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RobMitDer13 Erklärbär
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Beiträge: 2
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R 05.11.2020 19:39 Kämpferherz von RobMitDer13
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Kämpferherz
Sonntag Vormittag. Nach mehreren kläglichen Versuchen das Bett zu verlassen, beweist sich mein Kämpferherz als lohnenswerte Tugend. Denn ich sitze mittlerweile auf dem Sofa. Mit einer Schale voll überzuckerten Frühstücksflocken gucke ich in positiv nostalgischer Stimmung jene Animes, die schon in Kindheitstagen meinen Charakter formten. Sie vermitteln hochtrabende Phrasen wie "Gib niemals auf!" oder "Lebe deinen Traum!". Selbstzufrieden lächle ich in mich hinein und identifiziere mich mit jeder dieser Phrasen. Schließlich habe ich ein Kämpferherz und liege nicht mehr in meinem Bett.
Ich bin das, was man einen jungen erwachsenen Menschen nennt. Wenn ich Scheiße baue, würde das Jugendstrafgesetz wohl nicht mehr gelten. Jedoch besitze ich noch diesen jugendlichen Charme, der es mir erlaubt, durch meine Fehler sympathisch zu wirken. Ich lerne ja noch. Genauso wie die Helden aus den Animes. Bis heute will ich einer von ihnen sein. Keiner dieser Charaktere ist makellos und frei von Fehlern. Aber sie sind gutherzig. Wenn es drauf ankommt, stehen sie mit aller Konsequenz für großartige Werte ein. Die pure Inspiration!
Mit dem Verlangen die Welt zu retten, entscheide ich mich dafür heute zur Kommunalwahl zu gehen. Denn meine nostalgisch bedingte Schwäche für Phrasen sagt mir, dass jede Stimme zählt.
In meinem Kopf schmiede ich einen Plan, um möglichst schnell wieder auf meinem Sofa sitzen zu können. Echte Sofatime bedarf keine weiteren Vorhaben am Tag und ich will nicht meinen heiligen Sonntag gefährden. Dieser verbietet es mir eigentlich das Haus zu verlassen.
Duschen? Nicht am Sonntag! Kleidung? Die vom Vortag, ansonsten müsstest du heute Wäsche waschen. Ich muss vorsichtig sein, nicht dass dieses Vorhaben einen unangenehmen Rattenschwanz nach sich zieht. Auf dem Rückweg etwas zu Essen mitnehmen? Nö! Kein Bock im Laden auf`s Essen zu warten! Ich bestelle später einfach etwas und meine Sofatime verlängert sich um rund 20 Minuten. Ich bin ein Fuchs! Ein selbstkritischer Gedanke bemängelt, dass mich die eigentlich unnötige Lieferung meiner Pizza auch zur Umweltsau macht. Ein unsympathischer Fehler. Ich werde also einfach niemandem davon erzählen.
Der Plan steht und es könnte eigentlich losgehen. Wäre da nicht dieses eine fiese Hindernis. Wen wähle ich überhaupt? Genervt lass ich mich wieder aufs Sofa fallen und durchforste das Internet. Ich gebe den Mainstream-Medien die Schuld dafür, dass ich keine Ahnung von der Kommunalwahl habe. Wieso berichten diese nicht detailliert und ausführlich über das Wahlprogramm der Kandidaten aus meinem Stadtteil!? Ich finde im Internet einen mir seriös erscheinenden Wahl-O-Mat. Ich werde gefragt, wie hoch man meiner Meinung nach neue Gebäude bauen darf. Ich bin überfordert. Ich werde aber auch gefragt, ob ich dafür wäre zu Testzwecken in meiner Stadt legale Cannabis-Shops zu eröffnen. Ich markiere diese Frage als für mich besonders wichtig.
