SOS Fehler im Buch

[funkentanz]

Ihr Lieben,

Ich brauche dringend Euren Rat, vor allem von denjenigen von Euch, die Erfahrungen mit Verlagen haben. Es geht um den Fehlerteufel... Heute bekam ich die Belegexemplare vom Verlag und bemerkte zu meinem Schrecken, dass eine Dreiviertelseite Text fehlt. Eben streitet die Hauptperson mit einem Jungen, und im nächsten Satz schleckt er ihr das Gesicht ab. Das wäre eigentlich ihr Hund gewesen, der sie tröstet, aber dieser Teil fehlt eben, ebenso wie die Tatsache, dass sie wütend weggefahren ist. Dadurch ergibt alles gar keinen Sinn an dieser Stelle.
Ich hatte den Text richtig abgegeben. Allerdings habe ich das pdf, das ich vom Verlag nach dem Layout bekommen hatte, freigegeben. Dort war der Fehler schon passiert. Er ist also nicht mir passiert, aber ich habe ihn nicht bemerkt. Ich war ja sicher dass mein Text stimmt.
1500 Exemplare (soweit ich weiss) sind gedruckt, aber noch nicht ausgeliefert.
Dem Verlag habe ich es gemeldet, und sie sind natürlich auch erschrocken.
Nun meine Frage: was ist üblich in so einem Fall? Alles einstampfen wäre doch übertrieben. Aber so lassen will ich es auf keinen Fall. Eine Seite am Schluss einkleben? Oder einen Link, unter dem der fehlende Text aufgerufen werden kann? Herzlichen Dank im voraus für Eure Tipps. Eigentlich wollte ich heute feiern, aber der Sekt bleibt erst mal im Kühlschrank...Liebe Grüsse, Funkentanz

[agu]

Hallo Funkentanz,

ja, das ist allerdings sehr blöd. Die Entscheidung, ob sie es einfach so lassen und trotzdem ausliefern, oder einstampfen und neu drucken lassen, liegt natürlich beim Verlag - da Du die Druckfahnen so freigegeben hast, ist es rein moralisch zumindest eine geteilte Schuld .

Eine Seite einkleben ist unpraktikabel bei der Menge an Exemplaren und auch unprofessionell - außerdem kostet das einen Haufen Zeit, da kommt man wahrscheinlich billiger, die ganze Auflage neu drucken zu lassen (das kostet vermutlich irgendwas um die 2K € - je nachdem, welche Konditionen die bei ihrer Druckerei haben).

Ich würde mal sagen, viel machen kannst Du nicht. Außer hoffen, dass sie es auf ihre Kappe nehmen und eben neu drucken lassen. Wenn sie's nicht tun - weil es z.B. ein kleiner Verlag ist, der dann draufzahlen würde - kannst Du Dich leider nur ärgern, aber nichts machen (weil Du es wie gesagt freigegeben hast).

Ich drücke Dir die Daumen, dass der Verlag entsprechend reagiert!
Liebe Grüße,
Andrea

[Thomas74]

Das kommt in den besten Familien-ähh-Verlagen vor.
Hab von meinem Erstling noch mehrere Kartons im Schrank liegen, die mit einer zusätzlichen Leerseite anfangen. Dadurch sind alle Seiten um eins versetzt. Die gebe ich immer als Rezensionsexemplare und weise auf den Fehler hin, hat man gleich ein Gesprächsthema.   

Aber 1500 ist schon sportlich...

[Stefanie]

Von Fachbüchern kenne ich es, dass ein Zettel mit einer Korrektur eingelegt wird vor dem Verkauf, wenn nach dem Druck noch Sachfehler gefunden werden.

Wenn du mal berühmt wirst, wird die Auflage auf jeden Fall seeehr wertvoll.

[funkentanz]

Danke schon mal für eure Antworten! Es so zu lassen ist für mich jedenfalls keine Option. Ich fände ein Einlageblatt okay, aber da es ein Kinderbuch ist, würde es wahrscheinlich bald rausfallen und müsste daher geklebt werden.
Irgendwie habe ich nicht gedacht, dass ich so traurig sein würde, wenn mein Buch endlich fertig ist.
LG, Funkentanz

[Lki]

Das ist total ärgerlich und ich hoffe, der Verlag druckt das Buch neu. Gerade bei Kinderbüchern ist ein eingelegtes Blatt auf Dauer ja keine Lösung.

