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Das Haus der Mächtigen


 
 
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BerndHH
Geschlecht:männlichKlammeraffe

Alter: 60
Beiträge: 955
Wohnort: HH


Beitrag24.07.2020 14:50

von BerndHH
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Moinsen zusammen,

yo, das 2. Kapitel ist fertig. Es ist vielleicht nicht so, wie es sein sollte. Zu viele derbe Details, genüsslich ausgewalzt. Embarassed Embarassed Embarassed Embarassed Frauenfeindlich (1980er?) und vielleicht viel zu krampfhaft „einen auf Kiez“ gemacht. Die Kurzepisode mit der Straßengang St. Pauli Champs hätte ich vielleicht weglassen sollen, da sie ja eigentlich zu nichts führt. Auch ist es vielleicht nicht so glaubwürdig, dass ein G.M.B.H.-Zuhälter einen ihm unbekannten Zivilisten in ihre Kneipe einlädt. Kürzen kann man das auf jeden Fall. Na ja, es soll das Abschlussbesäufnis des Reporter-Teams auf dem Kiez sein. Also gut ist es nicht, vielleicht hat der Text ja auch schon die Bahnen verlassen, wohin ich den Leser bringen möchte. Was meint Ihr?

Gruss


_________________
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BerndHH
Geschlecht:männlichKlammeraffe

Alter: 60
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Wohnort: HH


Beitrag24.07.2020 14:51
Augenstillstand
von BerndHH
Antworten mit Zitat

Dienstag, 30. September 1986. 18:00 Uhr. Leichter Nieselregen in Hamburg. Laut NDR-Wettermeldungen hatte es draußen im Felde hingegen regelrechte Wolkenbrüche gegeben. Die Temperaturen hatten sich mittlerweile um die 10 Grad eingependelt. Typisches Hamburger Schmuddelwetter.
Ich stand gegenüber vom Iduna-Hochhaus unter dem Vordach der U-Bahnstation St. Pauli und rauchte gerade meine dritte HB.
Aber wer wird denn gleich in die Luft gehn‘?
Na, ich würde gleich in die Luft gehen. Aber so richtig! Meine Leute und ich, wir waren vor einer geschlagenen halben Stunde verabredet. So ein wichtiger Auftrag und dann auch noch diese verfluchte Unpünktlichkeit. Das fing ja schon mal gut an!  Gut, unsere Mission würde erst morgen früh beginnen, doch wir hatten uns immerhin für heute Abend fest verabredet.
Wenn die Penner keinen Bock haben, hätten sie doch zumindest rechtzeitig Bescheid geben müssen. Bis 17 Uhr war ich zuhause telefonisch erreichbar gewesen. So viel Kinderstube müsste man ja wohl noch haben. Verärgert trat ich meine Zigarette aus und spuckte in den Regenschleier hinein.

Der Erste, der auf der Bildfläche erschien, war der Kollege Sönke Steinbach. Er musste mächtig vorgeglüht haben, denn er hatte massiv Problem damit, den Treppenaufgang auch nur einigermaßen geradlinig hochzugehen. Als er schnaufend in meine Reichweite kam, schlug mir ein Schwall schnapsgeschwängerter Atemluft entgehen.
„Aller, waddest Du schon lange auf mich?“
„Scheiße, Sönke, ich dachte, wir trinken GEMEINSAM einen. Du bist ja JETZT schon sternhagelvoll! Finde ich nicht in Ordnung von Dir. Absolut nicht! Wo warst Du denn solange, verdammte Scheiße?“, gab ich von mir und hatte Mühe und Not, nicht noch ausfallender zu werden. Am liebsten hätte ich ihm eine geknallt.
Während ich meinem Teamkollegen Sönke noch Vorhaltungen machte, tauchte Dirk Hambrecht auf. Er, der aufgrund der Kühle, seinen Mantel hochgeschlagen hatte, machte einen nüchternen Eindruck. Topfit für die Nacht. Er rauchte Prince Denmark und bot mir höflich eine an. Ich hustete und lehnte dankend ab.
„So Jungs, wohin zuerst?“, wollte ich wissen, um das Ganze anzutreiben und eine gewisse Dynamik in den weiteren Verlauf des Abends hineinzubekommen. Ich hasste Menschen, die sich stundenlang darüber unterhielten, wohin sie denn gehen könnten, aber dabei nicht zu Potte kamen und inzwischen schon längst der nächste Morgen anbrach. Bei mir musste das immer Bäng – Zack – Bumm! gehen.
Sönke schien einen Brand zu haben, „Mir scheißegal. Hauptsache ich krieg bald mal wieder Bölkstoff in den Hals. Aber pronto!“ Dirk, der eine ähnliche Einstellung wie ich hatte, machte einen konkreten Vorschlag. „Lass mal ins Zillertal. Da gibt es schön bayrisches Weißbier und wir können gut einen ausschnacken!“

Meiner Meinung nach, ein sehr vernünftiger und grundsolider Vorschlag. Im Zillertal, ein-er auf gut Bayrisch gehaltenen Großhallen-Bierstube, waren wir gut aufgehoben. Wer hier sein Frischgezapftes trank, der verspürte nur wenig Heimweh zum Münchner Hofbräuhaus. Ein Stück Bavaria im Hohen Norden.
Langsam schlenderten wir die hundert Meter von der U-Bahn bis zum Spielbudenplatz hinunter, wo uns große Lettern aus Leuchtreklame entgegen lachten. Das Werbebanner von Coca-Cola, die grell beleuchteten Pornovideokabinen („kurz einen abschütteln“), ESSO-Tankstelle, das Panoptikum, Operettenhaus, Astra-Bowlingbahn, Kuddels Krabben- und Fischdelikatessen und andere Paulianer Sehenswürdigkeiten kamen uns entgegen.

