18 Jahre Schriftstellerforum!
 
Suchen
Suchabfrage:
erweiterte Suche

Login

Jetzt erhältlich! Eine Anthologie von und mit unseren Usern. Jetzt bestellen! Die erste, offizielle DSFo-Anthologie! Lyrikwerkstatt Das DSFo.de DSFopedia


Deutsches Schriftstellerforum Foren-Ãœbersicht -> Lyrik -> Feedback
Traurigkeit, die man jetzt kennt


 
 
Neues Thema eröffnen   Neue Antwort erstellen
 Vorheriges Thema anzeigen :: Nächstes Thema anzeigen  « | »  
Autor Nachricht
Elena
Geschlecht:weiblichEselsohr
E

Alter: 82
Beiträge: 218
Wohnort: Berlin


E
Beitrag02.03.2021 07:47
Traurigkeit, die man jetzt kennt
von Elena
eBook pdf-Datei Antworten mit Zitat

Ein stilles Haus, die Nachbarn hört man nicht.
Nur auf der Treppe sagt man guten Tag,
und ist bloß ausgemachte Nachbarspflicht.
Wer weiß, denkt man, ob der mich mag.

Man wohnt mit lauter Fremden hier im Haus.
Man geht auf Zehenspitzen Tag und Nacht,
und früh gehn hier die Lichter abends aus.
Und nur bei Nachbar Müller wird gewacht.

Die neue Fremdheit, sie beherrscht das Haus.
Heut ist man Individuum zu zweit.
Gemeinschaft, die ist out, sie ist ein Graus.
Man lebt jetzt mehr die feine Einsamkeit.

Die Zeit verging, nun sind die Kinder groß,
die Alten blieben ganz allein zurück.
Ach, manchmal fühl ich mich wie heimatlos.
So geht’s – von Lichtenberg bis Köpenick.

Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
zitronenkuchen
Eselsohr


Beiträge: 310



Beitrag02.03.2021 19:07

von zitronenkuchen
Antworten mit Zitat

Du beschreibst einen Zustand, aber danach kommt nichts anderes. Keine Pointe, keine Änderung, keine Entwicklung, gar nichts. Das benötigt meiner Meinung nach keine 4 Strophen, da hätte eine gereicht. Oder ein Satz.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Elena
Geschlecht:weiblichEselsohr
E

Alter: 82
Beiträge: 218
Wohnort: Berlin


E
Beitrag03.03.2021 06:41
Traurigkeit, die man jetzt kennt
von Elena
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Lieber Zitronenkuchen,

nicht sauer sein. Ich kann es nun mal nicht besser, aber wenn du mir Nachhilfe gibst, bin ich dir sehr dankbar. Schreib konkret auf, was dir außer der fehlenden Pointe nicht gefällt.

Ich verstehe ja, dass du nichts dabei findest, wenn sich Nachbarn fremd sind oder sich wie Blinde und Schwerhörige auf der Treppe begegnen.
Und wenn ich schreibe, dass ich mich heimatlos fühle, ist das natürlich keine Pointe, das siehst du richtig, sondern die reine Wahrheit.  

Soll ich das Gedicht lieber löschen, was meinst du?

Liebe Grüße, Elena
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
zitronenkuchen
Eselsohr


Beiträge: 310



Beitrag06.03.2021 00:54

von zitronenkuchen
Antworten mit Zitat

Oh, es tut mir leid. Auf gar keinen Fall sollst du es löschen.

Ich würde nur ein Wort ändern, damit die Grammatik stimmt:

"Ein stilles Haus, die Nachbarn hört man nicht.
Nur auf der Treppe sagt man guten Tag,
und DAS ist (...) ausgemachte Nachbarspflicht.
Wer weiß, denkt man, ob der mich mag."

Das Versmaß ist gut und die Reime stimmen auch.
Und es tut mir leid, wenn du dich so fühlst.

