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Deutsches Schriftstellerforum Foren-Übersicht -> Antiquariat -> Phantastisch! 10/2020
Ich sehe was, was du nicht siehst, und das ist [außer Konkurrenz]

 
 
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sleepless_lives
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Beitrag01.11.2020 23:45
Ich sehe was, was du nicht siehst, und das ist [außer Konkurrenz]
von sleepless_lives
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Eine Hochdruck-Natriumdampflampe stahlt monochromatisch in einer Wellenlänge von etwa 590 Nanometer. Das erzeugt diesen intensiven gelb-orangen Charakter ihres Lichtes und wo es von einer Oberfläche reflektiert wird und in ein menschliches Auge fällt, löscht es alle anderen Farben aus. Das ist nicht das sprichwörtliche Grau aller Katzen bei Nacht, sondern das Stein-und-Bein-geschworene Grau des eigenen Autos, das sich dennoch nach dem Erlöschen des Lichtes oder dem Hinausfahren aus seinem Schein wieder in das frühere Metallic-Grün zurückverwandelt. Sie haben eine lange Lebensdauer, die Natriumdampflampen, und wurden deshalb in der Vergangenheit in der Straßenbeleuchtung eingesetzt. Zudem ist bei der abgestrahlten Wellenlänge die Kontrastunterscheidung im menschlichen Auge besonders hoch. Man sieht besser, als man es normalerweise tun würde. Manche Dinge. Konturen. Linien. Eine Hofeinfahrt von oben, zum Beispiel, von der gegenüberliegenden Straßenseite aus gesehen, aus dem zweiten Stock, in einer Straße mit Häusern aus der Gründerzeit. Kein Licht in den Fenstern des mehrstöckigen Gebäudes dort auf der anderen Seite, auch im Nachbarhaus nicht. Die breite Flügeltür in den Hinterhof steht offen, die Helligkeit reicht nicht weit ins Innere, in der Tiefe herrscht unnachgiebiges Dunkel. Die Straße ist kaum befahren, eine Einbahnstraße, auch Radfahrer und Fußgänger scheint es zu der frühnächtlichen Stunde nicht zu geben. Still ist es, bewegungslos, zeitlos. Die Ausfahrt des Hofes besteht aus rohem Kopfsteinpflaster, im Unterschied zu den quadratischen, glatten Platten des Bürgersteigs, den sie unterbricht. Das fällt auf, aber nicht so wie das Gleis, das in den Boden eingelassen in der Toreinfahrt beginnt, nach innen führend. Im gelblichen Licht der Natriumdampflampe, die ein oder zwei Stockwerke höher über der Mitte der Straße hängt, an einem Drahtseil von Haus zu Haus gespannt, treten die parallelen Eisenlinien unübersehbar hervor.

Ich deute nach unten.
»Ein Gleis?«, fragt Lene, die mit ihrem Glas Weißwein in der Hand zu mir auf den Balkon getreten ist.
»Ja. Ist doch merkwürdig.«
»Feuer?«, sagt sie, zieht mit den Zähnen eine Zigarette aus der offenen Schachtel in der anderen Hand. »Wow, das sieht seltsam aus.«
Ich weiß nicht, ob sie die Hofeinfahrt meint oder die grau-in-graue Zigarettenschachtel, das markante Gauloises-Blau verschwunden. Ich gebe ihr Feuer, beobachte wie es das Rot ihrer Lippen für einen Moment zurückkehren lässt.
Aus dem Esszimmer kommt mehrstimmiges Gelächter und Bernd ist zu hören, wie er laut ausruft: »Nie im Leben. So etwas gibt es doch gar nicht.«
Es ist angenehm, diese Heiterkeit, diese Fröhlichkeit beim Abendessen, zu dem Bernd eingeladen hat, uns die neue Wohnung zu zeigen, jetzt, nachdem sie komplett eingerichtet ist. Drei andere Paare außer Lene und mir und den Gastgebern. Niemand, den wir kennen, alle von Bernds Arbeit im Verlag. Ich kann sie sehen am Tisch, durch die Balkontüre, durch die zur Seite gezogenen Vorhänge, durch das dunkle Wohnzimmer hindurch, durch die offenstehende Esszimmertür, wie auf der anderen Seite eines Flusses. Die Ausgelassenheit ist anziehend, durchbricht die monochromatische Stille hier draußen. Lene folgt meinem Blick, bläst den Rauch nach oben in den sternenlosen Himmel.

Dass er keine Ahnung habe, was die Toreinfahrt angehe und das Gleis, meint Bernd, als ich ihn wieder am Tisch darauf anspreche, und Sarah sagt, die beiden Gebäude gegenüber würden irgendwann demnächst renoviert werden und sündhafte teure Eigentumswohnungen. Sie hätten echt Glück gehabt mit ihrer hier.  
»Lass uns nachschauen«, sagt Lene.
»Was, jetzt?«, frage ich.
»Warum nicht?«, sagt sie und Marco pflichtet ihr bei, ist schon aufgestanden, lässt Bernds Beteuerung, dass es da nichts zu sehen gebe, nicht gelten.
»Ist doch egal«, sagt er. »Etwas Bewegung nach dem Essen schadet nicht.«
Henrietta, seine Frau, schließt sich uns an. Die Bewegungsmelder im Treppenhaus lassen das Licht uns voraneilen, lassen es wie den dienstbaren Luftgeist Ariel die Treppe hinunterfliegen, uns voraus, und den ausgedehnten Korridor entlang bis zu Tür. Wir sind gut gelaunt, satt und noch nicht betrunken genug, um kein reales Interesse zu haben an dem, war wir gegenüber finden würden.

»Allee de Maupassant«, sagt Marco und deutet auf das Straßenschild an der Ecke der Kreuzung in der Entfernung, nicht wirklich lesbar von hier. »So typisch Bernd. Wahrscheinlich ist er nur deswegen hierher gezogen.«
»Du«, sagt Henriette, zieht es in die Länge. »Vielleicht eher wegen der Ruhe. Das im Zentrum der Stadt. Hört doch mal.«
Wir stehen im Gelb und Orange in der Mitte der Straße, in der Leere, schweigen, lauschen. Nichts.
»Wenn er nur beim Kochen so fähig wäre wie in der Arbeit«, nimmt Marco seinen Faden wieder auf. »Das hat ja nach nichts geschmeckt.«
»Wirklich?«, sage ich. »Ich fand's beinahe zu stark gewürzt. Allerdings ...«
»Tatsächlich ein Gleis«, unterbricht mich Lene. Ich weiß, sie mag das nicht. Reden über Freunde, wenn sie nicht anwesend sind. Sie ist zur Hofeinfahrt gegangen, starrt ins Dunkle. »Absolut nichts zu sehen.«
Wir treten zu ihr. Vor uns die schwarze Höhlung, undurchdringbar, nur ein paar Meter am Anfang sind erhellt. Der Boden innen sieht wie Fliesen aus, ein kleinformatiger, heller Stein, wie gekachelt. Inmitten dessen das Gleis. Es hört mit dem Erreichen des Ausgangs einfach auf. Ich hole das Handy heraus, aktiviere die Taschenlampenfunktion. Marco ebenso.

