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Hautfarben umschreiben

 
 
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agu
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Beitrag04.09.2020 12:20

von agu
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nebenfluss hat Folgendes geschrieben:
2. Man verwendet den Hexadezimalcode. Man schreibt also etwa nicht "schokaldenbraun" sondern "#803500".

 Cool  finde ich gut


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Thomas74
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Beitrag04.09.2020 12:58

von Thomas74
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Twisted Evil Und besonders arische weiße Protas haben die Hautfarbe #1888?

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nebenfluss
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Beitrag04.09.2020 14:06

von nebenfluss
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Willebroer hat Folgendes geschrieben:

Die schlimmsten Rassisten sind die, die meinen, sie wären keine.

Dem kann ich überhaupt nicht zustimmen.
Die schlimmsten Rassisten sind die, die rassistische Gewalttaten bis hin zum Terroranschlag verüben. Ob sie glauben, einen anderen Grund gehabt zu haben, spielt kaum eine Rolle, da man ihnen die rassistische Motivation meistens anhand ihres Redens und Tuns nachweisen kann.
Welche "Schlimmheit" hat im Vergleich dazu jemand, der auf der Suche nach der Beschreibung einer Hautfarbe aus Versehen in die (postkoloniale) Klischeekiste greift?
Dazu positioniert sich der diskutierte Artikel selbst ja auch entsprechend deutlich:
vickieunddaswort.de hat Folgendes geschrieben:
Man sollte meinen, dass ich es gewohnt bin, immer wieder dieselben alten Vergleiche zu lesen. Trotzdem cringe ich nicht weniger, wenn ich schon wieder darüber stolpere. Schlimm ist es nicht, und dennoch kann sich doch auf andere Weise darum bemühen, eine Umschreibung für »braun« zu finden …

(Hervorhebung von mir)


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Bananenfischin
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Beitrag04.09.2020 14:10

von Bananenfischin
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Mit dem Thema hatte ich jüngst auch zu kämpfen. Es ist so schwierig, gerade wenn es um die Darstellung historischer Kontexte in Romanform geht.
Denn irgendwie stellt es doch eine Verfälschung dar, wenn Begriffe, die zu der Zeit üblich waren, durch andere ersetzt werden. Dennoch wollte ich das, gerade nach der Befassung mit den Ereignissen der letzten Monate, tun (während ich in meiner ersten Romanbiografie noch der geschichtlich korrekteren Darstellung den Vorzug gab), und wie sich zeigte, ist das auch dem Verlag sehr wichtig.
Ganz verzichten lässt sich in Zusammenhängen, in denen die Hautfarbe aus diversen Gründen wichtig ist, eben auch nicht auf deren Erwähnung.
Statt jemanden "Mulattin" zu nennen, habe ich von "Milchkaffeehaut" geschrieben, ein Wort, unter dem ich mir etwas sehr Schönes vorstellen würde, das aber, wie weiter oben im Thread geschrieben, auch problematisch sein kann. Vielleicht ändere ich das noch einmal, wobei ich im Moment beim besten Willen nicht weiß, wie ich auf passendere Weise gleich ein Bild erzeugen kann, das auch dem entspricht, was gemeint ist.
Und obwohl ich die Nichtverwendung rassistischer Begriffe menschlich für richtig halte, mag ein solches Vorgehen für den Text an sich durchaus falsch sein. Darüber ließe sich sicher vielschichtig diskutieren.


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Thomas74
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Beitrag04.09.2020 14:35

von Thomas74
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Zitat:
und dennoch kann sich doch auf andere Weise darum bemühen, eine Umschreibung für »braun« zu finden …


Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass "braun" sowohl eine politische Gesinnung als auch die Hautfarbe ihrer beliebtesten Sündenböcke bezeichnet.

Wobei die Farbbezeichnung "braun" eine garantiert unpolitische Zustandsbeschreibung ist.

MMn. ist die Gesellschaft erst dann nicht mehr rassistisch, wenn solche Bezeichnungen benutzt werden können, als das was sie sind. Normale Farbbezeichnungen ohne abwertende Zweitbedeutung. Dann ist YX eben braun, weiß oder hellgrün gestreift.