Manchmal bin ich vielleicht zu hart in meinem Urteil.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Elena
Geschlecht:weiblichEselsohr
E

Alter: 82
Beiträge: 218
Wohnort: Berlin


E
Beitrag06.03.2021 08:51
Traurigkeit, die man jetzt kennt
von Elena
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Lieber Zitronenkuchen,

ich sehe nicht, dass du zu hart bist Ich habe Offenheit ganz gern, weil ich mir das hilft, Schwachstellen aufzudecken, die ich vielleicht selbst gar nicht bemerkt habe.

Nun denke ich aber, dass der Text insgesamt als Problem für dich vielleicht gar nicht existiert.
Ich bin Ostdeutsche und war eine andere Nachbarschaft gewohnt, eine freundliche, aufgeschlossene, hilfsbereite. Ich habe in einem Haus gelebt mit 44 Mietparteien. Ich will nicht behaupten, dass ich jeden Mieter namentlich kannte, aber vom Sehen. Denn wir hatten Zusammenkünfte des Öfteren, wo sich eben das ganze Haus traf, um Probleme zu besprechen und zu einem nachbarschaftlichen Zusammensein. Es passierte einfach nicht, dass man auf der Treppe keine Antwort bekam, meist gab es noch ein freundliches Hin und Her, man war einfach guter Laune, wenn man Nachbarn traf. Nachbarschaftsgezänk habe ich dort nie erlebt.

Das ist heute alles ganz anders, ich wohne wieder in einem Haus mit 44 Mietparteien, aber vom Sehen kenne ich nur die Leute, die auf meinem Treppenabsatz wohnen, aber auch nicht so, dass ich sagen könnte, ich kenne sie. In diesem Haus geht man an sich vorbei, und trifft man sich an den Briefkästen, sind es meist ältere Leute, die zurückgrüßen, aber auch die nicht immer. Also im Grunde muss ich sagen, ich kenne die Leute im Hause nicht, zumal es auch eine ziemliche Fluktuation gibt, gerade unter den jüngeren Bewohnern. Heute geht man mit Nachbarn um, als seien sie Feinde - man geht ihnen aus dem Weg. Dieses Verhalten ist natürlich die Folge dessen, dass sich die Gesellschaftsverhältnisse geändert haben. Für mich ein Zeichen dafür, dass wir unter ungesunden Verhältnissen leben.

Deshalb habe ich das Gedicht geschrieben, weil mich diese Verhältnisse bedrücken. Vielleicht verstehst du das Gedicht jetzt besser nach meiner Erklärung.

Mit liebem Gruß, Elena
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
a.no-nym
Klammeraffe
A


Beiträge: 699



A
Beitrag06.03.2021 14:17

von a.no-nym
Antworten mit Zitat

Hallo Elena,

ich habe Dein Gedicht gern gelesen – und darin Dinge wiedergefunden, die ich auch in meiner Umgebung beobachte. Früher waren es ja oft Abhängigkeiten, die die Menschen so nah zueinander gebracht haben. Vielleicht muss sich nun angesichts der großen Unabhängigkeit des Einzelnen erstmal eine neue Art von Kultur entwickeln, die geeignet ist, die früher notgedrungene Nähe durch andere Formen zu ersetzen, z.B. durch gemeinsame Aktivitäten der Hausgemeinschaft, bei denen überhaupt ein Kennenlernen möglich wird. Selbst, wenn erstmal nur einzelne oder wenige mitmachen, kann so ein Pflänzchen im Laufe der Zeit ja wachsen und es braucht vielleicht nur erstmal jemanden, der hin und wieder ein Samenkorn auslegt. Aus meinem Freundeskreis weiß ich, dass eine  Mietergemeinschaft ganz gut zusammengefunden hat, nachdem ein einzelner Mieter einen Zettel unten angehängt hatte – mit zwei Terminvorschlägen und der Idee, gemeinsam den vernachlässigten Hof aufzuräumen. Anschließend gab's Kuchen, einfach so im Stehen aus der hohlen Hand – seitdem ist das Miteinander ganz ordentlich gewachsen. [Ãœberhaupt scheint die Bedeutung des Kuchens als gesellschaftliches Bindemittel etwas in Vergessenheit geraten zu sein Wink]

Mit freundlichen Grüßen und guten Wünschen, nicht nur (aber auch) für eine nette Nachbarschaft
a.