Die Einfahrt erstreckt sich weit in die Tiefe, fast wie ein Tunnel. Das Handylicht reicht nicht aus, um das Ende, den Hof dahinter zu erkennen. Ein Schild an der Wand, ›Alroh Reisen‹, kaum lesbar, die Wände sind staubbedeckt, schwarzer Ruß, als wäre hier jahrelang nicht geputzt worden.
»Ich geh da nicht rein«, sagt Henrietta.
»Echt. Nee, komm. Warum?«, fragt Marco, etwas ungehalten, wie mir scheint.  
»Ist mir … zu dreckig. Macht ihr mal. Ich warte hier.«
Unsere Schritte hallen nicht wieder, klingen eher gedämpft wie im Nebel. Tiefer und tiefer dringen wir vor in das gleichförmige Innere.
Lene fasst mich am Arm. »So groß kann das Haus doch nicht sein.«
Ein Luftzug kommt aus dem Dunkel, kälter als die noch spätsommerliche warme Luft draußen. Die Haare an meinem Armen stellen sich auf. Dann ein richtiger Windstoß. Eine Strähne von Lenes langem Haar wird mir ins Gesicht geweht. Staub wirbelt auf. Marco muss husten, krümmt sich. Mein Handylicht verlischt, Marcos flackert.
»Dämlich, Akku am Ende«, sage ich. »Hätte ich vorher kontrollieren sollen.«
Ein zweiter Windstoß, Marco hustet wieder und sein Handylicht verlischt auch. Er flucht. Wir stehen in der Dunkelheit, das helle Rechteck des Ausgangs zur Straße zu weit entfernt, um zu beruhigen.
Aus der Tiefe vor uns kommt ein quietschendes Geräusch.
»Lass uns zurückgehen«, flüstert Lene.
»Ohne Licht macht das sowieso keinen Sinn«, sagt Marco und versucht, seine Stimme fest und sicher klingen zu lassen, aber so ganz gelingt es nicht.
Das Quietschen wird lauter, es klingt wie schlecht geölte Wagenräder, wie mühsam vorwärts geschoben.
»Ja, stimmt schon!«, sage ich, bemühe mich erfolglos, es ohne ein Zittern in der Stimme hinzukriegen. Lene hält sich an mir fest und wir hasten, stolpern in der Dunkelheit zurück. Marco ist knapp hinter uns. Wir schaffen es, ohne hinzufallen, und wieder am Eingang bei Henrietta brechen wir alle drei in Gelächter aus. Es klingt ein bisschen hysterisch allerdings. Lene birgt ihren Kopf an meiner Schulter.   

»Was ist denn so lustig?«, fragt Henrietta.
Lene will ihr antworten, dreht sich um zu ihr und Marco. Sie schreit auf, die Augen weit offen, tritt ein paar Schritte zurück.
»Um Himmels Willen, was ist los?«, ruft Henrietta.
Lene reibt sich über das Gesicht, schüttelt den Kopf.
»Fledermaus«, sagt sie dann, immer noch tonlos. »Direkt über unseren Köpfen. Die machen mir Angst.«
»Ach so«, meint Marco, sichtlich erleichtert. »Ich mag sie. Wir sind gerade zurück vom Urlaub. Tolles Hotel in einem Schloss südlich von Locarno, aber für dich wär's nichts, fürchte ich. Fledermäuse überall.«
Er hustet wieder.
»Das hat er auch schon seit Locarno«, sagt Henrietta. »Schluss jetzt, genug Abenteurer gespielt.«
Ich lasse die beiden vorgehen, falle mit Lene am Arm zurück.
»Was soll das?«, sage ich leise. »Du hast keine Angst vor Fledermäusen.«
»Das war auch nicht, was ich gesehen habe.«
»Was sonst?«
»Nichts. Zu viel Alkohol.«
»Was?«
»Nichts.«
Ich sehe ihr in die Augen, sie weicht meinem Blick aus, für einen Moment, dann erwidert sie ihn, ein Flackern der Lider.
»Nur ein Hirngespinst«, sagt sie. »Da war ...«
Sie schweigt.
»Was?«
»Da war … ein alter Mann. Oder Frau, konnte man nicht sagen.«
Sie erschauert.
»In Lumpen. Mund ohne Zähne, offen, rund, wie eine Höhle, und so ein böses Gesicht. So böse der Blick.«
»Wie? Wo? In der Einfahrt? Hinter Marco?«
»Nein.« Sie fängt an, zu zittern. »Auf seinem Rücken, die Arme um seinen Hals geschlungen. Das Gesicht neben seinem. Ich werde verrückt, kein Zweifel.«
»Das ist das Licht«, sage ich. »Das ist so seltsam. Die Straßenlaterne.« Ich deute nach oben. »Das kann einen täuschen, da kann man alles Mögliche sehen, glaub mir.«
Ich glaube es selbst nicht.
»Muss wohl so sein. Gehen wir rauf. Ich brauch einen Schnaps.«
Sie drückt sich an mich. Marco und Henrietta sind inzwischen oben, das Treppenhaus erleuchtet, doch die Aktivierungszeit ist aufgebraucht und während wir hinaufgehen, folgt uns die Dunkelheit. Besser als das Licht draußen, denke ich.

Lene bekommt von Sarah ihren Schnaps. Marco gibt einen witzig-dramatischen Bericht, zeigt auf sein Handy, das funktioniert. Meins auch, stelle ich fest, keineswegs der Akku leer.
»In unserem Keller unten hat man auch null Empfang«, sagt Bernd.
Als ob das was damit zu tun hätte. Aber wie auf Kommando wird es dunkel in der ganzen Wohnung. Nur die Kerzen auf dem Wohnzimmertisch erhellen müde und schwächlich den Raum.  
»Stromausfall«, ruft jemand.
»Schon wieder«, sagt Sarah. »Die arbeiten wohl immer noch am Glasfaserkabel.«
»Nein, es ist nur bei euch«, sagt Lene.
Sie ist zum Fenster gegangen, hat den Vorhang zurückgezogen. Das Licht der Straßenlaterne flutet in die Wohnung, hüllt Lene ein. Da! Genau, wie sie es beschrieben hat. Die Person. Das böse Gesicht. Bei Lene. Auf ihrem Rücken. Wieder weg. Alles zieht sich in mir zusammen, ich bekomme keine Luft mehr.
Jemand stößt mich an, ich fahre zusammen, aber es holt mich zurück in die Wirklichkeit. Es ist Bernd.
»Komm mit mir runter,«, sagt er, eine große Taschenlampe in der Hand herumschwenkend, blendend hell. »Es muss die Hauptsicherung im Keller sein.«
Ich bin froh über die Ablenkung. Ich sollte bei Lene sein, aber es geht nicht, ich kann es nicht.
Bernd lässt sich Zeit unten, wir probieren Verschiedenes ohne Erfolg. In Wirklichkeit will er reden, mir erzählen von Problemen in der Beziehung mit Sarah. Ich höre nicht richtig zu, kriege die Erscheinung nicht aus dem Kopf. Schließlich halte ich es nicht mehr aus und unterbreche Bernd mitten im Satz.
»Das wird alles nichts, da muss ein Elektriker ran.«  
Er ist nicht einmal überrascht.