Nachdem ich alle Fragen im besten Gewissen beantwortet habe, zeigt sich mir ein Ergebnis. Gleich vier Parteien stimmen zu ca. 70% mit meinem Meinungsbild überein. Um es kurz und schmerzlos halten zu können, will ich meine Entscheidung von der mir als besonders wichtig markierten Frage abhängig machen. Leider sind alle dieser vier Parteien und Kandidaten ebenfalls für legale Cannabis-Shops zu Testzwecken. Mist. Weiterhin inspiriert durch die Animes, entscheide ich mich für die vermeidlich kleinste dieser vier Parteien. Ich wähle den Underdog! Den Rookie! Jemand, der alle überrascht und es besser macht! Mein Kämpferherz pocht vor Identifikation.
Enthusiastisch gehe ich zur Tür meines Mitbewohners. Ich klopfe an, um zu fragen, ob er mitkommen will, um ebenfalls zu wählen. Ich erhalte keine Antwort. Er scheint noch zu schlafen. Um meine unbeschwerte Sofatime nicht zu verkürzen, entscheide ich mich dafür nicht auf ihn zu warten. Ich schaff das auch allein! Nach mehreren Ablenkungen durchs Handy und durch Lieder, die ich unbedingt noch vorher hören muss um meine Stimmungslage zu untermalen, bin ich nun startklar. Ich gehe durch die Tür. Schnell bemerke ich, dass die gestrige Kleidung nicht zum heutigen Wetter passt. Niemand hat gesagt, dass es leicht wird!
Das Wahllokal liegt laut meinem Handy 750 Meter von meiner Wohnung entfernt. Stolz und voller Eifer bestreite ich diesen Weg zu Fuß. Dort angekommen folge ich der Beschilderung und finde schnell zum Ziel. Die Wahl findet in einer Turnhalle eines Gymnasiums statt. In dieser wurden mehrere Wahlecken aufgebaut für verschiedene Wohnbereiche. Es ist alles andere als überlaufen, nur vor einer Wahlecke bildet sich eine Schlange. Ich wette, da muss ich hin! Um nicht lange suchen zu müssen, zeige ich der freundlichen Wahlhelferin am Eingang meinen Wahlbrief. Sie weist mich der Wahlecke zu, vor der sich die Schlang gebildet hat. Das war wieder so klar! Ich stelle mich an.
Die Person, die den Laden aufhält, ist eine Frau mittleren Alters. Sie diskutiert mit einer Wahlhelferin, die ihr in übermenschlicher Geduld immer wieder versucht zu erklären, wie viele Stimmzettel sie erhält und wie viele Kreuze sie machen darf. Ein Kreuz pro Stimmzettel! Ich überlege, ob die Dame vielleicht eine esoterische Verschwörungstheoretikerin sein könnte, die das abstruse Vorhaben hat, durch ihr Verhalten die Wahl zu beeinflussen. Es klappt! Denn ich spiele mit dem Gedanken zu gehen. Am gegenüberliegenden Tisch sitzt ein weiterer, sich die grauen Haare raufender, Wahlhelfer. Sichtbar fassungslos über das vor uns liegende Schauspiel kommt ihm ein Geistesblitz und er bedient die in der Schlange wartenden Menschen weiter. Geschickt signalisiert er der immer noch geduldig erklärenden Wahlhelferin, dass sie mit der Ladenaufhalterin ein paar Meter nach links gehen soll. Dort können die beiden weiter machen, während die in der Schlange Stehenden erst mal vorgelassen werden. Damit wurde der teuflische Plan der esoterischen Verschwörungstheoretikerin durchkreuzt! Später werde ich zu der Einschätzung kommen, dass die Dame es wirklich nicht verstanden hat. Jedoch gefällt mir, so absurd es auch klingen mag, der Gedanke heute eine Verschwörungstheoretikerin gesehen zu haben.