P.S.: Die Hausgemeinschafts-Versammlungen "kenne" ich auch – wenn auch nicht aus eigener Anschauung, sondern aus den Stasi-Akten meiner Eltern, aus denen hervorgeht, ob und wie regelmäßig sie an diesen Versammlungen teilgenommen haben und wie sie dort (und auch bei Begegnungen mit den Nachbarn im Treppenhaus) aufgetreten sind, was sie dort geäußert haben usw. ...
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Elena
Geschlecht:weiblichEselsohr
E

Alter: 82
Beiträge: 218
Wohnort: Berlin


E
Beitrag06.03.2021 16:15

von Elena
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Hallo Anonymo,

vielen Dank fürs Reinsehen. Natürlich, es gibt kleine Städte und auch kleinere Wohnhäuser, wo vielleicht ein anderer Umgang der Menschen miteinander möglich ist, weil sie sich näher sind. Und trotzdem, in manchen Fernsehdokus wird ein gutes Miteinander von Mietern so extrem hervorgehoben, dass man aufs Köpfchen gefallen sein muss, um nicht die Propaganda-Absicht dahinter zu erkennen, um die jetzige Gesellschaft zu schönen. Aber auch für den Westen ist das etwas Ungewöhnliches, im allgemeinen geht es nach der Devise "My home is my castle". Ist es nicht so?

Mit liebem Gruß, Elena
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
a.no-nym
Klammeraffe
A


Beiträge: 699



A
Beitrag06.03.2021 19:55

von a.no-nym
Antworten mit Zitat

Hallo Elena,

die Mietergemeinschaft, von der ich vorhin geschrieben habe, ist in Berlin (mehrere Treppenaufgänge, an einer großen Straße gelegen, die Häuser haben 5 Stockwerke u. einen gemeinsamen Hinterhof). Die Leute sind bis zu dieser Aktion gleichgültig aneinander vorbeigelaufen – mittlerweile kochen die einen sogar mal was für die anderen, vor allem aber reden sie jetzt miteinander ...

Ich vermisse ja in unseren öffentlich-rechtlichen Medien auch häufiger die Vielfalt in der Berichterstattung, empfinde manche Darstellungen als unausgewogen oder in der Tiefe unzureichend und sehe einige Entwicklungen der letzten Jahre mit großer Sorge. Trotzdem würde ich (gerade angesichts eigener Anschauung aus DDR-Zeiten) nicht von Propaganda bzw. von "Propaganda-Absicht" sprechen oder von einem medialen "Schönen" der jetzigen Gesellschaft. Es ist ja durchaus für jeden die Freiheit vorhanden, die Dinge so darzustellen, wie er sie sieht, kritisch über etwas zu berichten, die eigene Meinung in die Öffentlichkeit zu tragen, sich zu engagieren und an Veränderungen mitzuwirken.

Das nachbarschaftliche Miteinander (gerade in Berlin) ist bestimmt in vielen Hausgemeinschaften schon deshalb schwierig, weil aus vielen Wohnungen Ferienwohnungen geworden sind (oder weil aus anderen Gründen die Fluktuation hoch ist). Trotzdem könnte ich mir vorstellen, dass es in vielen Fällen reicht, wenn einer der festen Mieter den ersten Schritt auf andere zu wagt. Vermutlich geht es anderen auch wie Dir – und die Chance, etwas zum Besseren zu verändern, ist doch erstmal da?

