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Merlinor
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Beitrag10.12.2020 18:39

von Merlinor
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Hallo stenzeljulia

Ein Selbstmord mit einem Messer?
Na ja, wenn das Opfer sich die Pulsadern aufgeschnitten hat und am Tatort keine Spuren von Fremdeinwirkung zu finden sind, wird man es wohl schnell als "normalen" Selbstmord klassifizieren.

Wenn er sich allerdings mit dem Messer im klassischen Sinn selbst erstochen hat (Stich ins Herz oder Ähnliches), dann wäre das vermutlich ungewöhnlich genug, um Zweifel zu wecken und die Suche nach ungewöhnlichen Begleitumständen wäre dann wohl intensiver.

Wenn Dein Täter aber dafür gesorgt hat, dass das Opfer einen Abschiedsbrief schrieb, bevor er es in den Selbstmord zwang, dann wird die Staatsanwaltschaft wohl bald dazu neigen, den Fall schnell einzustellen.

LG Merlinor


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„Ich bin fromm geworden, weil ich zu Ende gedacht habe und nicht mehr weiter denken konnte.
Als Physiker sage ich Ihnen nach meinen Erforschungen des Atoms:
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stenzeljulia
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Beitrag10.12.2020 22:34

von stenzeljulia
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Genau so ist es. Mein Charakter schneidet sich die Pulsadern auf, die eigentlich anwesende Person, die ihn dazu zwingt hat aber ein Alibi von einem Freund. Einen Abschiedsbrief gibt es auch, sowie das Wissen über frühere Depressionen des Toten. Ich denke es würde dann so ablaufen, wie ihr es auch erwähnt habt: keine Hinweise auf Fremdeinwirkung und kaum Zeit für lange Untersuchungen --> Fall abgehakt. Danke euch!

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Willebroer
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Beitrag10.12.2020 22:44

von Willebroer
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Untersuchungen oder nicht - sie würden wohl auch nichts erbringen. Man könnte es aber dadurch noch ein bißchen spannender machen. Vor allem wenn die Leser wissen, was wirklich passiert ist.
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stenzeljulia
Geschlecht:weiblichGänsefüßchen

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Beitrag10.12.2020 22:53

von stenzeljulia
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Willebroer hat Folgendes geschrieben:
Untersuchungen oder nicht - sie würden wohl auch nichts erbringen. Man könnte es aber dadurch noch ein bißchen spannender machen. Vor allem wenn die Leser wissen, was wirklich passiert ist.


Und da kommt der Knackpunkt: Die Leser wissen es nicht. Sie wissen weder, wer der Täter ist, noch, dass es Mord war, denn der Roman wird aus der Ich-Perspektive einer völlig anderen Person beschrieben. Durch den Handlungsverlauf werden die Leser denken, es wäre Selbstmord und erst später kommt langsam die Tatsache ans Licht.


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Willebroer
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Beitrag11.12.2020 01:50

von Willebroer
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stenzeljulia hat Folgendes geschrieben:
Durch den Handlungsverlauf werden die Leser denken, es wäre Selbstmord und erst später kommt langsam die Tatsache ans Licht.


Geht auch. Aber mach es dann nicht zu abrupt. Ein paar Andeutungen vorher ...
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stenzeljulia
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Beitrag11.12.2020 16:51

von stenzeljulia
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Willebroer hat Folgendes geschrieben:
stenzeljulia hat Folgendes geschrieben:
Durch den Handlungsverlauf werden die Leser denken, es wäre Selbstmord und erst später kommt langsam die Tatsache ans Licht.


Geht auch. Aber mach es dann nicht zu abrupt. Ein paar Andeutungen vorher ...


Selbstverständlich. Das ist alles schon geplant. (;


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Rodge
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Beitrag17.01.2021 10:39
Totschlag nach sexueller Belästigung - Strafe?
von Rodge
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Moin, moin,

meine Prota (eine Küchenchefin) wird wiederholt von einem männlichen Kollegen belästigt, hat jedoch dafür keine Zeugen. Eines Tages, als er sie begrabscht, schlägt sie ihn mit einem Teigroller aus Holz, er stürzt unglücklich und stirbt wenig später an Hirnblutung.