Aber wie kann man das bei der Druckfahnenkorrektur übersehen, wenn es dir ja jetzt aufgefallen ist? Hast du die gar nicht angeschaut?

[Willebroer]

Der Autor sollte eigentlich nicht als Ersatz für den Korrektor oder als Kontrollinstanz für die technische Verarbeitung dienen. Dafür ist der Verlag zuständig. Es sei denn, es wäre ausdrücklich anders vereinbart (dann aber mit Sonderkonditionen z. B. beim Honorar).

Gerade fehlende Textstellen (der Setzer nennt das eine "Leiche") bemerkt man oft nicht (wie soll man auch was bemerken, was gar nicht da ist?), wenn man nicht nach Manuskript liest, weil man beim Korrekturlesen vor allem auf Satzbau, Grammatik, stumpfe Rechtschreibung usw. achtet. Als Autor kennt man ja die Geschichte und neigt dazu, Lücken automatisch in Gedanken zu ergänzen.

Der Verlag sollte sogar dankbar sein, daß es dir rechtzeitig aufgefallen ist, bevor das Buch (hoffentlich) ausgeliefert wurde. Dann wäre es noch teurer (und vor allem noch peinlicher) geworden.

Also mach dir keine allzu großen Vorwürfe, auch wenn es natürlich ärgerlich ist. Ein Einlegeblatt würde ich bei einem Kinderbuch nicht erwägen.

Kleine Randnotiz: In Frankreich mußte mal vor vielen Jahren ein Pilzbuch mit 200.000 Auflage eingestampft werden. Da waren vorne in der Legende die Symbole für giftig und ungiftig verwechselt worden.

[funkentanz]

[Willebroer]

Ja, Kompromisse sind immer gut - im Zweifelsfall. Bei einer Startauflage von 1.500 dürfte es aber kein allzu mikriger Verlag sein.

So ein Fehler fällt ja nicht nur auf den Autor zurück. Deshalb sollte auch der Verlag selbst an einer echten Lösung interessiert sein. Ich habe einmal einen Fall miterlebt, wo sich nach Druck noch eine Reihe Fehler gezeigt hatten. Allerdings ohne Freigabe durch die Autorin. Aber "irgendwie" war wohl das Korrektorat entfallen oder nicht berücksichtigt worden. Das Buch wurde noch mal gedruckt.

[Stefanie]

Lass dich davon vor allem nicht entmutigen. Fehler kommen vor und zwar gar nicht so selten.

Immer, wenn ich denke, jetzt habe ich alles erlebt, was schiefgehen kann, passiert wieder etwas anderes, und trotzdem geht es voran.

Beispiele:
- Mein Verlag ist pleite gegangen, als das Buch nach einem Jahr gemeinsamer Arbeit daran druckreif war, so dass ich mich zum Selbstverlag entschlossen habe.
- In der Erstauflage von 1000 Stück hatten etwa 10 % weiße Seiten drin, so dass ich alle einzeln überprüfen musste.
- Bei einem Artikel von mir in einem Magazin ist vergessen worden, mich als Autorin zu nennen.
- Als die Anthologie rauskam, wo ich mit einer Kurzgeschichte drin bin, war die Verlagsseite tagelang nicht erreichbar. Jetzt ist die Verlagsseite wieder online, aber die Anthologie wird dort nirgendwo erwähnt. (Auf Amazon ist sie immerhin erhältlich.)

Und das waren nur die groben Schnitzer.

Also halt die Ohren steif! Das wird schon.

[Beckinsale]

Ein kompletter Neudruck ist möglicherweise unnötig. Wenn es passt: Bücher zurück in die Druckerei, Cover runter, Buchblock öffnen, korrigierte Seite(n) einfügen, neu binden, neu covern. Am besten mal mit der Druckerei reden, die haben in der Regel produktive und preisgünstige Ideen.

My.

[Raven1303]

Oh Mist, wie ätzend!

