Kaugummi [Drabble]

[nebenfluss]

Auch mir gefällt dieser subtile Humor, der sich durch viele der Drabbles zieht. Als hättest du dich - wenn ich mich da nicht zu weit aus dem Fenster lehne - ein Stück weit an dein frühes Schreiben erinnert. Das ist so eine Gradwanderung, die dir gut gelingt, diese Suche einerseits nach der genauen, spezifischen Wortwahl und dabei den amüsierten Blick des Verfassers auf die besprochenen Situationen durchscheinen zu lassen.

Wobei ich das eigentlich zur Unzeit schreibe, denn "Die Wurzel des Bösen" ist ja Klamauk (im positiven Sinne) und gerade kein brauchbares Beispiel dafür. Obwohl, der doppeldeutige Titel dann doch wieder.

[Klemens_Fitte]

[hobbes]

[Rübenach]

[Klemens_Fitte]

[Klemens_Fitte]

Das Ereignis

Das Licht der Straßenlaterne stand in einer noch unschlüssigen Morgendämmerung, als ihm die Bewegung auf dem gegenüberliegenden Hang auffiel. Ein formloser Schatten, der über das trübe Grau der Wiese zog.
Die Haustür fiel ins Schloss und seine Frau ging unter dem Küchenfenster vorbei.
Als er mit der zweiten Tasse Kaffee ans Fenster trat, hatte sich der Schatten in unzählige kleinere, scharf umrissene Formen aufgelöst. Er stutzte. Es waren die massigen Leiber von Rindern, die sich, flach auf den Boden gepresst, dem Wiesengraben näherten. Einige hatten ihn bereits erreicht und krochen langsam, aber stetig auf die ersten Häuser des Dorfes zu.

[hobbes]

Herankriechende Rinder, sehr irritierende Vorstellung. Ich bin noch unentschlossen, ob ich sie lustig oder unheimlich finde.

[Gast]

Ich dachte spontan an einen Ausbruch von Rinderwahn...

[d.frank]

Das habe ich so auch noch nicht gelesen

[Klemens_Fitte]

[d.frank]

[Klemens_Fitte]

[Klemens_Fitte]

Die Bewohner

Einmal sagst du, es erinnere an früher, als man die Meldungen der Fernsehnachrichten noch unbeteiligt verfolgt habe. Die Prinzipien, nach denen wir Ordnung halten, haben kein Auge für uns. Wichtig ist nur, was bleibt, wenn wir gehen. Du rationierst das Wasser und sprichst zu den Blumen. Ich belasse es dabei, ihre Namen zu flüstern; um die Mythen ihrer Entstehung wissen sie selbst. Wir leben die Räume ab, damit sie zu den Körpern passen, die wir schließlich in ihnen platzieren. Jedes Mal wirfst du einen Blick zurück; es gibt nichts zu prüfen. Mit dem Schließen der Tür kappen wir jede Erinnerung.

[Klemens_Fitte]

7:45

In einer halben Stunde würden sie hier sein. Er nimmt den pfeifenden Teekessel vom Herd, füllt die Tasse und geht ins Wohnzimmer. Das Frühstücksfernsehen sendet leicht geänderte Versionen der Beiträge von vor einer halben Stunde. Halbstündige Intervalle helfen, den Überblick zu bewahren. An den gestrigen Tagen hat er überlegt, wie er ihnen seine Version der Ereignisse schildern soll – jetzt kommt es ihm lächerlich vor. Sie werden sich für die Chronologie interessieren und Zeit als ein Maßband verstehen, auf dem Ereignisse unabänderlich eingetragen werden. Im Keller steht die Maschine. Er könnte in den gestrigen Tag zurück oder nur eine halbe Stunde.

[Klemens_Fitte]

Endzeiten

»Beunruhigt? Nein, das würde ich nicht sagen. Man richtet sich halt ein. Und es gibt so viel, um das man sich Tag für Tag kümmern muss, da bleibt wenig Raum für Angst. Routinen schaffen Sicherheit, war schon immer so. Das hier? Papier und Schwarzpulver für die Knallfrösche – falls doch mal welche zu nah ans Haus kommen. Macht fast Spaß. Morgens prüfe ich zuerst das Kruzifix im Herrgottswinkel – je nach Wetterlage muss man’s manchmal neu ausrichten. Und seit ich den Rasensprenger an einen Bewegungsmelder angeschlossen habe, schaue ich täglich nach dem Pegel des Weihwassertanks. Routinen halt. Ich leb ganz gut damit.«

[Klemens_Fitte]

Hand an sich legen

Das einzig Merkwürdige an diesen Gesprächen – von denen er anfangs glaubte, sie würden sich spiralförmig dem Kern seiner Probleme nähern, und die sich letztendlich im Kreis drehten – war, dass ihm die Mehrdeutigkeit des Ausdrucks Hand an sich legen bewusst wurde, den er für die Beschreibung beider Pole seines Schuld-, Scham- und Sühnekomplexes verwendete; als Ausdruck für die Momente, in denen er schwach gewesen war, die Momente einer Selbstbestrafung, in denen er hatte stark oder zumindest konsequent sein wollen, und sogar den finalen Moment, in dem – in seiner Vorstellung – Stärke und Schwäche kulminierten; eine Art zynische Pointe des ganzen elendigen Hand-an-sich-Legens.

[Klemens_Fitte]

Formalitäten

»… bin ich jetzt schuld?!«
»Hättest ja sagen können, dass das so n Korinthenkacker ist.«
»Ich hab dich wie oft daran erinnert, deinen Ausweis mitzubringen?«
»Ich hab meinen Ausweis dabei.«
»Nein, du hast deinen Führerschein dabei.«
»Ein Führerschein ist ein Ausweisdokument.«
»Aber nicht zum Identitätsnachweis, hast du doch gehört.«
»In den USA schon.«
»…«
»Was?«
»Zu so nem Termin ohne Ausweis gehen …«
»Ich. Habe. Einen. Ausweis.«
»Ach, vergiss es.«
»Er hat doch gesagt, er schaut, was sich machen lässt.«
»Wir können froh sein, wenn er sich noch mal meldet.«
»Kann ja keiner ahnen, dass n Pakt mit dem Teufel so kompliziert ist.«

[Gast]

super!

[Klemens_Fitte]

[d.frank]

Das bietet schon Diskussionsstoff, würde das nicht so leichfertig unterschreiben

[Klemens_Fitte]

Diskutieren? In einem Textfaden im Deutschen Schriftstellerforum? Seltsame Idee …

[d.frank]

Hast recht, hier muss Platz bleiben!