Die Tür nach draußen steht offen, als wir die Kellertreppe hochkommen. Blaues Licht rotiert über die weißen Wände. Eine Notfalltrageuntersatz auf Rollen steht im Hausflur, dort, wo die Treppe beginnt. Draußen ein Krankenwagen.
»Da muss irgendwo im Haus was passiert sein«, sagt Bernd.
Ich nicke nur.
Trittgeräusche von oben, zwei Sanitäter kommen die Treppe hinunter, tragen jemand auf einer Trage. Henrietta und Lene folgen ihnen, bleich, sprachlos, leuchten den Weg mit Taschenlampen. Bernd macht eine Geste, Unverständnis, Hilflosigkeit. Der Getragene ist Marco, eine Sauerstoffmaske über Mund und Nase. Die Sanitäter legen die Trage auf den Rollenuntersatz, alles schweigend, schieben Marco nach draußen.
»Was ist los?«, fragt Bernd und Lene sagt, er werde von seiner Frau gebraucht. Er lässt uns stehen, läuft nach oben. Henrietta steigt mit den Sanitätern in den Krankenwagen.
 »Er hat keine Luft mehr bekommen, auf einmal«, sagt Lene. »Komm, gehen wir, die Party ist vorbei.«
Ich fühle mich, als ob ich schlafwandele. Ich weiß, ich muss ihr von meiner Halluzination erzählen, aber ich bringe es nicht über mich. Jetzt schon gar nicht mehr. Sie scheint es zu merken, beschleunigt die Schritte zum Wagen. Erst mal hier weg, alles Andere später. Ja, das ist gut.
»Hast du den Schlüssel?«, fragt sie, wohl mehr, um das Schweigen zu durchbrechen. Sie dreht sich zu mir, erstarrt, blickt mich erschrocken an, weicht zurück.
»Er ... sie … ist an mir?«, sage ich und versuche, gerade nach vorne zu schauen, nur Lene anzuschauen, nicht Anderes zu sehen, zu vermeiden, was auch immer ich möglicherweise aus den Augenwinkel erblicken könnte.
Lene nickt.



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Es sollte endlich Klarheit darüber bestehen, dass es uns nicht zukommt, Wirklichkeit zu liefern, sondern Anspielungen auf ein Denkbares zu erfinden, das nicht dargestellt werden kann. (Jean-François Lyotard)

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Abari
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Beitrag02.11.2020 00:32

von Abari
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Hey,

surreale Story, voller skurriler Bilder und (wie ich glaube) Anspielungen, die ich allerdings nicht alle entschlüsseln kann. Am Anfang war der Text etwas mühsam zu lesen, was an der Länge der Sätze gelegen haben mag.

Trotzdem eine angenehme Sache, dieser Mix aus klassischem Horror und Jetztzeit.


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Das zeigt Dir lediglich meine persönliche, höchst subjektive Meinung.
Ich mache (mir) bewusst, damit ich bewusst machen kann.

LG
Abari
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V.K.B.
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Beitrag02.11.2020 04:25

von V.K.B.
Antworten mit Zitat

Ich kommentiere wie bei den anderen Geschichten auch gleich beim ersten Lesen, Disclaimer schenke ich mir.

Zitat:
Zudem ist bei der abgestrahlten Wellenlänge die Kontrastunterscheidung im menschlichen Auge besonders hoch.
Ein Erklärbär-Prolog? Hat aber irgendwie auch was.

Zitat:
Still ist es, bewegungslos, zeitlos.
Na, die Vorgabe kommt aber recht spät. Hatte sleepless im Fragefaden nicht geschrieben, dies sollte innerhalb der ersten paar Sätze geschehen? Very Happy Hier sind es schon über 200 Wörter, also mehr als ein Zehntel der Geschichte schon rum.

Zitat:
Allee de Maupassant
[…]
Alroh Reisen
Weg da, Leute aber ganz schnell! Muss man ja nur mal rückwärts lesen und weiß genau, wem bzw was man nicht unbedingt begegnen möchte.
Hier fängt die Geschichte jetzt an, mich richtig zu interessieren, und ich denke schon über Punkte nach.

Zitat:
»Ist mir … zu dreckig. Macht ihr mal. Ich warte hier.«
Und ich dachte schon, du löst schon auf. Oder bin ich mit dem Horla auf dem Holzweg?

Zitat:
Das Quietschen wird lauter, es klingt wie schlecht geölte Wagenräder, wie mühsam vorwärts geschoben.
Doom-Train jetzt auch noch? Okay, muss ja nicht immer ein Schiff sein.

Zitat:
Du hast keine Angst vor Fledermäusen
Sollte man aber. Tollwutüberträger Nummer 1. Und Covid19 haben wir ihnen wohl auch zu verdanken. Edit: Hier kommt mir beim zweiten Lesen gerade noch ein interessanter Gedanke: Wenn ich das mit dem Husten in der Geschichte in Verbindung bringe und daran denke, was die Pandemie mit den Ängsten einiger Personen anstellt, scheint Corona für einige ja schon ein Schreckgespenst wie der Horla geworden zu sein. Eine versteckte Message, die man hier rauslesen kann? Nein, ich denke, ich neige wieder mal zum Überinterpretieren.

Zitat:
Auf seinem Rücken, die Arme um seinen Hals geschlungen.
Wird das jetzt Mythen-Raten hier? Da denke ich an einen Dybbuk.

Zitat:
»Er ... sie … ist an mir?«, sage ich und versuche, gerade nach vorne zu schauen, nur Lene anzuschauen, nicht Anderes zu sehen, zu vermeiden, was auch immer ich möglicherweise aus den Augenwinkel erblicken könnte.
Lene nickt.
Creepy!

Coole Geschichte, schön geschrieben, creepy pasta at its best, die hätte definitiv Punkte gekriegt. Mir gefällt, wie du alles im Unklaren lässt, Dinge nur andeutest und man sich seinen Teil selbst denken muss. Klasse geschrieben, gefällt mir sehr!