Ich hab mal ein Kinderbuch in der Hand gehabt, wo das scheinbar auch so passiert ist. Es lag ein kleines Verlagsschreiben bei, zusammen mit den fehlenden zwei Seiten. War wohl nachträglich dazugesteckt worden.
Vielleicht könnte man den Druck so retten.
Aber das würde ich auch dem Verlag überlassen.

LG

[funkentanz]

Hallo, Ihr Lieben,

Ihr glaubt gar nicht, wie sehr ihr mir geholfen habt; einfach, weil ich Euch mein Herz ausschütten konnte. Jetzt bin ich schon ein kleines bisschen beruhigt, nachdem ich nochmal mit dem Verlagschef geredet habe. Die Auslieferung ist doch schon passiert, aber sie senden an die Buchhandlungen ein Einlegeblatt.
Damit kann ich leben. Und ich habe daraus gelernt, dass ich in Zukunft lieber dreimal alles nachprüfe. Ein Einstampfen hätte ich auch aus ökologischen Gründen nicht gut gefunden.  
Es sind 2000 Stück; bei der nächsten Auflage (wenn die Nachfrage da ist) wird alles perfekt
Herzliche Grüsse, Funkentanz

[Willebroer]

Na, dann drücken wir doch gleich die Daumen für eine zweite Auflage!

[Kiara]

So was Blödes.

Mit Einlegeblatt? Na dann.

Ich würde versuchen, daraus einen Vorteil zu ziehen, sofern es denn möglich ist. Bspw. auf der eigenen Webseite einen Link auf die Startseite, mit Bildchen, wer "den Fehler im Buch gefunden hat", und unter dem Link dann die fehlende Stelle UND irgendein Goodie verschenken, sei es eine Signierung, einen Gutschein fürs nächste Buch oder für andere Verlagstitel, etc.
Das wirkt professionell und man hat wieder neue Kontakte.

[Maunzilla]

Ich gehe davon aus, daß der Verlag die Auflage neu wird drucken lassen. Allein schon deshalb weil sonst die Gefahr besteht, daß zahlreiche Käufer ihre Bücher wieder zurückgeben, und die Händler dann Regreß fordern. Dieser Verwaltungsaufwand wäre vermutlich teuerer als ein Neudruck und würde auch dem Ruf des Verlages mehr schaden.
Bei kleineren Druckfehlern würde man aber bis zu einer Neuauflage warten.

[Magpie]

Auch, wenn es wirklich eine blöde Sache ist, vielleicht tröstet dich das etwas:

ich habe so etwas vor Jahren mal bei einem medizinischen Fachbuch aus einem großen Verlag gehabt. Da lag dann ebenfalls ein Einlegeblatt dabei mit dem Hinweis, welche Seite es ist.

Kommt also in den besten Familien vor.

[crisihasi]

@funkentanz - Schön, dass ihr eine Lösung gefunden habt, mit der ihr beide leben könnt.

Ich glaube grundsätzlich ist sowas aber auch immer vertraglich geregelt. Jedenfalls ist das bei mir so. Wenn ich die Fahne freigebe und nachträgliche Änderungen fordere, stehe ich da selber für gerade. Weiß den Wortlaut nicht mehr, aber für mich klang das so, als müsste ich mein Portemonnaie aufmachen. Daher habt ihr doch zusammen eine gute Lösung gefunden. Für die Veröffentlichung wünsche ich dir alles Gute und viel Glück! Ich finde Kiaras Idee übrigens ganz großartig. Das könnte dein Marketing tatsächlich charmant voranbringen. Gerade Kinder haben ja Spaß an solchen Dingen.

Wenn es dich tröstet: Mir ist bei meinem letzten Buch auch erst ein Fehler aufgefallen, als ich Zitate für das Marketing gesucht habe. Eben war es noch ein Licht, einen Satz später ein Schatten. Uff ... Eigentlich wollte der Verlag das erst mit der nächsten Auflage beheben, aber praktischerweise kamen sie dann kurzfristig noch mit der Bitte, etwas anderes ändern zu können auf mich zu und dann haben wir das in einem Abwasch erledigt