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Elena Eselsohr
E Alter: 82 Beiträge: 218 Wohnort: Berlin
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E 12.10.2020 08:16 Durch die Brille betrachtet von Elena
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Der Mensch ist ohne Brille wie verloren,
denn seine Welt ist Watte bloß und Schaum.
Worauf es ankommt, das bemerkt er kaum,
verlässt sich deshalb häufig auf die Ohren.
Doch was er hört, ist kaum noch zu ertragen,
aus diesem Grunde hört er meistens weg.
Er schert sich nicht um andrer Leute Dreck,
er ist mit seinem eignen Dreck geschlagen.
Zum Kuckuck, diese Brille bleibt verschwunden!
Der Ärmste tastet blind sich durch die Welt.
Wer weiß, was er vielleicht noch angestellt,
hätt er sie nicht am Ende doch gefunden.
Jetzt ist er froh, jetzt kann er wieder kucken.
Und sieht, was er nicht wirklich sehen will.
Denn scharf betrachtet, denkt er für sich still,
hat diese Welt doch viel zu viele Mucken.
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Michel Bücherwurm
Alter: 52 Beiträge: 3374 Wohnort: bei Freiburg
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12.10.2020 12:00
von Michel
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Sorgsam konstruiert, bildhaft, nachvollziehbar. Gefällt mir gut.
Einzig am "häufig" in der ersten Strophe bin ich hängengeblieben: Das klingt, als ob die Brille schon seit Wochen fort wäre, und beißt sich mit dem "Zum Kuckuck!" wenig später.
_________________ Seit 27. April im Handel: "Rond", der dritte Band der Flüchtlings-Chroniken |
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Nina Dichterin
Beiträge: 5012 Wohnort: Berlin
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12.10.2020 21:26 Re: Durch die Brille betrachtet von Nina
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Liebe Elena,
das hier gefällt mir auch gut. Besonders die letzte Strophe hat mich dann zum Schmunzeln gebracht. Die Welt hat ja doch ziemlich viele Macken, äh, Mucken. *lach*
Was mir außerdem gefällt, ist, dass Du nicht ins Alberne abdriftest. Obwohl das Thema ernst aber nicht "so ernst" ist, nimmst Du es Dir vor und behandelst es sorgsam als Thema.
Du findest wirklich gute Reime. Ich mag es auch, wie Du hier die Worte gesetzt hast.
Liebe Grüße
Nina
_________________ Liebe tut der Seele gut. |
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Elena Eselsohr
E Alter: 82 Beiträge: 218 Wohnort: Berlin
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E 13.10.2020 07:38 Durch die Brille betrachtet von Elena
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Lieber Michel,
ich überlege, was ich mit dem "häufig" anstelle. Ausdrücken wollte ich damit, dass es nicht nur einmal passiert, dass man seine Brille nicht wiederfindet, mir jedenfalls kann das jeden Tag passieren. Erst vor einigen Tagen aber ist meine Fernbrille ganz und gar verschwunden, ich hatte sie bei Aldi abgesetzt, weil sie durch die Maske beschlagen war, irgendwohin geschleudert und erst draußen bemerkt, dass ich sie nicht aufhabe. Natürlich muss sie jemand gebraucht haben, denn als ich zurückging und fragte, ob sie sich angefunden hat: Nitschewo Brille. Sehr bedauerlich, denn damit sah ich etwas intelligent aus.
Hab vielen Dank für deinen Kommentar, Michel. Und schönen Tag.
Elena
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Elena Eselsohr
E Alter: 82 Beiträge: 218 Wohnort: Berlin
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E 13.10.2020 08:02 Durch die Brille betrachtet von Elena
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Liebe Nina,
ein praktisches, alltagstaugliches Gedicht zumindest. Um solche und ähnliche schreiben zu können, habe ich angefangen, mich mit dem Reimgedicht zu beschäftigen, da kann man die praktischen Themen ganz gut unterbringen, nicht nur die heroischen. Ich habe jede Menge von solchen wenig idealistischen Gedichten. Leider werden sie nicht durch die literarische Brille betrachtet, meist jedenfalls nicht. Angefangen mit Gedichten hatte ich erst mal nur mit dem freien Vers, da kommt es nicht so drauf an. Dachten sich die meisten, ich auch. Wurde dann aber schnell eines Anderen belehrt.
Danke, Nina, ist es auch dir aufgefallen, die letzte Strophe hat was von Buschscher Größe, und nicht abgekupfert. Kennst du die Gedichte von Wilhelm Busch? Ich meine die, die er nicht bebildert hat? Der Mann hat die schönsten Sachen geschrieben, die man sich denken kann. Mein Spezialfreund. Überhaupt, die Welt ist viel zu traurig, als dass man nicht über sie lachen könnte. Oder sie wenigstens ausschmunzeln.
Wie du siehst, habe ich ein Brillenproblem, das ich mir mit diesem Gedicht von der Seele geschrieben habe, und dass es dir gefällt, freut mich.
Danke Nina, für den Kommentar. Mal sehen, was ich noch so habe.
Lieben Gruß, Elena
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Nina Dichterin
Beiträge: 5012 Wohnort: Berlin
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13.10.2020 16:20 Re: Durch die Brille betrachtet von Nina
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Liebe Elena,
ja, das mag ich, nicht nur über Großes, Weltbewegendes zu dichten, sondern auch über das vermeintlich Kleine, was eben darin stattfindet.