Unsere erste Station war Kuddels Imbiss („Heute frisches Hack vom Schlachter und Elb-aal“), wo Sönke kurz hintereinander zwei Knollenflaschen Astra exste und Dirk und ich uns jeweils ein dick mit Remoulade beschmiertes Aalbrötchen gönnten, um eine solide Grundlage für die anstehende Nacht zu schaffen.
„So, Jungs, das reicht jetzt! Abmarsch!“, ordnete ich mit gestärktem Magen an, nachdem wir die Schnellmahlzeit hinuntergeschlungen hatten und wir steuerten im Anschluss das legendäre Zillertal an, wo ich schon so manche feucht-fröhliche Nacht verbracht hatte. Dort hatte ich schon einiges erlebt. Von geselligen Abenden bis zum Totalabsturz mit Augenstillstand.
Der legendäre Bierpalast, an der Hausnummer 27, war heute halb leer. Kaum Zecher, kaum feiernde Schifffahrtskaufleute, die einen drauf machten, nur ein paar vereinzelte Personen, überwiegend männlich, die stumpf brütend vor ihrem Kaltgetränk saßen und sinnlos Zigarettenrauch in die Luft pusteten. Wir wählten einen Ecktisch im Erdgeschoss, denn die Emporen waren den größeren Gesellschaften vorbehalten, die aber heute ganz bestimmt nicht mehr kommen würden. Dennoch stand auf allen Tischen ein kleines Schild: Reserviert. Geschlossene Gesellschaft. Auf der Bühne spielte eine oberbayrische Folkloregruppe auf ihren typischen Blas- und Zupfinstrumenten, doch der Funke sprang einfach noch nicht über. Dabei lautete das Motto der nach Hopfen und Braugerste duftenden Bierhalle jedoch vollmundig: „Schaug das‘d in Schwung kimmst!“
Na, aber darauf kannst Du aber einen lassen! Die Nacht ist noch jung!, dachte ich voller Vorfreude und bestellte die erste Runde Weißbier oder Weizenbier, so wie der Norddeutsche sagt. „Aber ohne Zitrone!“, rief ich der Bedienung mit dem blau-weißen Dirndl hinterher. Es dauerte nicht lange und uns wurden von einer freundlich lächelnden Kellnerin gut eingeschenkte Gläser Mathäser-Bräu aus München kredenzt.
Die gute Laune kam automatisch, als wir die zweite Runde nachorderten und der Hefeweizen langsam ins Hirn stieg.
„Hast Du eine Ahnung, was uns morgen erwarten wird?“, fragte mich Dirk, um ein ernsthaftes Gespräch anzufangen, bevor alles im Suff unterging. Sein Kollege Sönke war gerade damit beschäftigt, verschüttetes Bier vom Bierdeckel abzulecken und es gelang ihm nicht, sich mit dem Feuerzeug eine durchfeuchtete Zigarette anzuzünden.
„Was kannst Du eigentlich?“, fragte ich in seine Richtung und wandte mich anschließend Dirk zu. Ich war der Chef von dem Haufen und schuldete ihnen daher ein paar Erklärungen.   
„Eigentlich weiß ich genauso viel wie Ihr.“, begann ich und merkte, dass das ungeschickt war, denn ich hätte eigentlich meine Führungsposition manifestieren müssen, „Schnoorpeter hat mir einen Zettel in die Hand gedrückt, wo wir uns morgen melden sollen. Und das Wichtigste natürlich: unsere Zeitung erwartet kein Klein-in-Klein-Scheiß, sondern die ultimative Knallergeschichte, die Schlagzeile des Jahrtausends ...“
„Wir machen doch durch, oder?“, rief Sönke, der für einen Moment sein Sprachzentrum wiedergefunden zu haben schien.
Dirk nickte zustimmend, doch mich überzeugte das nicht. „Egal, wie spät es auch immer sein wird. Ich schlage vor, wir fahren nachher mit dem Taxi alle zu mir. Hauen uns dort hin. Scheißegal, und wenn es nur ein, zwei Stunden sind. Morgen mache ich uns ein paar Spiegeleier mit Speck und gut is‘! Wenn wir um sechs losfahren, dann sind wir auf jeden Fall rechtzeitig um sieben in der Röttiger-Kaserne.“
Das war ein grober Fehler, den ich jedoch zu dem Zeitpunkt noch nicht einkalkuliert hatte.  Conventstraße 16 – Elbtunnel/Elbbrücke – Cuxhavener Str. 540 in Hamburg-Fischbek, das waren locker 25 Kilometer und ab sechs Uhr begannen die Straßen massiv zu verstopfen. Eine Stunde Fahrtzeit, das war völlig illusorisch.

Das Ambiente war einfach nicht gemacht, um Probleme zu diskutieren. Bayrische Stimmungsmusik als Untermalung, das Bier schmeckte frisch und gut, hübsche Bedienung mit beachtlicher Oberweite und daher verschwendete ich keinen weiteren Gedanken mehr daran, wie wir morgen in die Kaserne kommen würden. „Alles wird sich finden. Kommt Zeit, kommt Rat.“, hatte mein Vater in solchen Situationen auch immer gesagt. Also absolut kein Grund, sich dadurch die Laune verderben zu lassen.
Dirk war vom Tisch aufgesprungen, hatte sich eine dralle Mittdreißigerin mit altmodischer Turmfrisur und mächtigem Vorbau geschnappt und tanzte mit ihr jetzt eine Polka nach der anderen. Bei der legendären Bierfass-Polka „Roosaamunde, schenk mir Dein Herz und sag ja …“, drehten sie richtig auf und fegten die Tanzfläche leer. Auf der sie übrigens das einzige Paar waren, nebenbei bemerkt.
„Na die beiden sind ja schwer beschäftigt.“, sagte ich, als Sönke den Arm um mich legte und anfing, mit mir zu schunkeln.
„Verpiss Dich!“, zischte ich ihn an und stieß ihn grob weg.
Mir war die Luft da drin zu stickig geworden. Ich musste einfach raus.