Freundliche Grüße a.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Shelly
Geschlecht:weiblichWortedrechsler
S

Alter: 57
Beiträge: 64
Wohnort: Speckgürtel Berlin


S
Beitrag06.03.2021 21:50

von Shelly
Antworten mit Zitat

Liebe Elena,

Mich hat dein Text sehr berührt. Ich habe zwischen den Zeilen die einsamen, zu ihrem Schutz isolierten Alten gesehen. Das Haus war voller Leben, voller Geräusche. ..ein Haus, mit Zuckervorrat beim Nachbarn. Jetzt darf man nicht. Man traut sich nicht. Gefangen in der Einsamkeit und hoffen,dass das Haus wieder Leben lernt.
Ich weiß natürlich nicht,ob du es auch so gemeint hast. Aber mich hat es auf diese Weise berührt. Ich danke dir.
LG Shelly


_________________
Ich gehöre zu den Menschen mit zu vielen Wörtern im Kopf. Reden oder Schreiben ist quasi Selbsttherapie.Von Buchstabensuppen muss ich mich fernhalten.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Nina
Geschlecht:weiblichDichterin


Beiträge: 5000
Wohnort: Berlin


Beitrag06.03.2021 22:35

von Nina
Antworten mit Zitat

.

Ich hab gerade noch gefehlt, da bin ich auch schon
und fasse mich kurz! Liebe Elena, mir gefällts auch.
Und zur Lage der Nation: Hier bei mir im Haus hat
sich nicht so viel verändert, außer, dass das, wie
sonst jährliche Treffen der Nachbarn rund um Weih-
nachten nicht stattgefunden hat. Ansonsten wird aber
weiter gegrüßt und gesprochen. Tut mir leid, dass es
bei Dir so traurig entwickelt hat. Ich wünsche Dir bzw.
Euch, dass das wieder besser wird.

Liebe Grüße
Nina

P.S.: Und ich hoffe, ich lerne die neuen Kommaregeln
noch irgendwann.


_________________
Liebe tut der Seele gut.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Elena
Geschlecht:weiblichEselsohr
E

Alter: 82
Beiträge: 218
Wohnort: Berlin


E
Beitrag07.03.2021 07:45
Traurigkeit, die man jetzt kennt
von Elena
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Liebe Nina,

ich weiß nicht, wie es in den Altbauhäusern, die ja nicht so hoch sind wie die Neubauten aus DDR-Zeiten, jetzt zugeht, ich glaube, dass es da wegen der Nähe zueinander doch etwas gemeinschaftlicher zugeht. Ich habe von meiner Situation geschrieben.  Mein Haus ist ein Elfstöcker aus DDR-Zeiten, viele der ursprünglichen Mieter sind inzwischen gestorben oder ausgezogen, und ständig wird hier ein- und ausgezogen. Wenn ich einem Mieter auf der Straße begegne, werde ich manchmal gegrüßt, aber ob du es glaubst oder nicht, ich bin jedesmal erstaunt, weil ich den Mieter gar nicht kenne. Passiert aber sehr selten. Zu keinem Mieter gibt es wirklichen Kontakt, und ich freue mich schon, wenn meine Nachbarin ein Paket für mich entgegennimmt, so sieht man sich wenigstens an der Wohnungstür. Ich mache das auch für andere Mieter. Aber mehr als das Nötige wird dann auch nicht gesprochen. Wir sind uns einfach fremd. Und ich bin der Meinung, dass da eine Portion Angst im Spiel ist, der andere könnte zuviel von einem wissen und nicht dichthalten. Ich bin ein ziemlich offener Mensch und bin immer ganz enttäuscht, wenn ich in die verschlossenen Gesichter sehe. Ich sehe aber den großen Bogen und sehe die gesellschaftlichen Verhältnisse, die erst die Fremdheit schaffen. Es ist diese Fremdheit, die mir zu schaffen macht. Ich habe eine ganze Reihe Gedichte geschrieben, wo es darum geht, wie fremd wir seit 30 Jahren einander sind, mit welchem Misstrauen wir miteinander umgehen bzw. uns vermeiden. Natürlich gibt es da auch eine Menge persönlicher Ursachen, aber ich denke, die Verhältnisse der Gegenwart sind das Grundübel.