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nebenfluss
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Beitrag04.09.2020 15:37

von nebenfluss
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Thomas74 hat Folgendes geschrieben:
Twisted Evil Und besonders arische weiße Protas haben die Hautfarbe #1888?

Sollte schon sechsstellig sein. Das hier wäre #188833:

Ziemlich daneben, würde ich sagen.
Die Haut von WeißenAriern sieht ja mehr aus wie gebackener Schafskäse.


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Ribanna
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Beitrag04.09.2020 16:56

von Ribanna
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Thomas74 hat Folgendes geschrieben:
Zitat:
und dennoch kann sich doch auf andere Weise darum bemühen, eine Umschreibung für »braun« zu finden …


...

MMn. ist die Gesellschaft erst dann nicht mehr rassistisch, wenn solche Bezeichnungen benutzt werden können, als das was sie sind. Normale Farbbezeichnungen ohne abwertende Zweitbedeutung. Dann ist YX eben braun, weiß oder hellgrün gestreift.


Da ist was dran! Deswegen meinte ich ja weiter oben, dass auf die Beschreibung der Hautfarbe verzichtet werden sollte, wenn dadurch gängige Klischees heraufbeschworen werden. Den "Bösen" in einem Fantasy-Roman dunkelhäutig zu zeichnen - warum muss das sein? Vertieft das nicht das allgemeine Vorurteil? Sollte man da nicht besser etwas Beschreibung weglassen?
In einem historischen Roman kommt es auf die Perspektive an. Wenn ein Mann ( welcher Farbe auch immer) sich in eine Frau verliebt, deren Hautfarbe mit Milchkaffee vergleicht - warum nicht? ER sieht das so. ER findet die Farbe schön. Es wird keine Charaktereigenschaft damit verbunden.


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orangelunar
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Beiträge: 105



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Beitrag04.09.2020 17:05

von orangelunar
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VickieLinn hat Folgendes geschrieben:
orangelunar hat Folgendes geschrieben:
Mal aus Neugierde gefragt: Was ist denn an einer Beschreibung wie schokoladenfarben oder kaffeebraun schlimm? Warum fühlt sich deine Freundin bei solchen Formulierungen unkomfortabel?


Bitte sehr.
https://vickieunddaswort.de/hautfarben-guide-nahrungsmittelvergleiche


Rainer Prem hat Folgendes geschrieben:
Elbenkönigin1980 hat Folgendes geschrieben:

Ich habe in Fantasyromanen schon oft die Bezeichnung "olivfarbene Haut" gelesen, vielleicht kannst du das verwenden, und schreibst "stark ins dunkle changierende olivfarbene Haut" oder sowas.


Ganz schlimm, da aus dem Amerikanischen falsch übersetzt. "Oliv" ist ein Grünton. "Olive skin" ist mittel- bis dunkelbraun.


Das stimmt so nicht. Olivfarben ist die Bezeichung von Hauttöne mit bestimmen Untertönen. Ist im Alltag relevant, wenn man Make-up benutzt. Hellhäutige Ostasiat*innen haben zum Beispiel auch einen olivfarbenen Unterton, genauso wie viele Leute im Mittelmeerraum, die aber braune Haut haben.


Vielen Dank. smile
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crisihasi
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Beitrag04.09.2020 17:55

von crisihasi
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Ich habe in einem Buch mal "honigfarben" geschrieben. Ich persönlich liebe diesen Farbton und fand das Bild auch wirklich passend. Dass sich jemand dadurch irgendwie herabgesetzt gefühlt haben könnte, wäre mir tatsächlich nie in den Sinn gekommen. Ein sensibles Thema.

Überhaupt benutze ich gern Vergleiche, um einen bestimmten Farbton zu nennen, und bei Schattierungen zwischen beige und dunkelbraun bietet sich tatsächlich häufig an, in die Lebensmittel-Trickkiste zu greifen, ganz besonders, weil ich damit viel Positives assoziiere (sagt meine Waage auch Laughing ). Ich finde Kaffee und Kandis zum Bespiel ansprechender als Rindenmulch und Kuhleder, aber grundsätzlich verstehe ich natürlich, dass es darum geht, dunklere Hautfarben nicht zu "exotisieren" (ist das ein Wort?).

