze“.
Aber was ist nun dieses geheimnisvolle, ja mystische Bauwerk Wolfsschanze, welches sich, heute  über 500 km von der deutschen Grenze entfernt, in den masurischen Wäldern verbirgt, so dass sich seine morbide Faszination bis heute, über 75 Jahre hinweg, erhalten hat?

Mit der zunehmenden Bedeutung weitreichender bombentragender Flugzeuge für die moderne Kriegsführung, ergab sich in den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts erstmals die Notwendigkeit, für die politische und militärische Führung der kriegsführenden Staaten Schutzbauten gegen Angriffe aus der Luft zu errichten.
Auch hatte sich gezeigt, dass die alten, organisch gewachsenen Nachrichtensysteme in den klassischen Regierungssitzen längst nicht mehr den Anforderungen einer modernen Kriegsführung genügten.
Aus diesen Aspekten erwuchs die Notwendigkeit, die Institutionen zur Leitung und Koordination der Kriegstätigkeit an speziell auf die Bedürfnisse des Militärs zugeschnittenen Standorten unterzubringen.
Erfahrungen aus den Anfangstagen des 2. Weltkrieges hatten gezeigt, dass mobile Lösungen, wie beispielsweise Sonderzüge, schnell an ihre Grenzen stießen und außerdem ein viel zu gefährdetes Ziel darstellten, dessen Sicherung und Schutz unverhältnismäßig große Mengen an Menschen und Material banden.
Schon der materiell und logistisch recht überschaubare Polenfeldzug hatte die Defizite dieser Konstellation deutlich gemacht.
Mit der Vorbereitung der Operation Barbarossa, dem Überfall auf die Sowjetunion, begannen die Planungen für eine Reihe fester Quartiere nahe der Operationsgebiete. Abgesehen von den kürzeren Wegen zur Front sollte auch die physische Nähe der Militärführung, insbesondere des Führers Adolf Hitler persönlich, einen positiven psychologischen Effekt auf die kämpfende Truppe ausüben.
Mit den fortschreitenden Eroberungen sollten auch die Hauptquartiere an den jeweiligen Fronten nachfolgen.
So entstanden in ganz Europa, meist in den eroberten Gebieten, knapp 20 verbunkerte Führerhauptquartiere, von „Wolfsschlucht III“  bei Vendome in Frankreich bis „Bärenhöhle“ bei Smolensk, von „Frühlingssturm“ bei Wien bis „Wasserburg“ nahe Riga.
Die „Wolfsschanze“ war letztlich nur eines von vielen Hauptquartieren, aber jenes, in welchem sich Adolf Hitler die längste Zeit des Krieges aufhielt und sein zuerst scheinbar unaufhaltsam expandierendes und später ebenso schnell zusammenschrumpfendes Reich kommandierte.
Erst als die kollabierende Front schon in Hörweite war, verließ Hitler am 20. November 1944 die Wolfsschanze Richtung Berlin, wo es kein halbes Jahr mehr dauern sollte, bis der Traum von der deutschen Weltherrschaft ein unrühmliches Ende in den Trümmern der Hauptstadt fand.
     