Liebe Nina, danke fürs Reinsehen. Liebe Grüße, Elena
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Elena
Geschlecht:weiblichEselsohr
E

Alter: 82
Beiträge: 218
Wohnort: Berlin


E
Beitrag07.03.2021 07:50
Traurigkeit, die man jetzt kennt
von Elena
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Liebe Shelly,

genau so habe ich das Gedicht gemeint. Wir Ostdeutschen mussten uns in so vieles Neue einfinden, auch diese gar nicht böse gemeinte Fremdheit gehört dazu, sie ist jetzt Alltag. Wie ich Nina schon schrieb, es sind die gesellschaftlichen Verhältnisse, und das Sein schafft immer noch das Bewusstsein.

Mit liebem Gruß, Elena
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Elena
Geschlecht:weiblichEselsohr
E

Alter: 82
Beiträge: 218
Wohnort: Berlin


E
Beitrag07.03.2021 08:06
Traurigkeit, die man jetzt kennt
von Elena
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Lieber Anonym,

das Thema Propaganda ist sehr vielfältig und gegenwärtig im Grunde Hauptmittel sowohl in den Medien als Sprachrohre als auch der Politik selbst. Man ist sehr empfindlich, falls es ungewünschte Ansichten gibt,ich verweise auf die Zensur zum Beispiel im Internet. Wozu sonst hätte man die Algorhythmen eingesetzt? Mir begegnen sie wirklich jeden Tag. Und dazu gehört eben auch, dass es keinen Fleck auf der sauberen Weste des Landes geben darf - was aber meilenweit von der Wirklichkeit entfernt ist. Es ist eben keine Massenerscheinung, sondern Einzelfälle werden bildgewaltig als Massenerscheinung propagiert. Insofern denke ich schon, dass solche Beiträge, in denen das gute Miteinander der Menschen ganz bewusst über die Sender laufen, um nach außenhin eine heile Welt darzustellen. Aber dass die Welt nicht so heil ist wie gesendet, das wissen wir alle, jeder für sich. Ich denke, man kann in solchen Fällen durchaus von Propaganda sprechen. Und wenn man einen halbwegs kritischen Blick auf unsere Gegenwart hat, hat man das Mittel in der Hand, sie auch zu verstehen.

Lieben Gruß, Elena
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Shelly
Geschlecht:weiblichWortedrechsler
S

Alter: 57
Beiträge: 64
Wohnort: Speckgürtel Berlin


S
Beitrag07.03.2021 18:28

von Shelly
Antworten mit Zitat

Liebe Elena,

Ein klein wenig anders habe ich es doch interpretiert Laughing  
Ich habe die derzeitige Kontaktbeschränkung erlesen. Aber als ursprüngliche Berlinerin des Ostens gebe ich dir recht. Da hat sich viel verändert. Im Westteil ist Nachbarschaft anonym. Dem Osten wird der rein politische Hintergrund für Nachbarschaft unterstellt. Das gab es,Ja. Aber auch nicht. Jedes Haus ging damit anders um. In denen mit monatlicher Wandzeitung ging es anders zu. Die 11er fand ich immer anonym, unpersönlich. Da wollte ich nie Leben,obwohl die Wohnungen schöner waren. Ich habe im Altbau gelebt, den ich grad in meine nä Geschichte packen will,damit es irgendwie erhalten bleibt. Das Leben schreibt doch die besten Geschichten....


LG Shelly


_________________
Ich gehöre zu den Menschen mit zu vielen Wörtern im Kopf. Reden oder Schreiben ist quasi Selbsttherapie.Von Buchstabensuppen muss ich mich fernhalten.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Babella
Geschlecht:weiblichKlammeraffe

Alter: 61
Beiträge: 889

Das goldene Aufbruchstück Der bronzene Roboter


Beitrag08.03.2021 17:37
Re: Traurigkeit, die man jetzt kennt
von Babella
Antworten mit Zitat

Wenn du ein bisschen das Gejammer rauslassen würdest, könnte das Gedicht für sich sprechen - eine Stimmung einfangen und es dem Leser selbst überlassen, wie er darüber denken und werten mag. So ist es nur ein Lamentieren über die modernen Zeiten - früher war es angeblich besser, geselliger, gemeinschaftlicher.