Vor mir in der Reihe befindet sich ein Mann mittleren Alters, welcher routiniert zur Wahlkabine schreitet nachdem dieser Stimmzettel und eine kurze Erläuterung erhalten hat. Im Anschluss erhalte ich ebenfalls meine Stimmzettel und eine kurze Erläuterung. Ja, ich hab`s verstanden! Der Mann benötigt aus meiner Sicht wirklich lange in der Wahlkabine, weshalb ich noch ein wenig warten muss. Ist es denn wirklich so schwer ein paar Kreuze zu machen? Ich will doch nur eben mit meiner Stimme die Welt zu einem besseren Ort machen! Genervt und ungeduldig beobachte ich ein älteres Pärchen, welches nach mir an der Reihe sein wird. Das Paar hat einen vermutlich afrikanischen Migrationshintergrund, beide sprechen gebrochen Deutsch, scheinen aber die Anweisungen des Wahlhelfers zu verstehen und wiederholen diese. Richtig, ein Kreuz pro Stimmzettel! Der Wahlhelfer grinst dem älteren Paar anerkennend zu, diese grinsen freundlich zurück und zeigen einen Daumen nach oben.
Endlich kann ich in die Wahlkabine. Schnell mache ich meine Kreuze für meine Underdogpartei, jedoch erwartet mich auf einem der Wahlzettel eine böse Überraschung. Dort ist diese Partei nämlich nicht aufgelistet, aus welchen Gründen auch immer. Mist! Ich überlege ein Weilchen, welche der anderen in Frage kommenden Parteien nun meine Stimme bekommt. Nicht aufgeben! Zeig dein Kämpferherz! Dranbleiben! Am Ende entscheide ich durch einen Abzählreim. Davon werde ich ebenfalls niemanden erzählen. Als ich die Wahlkabine verlasse, beobachte ich, wie das freundliche ältere Paar nun einen Schritt zur Wahlkabine macht. Die Dame möchte wohl zuerst wählen. Ihr Schritt stoppt jedoch und ihre Mimik wirkt nicht mehr so freundlich. Sie wendet sich nochmals an die Wahlhelferin, deutet auf die Wahlzettel und fragt, wo sie denn ihr Kreuz machen soll. Verdutzt und irritiert von der Frage antwortet die Wahlhelferin nur, dass sie das dort machen darf, wo sie möchte. Was zur Hölle habe ich da gerade beobachtet?
Ich gehe zu den Wahlurnen. Die dort sitzenden zwei Wahlhelfer erläutern mir, dass die Farben der Stimmzettel denen der verschiedenen Wahlurnen entsprechen. Der grüne Stimmzettel kommt in die grüne Wahlurne, der rote Stimmzettel in die rote Wahlurne und so weiter. Ja, ich hab`s verstanden!
Bevor ich meine Stimmzettel in die Urnen werfe, frage ich die beiden Wahlhelfer: „War doch richtig die Stimmzettel zu unterschreiben, oder? Damit die gültig sind und so...“ Fassungslos schauen die beiden mich an, bis ich erkläre, dass dies nur ein Joke war. Fanden die beiden wohl nicht so lustig, da ich nicht den Hauch eines Grinsens erkennen konnte. Wie humorlos! Ich hätte aber damit rechnen müssen, dass Menschen die ehrenamtlich ihren Sonntag als WahlhelferInnen verbringen nichts zu lachen haben.
Nachdem ich das Wahllokal verlassen habe, beschreite ich trotz des unvorteilhaften Wetters stolz und energisch die 750 Meter Fußweg zurück. Ich habe das Gefühl, etwas Wichtiges getan zu haben und fühle mich heldenhaft. Zu Hause angekommen falle ich selbstzufrieden auf mein Sofa. Jetzt wird gechillt! Ich bestelle mir meine wohlverdiente Pizza und verliere mich in unterschiedlichen Medien. Unbeschwerte Sofatime! Irgendwann höre ich, wie mein Mitbewohner endlich aufsteht. Voller Stolz erzähle ich ihm von meinem Gang zur Wahl frage, ob er auch noch gleich wählen geht. Er hat sich dagegen entschieden. Irgendwie enttäuscht mich das. Er hat wohl einfach kein Kämpferherz.