Wehrmutstropfen: Richtig funktionieren tut die Geschichte erst, wenn man Guy de Maupassants Horla kennt, ich glaube fast, sie borgt auch ihren Grusel dort. Ohne die Referenz zu erkennen hätte ich sie wahrscheinlich nur halb so creepy gefunden. Ist das jetzt noch eine Eigenleistung, wenn man eine Referenz auf eins der gruseligsten (und most elusive (in Ermangelung eines wirklich passenden deutschen Wortes)) Wesen(?) der Schauerliteratur fallen lässt und damit die bedrohliche Atmosphäre heraufbeschwört? Schade, dass ich nicht beurteilen kann, wie die Geschichte auf mich gewirkt hätte, würde ich die Vorlage nicht kennen. Unheimlich auf jeden Fall, aber wahrscheinlich lange nicht so bedrohlich. Wäre aber wahrscheinlich trotzdem zweiter Platz in meiner Top-Ten geworden (bei meinem Favoriten bleib ich, auch wenn der nur im oberen Mittelfeld gelandet ist).
Ankreiden kann ich dir den entliehenen Horla jedenfalls nicht, ich hab ihn mir schließlich selbst mal im vierten Band meiner Großvater-Reihe geborgt, allerdings nur als Wahnvorstellung einer Person, die den Verstand verliert ("Ich weiß, er ist nur eine literarische Erfindung von Guy de Maupassant – aber ich bin mir sicher, er ist trotzdem hier!")

beste Grüße und danke für die tolle Geschichte,
Veith


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hobbes
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Das goldene Aufbruchstück Das goldene Gleis
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Beitrag02.11.2020 11:04

von hobbes
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Habe den Text noch nicht gelesen und bin schon total neidisch auf deinen Titel. Und wie treffend sich das "[außer Konkurrenz]" dahinter macht! smile

Oh nein. Sleepless, auch du ein Türe-Schreiber? Ich weiß, ich weiß, man kann völlig problemlos Türe statt Tür sagen, das ist total korrekt, aber mei. Ich kann es nicht ausstehen.

Ich mag die Geschichte. Der Anfang ist mir ein bisschen zu lang, also der "technische" Anfang, bis du zum Hof hinüberschwenkst. Die Überleitung an sich mag ich, aber es dauert mir ein bisschen zu lang.

Die Geschichte dagegen ist mir dann fast zu kurz. Ich stutze schon, als plötzlich der Krankenwagen auf einmal da ist - das glaube ich nicht, dass die davon wirklich gar nichts mitbekommen haben, dass da nicht einer oder eine runtergerannt ist, dass nichts zu hören war in diesem Keller.
Und dann hört die Geschichte einfach auf. Pfft. Das ist ja wohl kein Ende! Keine Ahnung, was eins wäre, aber das ist keins. Überhaupt, der letzte Absatz. Der Wörterzähler? smile

Lustigerweise kann ich hier im Gegensatz zu Michels Geschichte dann doch sagen, dass dieser Text von mir Punkte bekommen hätte (am "wie viele" scheitere ich dann aber doch). Das liegt zum einen am Thema, schätze ich. Stille liegt mir einfach mehr als Unfälle und Verfolgungsjagden.
Hauptsächlich liegt es aber daran, dass du Stimmung machst. Dass ich mich doch tatsächlich gruseln lasse und das sogar gern! Wer hätte das gedacht, ich eher nicht.

Jetzt, wo ich den Text gelesen habe, finde ich auch, dass Titel und Geschichte nicht so ganz zusammen passen. Ich mag sie alle beide und vielleicht ist das ja genauso gewollt, auf der einen Seite das Kinderspiel, auf der anderen der Horror und eigentlich passt das ja durchaus, ein Kinderspiel kann sehr wohl Horror sein. Trotzdem erscheint es mir hier nicht so ganz stimmig.
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d.frank
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D

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D
Beitrag02.11.2020 14:33

von d.frank
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Echt viele Konstruktionen aus dem erzählendem Genre. Liegt aber vielleicht auch am Dialog? Der Handlung.
Anders als beim letzten Gewinnertext, den ich immer noch ab und an mal aus meinem Gedankenspeicher hole.

Aber ich hätt auch Punkte dagelassen, einfach weil´s Bedeutung hat.
Dem Unheil ein Gesicht geben..wünscht man sich fast, das ginge, dieser Tage


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Die Wahrheit ist keine Hure, die sich denen an den Hals wirft, welche ihrer nicht begehren: Vielmehr ist sie eine so spröde Schöne, daß selbst wer ihr alles opfert noch nicht ihrer Gunst gewiß sein darf.
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sleepless_lives
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Beitrag02.11.2020 23:46

von sleepless_lives
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Oh, schon Kommentare. smile Danke! Heute komme ich aber garantiert nicht mehr zum Antworten. Zuviel Admin-Zeugs zu erledigen.

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Westmonster
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Beiträge: 94



Beitrag03.11.2020 11:55

von Westmonster
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Das hat mir Spaß gemacht, herrlich schaurig.
Ich habe zwischendrin immer Verbindungen zu der-Krankheit-die-nicht-genannt-werden-darf hergestellt und mich gegruselt, auch ohne die literarische Anspielung auf den Horla verstanden zu haben.
Den Anfang finde ich richtig knorke. Da weiß man noch so gar nicht, wo die Reise hin geht, aber es stellt sich schon so eine herrlich horreurige künstliche Farblosigkeitsstimmung ein, dass man direkt nur sehr vorsichtig zwischen hochgezogenen Schultern hervorlugend weiterliest.
Und das Weiterlesen lohnt sich, finde ich, allein schon für den Schreibstil. Du schaffst es, dass ich sogar die ganz untriviale Beschreibung von so etwas Trivialem wie im Treppenhaus angehenden Lampen interessiert durchlese.

Ich stimme V. K. B. ansonsten übrigens voll zu: lesen macht eigentlich immer n o c h mehr Spaß, wenn man auch schon mal was anderes gelesen hat. Da ist das Forum hier auch wirklich sehr praktisch, weil man an allen Ecken von den echten Bildungsbürgern (ist das ein Schimpfwort? Grr Mir ist grad irgendwie so... Wäre jedenfalls hier nicht so gemeint) Anregungen bekommt, wo man noch mal hinlesen könnte. Ich oute mich hiermit auch als eine von denen, die sofort nach der Beendigung eines Buches/Films/sonstigen Mediums Google aufschlägt und alles über die wahren Hintergründe oder Popkultur-Referenzen nachliest.

Hat noch jemand was durch Hochdruck-Natriumdampf Erleuchtendes zu diesem Gleis zu sagen? Damit kann ich nämlich noch nichts richtiges anfangen, außer, dass es wohl Neugier wecken sollte. Gehört das zum Horla dazu oder ist da noch mehr?


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Gast







Beitrag03.11.2020 11:58

von Gast
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Eine Housewarming Dinner Party wird zum Alptraum, als sich die Gäste nach dem Essen entscheiden, ein leerstehendes mysteriöses Gebäude in der Umgebung der Wohnung zu erkunden. Sie fangen sich dabei einen Geist ein, der sich auf der Schulter seines Opfers niederläßt und dort im passenden Licht von Anderen wahrgenommen wird. Das Opfer wird wenige Minuten später sterben; als erstes trifft es einen der Partygäste, aber das Ende läßt sicher darauf schließen, dass es Alle Anderen ebenfalls dahinraffen wird.