Es kommt zu einem Prozess, sie kann die Belästigung nicht beweisen. Ist das dann Totschlag oder Körperverletzung mit Todesfolge? Wie hoch wäre das Strafmaß, wenn sie ansonsten unbescholten ist (keine Vorstrafen, vielleicht eine Jugendstrafe wg. Diebstahl). Nach meiner Recherche nicht unter drei Jahren, ich vermute, Bewährung wäre möglich. Wann könnte die dann sein?

Kann mir jemand helfen?
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Gerling
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Beitrag17.01.2021 13:54

von Gerling
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Ich verstehe die Frage „wann könnte die dann sein“ nicht. Wird eine Strafe zur Bewährung ausgesetzt, dann kommt der/die Beschuldigte nicht ins Gefängnis.

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Rodge
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Beitrag17.01.2021 14:10

von Rodge
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ja, sorry, das habe ich komisch formuliert. Eigentlich sind es zwei Fragen, würde man für so etwas Bewährung bekommen können (ich habe gelesen, Mindeststrafe wären 3 Jahre, da kommt vermutlich eine Bewährung nicht in Frage), die zweite Frage wäre, wenn sie denn in den Knast geht, ab wann könnte sie vorzeitig zur Bewährung entlassen werden (wegen guter Führung).
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Merlinor
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Beitrag17.01.2021 14:19

von Merlinor
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Hallo Rodge

"Grundsätzlich können nur verhängte Freiheitsstrafen von maximal zwei Jahren zur Bewährung ausgesetzt werden." (§ 56 Absatz 2 StGB)" (*Klick*)

Die Frage ist hier meiner Meinung nach aber, ob in diesem Fall eine Notwehrsituation nicht zumindest angenommen werden kann.
Wenn diese Belästigungen schon früher aufgetreten sind, dann wird sie sich vermutlich darüber in ihrem Bekanntenkreis ausgetauscht haben.
Ich könnte mir vorstellen, dass dadurch genügend Zweifel an ihrer Schuld aufgeworfen werden könnten, um das Gericht dazu zu bewegen, zumindest von einer minderschweren Tat, wenn nicht gar von Notwehr auszugehen.
Ist aber nur so ein loser Gedanke meinerseits. Von juristischem Fachwissen bin ich leider völlig unbeleckt.

LG Merlinor


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Nina C
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Beitrag18.01.2021 07:13

von Nina C
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Ich sehe das ähnlich wie Merlinor, vor allem, wenn die Anklage kein anderes irgendwie sinniges Motiv darlegen kann. „Einfach so“ erschlägt man ja eher selten Leute, ein Nudelholz ist eine Gelegenheitswaffe, sie hat (verstehe ich so) nur einmal zugeschlagen und der Schlag wäre allein auch nicht tödlich gewesen ... also ein Totschlag würde ich da ohnehin ausschließen, sondern bestenfalls die Körperverletzung mit Todesfolge, wenn eben nicht, wie oben gesagt, ohnehin Notwehr. Was außerdem als „Zwischenlösung“ infrage käme, wäre der „Notwehrexzess“, wenn man ihr also zwar die Bedrohung glaubt, den Schlag mit dem Nudelholz dann aber doch für übertrieben hält
(https://www.lecturio.de/magazin/notwehrexzess/ )
So, nun hast du Auswahl Wink

Liebe Grüße

Nina


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Rodge
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Beitrag18.01.2021 08:43

von Rodge
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Danke euch beiden (auch für den Link). Ich glaube, ich gebe ihr einen schlechten Anwalt und schicke sie dann doch für ein bis zwei Jahre in den Bau (soll heißen: Strafmaß 3 Jahre, Entlassung wg. guter Führung nach zwei Jahren).
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Gerling
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G
Beitrag18.01.2021 08:55

von Gerling
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Rodge hat Folgendes geschrieben:
Danke euch beiden (auch für den Link). Ich glaube, ich gebe ihr einen schlechten Anwalt und schicke sie dann doch für ein bis zwei Jahre in den Bau (soll heißen: Strafmaß 3 Jahre, Entlassung wg. guter Führung nach zwei Jahren).