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Abari Alla breve
Alter: 43 Beiträge: 1838 Wohnort: ich-jetzt-hier
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06.11.2020 01:24
von Abari
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Hey,
sehr schöne, amüsante Geschichte.
Ich frage mich gerade, worauf schließlich meine Wahl gefallen wäre. Ich denke, auf die KPD (Kostenlose Pizza Deutschland).
Ich mag Deinen Humor.
Willkommen im Forum.
_________________ Das zeigt Dir lediglich meine persönliche, höchst subjektive Meinung.
Ich mache (mir) bewusst, damit ich bewusst machen kann.
LG
Abari |
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RobMitDer13 Erklärbär
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Beiträge: 2
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Sören Gänsefüßchen
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Beiträge: 48 Wohnort: Saarland
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S 14.01.2021 16:36
von Sören
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Moin RobMitDer13!
Dein Text hat sich flüssig lesen lassen, nichts hat gestört. Auch die Art wie du erzählst, gefällt mir.
Handwerklich stimmt das Ganze.
Du erzählst von einem normalen Vorgang, von etwas, was Alltag ist: zur Wahl gehen und wählen. Es gibt aber auch Menschen, denen fällt solch ein Gang sehr schwer. Soziale Phobie ist weiter verbreitet, als man denkt. Deshalb und bevor ich was Falsches sage, lasse ich mich zum Inhalt der Geschichte besser nicht ein.
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imtb Erklärbär
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Beiträge: 4 Wohnort: Neuss
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I 14.01.2021 17:31
von imtb
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Zitat: | Mit einer Schale voll überzuckerten Frühstücksflocken gucke ich in positiv nostalgischer Stimmung jene Animes, die schon in Kindheitstagen meinen Charakter formten. | -Das Wort “gucken” klingt in diesem Zusammenhang wenig inspirierend.
Zitat: | Schließlich habe ich ein Kämpferherz und liege nicht mehr in meinem Bett. | -Das Wort “Kämpferherz” hast du bereits erwähnt. Würde mir hier ein synonym wünschen.
Zitat: | würde das Jugendstrafgesetz wohl nicht mehr gelten | -Du hast erwähnt, das er erwachsen ist. Entsprechend verstehe ich das Wort “wohl” nicht wirklich.
Zitat: | Jedoch besitze ich noch diesen jugendlichen Charme, der es mir erlaubt, durch meine Fehler sympathisch zu wirken. | -Das halte ich für “zu” sehr aufgesetzt.
Zitat: | Mit dem Verlangen die Welt zu retten, entscheide ich mich dafür heute zur Kommunalwahl zu gehen. | -Hier hätte ich mir einen originellen Übergang gewünscht.
Zitat: | In meinem Kopf schmiede ich einen Plan, um möglichst schnell wieder auf meinem Sofa sitzen zu können. Echte Sofatime bedarf keine weiteren Vorhaben am Tag und ich will nicht meinen heiligen Sonntag gefährden. Dieser verbietet es mir eigentlich das Haus zu verlassen | -Wenige Sätze zuvor gehst du in die Richtung, das er kein fauler Sack ist. Und jetzt wieder in die andere Richtung. Ist mir zu plötzlich. bzw. nicht erklärt
Zitat: | Wäre da nicht dieses eine fiese Hindernis | -Will er nun zur Wahl gehen oder nicht? Er scheint, inspiriert von seinen Helden, das “Gute” in sich entdeckt zu haben und wehrt sich every step of the way…
Zitat: | Ich erhalte keine Antwort. Er scheint noch zu schlafen. | -Diese beiden Sätze wirken etwas abgehakt. Eine flüssige Anbindung würde mir persönlich besser gefallen.