Vorgaben:

  => Stille und Bewegungslosigkeit: Ja, aber nicht eingangs der Erzählung (wer hatte das noch einmal eingefordert gehabt? Wink)
  => Licht: Ja, zieht wie ein gelb-oranger Faden durch die Geschichte
  => Phantastische Elemente: Offensichtlich.

=> Vorgaben mit viel Wohlwollen erfüllt, weil der Kaffee so gut war!

Augestaltung:

Eine klassische Gothik short story in einem modernen setting. Wie auch in den Vorbildern des Genres (z.B. Frankenstein oder "die Maske des roten Todes") wird hier eine allgegenwärtige Angst der Zeit (in diesem Fall Corona, angedeutet durch die Atemnot sowie die indirekte Referenz über Fledermäuse) in eine angsterfüllende Gestalt aus den Mythenwelt projiziert.

Sehr gut und mit mehreren Handlungsebenen und Lesmöglichkeiten gemacht, aber ein paar kleinere handwerkliche Fehler, z.B. verbesserungswürdige Sätze wie "Wir schaffen es, ohne hinzufallen, und wieder am Eingang bei Henrietta brechen wir alle drei in Gelächter aus".

Die gesamte Schreibweise schafft von Anfang an, eine düstere und von bösen Vorahnungen gesättigte Atmosphäre, die gegen die heitere Ausgelassenheit der Party gestellt umso bedrückender wirkt. Poe hätte es nicht besser machen können.

Natürlich wäre sleepless nicht sleepless (erlaubter Spoiler an dieser Stelle), wenn er in dem Titel nicht eine Metareferenz einschummeln und den Zusatz [außer Konkurrenz] sehr charmant mit einweben würde. Wer kann, der kann...

Zum ersten Mal seit Lesen der Marvel Horror Comics vor gefühlt vierzig Jahren hat mich hier eine Horrorvision in eine unruhige Nacht begleitet und mir ein paar kalte Schauer den Rücken runtergejagt. Wäre ein Kandidat für ganz oben gewesen!
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silke-k-weiler
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Das goldene Schiff Der goldene Eisbecher mit Sahne


Beitrag03.11.2020 12:43

von silke-k-weiler
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Hallo sleepless,

 Shocked  sehr sehr gruselig. Ich habe die Geschichte gestern spät abends noch gelesen, hätte aber außer Grunzlauten kein verwertbares Feedback hinterlassen können und das lässt sich so schwer ins Geschriebene übertragen.

Diese Natriumdampflampen und das Licht, das sie erzeugen, fand ich schon immer sehr faszinierend. Gibt's die Dinger überhaupt noch? Jedenfalls schafft der Einstieg, wenn auch etwas erklärlastig, die richtige Stimmung. "Still ist es, bewegungslos, zeitlos", kommt ein bisschen spät. Wink  (und die kaum befahrene Straße lässt gar annehmen, dass sich doch irgendein Schlingel zwischendrin mal bewegt hat).

Die Geschichte funktioniert für mich, auch wenn man die Anspielung nicht kennt. Ansonsten ist ja schon viel dazu gesagt worden. Runde Sache, die auch in meiner Wertung wahrscheinlich weit oben gelandet wäre.

VG
Silke
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V.K.B.
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Beitrag03.11.2020 16:12

von V.K.B.
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Jetzt, beim dritten Lesen, kommt mir die "der Horla als Corona-Metapher"-Leseart, die ich in meiner ersten Antwort noch für überinterpretiert hielt, immer plausibler vor. Das ist nicht überinterpretiert, da passt alles. Das Fremde, Ungewohnte und Unfassbare, das in unsere Welt hereinbricht, die "Alroh-Reisen" (Sommerurlaube als Auslöser eines zweiten Peaks), das Springen von Person zu Person, wobei er von einigen symptomlos wieder abzugehen scheint und bei anderen der Krankenwagen kommen muss. Und das Licht der Lampe, unter dem man Farben nicht mehr erkennt am Anfang als Foreshadowing bzw Symbol dieser Verschleierung. Brillant gemacht, aber man muss schon ein bisschen nachdenken, das erschließt sich nicht beim ersten Lesen.
Ja, außer Konkurrenz ist die Geschichte damit definitiv, da verspricht dein durch die Zusammensetzung geschickt gewählter Titel nicht zu viel. Bin gerade richtig froh, dass sie nicht im regulären Wettbewerb war Twisted Evil sonst wäre ich wie beim Utopie-Wettbewerb wieder nur auf dem zweiten gelandet. Und sorry an meinen bisherigen Favoriten, mit diesem Gegenwartsbezug, den ich mir wohl doch nicht nur kurz eingebildet hatte, wäre sie auf meinem ersten Platz gelandet. Und auf dem ersten Platz des Wettbewerbs wahrscheinlich auch. Wobei natürlich auch fraglich ist, ob sich jeder Leser so tiefgehend mit ihr beschäftigt hätte, diese verborgene Ebene freizulegen.


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anderswolf
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Beitrag03.11.2020 17:40

von anderswolf
Antworten mit Zitat

Zum Dessert eine dreifache Portion Horla de Locarno. Oder: Irreführende Gleise.

Wikipedia-Eintrag über Natriumdampflampen blendet wie diese langsam aufglühend in die Beschreibung einer Straßenszene über und dann hoch auf den Balkon und hinein ins Wohnzimmer zu einer Festlichkeit, die in Zeiten von Corona fast schon obszön voll klingt, obwohl da "nur" fünf Haushalte am Tisch sitzen. Der Balkon ist insofern relevant, als im Licht der auch nur dafür relevanten Straßenlaterne die auch nur begrenzt relevanten Gleise auf dem gegenüberliegenden Grundstück von dort aus beguckt werden können. Die Gleise stellen vermeintlich das große Geheimnis der Geschichte dar, führen allerdings nur einweg ins Dunkel, und erst rückzus trägt die Geschichte eine Phantastik huckepack, die bis dahin verborgen blieb: ein (wenn nicht gerade von einer Natriumdampflampe beschienen) unsichtbares Wesen, das vielleicht ein Sukkubus, vielleicht Maupassants Horla, vielleicht aber auch einfach eine Personifikation des Corona-Virus ist, das Marco aus Locarno mitgebracht hat, um es mit allen zu teilen. Wobei das bei zehn Leuten ja vielleicht gerade noch vertretbar war beim Verfassen des Textes.
Das Unsichtbare greift - und hier geht der Horror über eine Lungenerkrankung hinaus - auch nach dem Licht, löscht alles aus, auch die Freundschaft zwischen LI und Bernd, der gerne über seine Beziehungsprobleme geredet hätte, aber vom LI glatt abgebügelt wird. Andererseits: entfremdet war man ja schon vorher.
Ob man sich versöhnen wird, bleibt offen, auch ob das Huckepack-Monster ein einzelnes ist und von Träger zu Träger überspringt. Corona-bedingt vermutet der Rezensent, dass es um sich greift, um letztlich die ganze Welt zu verschlingen.