Draußen auf der Straße hatte der Regen leicht nachgelassen.
Ich verließ kurzerhand das Zillertal, wollte mir aus dem Automaten an der Straße Zigaretten holen und da standen sie. Bedrohlich und aggressiv wie eine mächtige Wand aus Muskeln, die unbedingt auf Stress aus waren. Ich erkannte eine Gruppe St. Pauli Champs, etwa 20, 25 Mann stark, in blauen und schwarzen Bomberjacken. Einige mit Kutten. Ansonsten trugen sie Karotten-Jeans der Modefirma Diesel Industries – Denim Division, Adidas-Jogginghosen, Leone Boxerstiefel mit goldenem Schriftzug und Handschuhe ohne Fingerkuppen. Sie kamen vermutlich von ihrem Treffpunkt, dem Bayrisch Zell auf der Reeperbahn.
Dies war nicht meine erste Begegnung mit den Jungs, mit denen definitiv nicht gut Kirschen essen war. Die Champs, egal wo sie herkamen, seien es die Bergedorf Champs, die St. Pauli Champs, oder wo auch immer, waren in bestimmten Kreisen weitaus mehr gefürchtet als die Destroyers, Sparks oder sogar die Streetboys, welche ebenfalls den Kiez für sich beanspruchten.
Die Champs soffen und kifften in der Regel nicht. Auch waren relativ wenig Raucher unter ihnen. Die Mehrheit arbeitslos und dadurch mit mehr als genug Gelegenheit, sich durch intensiven Kampfsport fit zu halten. Wo auch immer sie auf die Skinheads trafen, da flogen die Fäuste und letztendlich auch die Schneidezähne. Nachdem amerikanische Filme wie „The Wanderers“ und „The Warriors“, über die Leinwand liefen, waren sie zu einer regelrechten Pest geworden.
„Aller, ich klatsch Dir die Fresse zu Brei!“, sagte einer von ihnen, der wie mit Rasierklingen unter den Achseln bedrohlich auf mich zukam. „Ich mach Dich wech hier, Dicker! Verpiss Dich, das ist unser Revier!“
Er trug einen zarten Milchbart und eine ungepflegte Haarmatte, die beinahe seine dunklen Augen bedeckte und die nicht zu seiner Markenkleidung passte. Offenbar war er einer von der Sorte Junggangster, die sich noch die Hörner abstoßen und sich vor den anderen produzieren mussten, was für ein gottverdammt harter Schlägerknochen er doch war.
Aber ich hatte absolut keine Lust auf eine Hauerei. Wollte mir auf gar keinen Fall die Schnauze polieren, die Brille zertreten oder den Körper grün und blau schlagen lassen. Deeskalation war daher das Gebot der Stunde.
Ich hielt ihm eine geöffnete Schachtel Pall Mall vor die Nase. „Dicker, willste ‘ne Kippe?“
Er schlug mir reflexartig die Hand weg. „Dicker, verpiss Dich. Ich mach Dich kaputt, Du dumme Schwuchtel!“
In seiner Welt waren vermutlich alle, die eine Brille und keine Bomberjacke trugen, Homo-sexuelle, die man straflos verprügeln durfte. „Schwule ticken.“, so nannten sie das.
Ich versuchte es nochmal. Dieses Mal eindringlicher. „Alter, lass doch mal den Scheiß nach. Ich will mich nicht hauen. Such Dir doch mal einen richtigen Gegner aus. Streetboy oder so!“

Ich sah mich um, wer sonst noch in der Nähe herumstand, und mir notfalls vielleicht helfen könnte. Neben uns saß eine Gruppe Punker auf dem Boden, die gerade aus ihrem Sharp-Ghettoblaster „Cities in Dust“ von Siouxie and the Banshees abspielten und kleine hässliche Wanderratten über ihre Schultern wuseln ließen. Ekelhaft! Wahrscheinlich waren sie aber einfach nur froh, dass sie heute keine Tracht von den Champs kassierten.
Es gab absolut keinen Grund für Stress. Eigentlich war heute sogar ein richtig guter Tag, denn gestern hatte der HSV Hannover 96 mit drei zu null geschlagen. Schröder, gefolgt vom Schotten McGhee und zwanzig Minuten vor Abpfiff, hatte Peter Lux die Pille sauber ins obere Eck reingeschlenzt. Teufelskerle! Unhaltbar für Hannovers Keeper Ralf Raps. Trainer Happel hatte es also doch noch drauf, wenn er denn nur wollte.