Zitat: | Ich wette, da muss ich hin! Um nicht lange suchen zu müssen, zeige ich der freundlichen Wahlhelferin am Eingang meinen Wahlbrief. Sie weist mich der Wahlecke zu, vor der sich die Schlang gebildet hat. Das war wieder so klar! Ich stelle mich an | -Zuerst sagt er sein bevorstehendes Unglück voraus und wundert sich dann darüber
Der nachfolgende Absatz liest sich besser, als die zuvor. Da habe ich das Gefühl, nimmt die Geschichte erst an Fahrt auf.
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Immanuel Wortedrechsler
Alter: 44 Beiträge: 76 Wohnort: bei Freiburg
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15.01.2021 02:46
von Immanuel
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Ja, das ist eine geschmeidige kleine Heldengeschichte.
Als der Protagonist sich entschied, zwar Pizza zu betstellen, aber es Niemandem zu sagen, um sein ökologisches Dilemma ignorieren zu können, musste ich schmunzeln.
Und in einem weiteren Punkt kann ich den Protagonisten gut nachvollziehen. Auch ich kenne das Kämpferherz-Phänomen, wenn ich Animes schaue. In Gedanken scheint dann mit einem Mal alles erreichbar. Wenn ich zusammenrechne, wie viele Animeserien ich schon durchgesuchtet habe, müsste ich eigentlich in der Folge längst übermenschliche Kräfte entwickelt haben. Fitness-Studio war gestern. Heute wird man zum "One-Punch-Man" durch die richtige Auswahl an Animes!
Aus meiner Sicht gibt es einen Aspekt, der eventuell noch etwas Feinchliff bekommen könnte. Einerseits erklärt der Protagonist relativ sachlich seine Umgebung, an anderer Stelle ist seine Sprache dann sehr persönlich eingefärbt. Die sachlichen Passagen nehmen dem ganzen immer wieder den Schwung raus.
Zitat: | Fassungslos schauen die beiden mich an, bis ich erkläre, dass dies nur ein Joke war. Fanden die beiden wohl nicht so lustig, da ich nicht den Hauch eines Grinsens erkennen konnte. Wie humorlos! Ich hätte aber damit rechnen müssen, dass Menschen die ehrenamtlich ihren Sonntag als WahlhelferInnen verbringen nichts zu lachen haben. |
Die ersten zwei Sätze erscheinen mir die typische, etwas unreflektierte Denkweise des Protagonisten zu sein. Der dritte Satz dagegen wirkt objektiv und verständnisvoll.
Ein weiteres Beispiel:
Zitat: | Genervt und ungeduldig beobachte ich ein älteres Pärchen, welches nach mir an der Reihe sein wird. Das Paar hat einen vermutlich afrikanischen Migrationshintergrund, beide sprechen gebrochen Deutsch, scheinen aber die Anweisungen des Wahlhelfers zu verstehen und wiederholen diese. Richtig, ein Kreuz pro Stimmzettel! Der Wahlhelfer grinst dem älteren Paar anerkennend zu, diese grinsen freundlich zurück und zeigen einen Daumen nach oben. |
Der Protagonist ist genervt und undgeduldig. Dann aber beschreibt er das Päärchen hinter sich fast vollständig objektiv.
Ich will damit nicht sagen, dass er über die Personen ablästern sollte (so einer ist er nicht, das ist offensichtlich). Aber ich glaube, bei diesen Sätzen vergeudest Du die Chance, den Charakter des Protagonisten weiter auszuschmücken.
Ich versuche das mal mit einem eigenen Textversuch zu verdeutlichen:
"Halb verdurstet, mit gesprungenen Lippen und einem brennenden Kopfschmerz, erreichte ich die Oase. Ich weinte vor Glück, ohne eine Träne zu vergießen. Auf dem Brunnenrand stand ein hölzerner Eimer, vollgefüllt mit Wasser, an seinen Seiten glänzten feine Rinnsale. Eine Schöpfkelle daneben lag bereit, um den Durst zu stillen."
