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Autor |
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Elena Eselsohr
E Alter: 82 Beiträge: 218 Wohnort: Berlin
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E 24.10.2020 08:47 Herbst 2020 von Elena
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Und nun wieder Herbst.
Die ersten Blätter im Straßenschmutz,
und die Schatten werden länger.
Vorbei der Sommer, der keiner war.
Das kurze, lange seltsame Jahr.
Unsichtbar vergeht die Zeit.
Zähl deinen Herzschlag, du willst sie
verstehen. Ach, Tage gibt es, da sage ich
Sie zu mir, fremd mir selbst
wie dieses Gestern ohne Vergangenheit.
An diesem graukühlen Morgen,
Geräusche der Straße im Ohr,
versuche ich, Denkanstöße zu ordnen,
sie meinen krausen Illusionen anzupassen.
Ja, der Herbst ist schon da.
19.10.20
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Nina Dichterin
Beiträge: 5012 Wohnort: Berlin
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01.11.2020 12:39 Re: Herbst 2020 von Nina
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Liebe Elena,
ein Herbstgedicht. Ja, das ist jetzt die Zeit dafür. Ich gehe mal durch die Strophen.
Elena hat Folgendes geschrieben: | Und nun wieder Herbst.
Die ersten Blätter im Straßenschmutz,
und die Schatten werden länger.
Vorbei der Sommer, der keiner war.
Das kurze, lange seltsame Jahr. |
Ich mag das total gern, wie Du das Gedicht eröffnest. Es schwingt darin etwas, das ich mag, auch wenn es von etwas spricht, das vermutlich die wenigsten mögen. Ich mag es - hier im Gedicht. Es liegt mehr als das darin, was da steht. Gefällt mir gut.
Erst also diese Feststellung und dann die Beschreibung dessen, was da ist. Ja, das kurze, lange seltsame Jahr. Irgendwie war es langsam und schnell zugleich, so ist zumindest mein Empfinden.
Elena hat Folgendes geschrieben: | Unsichtbar vergeht die Zeit.
Zähl deinen Herzschlag, du willst sie
verstehen. Ach, Tage gibt es, da sage ich
Sie zu mir, fremd mir selbst
wie dieses Gestern ohne Vergangenheit. |
Das mag ich auch. In der zweiten Zeile könnte ich mir auch ein "zählt" deinen Herzschlag vorstellen, was natürlich die Aussage etwas verändert. Mir gefällt es aber auch so, wie Du es verfasst hast. Die Perspektive ist eine andere, als stünde dort "zählt".
Ich mag auch die Situation des sich-manchmal-fremd-fühlens, so ähnlich habe ich es auch mal in einem Text bzw. Gedicht geschrieben. Ich habe es sogar auch mit dem "Sie" so geschrieben.
Elena hat Folgendes geschrieben: | An diesem graukühlen Morgen,
Geräusche der Straße im Ohr,
versuche ich, Denkanstöße zu ordnen,
sie meinen krausen Illusionen anzupassen.
Ja, der Herbst ist schon da. |
Den graukühlen Morgen mag ich von der Beschreibung her. Geräusche am oder im Ohr, das gefällt mir auch. Es klingt so häufig Bescheidenheit und liebevolles (auch Selbst-)Erleben in Deinen Gedichten. Ich mag das sehr.
Gern gelesen. Ja, der Herbst ist schon da und das ist auch gut so, würde Klaus Wowereit sagen.
Einen schönen Herbsttag Dir, liebe Elena.
LG
Nina
_________________ Liebe tut der Seele gut. |
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Tula Klammeraffe
Beiträge: 905 Wohnort: die alte Stadt
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01.11.2020 22:17
von Tula
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Hallo Elena
die etwas trübsinnige Variante, die natürlich auch ihre Berechtigung hat.
Vor allem S1 ausgezeichnet!
Einziger Kritikpunkt sind die "Denkanstöße". Ein etwas 'unlyrischer' Begriff.
LG
Tula
_________________ aller Anfang sind zwei ...
(Dichter und Leser) |
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Elena Eselsohr
E Alter: 82 Beiträge: 218 Wohnort: Berlin
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E 03.11.2020 06:08 Herbst 2020 von Elena
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Liebe Nina,
du verstehst es immer wieder, mir aus einem tiefen Loch herauszuhelfen.
Der Herbst 2020, eine Zeit, die noch vor Monaten unvorstellbar war.
Ich habe ein paar sehr schöne Herbstgedichte vorliegen, aber dieser Herbst und Sommer hat mich von ihnen entfremdet. Alles scheint mich aggressiv anzustarren - die Schönheit der Herbstfarben, die Wärme der Sommertage - nichts, was ich im Gedächtnis behalten will. Im Grunde ist es kein Herbstgedicht, sondern eines über die gestohlene Zeit.
Du machst dir immer viel Mühe mit deinen Kommentaren, und dafür meinen herzlichsten Dank, Nina.
Lieben Gruß, Elena
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Elena Eselsohr
E Alter: 82 Beiträge: 218 Wohnort: Berlin
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E 03.11.2020 06:18 Herbst 2020 von Elena
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Lieber Tula,
ich glaube nicht, dass es ein trübsinniges Gedicht ist, sondern eines, das mit ersticktem Protest ringt. Jedenfalls hatte ich es so konzipiert, wenn das nicht verstanden wird, liegt es sicher am Text. Ich habe ja nun absichtlich nicht einfach den Titel "Herbst" benutzt, sondern konkretisiert: "Herbst 2020", also kein Nullachtfünfzehn-Herbst, sondern der Herbst eines Jahres, das nicht gelebt wurde. Keine Romantik, keine Melancholie, nur Wut. Und in dieser Wut manchmal ein Denkanstoß, der einhalten lässt und Zusammenhänge erstellt. Insofern kein wirkliches Herbstgedicht, wie es von den Dichtern jedes Jahr verbrochen wird.
Danke fürs Reinsehen und Kommentieren, Tula.
Lieben Gruß, Elena
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Nina Dichterin
Beiträge: 5012 Wohnort: Berlin
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03.11.2020 09:35 Re: Herbst 2020 von Nina
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Liebe Elena,
ich freue mich über Deine lieben Worte, danke. Ja, dieses Jahr hält eine Menge an
Herausforderungen bereit. Das macht was mit allem und allen. Auch mit einem
selbst. Die Entfremdung bzw. dieses Fremdheitsgefühl, ich habe es mal "Absurdität"
genannt, beschreibt die Diskrepanz des Erlebens. Durch die Zeit gehen mit einem
inneren Kopfschütteln, so beschreibe ich es für mich. Vielleicht tröstet es Dich zu
wissen, dass Du nicht allein bist mit Deinem Erleben.
Ich wünsche Dir viel Kraft und einen guten und angenehmen Tag, trotz allem.
Alles Liebe
Nina
_________________ Liebe tut der Seele gut. |
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