Die ersten Überlegungen, ein befestigtes Hauptquartier in Ostpreußen zu errichten, reichen ins Jahr 1940 zurück. Nach dem erfolgreichen Feldzug gegen Polen und der gemeinsamen Grenzziehung mit der Sowjetunion herrschte ein trügerischer Frieden zwischen den beiden Mächten, begleitet von versteckten Kriegsvorbereitungen und massivem Festungsbau auf beiden Seiten.
Nach einem Besuch des sowjetischen Außenministers Molotow in Berlin vom 12.-14. November 1940 ordnete Hitler umgehend die Suche nach einem ständigen Quartier in Ostpreußen an. Der Platz, der die Anforderungen am besten erfüllte, fand sich knapp neun Kilometer nordöstlich von Rastenburg in einem Waldgebiet nahe dem Örtchen Görlitz. Reichsminister Dr. Todt, Heeresadjutant Major Engel und der Chefadjutant der Wehrmacht Oberst Schmundt erstatteten dem Führer Bericht und dieser ordnete am 19. Dezember 1940 den Bau einer befestigten Anlage sowie zweier Außenstellen in Zentralpolen und Galizien an, die schließlich bei Tomaszow Masowiecki und bei Krosno als bombensichere Abstellplätze für zwei Führersonderzüge gebaut wurden.
Alle drei Projekte wurden zeitgleich begonnen. Die Planungs - und Erschließungsarbeiten fanden unter der Tarnbezeichnung „Chemische Werke Askania“ statt. Dementsprechend wurde die Baustelle bei Rastenburg „Askania Nord“ genannt, die vorgeschobenen Hauptquartiere bei Tomaszow Mazowiecki und Krosno hießen „Askania Mitte“ und „Askania Süd.“

Die Bauleitung der Anlage Askania Nord wurde dem Bauassessor Friedrich Classen von der Organisation Todt (OT) übertragen, der bereits als stellvertretender Oberbauleiter der der OT-Oberbauleitung Bonn für die Führerhauptquartiere in den westlichen Landesteilen zuständig war.

Neben dem eigentlichen Führerhauptquartier im Görlitzer Forst entstanden zeitgleich das Hauptquartier des Oberkommandos des Heeres OKH im nördlich gelegenen Steinorter Forst (Mauerwald), die beiden Hauptquartieren von Hermann Görings Luftwaffe bei Goldap und Johannisburg, der Sitz des Reichsführers SS bei Angerburg, der Sitz des Reichsaußenministers bei Steinort und der Sitz des Chefs der Reichskanzlei in Rosengarten.

Praktisch ab dem Jahreswechsel 1940/41 bis zum Zeitpunkt der endgültigen Aufgabe der Anlage im November 1944 wurde im und am Führerhauptquartier gebaut. Die reinen Baukosten beliefen sich letztendlich auf die für damalige Verhältnisse gigantische Summe von 36 Millionen Reichsmark.
Es entstanden Wohn-und Arbeitsbunker für Hitler und sein Umfeld, die ständig nach den neuesten Erkenntnissen umgebaut und erweitert wurden.
Trotz intensiver Spionagetätigkeit blieb das Führerhauptquartier bis zum Kriegsende von den Alliierten unentdeckt, obwohl bis zum Kriegsbeginn gegen die Sowjetunion am 22. Juni 1941 die Fluglinie zwischen Berlin und Moskau genau über die Baustelle hinweg führte.
Die Stuttgarter Gartenbaufirma Seidenspinner war für die Tarnung des Areals gegen Luftaufklärung verantwortlich und kam dieser Aufgabe zur höchsten Zufriedenheit aller Beteiligten nach. Mit Hilfe künstlicher Bäume, Tarnnetzen und jahreszeitlich veränderter Farbgebung konnte die Illusion eines unberührten Waldgebietes aufrecht erhalten werden. Regelmäßig überprüfte die Luftwaffe mit Testflügen die Wirksamkeit der Maßnahmen.
Als Hitler das Areal Askania Nord im Juni 1942 bezog, ordnete er als eine der ersten Maßnahmen die Umbenennung des Geländes in „Wolfsschanze“ an. Hitler hatte eine Vorliebe, Orte, die im direkten Bezug zu seiner Person standen, mit Varianten des Begriffes „Wolf“ zu benennen. Schon in den 1920 Jahren verwendete er in seiner privaten Korrespondenz dieses Pseudonym, welches auf die namensgeschichtliche Bedeutung seines Vornamens Adolf zurückzuführen ist.