P.S. Ich habe auch olivfarbene Haut und bin wirklich ziiiemlich hell. Also das ist wirklich so ein Sonderfall Laughing
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nebenfluss
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Beitrag04.09.2020 17:58

von nebenfluss
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Ribanna hat Folgendes geschrieben:

In einem historischen Roman kommt es auf die Perspektive an. Wenn ein Mann ( welcher Farbe auch immer) sich in eine Frau verliebt, deren Hautfarbe mit Milchkaffee vergleicht - warum nicht? ER sieht das so. ER findet die Farbe schön. Es wird keine Charaktereigenschaft damit verbunden.

Das finde ich auch einen interessanten Punkt - die Perspektive.
Ich glaube, die personale Perspektive bietet - außerhalb wörtlicher Rede - die meiste Freiheit, Figuren so denken und handeln zu lassen, wie man es sich nun einmal vorstellt - auch, wenn es nicht der eigenen Weltsicht/Lebensart entspricht. Man schreibt diesen Figuren zuliebe, mit allen ihren Macken und Widersprüchen.
Ich und auktoriale Perspektive sind da schon heikler, weil sie - mein Eindruck - dazu neigen, die Grenze zwischen Autor und Erzähler zu verwischen. Jedenfalls bei einem Leser, der es nicht gewohnt ist, diese Trennung vorzunehmen.


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crisihasi
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Beitrag04.09.2020 18:05

von crisihasi
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nebenfluss hat Folgendes geschrieben:
Ribanna hat Folgendes geschrieben:

In einem historischen Roman kommt es auf die Perspektive an. Wenn ein Mann ( welcher Farbe auch immer) sich in eine Frau verliebt, deren Hautfarbe mit Milchkaffee vergleicht - warum nicht? ER sieht das so. ER findet die Farbe schön. Es wird keine Charaktereigenschaft damit verbunden.

Das finde ich auch einen interessanten Punkt - die Perspektive.
Ich glaube, die personale Perspektive bietet - außerhalb wörtlicher Rede - die meiste Freiheit, Figuren so denken und handeln zu lassen, wie man es sich nun einmal vorstellt. Man schreibt diesen Figuren zuliebe, mit allen ihren Macken und Widersprüchen.
Ich und auktoriale Perspektive sind da schon heikler, weil sie - mein Eindruck - dazu neigen, die Grenze zwischen Autor und Erzähler zu verwischen. Jedenfalls bei einem Leser, der es nicht gewohnt ist, diese Trennung vorzunehmen.


Da bin ich voll bei euch. Leider wird das von den Lesern nicht immer so glasklar getrennt. Erst vor kurzem habe ich einen riesigen Shitstorm über ein Coming Of Age-Roman gesehen, in dem ein Junge mit asiatischem Hintergrund, der in den USA lebt und aufwächst. Er hadert damit, "anders" als sein direktes Umfeld zu sein und nimmt sich selbst und seine Herkunft daher auch nicht immer positiv wahr. Ein wichtiges Thema, wie ich finde, gerade im Teenager-Alter. Leider habe ich das Buch nicht selbst gelesen und weiß daher nicht, ob der Junge dann einen Weg gefunden hat, sich anzunehmen, aber die Kritik ging ganz klar an seine Anfangs-Einstellung und das fand ich dann wirklich ein wenig zu kurz gedacht.
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Willebroer
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Beitrag04.09.2020 18:14

von Willebroer
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nebenfluss hat Folgendes geschrieben:

Die schlimmsten Rassisten sind die, die rassistische Gewalttaten bis hin zum Terroranschlag verüben. Ob sie glauben, einen anderen Grund gehabt zu haben, spielt kaum eine Rolle, da man ihnen die rassistische Motivation meistens anhand ihres Redens und Tuns nachweisen kann.