„Watt wissu?“, schnauzte ein Turm von einem Mann, der sich von rechts genähert hatte und sein Kinn angriffslustig nach vorne reckte. Jetzt plusterte er sich zur vollen Größe auf. Kurzgeschoren, Knastträne auf dem rechten Augenlid, trotz Kälte nur mit Puma-Muscle-Shirt bekleidet und mit Oberarmen ausgestattet waren, welche Kraft eines ausgewachsenen Ochsen zu haben schienen. Der kleine Champ sah in Sekundenbruchteilen ein, dass die Geschichte hier für ihn nicht gut ausgehen würde und zog sich instinktiv in den Kordon seiner Gang zurück. Die hingegen gaben sich Mühe möglichst hart und männlich auszusehen, zogen sich aber dann doch im Angesicht der Ein-Mann-Armee taktisch klug zurück.
Der Kraftprotz wandte sich an mich und grinste bis über beide Ohren.
„Dicker, Du scheinst ja richtig Stress zu suchen. Was’n los mit Dir, Dicker?“, fragte mich die Muskelmaschine, die eine lockige köterblonde Mähne, braunen Trainingsanzug mit Puma-Muscle-Shirt, einen hellbraunen Dschingis-Khan Schnurrbart und jede Menge Goldketten trug, die bei jeder Bewegung klimperten. Er war ein Lude wie aus dem Bilderbuch. Wo er auftrat, erstarrte jeder in Angst und Ehrfurcht zur Salzsäule.
„Nö, bin mit meinen Kollegen am feiern. Ganz locker, verstehste?“
„Sonne in der Nacht“ – Peter Maffay. Der Zuhälter schien heute einen richtig guten Tag zu haben. „Dicker, gestern HaaEsVau putzt Hannover. Gute Geschäfte. Alles toffte. Pass auf, ich lad Deine Jungs und Dich in unsere Hütte ein. Frag einfach nach Locke [er sprach es hanseatisch wie »Loggä« aus]. Da können wir saufen bis zum Augenstillstand, wenn Du weißt, was ich meine, Dicker.“
Oh ja, das wusste ich sehr gut! Und wie ich das wusste! Locke, ich schwör‘s Dir aber Du bist mein Lieblingsscheißhaufen! Das war ein Angebot, das ich mich nicht zweimal sagen ließ. Jetzt hatte ich allerdings die größte Mühe, meine beiden Kollegen für den Ortswechsel zu mobilisieren. Die Stimmung im Zillertal hatte sich noch immer nicht zum Positiven verändert. Eine lahme Band und ringsherum stumpfes Trinken. Sönkes Kopf lag in einer Bierlache und er roch streng nach Urin. Dirk hingegen hatte die dralle Frau auf seinem Schoß, seine Hand an ihrem ausladenden Hintern und die beiden knutschten heftig. Ich musste den Kopf schütteln, da es so aussah, als würden die beiden sich gleich auffressen.
Energisch packte ich ihn am Arm. „Dicker, komm schon, Lokalwechsel!“ Doch Dirk reagierte nicht einmal. Die beiden Zuckermäuschen sollten sich dringend ein Zimmer in irgendeinem Stundenhotel nehmen. Ich schüttelte ihn nochmal. Dieses Mal heftiger.
„Ey Dirk, lass mal die Alte los! Komm schon, Dein Typ wird verlangt.“ Er beachtete mich immer noch nicht und ließ nicht nach, die Frau genüsslich abzulecken. „Verpiss Dich, Du Arschloch. Siehst Du nicht, dass ich beschäftigt bin?“, zischte er und wehrte mich ab, bloß um seine Ruhe zu haben. Ich und Sönke, wir spielten keine Rolle mehr.
Da nahm ich ein halbleeres Bierglas – das gute Mathäser Bräu – und goss es den beiden mit einem Schwung die Flüssigkeit über den Kopf. Es bot sich ein unglaublich lächerliches Bild. Die Frau quiekte und sprang zur Seite, Dirk reagierte schneller und ging mir sofort an den Kragen.
„Scheiße, was ist denn mit Dir kaputt? Soll ich Dir die Fresse polieren oder was?“ Er hatte die Fäuste geballt und wollte mich gerade körperlich angehen. Mit allergrößter Mühe konnte ich ihn davon abhalten, mir eine reinzuhauen. Sein Mädchen war sowieso weg. Jetzt konnte er völlig frei und unbelastet auch mit mir mit. Außerdem lockte ja der magische Satz: „FREI SAUFEN!“, der einen jeden einfach nur begeistern musste. Nun mussten wir nur noch Sönke wachkriegen, was uns erst nach einer Viertelstunde intensiver Bearbeitung mit Ohrfeigen und ebenfalls jede Menge Bier gelang. Irgendwann war er dann transportbereit. Den schwer angeschlagenen Kollegen eingehakt, verließen wir das Zillertal.

Wir mussten am Eros Center und am Palais d’Amour, wo Koberer, Bordell-Türsteher, mit derben Zoten und flotten Sprüchen die körperlichen Vorzüge der käuflichen Damen anpriesen, vorbei und bogen zielstrebig in die Silbersackstraße ein, wo es nicht weit bis zur Silbersack Holsten-Bierquelle war.
Als wir die Schankstube betraten, prallten wir auf eine Wand aus Zigarettenqualm, Bierdunst und Männerschweiß, die uns wie eine Faust entgegenschlug. Eines spürte man sofort: hier lag jede Menge Testosteron in der Luft. Die Kerle sahen sogar noch schlimmer und gefährlicher aus als die Hell’s Angels vom Charter Hamburg. Ein großer Moment, denn zum ersten Male sah ich die stadtbekannten und überregional gefürchteten Luden der G.M.B.H.-Organisation live und in Farbe.
G.M.B.H. stand, laut letztem Polizeibericht, der auch der BILD-Zeitung bekannt war, für die Kürzel der vier Gesellschafter: Gerd, Michael, Beatle und Harry.
Auf Beinhöhe der Männer, an Leinen angebunden, knurrten ihre Kampfhunde. Kleine Teufel. Alles, was dazu geeignet war, um dem Gegner Respekt einzuflößen. Staffordshire Bullterrier, American Staffordshire, American Pit Bull und bullig-breite Tiere anderer Rassen, die ich nicht kannte. Sie brauchten sie für gewisse Situationen, wo Fäuste, Messer und Pistolen nicht mehr weiterhalfen. Widerliche, sabbernde Köter – ich verabscheute sie!

„Hier ist geschlossene Gesellschaft, Ihr Fotzenvögel!“, brummte uns ein Kleiderschrank von einem Mann an, dessen Bizeps das Ausmaß von Strommasten hatten. Wir wären schon fast wieder auf der Stelle umgekehrt, als mein neuer Bekannter Locke ihn jedoch zur Seite schob. „Hey, ganz ruhig Brauner! Diese Fotzenvögel sind heute Nacht unsere Gäste.“ Dann wandte es sich uns zu.
„Sauber, dass Ihr es bis hier her geschafft habt. Wie gesagt, ich steh zu meinem Wort. Heute habt Ihr alle Getränke frei, einmal die große Hafenrundfahrt und wenn ihr mit einem Mädchen nach oben wollt – zwei Häuser weiter haben wir ein paar Steigen – müsst Ihr nur sagen, klaro?“
„Klaro, Locke. Danke nochmal für Deine Einladung.“
Nachdem wir Sönke auf einen Stuhl gesetzt hatten, wo er wie ein nasser Sack aufschlug, sah ich mich kurz um. „Willst Du uns die Herren nicht vorstellen, Locke?“
Er grinste über beide Backen wie ein Honigkuchenpferd. Es schien ihm richtig zu gefallen, die ehrenwerte Gesellschaft für Nicht-Kiezianer ins beste Licht zu rücken. „Nun gut, da haben wir Gerd, der ist für die Kohle zuständig. Das hier, der John Travolta für Arme, das ist der »schöne Mischa« – er kobert die Hühner an, macht sie klar, reitet sie ein – manchmal rutscht auch die ganze Mannschaft über sie rüber, dann sind die Stußmütter gut geschmiert, so dass sie am Ende für uns mit Freude und Demut anschaffen gehen.“