Die ersten zwei Sätze passen zu einem halb Verdursteten, die nachfolgenden Sätze nicht. Sie sind nicht so geschrieben, wie es ein Verdurstender in diesem Moment empfinden würde. Besser wäre:
"Halb verdurstet, mit gesprungenen Lippen und einem brennenden Kopfschmerz, erreichte ich die Oase. Ich weinte vor Glück, ohne eine Träne zu vergießen. Ich beachtete nichts außer dem Brunnen und dem Eimer darauf, dessen Holz getränkt war von kostbarer Feuchtigkeit. Ich versenkte meinen Kopf in der rettenden Kühle."
Das ist jetzt sicher kein literarisches Meisterwerk. Aber im zweiten Beispiel wird alles mit den Sinnen eines halb Versdursteten geschildert. Er hat nur Augen für den Eimer voll Wasser. Die Feuchtigkeit zieht ihn an, wie Honig einen Bären. Die Schöpfkelle ignoriert er völlig. Er braucht sie nicht.
Auf diese Weise könntest Du in Deiner Geschichte auch noch einige Sätze, die eher objektiv die Umgebung des Protagonisten beschreiben, mehr auf die Art und Weise schildern, wie er die Welt sieht.
Es gibt ja diesen schönen Ratschlag "zeige anstatt zu beschreiben!" (oder die griffige englische Formulierung: "show, don´t tell!"), der immer wieder beim Schreiben hilft. Wenn Du die Erlebnisse des Protagonisten mehr aus seinen Augen zeigst, anstatt sie ihn einfach nur beschreiben zu lassen, würde die Geschichte sicher noch etwas an Würze gewinnen.
Am besten gelingt Dir das, wo Dein Protagonist die eine Dame, die alles verzögert, sich als eine Verschwörungstheoretikerin vorstellt. Das ist seine phantasievolle Sichtweise. Und das macht die nächsten Sätze dann spannender, weil man sich seiner Sichtweise annimmt und dadurch mit mehr Spannung das Geschehen verfolgt. Mehr davon!
_________________ Halte dich fern von den uralten Kämpfen der Götter, Dämonen und Menschen! Es sei denn, dein Herz zwingt dich aufzubrechen ... |
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F.J.G. Bitte keinen Weichspüler verwenden
Alter: 33 Beiträge: 1958 Wohnort: Wurde erfragt
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18.01.2021 16:57
von F.J.G.
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Hallo, RobMitDer13!
Was soll ich sagen?
Ein wirklich, wirklich feines Stück Text, das du uns da geschenkt hast!
Es hat mich köstlich unterhalten. Ich finde, du bist vom Schreibstil her absolut reif, deine nächsten Geschichten ins Werkstatt-Forum zu stellen.
Eine Anmerkung:
Zitat: | Kein Bock im Laden auf`s Essen zu warten! |
1. Anstelle eines französischen Akzents, benutzt man im Deutschen ein Apostroph. (Den findest du, wenn du vom Akzent aus zwei Tasten nach unten gehst. Umschalt nicht vergessen.)
2. Wenn du den Apostroph gesetzt hast, gehört dahinter keine Leerstelle.
3. Und wenn du das beides umgesetzt hast, muss ich leider sagen, dass sowohl Akzent, als auch Apostroph hier falsch sind: Trifft ein Artikel auf eine Präposition, so werden im Deutschen keine Auslassungszeichen gesetzt.
Richtig ist also: Kein Bock, im Laden aufs Essen zu warten!
Und da wir gerade beim orthographischen Kleinklein sind: Wenn du eine Infinitivgruppe mit "zu" hast, so ist ein Komma stets obligat, wenn sich das "zu" auf ein ausgeschriebenes Substantiv bezieht:
Ich helfe dir zu kochen.
Ich helfe dir, den Schweinebraten zu kochen.
Ansonsten: Bitte mehr davon!
