Tretbootliteratur

[V.K.B.]

[a.no-nym]

Moin Hobbes,

bei den fliegenden Kühen musste ich an Georg Kreislers "Noch einmal von vorn" denken: https://www.youtube.com/watch?v=0iRcBwyM18E Kommt übrigens auch ein Schmetterling drin vor

Ich lese hier auch immer mal mit, allein schon (aber natürlich nicht nur)  aus Freude über die ungewohnten Anführungszeichen in Deinen Texten. [Falls Du mich mitnehmen magst: Ich würde ggf. auch einer AG beitreten.]

Freundliche Grüße
a.

[nebenfluss]

[hobbes]

@V.K.B.: Gutes Gelingen!

[hobbes]

„Was machen die denn da? Eisbaden?“
„Nee, die spielen Eishockey.“
„Im Neoprenanzug?“
„Unterwasser-Eishockey. Auch Octopush genannt.“
„Octopush.“
„Ja, ich weiß. Hört sich an wie eine Autowaschanlage.“
[…]
„Warum haben die keine Sauerstoffflaschen?“
„Das sind Apnoetaucher, die können bis zu vierzig Sekunden unter Wasser bleiben. Also eigentlich noch länger, aber nicht, wenn sie Eishockey spielen.“
„…“
„Es gibt sogar eine Weltmeisterschaft. Ich glaube, letztes Mal haben die Österreicher gewonnen.“
„Gesund ist das nicht, oder?“
„Ach, was ist schon gesund.“

[V.K.B.]

Nanu, jetzt geht’s doch hier öffentlich weiter?

Faktisch korrekt ist der Dialog aber nicht. Oktopush (Unterwasserhockey) und Unterwassereishockey sind zwei verschiedene Sportarten. Oktopush wird auf dem Grund eines Swimmingpools gespielt (mit sinkendem Puck) während man Unterwassereishockey unter der als Spielfeld genutzten Eisschicht mit schwimmendem Puck spielt. Gesund ist letzteres bestimmt nicht, man muss ja zum Auftauchen immer noch zu einem Eisloch zurückfinden …

Die beiden haben sogar unterschiedliche Weltmeisterschaften.

[d.frank]

Faden gemerkt

[hobbes]

[Gast]

[Klemens_Fitte]

[hobbes]

[nebenfluss]

[hobbes]

Toter Mann / Ganzkörperschwebe

Sie schwimmt auf den See hinaus, mit kräftigen Zügen. Lässt das Toben und Kreischen hinter sich und das aufgewühlte Wasser. Draußen ist der See ruhig. Kein Wind, keine Wellen.
Auf dem Rücken treibend sieht sie in den Himmel hinauf. Dort ziehen die Toten an ihr vorbei. Einer nach dem anderen. Die meisten kennt sie nicht, hat sie noch nie gesehen. Die Toten ziehen an ihr vorüber in einer langen Reihe, einem endlosen Marsch. Es scheint verdammt viele von ihnen zu geben.
Nie hält mal einer an, immerzu sind sie in Bewegung, als hätten sie ein gemeinsames Ziel. Sie hätte gedacht, wenn man tot ist, dann war es das. Dann ist das Rennen endlich vorbei und es gibt nichts mehr zu tun. Am Ziel angekommen.
Wo geht ihr hin?, hat sie einmal gefragt. Aber wenn sie Fragen stellt, verschwinden die Toten. Wenn sie Fragen stellt, kommt sie aus dem Gleichgewicht, muss mit Armen und Beinen rudern, um sich über Wasser zu halten.
Daher behält sie ihre Fragen lieber für sich. Zum Beispiel die nach der Ordnung. Ob es eine gibt, ob die Toten in bestimmte Gruppen eingeteilt sind. Vielleicht gibt es einen Einweiser. Die Verkehrstoten, jetzt bitte die Verkehrstoten! Noch jemand an Krebs verstorben, bitte jetzt einreihen!

„Ich sehe die Toten vorüber ziehen“, hat sie zu ihrer Therapeutin gesagt.
„Ahja“, hat diese geantwortet. Keine Therapiestunde ohne dieses Ahja. Es gab schon sehr viele Therapiestunden. Mittlerweile weiß sie manchmal schon vorher, welche Frage die Therapeutin als nächstes stellt. Manchmal antwortet sie auf diese ungestellte Frage.
„Nein“, sagt sie. „Meine Mutter war bisher nicht dabei.“
„Ahja.“

Niemand sonst scheint die Toten zu sehen. Vielleicht muss man dazu allein sein, auf dem Rücken liegen, sich auflösen. Die anderen, die allein auf dem See sind, konzentrieren sich aufs Schwimmen. Bewegung, etwas für die Gesundheit tun, für den nächsten Triathlon trainieren. Immer einen Grund, immer etwas vor Augen haben. Und die wenigen, die sich ebenfalls treiben lassen, tun es auf ihrer Luftmatratze. Vielleicht mögen die Toten keine Luftmatratzen.