Blanker Neid stand in meinem Blick. Weiter ging es. Locke deutete nach Art eines Gutsherren mit der Hand nach links. „Er hier, »Beatle« ist der Chef von’s Ganze. Wenn der Boss was sagt, dann ist Ruhe im Puff. Er fährt übrigens einen Cabrio Mercedes-Benz SSK-Excalibur, haste bestimmt schon mal auf dem Jungfernstieg gesehen.“
Oh ja, das hatte ich! Jeder Hamburger kannte und bewunderte den gut erhaltenen Oldtimer und vor allem die bildhübschen Mädchen, die sich da auf dem Hintersitz rekelten.
Doch die Vorstellung war immer noch nicht zu Ende. „Harry, der vierte Gesellschafter und heute aus Berlin »Karate-Andy«. Dem solltest Du nicht dumm kommen.“
„Oh nein, das werde ich schon nicht. Moin Jungs!“, sagte ich unterwürfig, doch die Fleisch- und Muskelberge bemerkten mich nicht einmal. Ich war persönlicher Gast von Locke, hatte mich aber aus den Kreisen der G.M.B.H. strikt herauszuhalten. Das verstand ich sofort und musste daher auch nicht weiter belehrt werden. Die Namen der anderen Zuhälter konnte ich mir anhand ihrer auffälligen Eigenschaften selber zusammenreimen. „Lackschuh“-Dieter, „Korvetten“-Klaus, „Neger“-Waldi , Korvetten“-Ralf und so weiter. Doch die zuletzt erwähnten Herren gehörten, soweit ich informiert war, der verfeindeten Fraktion der Nutella-Bande an. Die Tatsache, dass sich die beiden Gangs, die sich nach Polizeiberichten ja immer bis aufs Messer bekämpften, konnte ja eigentlich nur bedeuten, dass die beiden wohl irgendein großes Geschäft am Laufen hatten.

Meine journalistische Neugier war auf jeden Fall angestachelt.
Daher war ich mir auch nicht zu schade, sofort nachzufragen, „Du Locke, was machen denn »Lackschuh«-Dieter, »Korvetten«-Klaus und so weiter hier? Sind das nicht Eure Feinde?“ Sofort hatte ich Lockes kräftige Hand am Kragen.
„Halt bloß Deine dumme Fresse! Das geht Dich ja wohl ‘nen feuchten Scheißdreck an, hast Du verstanden? Noch so‘n Spruch und Ihr fliegt mit einem saftigen Tritt in den Arsch aus dem Laden!“
„Ja, ja, is‘ ja gut! Bleib mal locker!“ Locke brummte irgendetwas und stellte dann jedoch jedem von uns eine Holsten-Knolle auf den Tisch. „Sauf und halt den Sabbel, ja?“, wies er uns an. Damit wandte er sich wieder seinen Jungs zu.
„Ein Hoch auf den edlen Spender!“, rief Dirk und prostete uns allen zu. Seine Laune hatte sich deutlich verbessert und sein torpediertes Schäferstündchen schien vergessen zu sein.
„Dicker, nachher muss ich aber unbedingt noch n‘ Rohr verlegen. Locke sagt doch, Nutten heute frei Haus, oder nicht? Alter, ich habe dermaßen einen Masten in der Hose, muss mir noch unbedingt die Eier leerspritzen, wenn Du verstehst, was ich meine.“, raunte er mir verschwörerisch zu. Wir redeten mit einer Intimität und Vertrautheit, so als ob wir schon jahrhundertelang die besten Kumpels gewesen wären. Dabei hatten wir uns doch nur einmal in der BILD-Cafeteria getroffen und kennengelernt.
„Na klar, Dicker. Ficken muss der Mensch. Ist doch klar. Wenn Du es gar nicht mehr aus-hälst …“, ich sagte das mit einer Selbstverständlichkeit, als ob seine leibliche Gesundheit davon abhing, sich auf einer bedauernswerten Hure abzureiten, „sag ich Locke Bescheid und dann gehen wir geschlossen rüber, um einen wegzustecken.“ Natürlich hatte ich das nicht vor. Das war nur so dahingesagt.

Sönke war durch.
Er war jetzt jenseits von gut und böse, so dass er einem schon richtig leidtun konnte. Dirk packte ihn mit beiden Händen und wollte ihn ins Klo begleiten. „Dicker, Du musst jetzt die Scheiße wieder ausgöbeln. Kübeln wie ein Reiher, verstehst Du? Dir wird es sofort besser gehen.“
Die beiden traten ab und man konnte die hässlichen Würgegeräusche aus dem Klosett nicht hören, da in der Schankstube laute Schlager gespielt wurden und harte Männergespräche alles andere überdeckten. Ich konnte nur Fetzen verstehen, die für mich wenig Sinn ergaben, da ich die Welt der Zuhälter nicht gut genug kannte.
„Die Alte bückt in der Nacht fünf Mille ab, ich schwör’s Dir, Dicker! …“, „Ich verklopp meine ganzen Hühner an Gerd und dann mach‘ ich’s mir auf Gran Canaria gemütlich. Dicke Finca und lass mir zum Frühstück von ’ner flotten Minna tüchtig einen blasen …“, „Dicker, ich hab der Sau aber so was von die Fresse poliert. Das hat nur geklatscht. Bam, Bam! Die ganze Zeit. Ich drauf auf die Sau und dann immer nur druff, verstehste? Seine Fresse sah dann nur noch so aus wie ein Hackepeter-Igel, richtig Scheiße …“
Luden unter sich.
Das Tor zu einer verschlossenen Welt, in der unsere Gesetze einfach nicht mehr galten. Es war nicht einmal eine rechtlose Welt, sondern eine, wo zumindest das deutsche Strafrecht und die Polizei nichts mehr zu sagen hatten. Luden schlugen sich und ihre Huren, sie kämpften mit den Fäusten auf der Straße, bis einer mit polierter Fresse zu Boden ging. In ihren harten ritualisierten Kämpfe, in denen es um Ehre, Respekt, Reviere und Mädchen als Beute ging.
„Hier bin ich der Macker. Ich bin der Bock mit den ganz dicken Eiern, der als Chef-Beschäler die Weiber deckt. Ich allein sage, was hier Sache ist. Hier bin ich der Zuchtbulle, der Alleinherrscher und ich allein bestimme, wer fickt und wer gefickt wird. Wenn Dir das nicht passt, dann zeige ich Dir mal, wo Bartel den Most holt, verstehst Du? Wenn Du damit nicht klar kommst, dann mach Dich gefälligst gerade, Du kleine Puschmütze. Dann gehen wir zusammen vor die Tür und klären es. Unter Kerlen, wie es sich gehört. Dann zeig mal, dass Du Deinen Mann stehen kannst.“

