Wortschatz bei verändertem POV

[Konrad_I]

Hallo,

ich schreibe an einer Geschichte in denen der POV kapitelweise wechselt, nicht weil ich mich für originell halte sondern weil die Personen an unterschiedlichen Orten sind.

Nehmen wir jetzt an, eine Person sei eine gebildete, kunstsinnige Prinzessin, die andere zB ein Bauer.

Ist es passend wenn die Kapitel dementsprechend in einem passenden Stil/Wortschatz gehalten sind?

LG

[Stefanie]

Wörtliche Rede und Gedanken dieser Person sollten entsprechend angepasst sein, aber ansonsten würde ich in einem neutralen Stil durchhalten.

[BrianG]

Einen gänzlich neutralen Stil würde ich eher nicht wählen. Gegen eine gewisse Anpassung vom Vokabular ist nichts einzuwenden: Beispielsweise wird aus sicht des Bauers eher von einem Gaul die Rede sein, wo die Prinzessin an ein Ross denkt. Nur übertreiben solltest du es halt nicht. Da und dort locker eingestreut können solche Eigenheiten den POV schon unterstreichen.

Was aber auf jeden Fall geht, unabhängig von Vokabular oder Stil, ist eine Verschiebung vom Fokus.

Wie meine ich das?

Ein Bauer wird andere Prioritäten haben als die Prinzessin. Wenn also beide einen Gaul / ein Ross sehen, wird die Prinzessin die wehende Mähne, die bebenden Nüstern und die schlanken Fesseln bemerken. Der Bauer hingegen konzentriert sich vielleicht darauf, dass der Gaul mal wieder zum Schmied müsste um die Hufeisen zu wechseln, außerdem wirkt das Tier wie ein Gerippe, und würde vorm Pflug wohl nichts taugen.

[Konrad_I]

Ok danke, das beruhigt mich.

LG

[Immanuel]

Stephen King ist mMn. ein Meister diesbezüglich. Seine Sprache verändert sich in den Büchern massiv, wenn die Sichtweise von Charakter zu Charakter wechselt. Besonders eindrücklich ist das, wenn er aus der Sicht eines bösen Charakters schreibt. Da braucht handlungsmäßig gar nicht viel passieren, aber allein wie der Charakter seine Umgebung sieht, lässt die Leser*innen in tiefste Abgründe blicken.

Insofern würde ich auch sagen, dass Du da ruhig mit der Sprache spielen kannst. Ich persönlich lese so etwas gerne.

Wenn eine Deiner Figuren besonders derb ist, oder einen massiven Dialekt hat oder sonstwie von der (vermeintlichen) Norm stark abweicht, kann es übrigens helfen, dies anfangs sprachlich deutlich darzustellen, dann aber im folgenden nur durch dezentere Sprachmittel den Leser ab und zu daran zu erinnern. Die ganze Zeit einen heftigen Stil durchzuführen, kann zu einem anstrengenden Leseerlebnis führen.

[Pickman]

Passend? Zwingend! Und zwar in möglichst allem, was die Personen sagen oder denken.