Das finde ich etwas naiv. Man kann sich auch Rassismus zu eigen machen (zum Beispiel um bei echten Rassisten Sympathie und Unterstützung zu bekommen), wenn einen ganz andere Motive bewegen.

Auch religiöse Motive werden gerne vorgeschoben, wenn man nur anderen Land und Geld wegnehmen will (vgl. englische Geschichte, vom Kolonialismus mal ganz abgesehen).

Bei den wirklich pathologischen Tätern kann es reiner Zufall sein, womit sie ihre Taten rationalisieren. Oft hängt das davon ab, welche Konfliktthemen gerade in der Gesellschaft kursieren.

Die Opfer von muslimischem Terror sind in den (vermutlich) meisten Fällen selber Muslime und unterscheiden sich von den Tätern weder durch Hautfarbe noch durch den Gott, an den sie glauben.
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nebenfluss
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Beitrag04.09.2020 19:09

von nebenfluss
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@Willebroer:
Wie verwerflich ein solches Mitlaufen/Sympathisieren ist, wird ja anhand der sogenannten Anti-Corona-Demos intensiv diskutiert. Spätestens bei denen, die das Ganze einfach als Gelegenheit für eine Open-Air-Party missbraucht haben, fallen mir persönlich andere Fragen ein als die nach Rassismus.

Mir führt das aber zu weit vom Thema weg. Wir haben beide gesagt, was wir am Rassismus am schlimmsten finden. Ich finde, dabei können wir es bewenden lassen.


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VickieLinn
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Beitrag04.09.2020 21:19

von VickieLinn
Antworten mit Zitat

crisihasi hat Folgendes geschrieben:

Da bin ich voll bei euch. Leider wird das von den Lesern nicht immer so glasklar getrennt. Erst vor kurzem habe ich einen riesigen Shitstorm über ein Coming Of Age-Roman gesehen, in dem ein Junge mit asiatischem Hintergrund, der in den USA lebt und aufwächst. Er hadert damit, "anders" als sein direktes Umfeld zu sein und nimmt sich selbst und seine Herkunft daher auch nicht immer positiv wahr. Ein wichtiges Thema, wie ich finde, gerade im Teenager-Alter. Leider habe ich das Buch nicht selbst gelesen und weiß daher nicht, ob der Junge dann einen Weg gefunden hat, sich anzunehmen, aber die Kritik ging ganz klar an seine Anfangs-Einstellung und das fand ich dann wirklich ein wenig zu kurz gedacht.


Gerade bei Kinder- und Jugendbüchern ist das schwierig.
So sah die Statistik 2018 aus: KLICK.
Und es ist häufig auch so, dass nicht weiße Figuren (weiß = politische Position, ebenso wie Schwarz. Es bezieht sicht nicht auf die Hautfarbe. So wie wenn man bei der Ausdrucksweise "Menschen verschiedener Hautfarbe" eigentlich ethnische Zugehörigkeit meint.) oft sehr klischeehaft gezeichnet werden. Klischee können durchaus als Stilmittel sehr praktisch sein. In der Realität sind es aber nicht so rosig aus. Schwarze oder Personen of Color werden permanent mit Klischees und Vorurteilen konfrontiert. Wissenschaftliche Studien weisen nach, dass es traumatisierend sein kann. Wenn man schon als Schwarzes Kind schon lernen muss, dass man als potenzielle Gefahr angesehen wird, ist es sehr schmerzhaft. Und da wäre es doch schön, wenn man Bücher lesen kann, in denen man sich erstens reflektiert sehen kann und zweitens auch mal eine Hauptfigur hat, die sie man selbst ist.

Ähnlich wie z. B. bei Liebesromanzen, wo die Protagonistinnen nicht schlank und blond und vollbusig sind, sondern ganz normale Frauen, die ein kleines Bäuchlein haben oder ganz normal Cellulite – die so um die 90 % der Frauen haben. Ich kann verstehen, wenn man als Leser*in in einer Romanze modelmäßige Romanfiguren haben möchte, ich kann auch verstehen, wenn man über ganz normale "Menschen lesen will. Ich kann verstehen, dass man in Kleinkind-Mama-Papa-Kind-Bildergeschichten auch mal sehen möchte, dass der Papa in der Küche steht und die Mama ein Auto repariert. Und ich kann auch verstehen, dass ein Shitstorm geben kann, wenn in so einem Kinderbuch ein veraltetes Weltbild vermittelt wird, wo die Frau ihren Ehemann umTaschengeld bitten muss.