Der Grundton der Geschichte gefällt, die Phantastik, die sich bis zum Horror steigert, steigert sich subtil, klingt alles recht glaubwürdig. Wenn es mich nur nicht so an diese vermaledeite Krankheit erinnern würde. Ist sicherlich Absicht. Siehe anderswo: Reales mit den Mitteln der Phantastik ausleuchten  (haha).
Insgesamt sehr gut, hätte im Wettbewerb sicherlich einen der vordersten Plätze erreicht, wenngleich nicht meine zwölf Punkte ergattert. Dazu war mir die erst zögerlich ins literarische eintretende Einleitung zu trocken (auch wenn das Aufblenden in Szenerie sicherlich als textliche Analogie zur Natriumdampflampe beabsichtigt war), die ins Nichts führenden Gleise im Grunde zu uninteressant und der letztlich irrelevante Lichtschalter Ariel zu unmotiviert reingeklöppelt.

Und jetzt, wo ich die Geschichte nochmal lese, denke ich: vielleicht sind das auch einfach zwei Übel, der Locarno-Husten und der Horla. Wie ich das fände, mag ich nicht mehr erkunden. Ich fühle jetzt schon so einen starken Hustenreiz.
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sleepless_lives
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Beitrag04.11.2020 00:42

von sleepless_lives
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So heute ist es schon wieder so spät geworden (man sollte halt nie als Admin Wettbewerbe mitorganisieren, MosesBob wusste schon was er tat), dass ich das Antworten nochmal verschieben muss. Aber schon mal danke auch für die dazugekommenen neuen Kommentare.  

Als Ersatz poste ich halt mal das Vorbild:



  


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anderswolf
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Beitrag04.11.2020 10:02

von anderswolf
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Gibt es eigentlich auch Häuser außerhalb von Franken, die so aussehen? Mein erster Gedanke beim Anblick des Bildes war "Bamberg", dann "Nürnberg", und dann habe ich gesehen, dass du aus Fürth kommst, wo das Haus wohl am besten hinpasst.

Ich hoffe, das Haus wird nicht in echt abgerissen. Das müsste doch mal mindestens unter Ensemble-, wenn nicht Denkmalschutz stehen.
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Abari
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Beitrag04.11.2020 10:34

von Abari
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anderswolf hat Folgendes geschrieben:
Gibt es eigentlich auch Häuser außerhalb von Franken, die so aussehen?


Hier im Osten ja, zumindest in den Städten. Dass das zu heftigen Debatten führen kann, zeigten die Straßendurchbrüche in der Dresdner Wilsdruffer Straße. Aber sonst ... gibt es hier so geschlossene Altstadt- bzw. Gründerzeitformationen relativ häufig. Wobei ich so nach dem Foto schätze, dass das Gebäude aus den 1950ern stammen könnte. Das gibts hier auch.


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Beitrag05.11.2020 01:59

von sleepless_lives
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Erst einmal allgemein:

Ja, es geht natürlich um Covid-19. Ich hatte angenommen, dass, wenn die Figur vom Essen redet, das nach nichts schmeckt, es schon fast zu deutlich ist. Aber vielleicht ist die Kenntnis dieses Symptoms nicht so verbreitet, wie ich dachte. Als das einzige Symptom, das sich von denen einer Erkaltung oder Grippe unterscheidet, erlaubt es erzähltechnisch gesehen einen indirekten, aber doch starken Hinweis zu setzen. Zu einem gewissen Grad war für mich die Pandemie als Thema unvermeidbar, denn ich schreibe nicht, um die Wirklichkeit zu verlassen, sondern um mich mit ihr auseinanderzusetzen (allerdings normalerweise nicht mit Gegenwärtigem). Daher kann man sagen, dass ich das vorgegebene Thema nicht besonders gut berücksichtigt habe: Lampe/Laterne/Lichtschein spielt zwar eine zentrale Rolle, aber das Thema der Geschichte ist es nicht. Mein Ehrgeiz war allerdings schon, alle drei explizit genannten Aspekte des Themenfeldes gleich am Anfang eindeutig vorkommen zu lassen, obwohl gerade das nicht gefordert war. Aber man muss ja nicht alles machen, was die Organisatoren sagen.  

Eigentlich nimmt das monochromatische Licht der Natriumdampflampe im Wesentlichen etwas weg, nämlich die Farbigkeit der Umgebung. Da hilft es auch nicht, dass man Kontraste besser erkennt. Das schien mir so auffallend zu unseren derzeitigen Situation zu passen, das Wegfallen, genauso wie die Tatsache, dass man bestimmte Dinge nun in einerm anderen Licht sieht. Buchsatäblich das letztere in der Geschichte und deshalb bestimmt das Monochromatische die Anfangssituation (besonders im Gegensatz zu der Beobachtung der entfernten, fröhlich gestimmten Gesellschaft - mit leisen Barockanklängen) und zieht sich dann durch den Text: Reduzierung der Farben, der Geräusche, des Geschmacks, des Lichtes, der Kommunikationsmöglichkeit und schlussendlich sogar der Nähe ... Reduzierung unseres normalen Lebens.

Der Virus als Dämon kommt irgendwo aus dem tiefen dunklen Inneren einer Vergangenheit, wie die reale Virus uns nur deshalb zum Verhängnis werden kann, weil wir eben nicht so komplett anders sind als die restliche Tierwelt, sondern unser biologischer Aufbau auf gemeinsamen Vorgängern gründet. Der Horla ist perfekt geeignet (und wirklich schaurig), denn wenn ich mich richtig erinnere, lässt Guy de Maupassant seinen Erzähler sagen, dass der Horla von einem Schiff auf der Seine zu ihm herübergesprungen ist. Und er ist unsichtbar. Die andere literarische Anspielung im Text bezieht sich auf Kleists "Das Bettelweib von Locarno". Auch ein unsichtbares Gespenst und südlich von Locarno beginnt die Lombardei, eines der ganz frühen Zentren der Pandemie in Italien.  

Was die Gleise bedeuten, weiß ich nicht wirklich. Vielleicht bedeuten sie etwas Unvermeidbares, etwas, das nur eine Entwicklungsrichtung hat, vielleicht ist ein wenig Lars von Triers genialer Anfang seines Films "Europa" darin. Es gibt natürlich auch eine Parallele zu der geschobenen rollenbestückten Krankentrage.

Alles in allem wollte ich aber eigenlich nur eine simple Geschichte verfassen, mit der ich mir selbst Angst machen kann.  