Gut gereimte Gedichte lese ich gerne. Es gibt einige von, wie heißt er noch gleich, irgendwas mit W..., ach, ich komm gerade nicht drauf. Er hat einen Gedichtband herausgegeben, in dem sich außerdem viele Sonette finden. Ich lese nicht gern Sonette und bei gereimten Gedichten ist es, wie gesagt, wenn die Reime gut sind, dass ich sie gerne lese, ansonsten eher nicht so gern.
Jedenfalls in seinem Gedichtband die Gedichte und Sonette haben mir sehr gefallen. Das Beste ist ja, finde ich, wenn man ein Gedicht liest und erst gar nicht bemerkt, dass es ein gereimtes Gedicht ist. Da gibt es noch eine weitere Dichterin, bei der das so ist. Wenn ich jetzt nur auf ihren Namen käme, ihr Mann hat auch geschrieben, aber eher Prosa. Wie dem auch sei - ja, auch gereimte Gedichte "verdienen" eine angemessene literarische Betrachtung.
Die Gedichte von Wilhelm Busch habe ich einige gelesen, ja. Sie haben mir auch gut gefallen. Wenn mir die Namen des erwähnten Dichters und Dichterin einfallen, schreibe ich sie hier noch mal auf.
Und auch bei freien Gedichten kommt es auf die Worte an, definitiv.
Ich verstehe die Brillenproblematik sehr gut, auch wenn ich nicht darunter leide, lach, aber ich kenne das mit dem Handy, dass ich manchmal nicht weiß, wo es gerade ist. Was aber eigentlich ein gutes Zeichen ist, finde ich, wo die Leute reihenweise in ihren Telefonen verschwinden.
Es gibt doch diese Bändchen für die Brille, da kann man sich diese um den Hals hängen. Meine Mutter hat das so gemacht.
Ah, ich hab ihn! Wolf Wondratschek heißt er.
Und jetzt noch die Dichterin. Stritt... argh. Eva Strittmatter, ja! Genau die!
Liebe Grüße
Nina
_________________ Liebe tut der Seele gut. |
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Elena Eselsohr
E Alter: 82 Beiträge: 218 Wohnort: Berlin
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E 13.10.2020 18:36 Durch die Brille betrachtet von Elena
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Liebe Nina,
ja, wenn man's auf der Zunge hat. Geht mir genauso. Und wenn ich nicht mehr dran denke, fällt mir der Name ein, schon komisch das Gedächtnis.
Ja, Eva Strittmatter kenne ich natürlich, jedenfalls ihre Gedichte. Sie hat einen ganzen Schwung wirklich guter Gedichte geschrieben, aber ihr ging es wie allen Lyrikern: Man hat nicht jeden Tag einen Schreibtag. Aber gerade in letzter Zeit, als ihr Mann gestorben war, muss sie sich noch mal verliebt haben mit Ausgang offen. Dazu hat sie unendlich viele Gedichte geschrieben, und mein Eindruck war, dass sie das unklare Verhältnis psychisch sehr mitgenommen hatte - wenn ich von ihren Gedichten ausgehe. Sie hatte mir da leidgetan, weil sie sich in ihren Gedichten voll darauf konzentriert hatte und - wie ich finde - ihr Talent daran verschwendet hatte. Ich habe von ihr fast alle Ausgaben, die sie in der DDR herausgebracht hatte. Und eben ihre letzten Gedichte, schon nach 1990 herausgegeben. Sie hat wundervolle Landschaftsgedichte geschrieben, sie sind erlebt und trotzdem mehr als dieses eine Erlebnis, und das macht ihren Reiz aus.
Solche Gedichte wie dieses hier nenne ich meinen Schnickschnack-Kram, immer schnell geschrieben und vergessen. Und wenn ich heute eines davon zufällig lese, staune ich: Das kann doch gar nicht möglich sein, dass ich das geschrieben habe! Da muss Pegasus mir zugezwinkert haben.
Der Name Wolf Wrondatschek ist mir geläufig, aber ich habe von ihm noch nichts gelesen. Kannst du mir ein, zwei Gedichte schicken, falls du sie zur Hand hast? Musst nicht extra recherchieren, das kann ich doch auch machen. Faulheit, lass nach.
Lieben Gruß, Elena
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Nina Dichterin
Beiträge: 5012 Wohnort: Berlin
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13.10.2020 20:06
von Nina
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Liebe Elena,
ja, das habe ich auch verfolgt, also diese unglückliche Liebe von Eva Strittmatter, oder anders gesagt: ihre/die vielen Gedichte dazu gelesen.
Ja, sie war sehr traurig.
Und noch mal Ja, schau mal, ob Du von Wondratschek etwas findest. Er hat sehr viele Gedichtbände veröffentlicht. Gereimte Gedichte schreibt er eher nicht, auch nicht Sonette, überhaupt diese festen Formen eher nicht. Gerade deshalb war ich überrascht, wie gut sie ihm gelungen waren. Du wirst sicher einige Gedichte (freie Verse) von ihm finden, vielleicht ja auch das ein oder andere gereimte Gedicht bzw. Sonett. Es dürfte einige im Netz geben. In meinem Lyrikordner habe ich gerade nachgesehen, aber nichts gefunden, ich müsste die Gedichte ansonsten abtippen. Heute bin ich aber zu müde für fast alles. Ansonsten könntest Du noch fündig werden in der Stadtbibliothek. Wenn Du da "Kundin" bist, kannst Du ja evtl. dort online mal schauen.
Schönen Abend Dir.
LG
Nina
_________________ Liebe tut der Seele gut. |
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Elena Eselsohr
E Alter: 82 Beiträge: 218 Wohnort: Berlin
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Rübenach Exposéadler
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Beiträge: 2832
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