Trennung von Autor*in und Werk hin oder her. Wenn ich einen Jugendroman lese, wo z. B. alle homosexuelle Figuren sterben, finde ich es schon berechtigt zu fragen, warum sich der*die Autor*in genau diese Fiktion ausgedacht hat ... Und wenn ich eine Jugendliche wäre, die mit ihrer Queerness aneckt, würde ich mich schon etwas unwohl fühlen.
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nebenfluss
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Beitrag04.09.2020 23:50

von nebenfluss
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VickieLinn hat Folgendes geschrieben:
Wenn ich einen Jugendroman lese, wo z. B. alle homosexuelle Figuren sterben, finde ich es schon berechtigt zu fragen, warum sich der*die Autor*in genau diese Fiktion ausgedacht hat

Das sehe ich auch so. Da geht es dann ja auch nicht mehr um Details wie die Beschreibung der Hautfarbe, sondern um den Plot, der für die Gesamtwirkung wesentlicher sein dürfte.
Um welches Buch handelt es sich denn?


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agu
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Beitrag05.09.2020 01:24

von agu
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Ich glaube, den einen, selig machenden Weg gibt es nicht.

Am Ende hängt es vom Genre und vom Anspruch (nicht wertend gemeint, sondern in Bezug auf das, was man mit dem Buch erreichen möchte) ab.
Will ich unterhalten, oder eine Idee vermitteln, oder Weltbilder erschüttern, oder alles gleichzeitig? Und ebenso vielfältig ist die Erwartungshaltung der Leser.

Natürlich transportiere ich noch in der leichtesten Unterhaltung ein Weltbild, und sei es indirekt - und zwar entweder über das, was in der Romanwelt als normal angesehen wird, oder über den Wertekanon der Sympathieträger (meist der Protagonisten).
Will sagen, ich kann eine Welt schreiben, in der schwarze Zwerge und grüne Elfen von der beherrschenden menschlichen Rasse in Ghettos gesperrt werden. Die rassistische Konnotation entsteht aber erst über die Reflektion durch die Protagonisten. Finden die das normal und richtig, oder verwerflich?
Deshalb macht es Sinn, sich über das eine oder andere Klischee Gedanken zu machen, bevor man es niederschreibt, selbst wenn keinerlei weltverbessernde Ambitionen bestehen. Ob man will oder nicht, als Autor bezieht man durch das Geschriebene immer eine Position. Andererseits sind Klischees auch eines der stärksten Kommunikationsmittel überhaupt, weil sie mit wenigen Worten gewaltige Resonanz erzeugen können - da sie die Eigenschaft haben, dass nahezu jeder sie kennt und den ungesagten Rest im Kopf ergänzen kann.

Und dann haben wir noch das große, weite Minenfeld der Fantasien.
Würde man diverse populäre Genres einmal durch die Lupe politischer Korrektheit betrachten, man müsste schreiend davon laufen. Verherrlichung von Krieg und Bluttaten, Faustrecht, und vom Geschlechterbild in einem Großteil der Liebesromane will ich jetzt gar nicht anfangen, ganz zu schweigen von 'Perlen' wie Shades of Grey Wink ... trotzdem würde ein Großteil der Leser nach Lektüre eines James-Bond-Romans wohl kaum auf den Gedanken kommen, dass Waffengewalt die Lösung aller Probleme ist. Oder dass das Frauenbild vom süßen Blödchen, das alle naselang vom starken Ritter auf weißem Roß gerettet werden muss, ein erstrebenswertes Lebensmodell wäre.
Die gleiche Entspanntheit würde ich mir beim Umgang mit Hautfarben wünschen. Ich persönlich finde es schlichtweg doof, optische und kulturelle Eigenheiten einfach als non-existent wegzuwischen - sondern möchte sie im Gegenteil wahrnehmen, in ihrer Unterschiedlichkeit interessant finden, und vor allem sie als nicht gleich, aber gleichwertig nebeneinander respektieren. Respekt voreinander entsteht aber nicht dadurch, dass alle Unterschiede eingeebnet oder weggeleugnet werden. Sondern dass sie in einen Kontext gesetzt werden und Empathie für das 'andere' erzeugen.