Natürlich wohnt man zunächst mal "mit lauter Fremden" - so ist das nun mal in einem Mehrparteienhaus. Aber warum ist Gemeinschaft "out"? Hätte man früher anders zusammengelebt und wenn ja, war das wirklich besser? Um ehrlich zu sein, mir gehen Nachbarn auf die Nerven und ich bin froh, dass man nicht mehr so drauf angewiesen ist, weil man anderswo Gemeinschaft findet, die man sich selbst aussuchen kann.

Und der Schwenk zu den Kindern, die nun fort sind - das ist ja ein anderes Thema. Das klingt vorwurfsvoll. Kinder ziehen nun mal fort. Deshalb muss man nicht einsam sein. Das kann man sogar genießen.

Es bleibt der fade Geschmack von Selbstmitleid. Ich denke: Nun ja, wie wäre es mit Umziehen? Senioren-WG?

Dabei sind das schöne Zeilen, "Ein stilles Haus, die Nachbarn hört man nicht", klingt verwunschen, macht neugierig. Aber dann kommt so wenig Poetisches. So schade.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Elena
Geschlecht:weiblichEselsohr
E

Alter: 82
Beiträge: 218
Wohnort: Berlin


E
Beitrag08.03.2021 18:26

von Elena
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Liebe Babella,

ich frag mich, ob ich dich gern als Nachbarin haben würde. So gesehen, nach deinen Ausführungen, würde ich wohl doch lieber für mich bleiben wollen.

Aber vielen Dank fürs Reinsehen.

Freundliche Grüße, Elena
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Babella
Geschlecht:weiblichKlammeraffe

Alter: 61
Beiträge: 889

Das goldene Aufbruchstück Der bronzene Roboter


Beitrag09.03.2021 22:31

von Babella
Antworten mit Zitat

Ach Elena.

Darum geht es doch gar nicht.

Wenn man sich mit einem Gedicht aus der Deckung wagt und um Rückmeldung bittet, dann kann man eben auch Kommentare bekommen, die einem nicht so gefallen.

Ich mag Gedichte so sehr, und ich würde auch bestimmt welche von dir mögen. Ich fand es einfach zu dick aufgetragen. Tut mir leid, wenn ich dich verletzt habe.

Liebe Grüße von Babella - du kennst meine Nachbarn nicht, ich weiß nicht, ob du neben denen wohnen wollen würdest - ich vermute, du würdest mich vorziehen Wink
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Elena
Geschlecht:weiblichEselsohr
E

Alter: 82
Beiträge: 218
Wohnort: Berlin


E
Beitrag10.03.2021 07:05

von Elena
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Babella, du hast etwas nicht begriffen. Und ich nehme an, du bist Westdeutsche oder Westberlinerin und gehst von deinem eigenen Erleben aus. Da verstehe ich deine Haltung völlig: Es war schon immer so, und es wird immer so sein.

Uns Ostdeutschen ist aber mit der Hausgemeinschaft etwas genommen worden. Wir wissen, dass es anders gehen kann, als es heute zugeht. Insofern haben wir unseren westlichen Landsleuten etwas voraus, doch wir sind dabei, uns anzupassen. Wir machen Fortschritte. Das Thema Miethöhe habe ich freundlicherweise erst gar nicht erwähnt. Auch über Mieterrechte, die uns genommen wurden, habe ich kein Wort verloren.
Es ist ein ganzes Konglomerat, das auch auf den Umgang der Menschen miteinander einwirkt, allein was die Wohnbedingungen angeht. Inzwischen aber haben wir uns an die um 100 Prozent und mehr erhöhten Mieten "gewöhnt" und auch begriffen, dass heute alle Rechte beim Vermieter liegen und die Rechte für die Mieter reine Formalitäten sind und wir Mieter uns unsere gedruckten Rechte erst vor Gericht erstreiten müssen.