Morgen oder übermorgen dann individuelle Antworten. Vorneweg nur gleich dies hier zu dem Photo:

anderswolf hat Folgendes geschrieben:
Ich hoffe, das Haus wird nicht in echt abgerissen. Das müsste doch mal mindestens unter Ensemble-, wenn nicht Denkmalschutz stehen.

Wie in der Geschichte nur komplett renoviert, steht wohl unter Denkmalschutz.

Abari hat Folgendes geschrieben:
Wobei ich so nach dem Foto schätze, dass das Gebäude aus den 1950ern stammen könnte

Nein, ist schon älter, wenn ich auch nicht genau sagen kann, wie alt. Wurde aber schon mal in den Fünzigern oder Sechzigern renoviert, schätze ich.


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Beitrag05.11.2020 03:37

von V.K.B.
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Zitat:
Ich hatte angenommen, dass, wenn die Figur vom Essen redet, das nach nichts schmeckt, es schon fast zu deutlich ist. Aber vielleicht ist die Kenntnis dieses Symptoms nicht so verbreitet, wie ich dachte.
Weia! Das Symptom war mir bekannt, aber ich habe irgendwie immer drüber hinweggelesen … Ich glaub, ich hab das geschmacklose Essen gleich anders interpretiert, nämlich symbolisch, dass die Freundschaften nur oberflächlich und nicht besonders tief sind, und diesbezüglich gar nicht mehr an Covid gedacht, nur bei dem Husten und den Fledermäusen.

Zitat:
Kleists "Das Bettelweib von Locarno"
Kopf an die Wand Danke! Die Frage spukte mir seit Tagen im Kopf rum, seit ich die Geschichte das erste mal gelesen habe. Locarno … da klingelt doch irgendwas … das gab es auch irgendeine unheimliche Geschichte – und ich bin einfach nicht mehr drauf gekommen. Hab sogar Geister, Mythen und Locarno gegoogelt, bin aber nicht bei Kleist gelandet. Dabei kenn ich den Text, hab ihn grade nochmal gelesen, an den letzten Satz hab ich mich dann sogar wieder genau erinnert, bevor ich ihn gelesen hatte. Kennst du das Gefühl, wenn da irgendwas an der Schwelle deines Bewusstseins sitzt, du weißt, dass es da ist und du kommst nicht drauf? Danke für die Auflösung, jetzt hab ich wieder eine Gedankenbahn mehr frei. Ich hatte schon aufgegeben, weil mir wieder einfiel, es gab in den 1920ern mal ein Propagandaplakat gegen die Verträge von Locarno mit einem geisterhaften Soldaten im Rauch vor einer brennenden Stadt, und dachte schon, das wäre es vielleicht gewesen, was da geklingelt hätte. Und ging dann davon aus, ich sei auf einem Holzweg gewesen. Aber nein, Kleist, natürlich.

Zitat:
denn wenn ich mich richtig erinnere, lässt Guy de Maupassant seinen Erzähler sagen, dass der Horla von einem Schiff auf der Seine zu ihm herübergesprungen ist.
Jupp, tust du. Darauf bezog sich mein Kommentar mit dem Zug und "muss ja nicht immer ein Schiff sein" in meiner ersten Antwort. Ich meine, das Schiff mit dem Horla kam ursprünglich aus Brasilien, da bin ich mir aber auch nicht mehr sicher. China wäre natürlich passender gewesen, aber ich bin ziemlich sicher, es war Südamerika. Ich muss den Horla nochmal irgendwann wieder lesen – aber trau mich gerade nicht. Shocked

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Beitrag05.11.2020 10:26

von hobbes
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Gab es eigentlich schon mal einen Faden dazu, ob man seine Geschichten erklären soll? Bzw: Welche Leser:innen-Fragen beantwortet man, welche lieber nicht? Wo macht man was kaputt, wenn man zu viel erklärt, wo sorgt man für willkommene Aha-Momente?

Kann man vermutlich mal wieder nicht beantworten, die Frage, abgesehen von "kommt drauf an."

Ich mochte die Geschichte vor der Klärung der Covid-Frage jedenfalls lieber. Zwar habe ich auch darüber nachgedacht, ob oder ob nicht, aber ich wollte die Antwort gar nicht wissen. Oder anders gesagt: mir wäre es lieber gewesen, der Text wäre ohne Covid ausgekommen. Aber wir sind ja nicht beim Wunschkonzert, schon gar nicht bei meinem.

Irgendwie ein bisschen wie mit dem Osterhasen. Von dem weiß ich ja eigentlich auch, dass es ihn nicht gibt. Ich will aber trotzdem an ihn glauben.
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Beitrag05.11.2020 15:36

von V.K.B.
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hobbes hat Folgendes geschrieben:
Ich mochte die Geschichte vor der Klärung der Covid-Frage jedenfalls lieber. Zwar habe ich auch darüber nachgedacht, ob oder ob nicht, aber ich wollte die Antwort gar nicht wissen. Oder anders gesagt: mir wäre es lieber gewesen, der Text wäre ohne Covid ausgekommen. Aber wir sind ja nicht beim Wunschkonzert, schon gar nicht bei meinem.

Irgendwie ein bisschen wie mit dem Osterhasen. Von dem weiß ich ja eigentlich auch, dass es ihn nicht gibt. Ich will aber trotzdem an ihn glauben.
Wie du schon selbst sagst, keine Erklärung, den Osterhasen gäbe es nicht, kann dir verbieten, trotzdem an ihn zu glauben, wenn du das unbedingt willst. Und so steht es dir natürlich auch frei, eine Geschichte, die mehrere Lesearten anbietet, so zu zu lesen, wie du willst, und nicht wie der Autor sich beim Schreiben gedacht hat. Wenn ein Autor erklärt, wie er sich eine Geschichte gedacht hat, ist das zwar für den Leser interessant zu erfahren, aber macht doch bisherige Interpretationen nicht ungültig. Eine absolute Wahrheit gibt es nie, und gute Literatur bietet verschiedene Leseweisen und Interpretationen, und kann für Leser auch jenseits der Wege funktionieren, die der Autor im Sinn hatte. Und die verschwinden nicht plötzlich, weil der Autor an was anderes dachte.

Dies im Sinne, verstehe ich dein Problem nicht. Wenn der Autor erklärt, was er sich bei einer Geschichte gedacht hat, finde ich das interessant zu lesen und kann es mit meinen eigenen Gedanken zu Text vergleichen, diese vielleicht erweitern. Aber es macht doch eigene Gedanken, die über die Grundintention des Autors hinausgehen, nicht kaputt. Gute Literatur kann für sich selbst stehen, und es gibt ja nicht umsonst Literaturwissenschaftsansätze, die eine komplette Trennung von Autor und Werk fordern. Und damit ist nicht gemeint, darüber hinwegzusehen, dass Lovecraft Rassist war oder dass Bukowski gesoffen hat, wie es oft missverstanden wird. Sondern dass der Text im Mittelpunkt steht und seine Bedeutung auch außerhalb der Intention und Biogrpahie des Autors besteht.