Vielleicht interessant für dich: https://gks-rechtsanwaelte.de/aktuelles/haftstrafe-entlassung/


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Jan Hinnerk Feddersen
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J
Beitrag03.02.2021 00:17
Re: Totschlag nach sexueller Belästigung - Strafe?
von Jan Hinnerk Feddersen
Antworten mit Zitat

Rodge hat Folgendes geschrieben:
Moin, moin,

meine Prota (eine Küchenchefin) wird wiederholt von einem männlichen Kollegen belästigt, hat jedoch dafür keine Zeugen. Eines Tages, als er sie begrabscht, schlägt sie ihn mit einem Teigroller aus Holz, er stürzt unglücklich und stirbt wenig später an Hirnblutung.

Es kommt zu einem Prozess, sie kann die Belästigung nicht beweisen.

Als Angeklagte muss sie ja auch gar nichts beweisen. Die Staatsanwaltschaft ist in der Beweispflicht.
Zitat:
Ist das dann Totschlag oder Körperverletzung mit Todesfolge?


§ 32 StGB  Notwehr

(1) Wer eine Tat begeht, die durch Notwehr geboten ist, handelt nicht rechtswidrig.
(2) Notwehr ist die Verteidigung, die erforderlich ist, um einen gegenwärtigen rechtswidrigen Angriff von sich oder einem anderen abzuwenden.

§ 33 StGB Überschreitung der Notwehr
Überschreitet der Täter die Grenzen der Notwehr aus Verwirrung, Furcht oder Schrecken, so wird er nicht bestraft.

Was haben wir also hier?

Die Küchenhilfe wird zum Opfer eines gegenwärtigen rechtswidrigen Angriffs.
"Gegenwärtig" ist der Angriff, wenn er gerade läuft oder unmittelbar bevorsteht.
"Rechtswidrig" ist er, weil sowohl tätliche Beleidigung (§185 StGB) als auch sexuelle Belästigung (§184i) ein rechtswidriger Angriff und beide "notwehrfähig" sind.

Bei Notwehr gibt es (anders als eine weitverbreitete Legende meint) keine "Verhältnismäßigkeit der Mittel". (Die gibt es bei rechtfertigendem und bei entschuldigendem Notstand, aber das ist was anderes.)

Der Angegriffene darf zur Verteidigung jedes Mittel verwenden, das "erforderlich" und "geboten" ist, um den Angriff sofort zu beenden. Eine Verteidigung ist erforderlich, wenn sie das mildeste aus allen möglichen und gleichwertig effektiven Mitteln darstellt, die sich dazu eignen, den Angriff sicher und endgültig und ohne Gefahr für den Angegriffenen zu beenden. Hat, um ein Beispiel zu machen, der Angegriffene eine Waffe in der Hand, dann darf er sie benutzen, er muss sich nicht auf einen Faustkampf einlassen, er muss überhaupt keine Verletzung riskieren. Die Küchenhilfe dürfte grundsätzlich also auch eine Schusswaffe verwenden, nicht nur das Nudelholz.

(Vgl. dazu auch BGH, Urt. v. 02.11.2011, Az. 2 StR 375/11. Der Rocker, der irrig glaubte, eine konkurrierende Bande wolle seine Haustür aufbrechen, durfte durch die Tür schießen. Daß auf der anderen Seite die Polizei stand, ändert daran nichts, weil die Polizei sich nicht als solche zu erkennen gegeben hatte. Notwehr darf nicht nur ausüben, wer tatsächlich angegriffen wird, sondern auch der, der sich irrtümlich angegriffen glaubt, wenn er seinen Irrtum selbst  verschuldet hat. Im übrigen gilt: "Der Angegriffene muss eine vorteilhafte Kampfposition nicht aufgeben", so der BGH wörtlich, er darf sie vielmehr ausnutzen. Ebenso gilt: "Das Recht muss dem Unrecht nicht weichen", so der BGH, der Angegriffene muss nicht vor dem Angriff zurückweichen, er darf sich zur Wehr setzen.)