Ich weiß nicht, ob du das "mitgelesen" hast. Hättest du es, würdest du, dessen bin ich sicher, das Gedicht anders gelesen haben.

Nun musst du nicht denken, dass ich eingeschnappt bin oder so - nein, ich bin solche Reaktionen gewohnt. Ich danke dir für deine ehrlichen Worte.
Und vielleicht hast du jetzt etwas dazugelernt.

Mit liebem Gruß, Elena
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Elbenkönigin1980
Reißwolf
E


Beiträge: 1106



E
Beitrag24.03.2021 14:50

von Elbenkönigin1980
Antworten mit Zitat

Also mir gefällt dein Gedicht sehr gut, es beschreibt die Vereinsamung die in der Gesellschaft statfindet, sehr deutlich.
Ich wohne auch in einer dieser anonymen Mietskasernen, wo keiner seinen nächsten Nachbarn kennt, und jeder nur nach sich guckt, das ist in Großstädten normal und fast in allen Mietshäusern so, vor allem in den großen Hochhäusern kennt kaum noch jemand seinen Nachbarn
Was mir an deinen Gedichten sehr gut gefällt, ist dein Mut, dich kritisch zu dem, was in unserer Gesellschaft schiefläuft, zu äußern, den Mut findet man nicht bie vielen Dichtern, das ist einfach sehr bewundernswert.
Dich dichtest schön kritisch, das mag einigen Leuten sauer aufstoßen, aber ich finde es gut, und ich verstehe gar nicht, dass es hier Leute gibt, die nach einer Pointe suchen, ich finde, dein Gedicht drückt das aus, was es ausdrücken soll, die Vereinsamung der Gesellschaft, die Anonymität der Großstadt in den großen Mietshäusern, und auch die Einsamkeit vieler alter Menschen, um die sich oft keiner mehr kümmert.
Als meine Großeltern jung waren, in den 50er Jahren, haben die Nachbarn sich abends oft noch vor dem Mietshaus getroffen, und sich hingesetzt und z zusammen ein Bier getrunken, und ein wenig geplaudert, damals kannte dort in dem Haus jeder jeden,  heute hockt jeder abends vor dem Fernseher in seiner Wohnung  und das wars.  
Ein sehr gutes, bewegendes Gedicht.


_________________
Bei meinen Eltern vom 15.05. bis 26.05.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Elena
Geschlecht:weiblichEselsohr
E

Alter: 82
Beiträge: 218
Wohnort: Berlin


E
Beitrag24.03.2021 16:12
Traurigkeit, die man jetzt kennt
von Elena
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Liebe Elbenkönigin,

ja, das kenne ich auch noch, dass wir auf dem Hof zusammensaßen und schwatzten. Es hat immer Spaß gemacht, Witze wurden erzählt, Geschichten auf Deibelkommraus, wir haben viel gelacht. Und auch die Nachbarschaftshilfe wurde großgeschrieben, was ich hier so gar nicht mehr kenne. Im Gegenteil, meine Nachbarin hat mich denunziert bei der Wohnungsgesellschaft und beim Ordnungsamt, ich würde zu laut Musik hören. Nicht ein einziges Mal hat sie es für nötig gehalten, mich darauf hinzuweisen, dass meine Musik sie stört, sondern hat das gleich an die große Glocke gehängt. Das ist die neue Normalität.