Der zentrale Bereich der Wolfsschanze umfasste ein Areal von etwa 250 Hektar, mit den äußeren Sperrbereichen und den für die Zivilbevölkerung gesperrten Wäldern etwa 800 Hektar. Letztlich war die Wolfsschanze nicht das größte Führerhauptquartier, die Anlage W2 in Frankreich und das nicht vollendete Führerhauptquartier Riese in Schlesien waren flächenmäßig größer.
Die Nutzfläche der Wolfsschanze betrug rund 155000 Quadratmeter, von denen aber lediglich 5400 Quadratmeter verbunkert und gegen direkte Bombenangriffe geschützt waren.
Die Flächen verteilten sich auf die Anlagen des OKH im Mauerwald mit 81328 Quadratmetern, Hitlers Hauptquartier im Görlitzer Forst mit 41720 Quadratmetern, dem Führungsstab der Luftwaffe in Goldap und Johannisburg mit 29316 Quadratmetern und dem Reichsführer SS mit 2654 Quadratmetern sowie dem Reichsaußenminister mit 2983 Quadratmetern.
Allerdings lagen 78 % der verbunkerten Fläche in Hitlers Hauptquartier, 15% im Oberkommando des Heeres im Mauerwald und die restlichen Institutionen im einstelligen Prozentbereich.
Alleine in Hitlers Hauptquartier wurden gut 120000 Kubikmeter Beton verbaut. Der Personaleinsatz entsprach 1,7 Millionen Tagwerke. Zeitweise waren auf der Baustelle bis zu 4600 Arbeiter im Einsatz, durchweg Angehörige der Organisation Todt, die regelmäßig vom Reichssicherheitsdienst überprüft wurden. Aus Gründen der Spionageabwehr kamen keine fremdländischen Arbeiter oder Kriegsgefangene zum Einsatz.



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Ralphie
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Beitrag02.04.2021 16:18

von Ralphie
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Wenn du meine Meinung hören bzw. lesen willst: Das ist gut geschrieben und auch verständlich.

 Daumen hoch
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Rübenach
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Beiträge: 2836



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Beitrag02.04.2021 16:37
Re: Sachtext Mythos Wolfsschanze
von Rübenach
Antworten mit Zitat

Thomas74 hat Folgendes geschrieben:
Dieser Text ist eine Auftragsarbeit, das Vorwort für einen Reiseführer durch die Ruinen der Wolfsschanze. Vorgabe war, kurz die historischen Eckdaten und die Baugeschichte zu erläutern. Zielgruppe: militärhistorisch interessierte Touristen.
Vielleicht kann mal wer als nicht militärhistorisch vorbelasteter Leser schauen, ob die Ausführungen verständlich sind.
Danke!


Mythos Wolfsschanze

Spricht man heute auf der Straße einen durchschnittlichen Mitbürger an und fragt ihn, welches Bauwerk er mit Hitler und dem Zweiten Weltkrieg am ehesten in Verbindung bringt, lautet die Antwort ( neben „Autobahn“) ziemlich sicher, „Die Wolfsschanze“.
Aber was ist nun dieses geheimnisvolle, ja mystische Bauwerk Wolfsschanze, welches sich, heute  über 500 km von der deutschen Grenze entfernt, in den masurischen Wäldern verbirgt, so dass sich seine morbide Faszination bis heute, über 75 Jahre hinweg, erhalten hat?


mythisch oder mystisch?


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Thomas74
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Beitrag02.04.2021 16:51

von Thomas74
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Okay, stimmt. Mythos... mythisch

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Rübenach
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Beitrag02.04.2021 16:56

von Rübenach
Antworten mit Zitat

wobei mystisch aber auch mit geheinmisvoll übersetzt wird.

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Thomas74
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Beitrag02.04.2021 17:21

von Thomas74
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Stimmt auch wieder.

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Thomas74
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Beitrag02.04.2021 20:46

von Thomas74
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Danke für eure Rückmeldungen! Daumen hoch

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Globo85
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Beitrag02.04.2021 22:11

von Globo85
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Find es auch gut geschrieben und absolut verständlich.

Würde bei den Zahlen am Ende vielleicht noch Tausendertrennzeichen einfügen. (Aber die Formatierung ist ja wahrscheinlich nicht final..)
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