„Die Toten scheinen ein Ziel zu haben“, hat sie zu ihrer Therapeutin gesagt.
„Ahja. Was glauben Sie, könnte das sein?“
Woher soll sie das wissen, sie hat es noch nicht einmal im Leben geschafft, ein Ziel zu haben. Vielleicht ist das der Himmel: endlich ein Ziel.
Irgendwas hat sie antworten müssen, mit der Therapeutin ist nicht gut schweigen.
„Ein neues Leben?“, hat sie geantwortet. „Wiedergeburt?“
Oh Gott, hat sie gedacht und den Kopf geschüttelt. Alles, nur das nicht. So hat sie sich den Himmel nicht vorgestellt. Dass es einfach wieder von vorn losgeht.

[Klemens_Fitte]

Also, ich weiß ja nicht, wie's dir oder anderen damit geht¹, aber ich find das richtig, richtig gut. Wobei gut vielleicht ein blöder oder unpassender Ausdruck ist, also sagen wir: ich halte das für einen richtig starken Text. Umso schader (?!), dass er so vorbeigezogen ist¹. Den könnte man sich direkt einrahmen.









¹ Wäre das hier nicht der Trash nicht jeder im Einstand noch jemand von den alten Hasen und Häsinnen da heute vor vier Jahren, hätte sich der Text vor Kommentaren und verdientem Lob nicht retten können. So musst du halt mit einem Fitte vorlieb nehmen, der das wirklich gerne gelesen hat, wobei gerne vielleicht ein blöder oder unpassender Ausdruck ist, also sagen wir: ich halte das für einen richtig starken Text.

[d.frank]

Schließe mich der Einschätzung an, hätte ich eigentlich gestern schon tun wollen, aber da stand ja noch nichts da.

Das hält absolut perfekt die Balance aus Melancholie, Skurrilität/Sarkasmus,  und  Nüchternheit/Realität.

[psi]

Gut, du hattest mich bei den Kühen.

Aber dieser letzte Abschnitt ist ja richtig schön geworden. Ich hab gerade versucht, meinen eigenen Eindruck zu beschreiben, aber ich belass es jetzt lieber bei "das was d.frank und Klemens_Fitte sagen".

[hobbes]

Hach, ihr seid ja lieb. Dankeschön.

[holg]

[Gast]

Auch von mir noch ein (spätes) Lob für den letzten Abschnitt. Der ist dir wirklich gut gelungen!

LG
DLurie

[a.no-nym]

Ein Text zum Niederknien ...

[hobbes]

Und noch mal ein dickes Dankeschön

[hobbes]

Kinderspiel

Sie steht im Stau. Im immer gleichen Stau auf dem immer gleichen Weg zur Arbeit. Heute geht besonders wenig voran. Genaugenommen geht gar nichts voran, schon seit einer Viertelstunde nicht mehr.
Sie sieht aus dem Fenster. Zwinkert, reibt sich die Augen. Sieht noch einmal hin. Schließt die Augen, zählt bis acht, öffnet sie wieder.
Die Toten sitzen auf den Autodächern und baumeln mit den Beinen.
Sie sucht die Gesichter der Lebenden in den anderen Autos. Sehen die das denn nicht? Nein. Nichts scheinen sie zu sehen, die Toten nicht, vielleicht noch nicht einmal die Lebenden.
Auf jedem Autodach mindestens ein Toter. Manchmal mehrere.
Sie steigt aus. Geht um ihr Auto herum. Jetzt schauen sie doch, die Lebenden. Was macht die da?
Seht ihr das denn nicht?, will sie fragen. Stattdessen steigt sie wieder ein. Auf ihrem Dach ist keiner. Ist das gut, ist das schlecht? Bedeutet es überhaupt irgendwas? Warum sollte ausgerechnet bei ihr einer fehlen, es gibt ja wohl mehr Tote als Autos?
Immer noch geht nichts voran. Immer noch sitzen sie da und baumeln mit den Beinen. Habt ihr denn nichts anderes zu tun?, will sie fragen. Aber was hat man schon zu tun, als Toter?
Irgendwo eine Sirene. Noch ein Toter, ganz frisch.
Noch einmal steigt sie aus. Aber nein, keiner dazugekommen, nicht auf ihrem Dach.
Endlich geht es weiter, langsam und ruckelnd setzen sich die Autos wieder in Bewegung. Und nicht nur die, auch die Toten stehen auf, springen von Dach zu Dach.
Vielleicht ein Spiel?, fragt sie sich. Die Reise nach Jerusalem? Und wenn du kein Auto hast, sobald alle zum Stehen gekommen sind, dann – ja, was dann?