Liebe Grüße,
der Kojote
_________________ Ab sofort erhältlich: Achtung Ungarn! Ein humorvolles Benutzerhandbuch |
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mims Erklärbär
Alter: 22 Beiträge: 2 Wohnort: Wien
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22.01.2021 13:48 Hallo, RobMitDer13! von mims
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Mein innerer Schweinehund knurrt - zu hart hast du ihn gegen die Flanke getreten. Vor jeder Wahl hatte ich die größte Klappe. Mein Freundeskreis hatte sich um diese Zeit immer diskret von mir abgewendet, aber kurz vor dem Ereignis, ließ ich mich auf das Sofa sinken und hing mein Kreuzerl* lieber an den Nagel. Es würden schon die Anderen hingehen! Nachher sprach ich nicht mehr davon.
Dein Text hat mich dann überführt - mein Herz ist wohl nur zur Hälfte ein richtiger Kämpfer (*Grins*).
Gelungen geschrieben, vielleicht hätte dein Held ein wenig mehr übertreiben können. Immerhin hatte er seine Mission bis ans Ende durchgezogen. Erst heute musste ich in einer ewig langen Schlange vor dem Verkehrsamt warten und als ich fast dran war, wollte ich schreien: this is Sparta! Ich meine wohl, dass man in solchen Situationen zu starken Eskalationen neigt. Gedanklich.
Bei der nächsten Wahl werde ich deine Geschichte an mein Herz binden und dann klappt es vielleicht mit der Stimmabgabe,
danke dir:)
lg mims 6/14
_________________ mims
made
in
my
syad<- |
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Constantine Bücherwurm
Beiträge: 3311
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23.01.2021 16:39
von Constantine
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Hallo RobMitDer13,
heute ist Sonntag und passend dazu (allerdings ohne bevorstehender Kommunalwahl) habe ich deinen Text gelesen.
Insgesamt hat mich dein Text gut unterhalten. Gefallen hat mir die Motivation von Animéhelden und die wiederholte Erwähnung von Kämpferherz, das sich der Protagonist gleichfalls zuspricht, als Charakteristik für den Prota zu verwenden.
Dein Protagonist ist soweit selbstreflektiert genug, dass er seine (für den Leser ironischen) Entscheidungen/Handlungen kommentiert/bewertet und sein nicht vorhandenes, schlechtes Gewissen durch nicht Erwähnung anderen gegenüber doch rein hält.
Den Mittelteil mit der Szene in der Gymnasiumsteil fand ich etwas langatmig, kann daran liegen, dass mir der Protagonist zu sehr beschreibt, zu sehr sich Gedanken um andere anstelle um sich macht und anstelle somit seinem Müßiggang treu zu bleiben, wie in ersten Drittel des Textes.
Hätte der Protagonist eine Briefwahl getätigt, hätte er an seinem Sonntag gar nicht raus gehen brauchen. Das wäre aber nicht spontan genug gewesen, sondern hätte Vorausplanung bedurft und zu ihm nicht gepasst.
Danke für den Text und an dieser Stelle: willkommen im Forum.
LG Constantine
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Willebroer Show-don't-Tellefant
Beiträge: 5437 Wohnort: OWL
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23.01.2021 19:10
von Willebroer
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Constantine hat Folgendes geschrieben: |
heute ist Sonntag |
Bist du sicher?
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Constantine Bücherwurm
Beiträge: 3311
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24.01.2021 09:51
von Constantine
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Willebroer hat Folgendes geschrieben: | Constantine hat Folgendes geschrieben: |
heute ist Sonntag |
Bist du sicher? |
heute, Ja.
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Willebroer Show-don't-Tellefant
Beiträge: 5437 Wohnort: OWL
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24.01.2021 13:51
von Willebroer
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Constantine hat Folgendes geschrieben: | Willebroer hat Folgendes geschrieben: | Constantine hat Folgendes geschrieben: |
heute ist Sonntag |
Bist du sicher? |
heute, Ja. |
Soll ich morgen noch mal fragen?
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