Ebenfalls dürfen die Folgen der Notwehrhandlung für den Angreifer die Folgen des Angriffs für den Angegriffenen übersteigen, deshalb darf man z.B. auch "nicht nur geringwertige Eigentumswerte" mittels tödlichem Schusswaffeneinsatz verteidigen. ("Nicht nur geringwertig" ist übrigens im Zivilrecht als "über 50 Euro" definiert. Eine Definition im Strafrecht gibt es nicht, die große Mehrheit der Strafrechtskommentare geht davon aus, daß dieser Wert hinsichtlich Notwehr entsprechend heranzuziehen ist!
Der BGH hat zu DM-Zeiten mal entschieden, daß jedenfalls zum Schutz von Eigentum im Wert von ca. 10.000 DM tödlicher Schusswaffeneinsatz durch Notwehr gedeckt ist.)

Aber zurück zur Küchenhilfe (man muss die Rechtslage zur Notwehr in Deutschland grundsätzlich verstehen, dazu unten noch eine Anmerkung).

Die wird angegrapscht, und schlägt mit dem Nudelholz zu, um den Angriff abzuwehren. Das darf sie zweifelsfrei. Der Angreifer stürzt nun unglücklich die Treppe herunter und wird dabei tödlich verletzt. Pech für ihn, aber der Küchenhilfe strafrechtlich nicht anzulasten.

Zitat:
Wie hoch wäre das Strafmaß, wenn sie ansonsten unbescholten ist (keine Vorstrafen, vielleicht eine Jugendstrafe wg. Diebstahl). Nach meiner Recherche nicht unter drei Jahren, ich vermute, Bewährung wäre möglich. Wann könnte die dann sein?

Es würde eine Einstellung des Verfahrens durch die Staatsanwaltschaft (StA) geben.

Jetzt gibt es dabei natürlich zwei kleine Haken, die für so eine Geschichte nicht gerade unwesentlich sind.

1) Die Küchenhilfe sagt das so aus.
Dann ermittelt die Polizei im Auftrag der StA, ob dieser Tathergang zu den Spuren vor Ort passt. Passt da was nicht zusammen, wird es Zweifel aufwerfen.
Grundsätzlich bleibt es aber dabei: die StA muss der Küchenhilfe nachweisen, daß die Sache anders passiert ist.
Solllte die StA nun partout der Ansicht sein, daß die Sache so nicht passiert sein kann, sondern vielmehr eine vorsätzliche Tat geschehen ist, dann muss sie die juristisch bewerten.
Totschlag und Mord setzen Vorsatz voraus. Der Tod des Opfers muss gewollt gewesen sein, oder jedenfalls billigend in Kauf genommen worden sein. ("Wenn er denn stirbt, ist es okay. Ist mir egal.") Das muss nachgewiesen werden.

Hier käme also höchstens Körperverletzung mit Todesfolge in Frage. Das muss jetzt die StA dem Gericht überzeugend klar machen. Und zwar schon, bevor der Prozess überhaupt beginnt. Die StA reicht die Anklageschrift beim Gericht ein, und das darf die Anklageschrift nur zulassen, wenn eine überwiegende Wahrscheinlichkeit für eine Verurteilung besteht. Anderenfalls wird schon die Anklage zurückgewiesen und es gibt gar keinen Prozess. Letztere Voraussetzung ist übrigens der Grund dafür, daß es vergleichsweise so wenige Freisprüche vor deutschen Gerichten gibt, anders als im Krimi. Denn wenn die Sache von vornherein wackelig ist, wird die Anklage gar nicht erst zugelassen. Bzw. die StA klagt gar nicht erst an.