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Beitrag05.11.2020 16:13

von Abari
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V.K.B. hat Folgendes geschrieben:
Gute Literatur kann für sich selbst stehen, und es gibt ja nicht umsonst Literaturwissenschaftsansätze, die eine komplette Trennung von Autor und Werk fordern.


Nicht nur Ansätze. Das sind fertige Theoriegebäude, die absichtlich den Autor herausnehmen, weil er zwar mit seinem Erleben und seinen Erfahrungen in den Text hineinwirkt, aber letztlich innerhalb des kreativen Prozesses Dinge ablaufen, die weder ausreichend erforscht noch für das eigentliche Textverständnis relevant sind.

Warum sollte auch die Sicht des Autors einen höheren Stellenwert haben als die der Leserschaft? Es gibt genügend Texte, wo der "Hersteller" nicht weiß, woher der Text eigentlich kam und die deswegen nicht per se "schlecht" sind. Darüber dann nachzudenken, wo die Ursache für den Text liegt, ist Spekulatius und für den Text in seiner Wirkung und Machart relativ uninteressant und unwissenschaftlich. Manche AutorInnen weigern sich sogar, Aussagen über ihre Texte zu machen, weil die zwar literarhistorisch interessant sind, aber dennoch den Erlebnishorizont der Leserschaft verengen. Liberté ist das Zauberwort. Denn wenn ein Text für sich nicht wirken kann und nur seine Qualität durch einen Namen bekommt, ist das eben letztlich nicht überzeugend.

Ganz knallhart verkürzt dargestellt.

Edit: Wie ich grade sah, sieht das Veith ähnlich. Siehe "Lux Aeterna"-Faden.


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Beitrag05.11.2020 16:29

von V.K.B.
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Abari hat Folgendes geschrieben:
V.K.B. hat Folgendes geschrieben:
Gute Literatur kann für sich selbst stehen, und es gibt ja nicht umsonst Literaturwissenschaftsansätze, die eine komplette Trennung von Autor und Werk fordern.


Nicht nur Ansätze. Das sind fertige Theoriegebäude, die absichtlich den Autor herausnehmen
Das weiß ich doch, ich hab die schließlich mal studiert. Habe ich "Ansatz" hier falsch verwendet? Bin mir gerade nicht sicher. Für mich in der Ansatz einer Theorie die Stelle, wo die Theorie ansetzt, ihre Erklärung zu leisten. Und nicht der Ansatz, eine solche Theorie zu entwickeln. War also vielleicht missverständlich ausgedrückt, sorry dafür.

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Beitrag05.11.2020 16:54

von Abari
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V.K.B. hat Folgendes geschrieben:
Abari hat Folgendes geschrieben:
V.K.B. hat Folgendes geschrieben:
Gute Literatur kann für sich selbst stehen, und es gibt ja nicht umsonst Literaturwissenschaftsansätze, die eine komplette Trennung von Autor und Werk fordern.


Nicht nur Ansätze. Das sind fertige Theoriegebäude, die absichtlich den Autor herausnehmen

Habe ich "Ansatz" hier falsch verwendet? Bin mir gerade nicht sicher. Für mich in der Ansatz einer Theorie die Stelle, wo die Theorie ansetzt, ihre Erklärung zu leisten. Und nicht der Ansatz, eine solche Theorie zu entwickeln.


Alles gut, mein Lieber. Ansätze mW sind noch "unfertige" Theorien, die nicht ausreichend belegt sind, um als Grundlage durchzugehen. Inzwischen sind diese AutorIn-Text-Trennungsgeschichten aber mehr als eine Idee oder ein Ansatz, sondern gehören zum literaturwissenschaftlichen Instrumentarium, u. a. eben, weil etliche namhafte AutorInnen sich bewusst herausnehmen oder die Quellenlage zu beschissen ist. Ein ewiger Widerstreit zwischen AutorInnen, die einen möglichst kleinen Erklärbärfußabdruck hinterlassen wollen, und den WissenschaftlerInnen, die schon aus erhebungstechnischen Gründen danach lechzen. Deswegen  durchwühl(t)en ja so viele WissenschaftlerInnen die Geschichte und Quellen aus der Hand der AutorInnen, um fundamentale Gesetzmäßigkeiten zur "richtigen" Interpretation zu finden. Als sich das als Death End herausstellte, kam jemand auf die glückliche Idee, doch das Kunstwerk (denn das gilt für darstellende Künste und Musik genauso) als solches wirken zu lassen.

Das Wühlen ist nicht falsch, weil sich viele Kunstwerke in ihrer Progressivität und Schönheit erst vor dem  Hintergrund einer Gesellschaft und Zeit vollkommen verstehen lassen, die oftmals fern und unbekannt ist. Aber das Werk muss eben auch selbst bestehen können.


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Beitrag05.11.2020 19:55

von hobbes
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V.K.B. hat Folgendes geschrieben:
Und so steht es dir natürlich auch frei, eine Geschichte, die mehrere Lesearten anbietet, so zu zu lesen, wie du willst, und nicht wie der Autor sich beim Schreiben gedacht hat. Wenn ein Autor erklärt, wie er sich eine Geschichte gedacht hat, ist das zwar für den Leser interessant zu erfahren, aber macht doch bisherige Interpretationen nicht ungültig.

Ja, das ist schon klar. Aber es raubt mir die Illusion. Oder anders gesagt: es nimmt für mich ein bisschen den Zauber aus der Geschichte. Vor allem, da es mir generell lieber ist, Fragen offen zu lassen. Und wenn mir dann jemand sagt, was die Antwort ist, kann ich natürlich trotzdem weiterhin an meine eigene Antwort glauben, aber die andere Antwort steht trotzdem im Raum, die kann ich ja nicht einfach vergessen, wenn ich sie einmal gehört habe.

Aber das ist natürlich mein persönliches Problem.

Und auch wieder nicht, denn die Frage scheint ja eine generelle zu sein, eine literaturwissenschaftliche gar.
Abari hat Folgendes geschrieben:
Manche AutorInnen weigern sich sogar, Aussagen über ihre Texte zu machen, weil die zwar literarhistorisch interessant sind, aber dennoch den Erlebnishorizont der Leserschaft verengen. Liberté ist das Zauberwort.

Diese AutorInnen sind mir höchst sympathisch smile
Und warum fällt mir jetzt diese ewige Schulzeit-Frage (zumindest in meiner Schulzeit) ein: Was wollte Autor:in damit sagen? Rolling Eyes
Ich glaube, Wolfgang Herrndorf hat dazu mal was Kluges gesagt.

sleepless, ich hoffe, wir zerreden dir nicht den Faden. Aber sollten wir das doch tun, hast du ja praktischerweise allmächtige Admin-Rechte und kannst uns einfach abtrennen smile
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