Dann flog die Tür auf und ein junges Mädchen betrat den Raum. Ich staunte wirklich nicht schlecht, als ich Wiebke erkannte.
„Hey, was machst Du denn hier?“, rief ich ihr zu.
„Ich hab Euch gesucht. Es war nicht okay, mich von vornherein auszuschließen. Schließlich bin ich ja morgen auch dabei.“, sagte sie trotzig voller Vorwurf. Der Regen hatte ihre Haare durcheinandergebracht aber sie sah immer noch verdammt gut aus. Das bemerkten auch die Stiernacken der G.M.B.H.
Der Mann, der uns vorher beinahe rausgeschmissen hätte und auf den Spitznamen „Naggen“ (entweder Stier- oder Schweinenacken. Er besaß einen ausgesprochen stämmigen Hals und die Mafia hätte wirklich die allergrößte Mühe gehabt, ihn mit der Garrotte zu strangulieren) hörte, machte sie auch gleich direkt an.
„Na Baby, schon mal einen so richtig dicken Fleischprügel in Deinem Honigpott gehabt?“, flötete er, fasste sich in die Hose und reckte die Hüfte provozierend und obszön nach vorn, „Ich würde Dich hier jetzt und gleich aufbocken und dann mal so richtig von vorne, von hint-en und von der Seite durchnageln, dass Dir Hören und Sehen vergeht. Ich fick Dich ins Koma, Puppe!“
Gott, was für eine frauenfeindliche, asoziale und primitive Anmache! Ich hätte beinahe gekotzt! Obwohl ich es nicht wollte, ich musste Wiebke jetzt verteidigen.
„Hör mal, Kollege. Das Mädchen gehört zu mir. Lass Sie bitte in Ruhe.“
Eine eindeutige Revierabgrenzung. Ich konnte gar nicht glauben, so etwas gesagt zu haben. Der Bulle machte einen Eindruck, als könnte er Rocky Balboa und Hauptmann Ivan Drago (zwei Figuren aus Rocky IV -  Der Kampf des Jahrhunderts) gleichzeitig umhauen und mit einem Punch ausknocken.
Diese Jungs hier hielten sich allesamt für ehrenwerte Hamburger „Vollkaufleute“ von Schrot und Korn. Tüchtige Hamburger Jungs (aber ohne Tüdelband, wie es Heidi Kabel auf so alberne Weise besang). Für Frauenwirte, die jede Menge Außendienstmitarbeiterinnen am Laufen hatten und diese auch rund um die Uhr kontrollieren mussten. Jeder, der nicht aus ihrer Welt kam, die aus Kampfsport, Prügel, Faust- und Karatekämpfe, sowie dem Einreiten, Erziehen und Ausnehmen der Huren bestand, der galt nicht als ganzer Kerl. So einer war in ihren Augen eine Schwuchtel, den man ungestraft wegklatschen konnte. Hier auf den Straßen des Kiezes musste man sich gerade machen, um als Etwas zu gelten.

„Watt wissu denn, Du halbe Portion? Hamse Dir in‘ Kopp geschissen, oder was?“
Das war eine offene Kriegserklärung. Genauso wie bei dem Champ auf dem Spielbudenplatz, musste ich hier dringend wieder einmal deeskalieren und eine bedrohliche Situation hinunterkühlen.
„Nein, ich will keinen Stress. Echt nicht. Ich möchte Dich nur bitten, meine Freundin zu respektieren und sie anständig zu behandeln. Danke schön.“
„Ajo ndaloi së punuari kur një tutor prostitutash preu fytyrën. E la punen pasi u rrah nga tutori i saj.“ – „Sie hörte auf zu arbeiten, als ihr ein Zuhälter das Gesicht zerschnitt“, so hätten es die Albaner ausgedrückt, die Großfamilien Ibrahimi, Fejzullahu, die Dushku, die sich in den Puffs von St. Pauli ganz langsam nach vorne arbeiteten. [passt nicht, die Albaner kamen erst nach dem Ende Jugoslawiens und dem Fall des Eisernen Vorhangs. 1986 noch nicht!]
„Finanzmanager“ Gerd rief den aggressiven Vollkaufmann zu sich und das war meine Rettung in letzter Sekunde.
„Danke“, sagte Wiebke, „aber Du hättest Dich mir nicht als Deine Freundin angeben müssen. Das war echt unnötig, Martin.“ – Nein ganz und gar nicht, Mädel, der hätte Dich eben beinahe an Ort und Stelle flachgelegt, aber falls das wieder mal jemand versuchen sollen, werde ich ganz bestimmt nicht mehr einschreiten. Vielen Dank aber auch! – „Kannst Du mir einen KiBa bestellen, bitte?“
Ich schluckte meinen Ärger über so viel Undankbarkeit einfach mit dem nächsten Bier hinunter und bestellte für Wiebke einen großen Kirsch-Banane mit ganz viel Eis und Minzblättern an der Bar, die von einem unförmigen und miesepetrigen Mannweib mit Lockenwicklern bewacht wurde.