2) Das deutsche Notwehrrecht unterscheidet sich in Gesetz und Rechtsprechung praktisch nicht vom amerikanischen "Stand your ground" - im Gegenteil, in einigen US-Bundesstaaten ist es sogar restriktiver.
Aaaaber: es gibt ein Phänomen in der deutschen Rechtsprechung - Staatsanwaltschaften und untere Gerichtsinstanzen, besonders Amtsgerichte, aber auch Landgerichte, verlaufen sich gelegentlich mal im Notwehrrecht. Sie werden dann zuverlässig spätestens vom BGH wieder eingefangen, aber dafür muss der Angeklagte ggf. eben auch bis dorthin ziehen.

Sowohl Punkt 1 als auch Punkt 2 ist natürlich für die Entwicklung einer Krimi-Handlung gut einsetzbar.
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Jan Hinnerk Feddersen
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Beitrag03.02.2021 00:32

von Jan Hinnerk Feddersen
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Maunzilla hat Folgendes geschrieben:

Türen eintreten geht nur bei absoluter Gefahr im Verzug, sonst ist es Einbruch.

Nur weil ich gerade schön im Flow bin... Embarassed

Einen Straftatbestand "Einbruch" gibt es im deutschen StGB nicht. Es gibt den "Wohnungseinbruchsdiebstahl" (§244 StGB). Was hier ggf. vorläge wäre a) Sachbeschädigung (§303 StGB) und b) "Hausfriedensbruch" (§123 StGB).

Beides wäre aber ggf. durch §34 StGB, "Rechtfertigender Notstand", gedeckt:

Wer in einer gegenwärtigen, nicht anders abwendbaren Gefahr für Leben, Leib, Freiheit, Ehre, Eigentum oder ein anderes Rechtsgut eine Tat begeht, um die Gefahr von sich oder einem anderen abzuwenden, handelt nicht rechtswidrig, wenn bei Abwägung der widerstreitenden Interessen, namentlich der betroffenen Rechtsgüter und des Grades der ihnen drohenden Gefahren, das geschützte Interesse das beeinträchtigte wesentlich überwiegt. Dies gilt jedoch nur, soweit die Tat ein angemessenes Mittel ist, die Gefahr abzuwenden.

Wenn der Privatdetektiv ausreichend glaubhaft machen kann, wieso er annehmen musste, daß sich eine widerrechtlich dort festgehaltene Person hinter der Tür befindet, dann darf er durchaus die Tür eintreten, um dieser Person zur Hilfe zu kommen. Leben, Gesundheit und persönliche Freiheit dieser Person sind höherrangige Rechtsgüter als die Sache "Tür". Die Tat ist dann durchaus "angemessen".
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Rodge
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Beitrag03.02.2021 11:02
Re: Totschlag nach sexueller Belästigung - Strafe?
von Rodge
Antworten mit Zitat

Jan Hinnerk Feddersen hat Folgendes geschrieben:


Sowohl Punkt 1 als auch Punkt 2 ist natürlich für die Entwicklung einer Krimi-Handlung gut einsetzbar.


Moin Jan Hinnerk,

vielen Dank für diesen extrem hilfreichen Beitrag. Tatsächlich ist es aber so, dass ich gar keinen Krimi schreibe, sondern es aus dramaturgischen Gründen notwendig ist, dass die Protagonistin (zumindest ein bis zwei Jahre) im Knast war, ohne dass die Leser sie moralisch für schuldig halten. Daher kam die Idee mit der sexuellen Belästigung. Wenn nun die Vorgeschichte so wäre, dass die beiden sich schon länger bekriegt haben (sie ist seine Vorgesetzte, was ihm gegen sein Frauenbild geht) und es keine Zeugen für die sexuellen Übergriffe gibt, wäre es dann möglich, dass sie doch verurteilt würde?