Was aber nun den Mut angeht, kritisch zu schreiben: Für mich ist es das A und O, auch in fiktiven Texten mich so weit wie möglich der Wahrheit zu nähern. Ich verlange das nicht von jedem Autor, denn ich bin insoweit als Rentnerin unabhängig zum Beispiel von einer Firma oder so, viele Autoren stehen aber unter Zwängen. Aber eines verlange ich von einem Text, dass er sich so weit wie möglich der Wahrheit annähert und nicht nur "schöne" Bilder bietet. Mit zuviel "Schönheit" wird ein Text uninteressant für den Leser, denn der weiß, dass das Leben anders ist, als dieses Buch aussagt. Wenn es mir mit meinem Schreiben aber gelingt, einen "Draht" zum Leser zu finden, weiß ich, ich habe nicht umsonst geschrieben. Und den "Draht" finde ich nur, wenn ich Wahrheit schreibe. Da bleibt Kritik am Bestehenden nicht aus, die Welt ist nun mal nicht perfekt. Und ich bin auch der Ansicht, dass Kritik, und sei sie noch so deutlich, immer die Möglichkeit der Hilfe bietet, Zustände zu verändern. Manchmal aber bin ich auch feige und schreibe etwas wider besseren Wissens, weil ich meine Feinde kenne. Und die Feinde tanzen reihenweise an, wenn man Wahrheit schreibt. Man muss also abwägen: Halte ich das aus - oder halte ich das nicht aus? Es kommt darauf an, was mir als Autorin wichtig ist, dass ich Angriffe in Kauf nehme.
Einen Grund, mich zu loben, sehe ich nicht. Aber vielen Dank fürs Bemerken.

Lieben Gruß, Elena
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Beiträge der letzten Zeit anzeigen:   
Neues Thema eröffnen   Neue Antwort erstellen
Seite 1 von 1

Deutsches Schriftstellerforum Foren-Ãœbersicht -> Lyrik -> Feedback
Du kannst keine Beiträge in dieses Forum schreiben.
Du kannst auf Beiträge in diesem Forum nicht antworten.
Du kannst Deine Beiträge in diesem Forum nicht bearbeiten.
Du kannst Deine Beiträge in diesem Forum nicht löschen.
Du kannst an Umfragen in diesem Forum nicht teilnehmen.
In diesem Forum darfst Du keine Ereignisse posten
Du kannst Dateien in diesem Forum nicht posten
Du kannst Dateien in diesem Forum nicht herunterladen
 Foren-Ãœbersicht Gehe zu:  


Ähnliche Beiträge
Thema Autor Forum Antworten Verfasst am
Keine neuen Beiträge Feedback
Zieh die Flügel aus!
von Tisssop
Tisssop Feedback 2 15.04.2024 20:39 Letzten Beitrag anzeigen
Keine neuen Beiträge Rezensionen
"Die Ärztin"-ein Theaters...
von writersblockandtea
writersblockandtea Rezensionen 0 08.04.2024 13:59 Letzten Beitrag anzeigen
Keine neuen Beiträge Genre, Stil, Technik, Sprache ...
Wie kommt die Langeweile in die Prosa...
von Nina
Nina Genre, Stil, Technik, Sprache ... 25 06.04.2024 10:15 Letzten Beitrag anzeigen
Keine neuen Beiträge Verlagsveröffentlichung
THE LAST MOUNTAIN MAN erscheint in KÃ...
von Alfred Wallon
Alfred Wallon Verlagsveröffentlichung 4 02.04.2024 18:32 Letzten Beitrag anzeigen
Keine neuen Beiträge Roter Teppich & Check-In
Hallo in die Runde
von Tinaschreibt
Tinaschreibt Roter Teppich & Check-In 1 01.04.2024 14:25 Letzten Beitrag anzeigen

EmpfehlungBuchEmpfehlungEmpfehlungEmpfehlungEmpfehlungBuchBuchEmpfehlungEmpfehlung

von Akiragirl

von Pat Langdon

von Enfant Terrible

von Mogmeier

von silke-k-weiler

von adelbo

von Arminius

von spinat.ist.was.anderes

von nebenfluss

von LightVersionXX

Impressum Datenschutz Marketing AGBs Links
Du hast noch keinen Account? Klicke hier um Dich jetzt kostenlos zu registrieren!