Dirk, der von Minute zu Minute sichtbar unruhiger wurde und ganz offensichtlich einen aggressiven Schwarm Hummeln im Arsch hatte, war gerade dabei, Lockes unmoralisches Angebot anzunehmen.
„Scheiße, aber ich kann kaum noch laufen. Ich halt’s einfach nicht mehr aus, Junge. Ich muss ein Rohr verlegen – SOFORT!“, waren seine Worte und er ließ sich anschließend von Locke in die Steige Nummer Sechs begleiten, wo er mit einem verhuschten und scheinbar recht verängstigten Mädchen in eines der oberen Stockwerke verschwand.
Dann ward er nicht mehr gesehen. Der Rest interessierte uns nicht. Wiebke und ich tauschten gegenseitig verlegene Blicke aus. Sie war genauso empört wie ich und konnte gar nicht glauben, was da vor sich ging.
Das Vergnügen schien jedoch nur von kurzer Dauer gewesen sein, denn schon nach einer Viertelstunde war Dirk wieder bei uns. Er trug einen erleichterten Gesichtsausdruck, als wäre er auf der Toilette gewesen.
„Alter, ich sach Dir. Die hat mich aber so was von leergepumpt …“
Ich fand das einfach nur abstoßend. Allein die Tatsache, sich so wenig im Griff zu haben und seinen animalischen Trieben auf so ekelige Weise nachzugeben, das war skandalös.
Aber jeder so, wie er es braucht!, dachte ich, schüttelte meinen versoffenen Kopf und damit war dieses unappetitliche Kapitel auch schon wieder beendet. Doch ich konnte mir nicht verkneifen, meinem Kollegen dennoch kurz die Meinung zu geigen.
„Alter, das war echt Bullshit, was Du da gemacht hast! Hast Du denn gar kein Mitleid mit dem Mädchen, in dem Du Arschloch Dich erleichtert hast? Du bist ein Drecksack, aber wirklich!“
Doch die Wirkung verpuffte. Dirk antwortete mir nicht einmal, sondern grinste nur weiter und blies mir nur geringschätzig Zigarettenrauch ins Gesicht. Aber wie gesagt, die Sache war erledigt und abgehakt.

„Ey, Ihr seid doch von der Zeitung, oder?“, raunte mir auf einmal eine dünne Stimme aus dem Hintergrund zu.
„Ja von der BILD-Zeitung. Wir sind heute aber rein privat hier.“, antwortete Wiebke, indem sie sich ungefragt in den Vordergrund drängte.
Die Praktikantin war zu weit vorgeprescht und ich musste die Initiative zurückgewinnen.
„Und wer bist Du, wenn ich fragen darf?“
Der Mann mit dem ungesund käsig-bleichem Gesicht und dem leichten Grünstich eines verschimmelten Blaupilz-Käse streckte mir seine schlaffe Hand entgegen. Angeekelt zog ich sie sofort zurück.  Er fiel sofort auf, da er als Einziger einen Anzug trug.
Das schien ihm jedoch irgendwie ziemlich unangenehm zu sein und er drehte seinen Hals in alle Richtungen, als ob er von einer unangenehmen Hautkrätze zerfressen wäre. „Ach ja, Verzeihung. Dörner, Wolfgang Dörner mein Name.“
„Hi, ich bin Wiebke und das da sind Martin, Dirk und der komatöse Vogel da, der da am Tisch liegt. Das ist Sönke aber der hat wohl irgendwie sein Sprachzentrum verloren.“
„Ihr wollt mich verarschen, oder? Ihr seid definitiv nicht privat hier. Denkt Ihr denn, ich bin komplett bescheuert?“ Das war keine Grundlage für ein vernünftiges Gespräch und ich starrte finster in mein Bierglas. Ja, ich war betrunken, konnte mich aber immer noch ganz gut artikulieren und die Gedankengänge waren noch nicht völlig verworren. Ich hatte mächtig getankt und keine Lust mehr auf irgendwelche Spielchen. Obwohl mir bewusst war, dass kein Journalist in diesem Moment so wie ich handeln würde, ließ ich mit schwerer Zunge die Maske fallen.
„Ja, Du hast recht, Wolfgang. Wir sind Reporter und morgen ziehen wir in den Krieg.“
Das schien ihn zu beeindrucken. Er lehnte sich auf seinem Stuhl zurück und pustete langsam und genüsslich Zigarettenrauch in die Luft.
„So, so. Ihr wollt also John Wayne auf dem Schlachtfeld der Moderne spielen. Aber ist denn morgen irgendein Manöver? Truppenübungsplatz Munster oder Bergen.“
„Tut mir leid, aber da kann und will ich Dir keine Auskunft geben. Du kannst ja irgendwann einmal unseren Artikel als Hauptschlagzeile lesen. Und ich verspreche Dir, es wird ein Knaller sein. Achte mal auf die Autoren: MB, DH, SS und WW.“
Wiebke natürlich nicht – sie ist nur unsere schnuckelige aber vorlaute Praktikantin!
Wolfgang Dörner konnte nur verächtlich grinsen. „Ach komm schon, Martin. Mach mir hier doch kein Schmierentheater vor … Lass Dir mal was von einem älteren Mann gesagt sein. Die Menschen sind nicht so dumm, wie Du vielleicht denkst.“
Ich hatte keine Lust auf zweideutige und nebulöse Gespräche mit Leuten, die ich nicht kannte und vor allem auch gar nicht dazu eingeladen hatte.