Aber vielleicht ist das Thema im Moment einfach zu frisch, zu kontrovers und zu konfliktbehaftet. Es gibt ja auch nicht wenige Stimmen, die der Meinung sind, ein Autor mit der grünen Hautfarbe der Mehrheit könne unmöglich über einen aus der gelb gepunkteten Minderheit schreiben.


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Yorinde
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Beitrag05.09.2020 15:10

von Yorinde
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Wirklich ein schwieriges Thema, aber ich finde, dass sich Autoren dieser Herausforderung stellen sollten, gerade um die klassische Rollenbesetzung z.B. in Kinder- und Jugendliteratur aufzubrechen.
Ich schreibe selber gerade an einer Geschichte, wo einer der Protagonisten dunklere Haut hat und finde das wirklich nicht einfach - vor allem, weil man bei hellhäutigen Menschen die Hautfarbe tatsächlich nie erwähnt! Wenn man aber bewusst Diversität schreiben will, muss man die Hautfarbe benennen. Oder eben nicht...
Im Fantasy-Bereich sind Hautfarben vielleicht anders belegt als in der Realität. Man könnte aber z.B. durch die Reaktionen des Umfelds auf eine Hautfarbe anspielen - es gibt ja unzählige Beispiele von Alltagsrassismus, dem PoC ausgesetzt sein könnten. Funktioniert nur bei Fantasy wahrscheinlich nicht so gut. Oder auch Reaktionen, die von PoC ausgehen - ich habe es z.B. in (Süd)Indien häufig erlebt, dass jemand seinen Arm neben meinen gehalten hat und meinte, wie schön hell meine Haut doch sei.
Vielleicht ist sowas eine Möglichkeit, die klassische Farb-Nennung zu umschiffen.


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AgarwaenCran
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Beitrag26.10.2020 15:40

von AgarwaenCran
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Persönlich mache ich das schlicht abhängig vom PoV-Charakter der entsprechenden Szene.

Der Text, an dem ich arbeite handelt von Vampiren und ich mache Szeneabhängige Perspektivewechsel. Wenn wir quasi im Kopf eines älteren Vampiren sind, der einen Menschen mit dunkler Haut sieht, verwende ich Begriffe, wie dieser Charakter sie verwenden würde. Also sowas wie "Mokkafarben". Wenn es aber die Perspektive eines "jüngeren" Charakters ist (also weniger als 100 Jahre. Vampire, wie gesagt), verwende ich dann eher die Beschreibung "dunkle Haut". Bei Charakteren, die viel umhergereist sind, kann aber auch so etwas kommen wie "Die Hautfarbe Xs erinnerte ihn an seine Zeit in [Land]".

Damit umgeht man solche Problematiken komplett, da die Beschreibungen aus Sicht der Charaktere und dessen Überzeugungen kommen und es hat zusätzlich den Vorteil, dass der Leser sich besser in besagten Charakter hinein versetzen kann - und den Charakter dadurch mal mehr und mal weniger leiden kann. Charakter ist ein Arschloch? Verwende entsprechende Beschreibungen, wenn er/sie etwas betrachtet. Charakter ist ein Heiliger? Verwende entsprechende Beschreibungen, wenn er/sie etwas betrachtet.

Wobei ich natürlich weiß, dass viele Geschichten auch nur einen PoV-Charakter haben. Aber selbst hier würde ich Beschreibungen aus Sicht des entsprechenden Charakters machen - und sei es nur für die Immersion des Lesers durch das Einempfinden in die Gedankenwelt/das Weltbild des Charakters.
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