Liebe Grüße und nochmals vielen Dank für die ausführliche Antwort!
Rodge
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Maunzilla
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Beitrag03.02.2021 14:15

von Maunzilla
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Wenn sie unschuldig wirken soll, wieso sie dann mit einem Gewaltverbrechen in Zusammenhang bringen? Es gibt doch zahlreiche Möglichkeiten, ins Gefängnis zu kommen: weil man nicht genug Steuern gezahlt hat, sich von einem Heiratsschwindler zu irgend einer krummen Masche wie Drogenschmuggel oder Geldwäsche hat verleiten lassen, aus Nachlässigkeit einen Unglücksfall verursacht, oder wegen politischer Verbrechen eingekerkert worden sein, usw.

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Rodge
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Beitrag03.02.2021 14:24

von Rodge
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Für den Plot ist es wichtig, dass sie wegen einem Gewaltverbrechen im Knast saß. Auch fände ich es albern, eine Köchin wegen Steuerhinterziehung einzubuchten.
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Beitrag03.02.2021 16:10

von V.K.B.
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Zum juristischen ist eigentlich alles gesagt, da habe ich nichts mehr hinzuzufügen. Ich fand es aber sehr bezeichnend befremdlich, wie Rodges "Küchenchefin" in den Antworten wie ganz selbstständig zur Küchenhilfe reduziert wurde. Wird eine Frau Opfer eines Angriffs, traut man ihr keine leitende Position mehr zu?

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Merlinor
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Beitrag03.02.2021 18:46

von Merlinor
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Hallo Rodge

Sie ist eine resolute Person. Als der männliche Angestellte, um sie zu provozieren, in einem unbeobachteten Moment vor ihren Augen sein Glied auspackte, hatte sie ihm im Affekt einen Topf mit kochendem Nudelwasser über selbiges gegossen.
Die Leser werden auf ihrer Seite sein, aber das Gericht empfand diese Reaktion als überzogen und verurteilte sie wegen schwerer Körperverletzung.
Tja, so kanns gehen ... angel

LG Merlinor


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Jan Hinnerk Feddersen
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Beitrag03.02.2021 20:49
Re: Totschlag nach sexueller Belästigung - Strafe?
von Jan Hinnerk Feddersen
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Rodge hat Folgendes geschrieben:
(...) es aus dramaturgischen Gründen notwendig ist, dass die Protagonistin (zumindest ein bis zwei Jahre) im Knast war, ohne dass die Leser sie moralisch für schuldig halten. Daher kam die Idee mit der sexuellen Belästigung. Wenn nun die Vorgeschichte so wäre, dass die beiden sich schon länger bekriegt haben (sie ist seine Vorgesetzte, was ihm gegen sein Frauenbild geht) und es keine Zeugen für die sexuellen Übergriffe gibt, wäre es dann möglich, dass sie doch verurteilt würde?

Auf hoher See und vor Gericht ist der Mensch in Gottes Hand... sagt ein altes Sprichwort.

Es ändert ja nichts an der Notwehrsituation, ob die Küchenhilfe da nun zum 100.mal oder zum ersten Mal Opfer einer sexuellen Belästigung wird. Wehren darf sie sich immer, und wenn der Kerl dabei dann leider die Treppe runterfällt... War ja kein anderer dabei, der sagen kann "Sie hat ihn aber gestoßen, er hat doch gar nichts gemacht!"

Aber ganz grundsätzlich hätte ich dann spontan einen alternativen Vorschlag, der das Gewünschte bringt und sich vielleicht perfekt einpasst:

Die Küchenhilfe wird sexuell belästigt. Und zwar so oft und so lange wie die Geschichte es halt haben soll.

Dann haut sie dem Kerl eines Tages mit dem Nudelholz. Nicht dramatisch doll, im Gegenteil, aber er verliert das Gleichgewicht und purzelt die Treppe runter und hat einen offenen Schädelbruch (wenns blutig sein soll) oder bricht sich das Genick (wenns unblutig sein soll).

Notarzt kommt, Polizei kommt. Spurensicherung, Vernehmung, die Küchenhilfe könnte sich einen Anwalt nehmen, oder sie versucht das ohne Anwalt, weil es war ja Notwehr.

So oder so - zunächst mal erklärt ihr ein guter, mitfühlender Polizist oder ihr Anwalt, wer auch immer: "Da machen Sie sich mal keine Sorgen! Das war eindeutig Notwehr!"

Ihre Umgebung könnte sie darin bestärken. Oder sie verbrät die üblichen "urban legends" zur Notwehr - "Man darf sich in Deutschland ja gar nicht wehren...blablabla..." Ganz wie es passt.

Und dann kommt die üble Überraschung um die Ecke. Eine fiese Staatsanwältin oder ein schmieriger Staatsanwalt klagt es an, und ein Schöffengericht (Amtsgericht) oder eine kleine Strafkammer vom Landgericht ist genauso schräg drauf, und verknackt sie wegen...

... jetzt mal überlegen...

Nicht fahrlässige Tötung, das passt nicht, sie hat ja nicht fahrlässig gehandelt. Körperverletzung mit Todesfolge. Gericht stimmt StA zu: sie wollte ihn verletzen, klar wenn sie mit dem Nudelholz auf ihn eindrischt, und die Folge war dann der Tod.

Körperverletzung mit Todesfolge (§227 StGB) kostet nicht unter drei Jahren Freiheitsstrafe, "nicht unter drei Jahren" heißt: mindestens drei und höchstens 15. In minder schweren Fällen ein bis zehn Jahre.

Da kann man auf das gewünschte Strafmaß von mehr als 2 Jahren kommen, das Bewährung unmöglich macht. Und man hat genau die Situation, die ich beschrieb: manchmal verlaufen sich Staatsanwaltschaften und untere Gerichte. Für mein Empfinden macht es die Sache moralisch ja noch viel übler, wenn sich fast alle einig sind: Notwehr, das kann man doch nicht bestrafen! Und dann braucht es nur eine blöde Staatsanwältin, einen blöden Richter und zwei blöde Schöffen, und noch einen nicht sehr engagierten Anwalt vor Gericht, und die Küchenhilfe landet erstmal im Knast. Und das bringt mich als Leser dann auf die Palme - ich bin moralisch auf ihrer Seite, und wütend auf die blöden Knaller aus der Justiz. Wo doch alle gesagt haben...

Die Leser könnten sie dann für moralisch unschuldig und das Opfer einer Justiz halten, die entweder zu streng ist, zu wenig Sinn für Notwehr hat, oder sexuelle Belästigung für harmlos hält, oder alles zusammen.

Und sie selbst hat nicht die Kraft, gegen das Urteil anzugehen.

Da könnte man eine Menge draus machen, ohne daß ein Leser sagt "Na ja, aber ... in der juristischen Realität würde das ja nie so..."
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Rodge
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Beitrag04.02.2021 10:40

von Rodge
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Hey Jan Hinnerk,

danke, das ist ein toller Hinweis. Genau so werde ich es machen, Körperverletzung mit Todesfolge, keiner in der Küche sagt für sie aus (sie macht den Job noch nicht lange, wurde trotzdem Küchenchefin, die vorherigen Belästigungen erfolgten immer, wenn es sonst niemand mitbekam). Dann kriegt sie noch einen Anwalt, der ausser einem übersteigerten Selbstwertgefühl nichts zu bieten hat (und der selbst insgeheim denkt, sie wäre schuldig).

Grüße
Rodge
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Spatz-am-Schreiben Dies und Das 2 10.04.2024 15:08 Letzten Beitrag anzeigen
Keine neuen Beiträge Roter Teppich & Check-In
Moin an alle und eine kleine Vorstellung
von writersblockandtea
writersblockandtea Roter Teppich & Check-In 2 07.04.2024 15:00 Letzten Beitrag anzeigen
Keine neuen Beiträge Feedback
Und sie küsst ihren Strandball
von Mogmeier
Mogmeier Feedback 15 06.04.2024 07:45 Letzten Beitrag anzeigen

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