„Ach was soll’s, Du bist ja eh nicht involviert. Also kann ich es Dir auch erzählen. Ja, meine Leute und ich wir gehen morgen …“, ich blickte auf die Uhr, es war 01:30 Uhr, „also beziehungsweise heute, mit der Bundeswehr raus und wir werden einen Artikel über den Krieg schreiben.“
„Wird es denn wirklich Krieg geben?“
„Es sieht ganz danach aus aber mehr kann ich auch wirklich nicht dazu sagen.“
Sie haben tatsächlich alle keine Ahnung! Von Tuten und Blasen nicht. Die Allgemeinheit der Bundesrepublik Deutschland ist doch tatsächlich der naiven Meinung, dass Ost und West ihre üblichen Herbstmanöver abgehalten haben und dass die dann wieder in ihre Kasernen zurückkehren werden … denn alles andere entzog sich jeglicher Vorstellungs-
kraft
.
Niemand wusste, was sich tatsächlich hinter den Kulissen abspielte. Keiner hatte die Telefongespräche über den roten Draht zwischen Präsident Reagan und Generalsekretär Romanow mit abgehört. Niemand kannte die geheimen Pläne, die in den Schubladen steckten. Keiner wusste von den Codes, die an die Minuteman-Interkontinentalraketen in den unterirdischen Silos in Kansas oder an die SS-20 in Nowosibirsk weitergegeben konnten. Oder an die U-Boote, die durch die Tiefen des Nordatlantiks oder des Eismeeres glitten und auf den verschlüsselten Befehl zur Zerstörung der Menschheit warteten. Davon hatten wir alle keine Ahnung und das war, das ist meine feste Überzeugung, auch besser so.

Wolfgang Dörner wollte mir und den anderen unbedingt etwas mitteilen. Etwas, was ihn schon die ganze Zeit beschäftigt hatte, seine Seele sichtbar schwer belastet hatte und er unbedingt noch loswerden wollte.
„Habt Ihr schon mal von den FALLEX, beziehungsweise WINTEX-Manövern, gehört?“
„Bitte was? Was für'n Tier?“ Ich kannte mich da tatsächlich überhaupt nicht aus.
„WINTEX oder CIMEX, das steht für Winter Exercise oder Civil Military Exercise, und ist eine Stabsrahmenübung der NATO. Die wird jeden Herbst, beziehungsweise jeden Winter, abgehalten. Das ist ein Weltuntergangs-Szenario, welches immer weiter hocheskaliert wird. All diese Dinge wie: »unsere Front bricht zusammen«, »Massenfluchtbewegung in Richtung Frankreich« und dieser ganze beschissene Spuk.“
„Okay schön und gut, und worum geht es da?“, fragte ich gelangweilt, da es mich ehrlich gesagt nicht besonders interessierte und ich es auch absolut nicht mit unserer morgigen Mission in Zusammenhang bringen konnte.
„Na ja, um ein Planspiel zum Einsatz von Atomwaffen.“
„Und woher weißt Du Schlauberger davon?“
Dörner wurde auf einmal kurz angebunden. „Das hat Dich nicht zu interessieren.“ Ah ja, aber mich ausquetschen wollen, oder was?
Doch das hielt ihn nicht ab, fortzufahren. „Also diese hochgeheimen WINTEX-Übungen finden im Regierungsbunker Ahrweiler statt und man simuliert dort zwanzig Meter unter der Erde die Eskalation zum Nuklearkrieg mit all seinen Konsequenzen.“
„Alles, was Rang und Namen hat, war dabei. Die ganzen hohen Tiere. Leute wie Günther Leonhart, SPD, Bundesverteidigungsausschuss, Chef des Bundeskanzleramts Waldemar Schreckenberger, Staatssekretär Rühl und so weiter und so fort. Also, Ihr müsst Euch das so vorstellen: klingelnde Telefone, tackernde Fernschreiber, schneidige Stabsoffiziere, die von Pontius zu Pilatus eilen und nebenbei allerlei bunte Linien auf die Lagekarten malen.“
„Aha, na und? Was willst Du uns damit sagen?“
„Mensch stell Dich Doch nicht so doof an. Die üben den ATOMKRIEG! Ist Dir das überhaupt klar, was das bedeutet? Das ist die totale Vernichtung allen Lebens auf der Erde. Und das ist Dir etwa scheißegal?“
„Komm schon, Junge, laber mich hier nicht dumm voll und lass mich mein Bier und meine Zigarette genießen.“
„Doch, mich interessiert das. Erzähl mal weiter, Wolfgang!“, mischte sich Wiebke ein.
Schon wieder, dieses kleine Biest!
„Ihr habt doch alle keine Ahnung. Na ja, es ist so, es ist und bleibt eine Übung. Jedenfalls war es das so in der Vergangenheit. Okay, es werden keine Städtenamen und auch keine Verlustzahlen genannt – obwohl wir uns alle vorstellen können, dass diese in die Millionen hochschnellen. Wegen der Psyche, weißt Du? Deswegen reden Sie nicht offen drüber.“
Dörner machte eine gewichtige Pause.
„Und weißt Du, was Kohl gesagt hat?“
„Nein!“, fragte Dirk und rülpste. Auch er war ziemlich betrunken.
„»Hört auf mit dem Blödsinn!«, hat er gesagt - der Vollidiot!“
Unser Bundeskanzler Helmut Kohl, der in der Republik überall als „Birne“ bekannt war, auf allen Schulhöfen lauthals verspottet wurde und dem man eine nur äußerst geringe Intelligenz und grenzwertige Ausstrahlung als Staatsmann zusprach, genoss landauf, landab keine große Popularität, daher war die Bezeichnung „Idiot“ noch eine der Harmlosesten.
„Na ja, ein Bundeskanzler kann machen, was er will. Er wollte dann am Ende wohl doch nicht, dass 25 Atombomben in Polen und der Sowjetunion detonieren.“, warf Dirk ein, der mich damit doch sehr erstaunte. Anscheinend kannte er sich mit dieser Materie weitaus besser aus, als ich gedacht hatte.

Im Mittelpunkt des Schankraumes war auf einmal große Unruhe entstanden. Ein schwarz-weiß gefleckter American Staffordshire hatte einen mausbraunen Pitbull gepackt, ihn zu Boden gezwungen, so dass er sich nicht mehr wehren konnte und war gerade dabei, ihm mit den Reißzähnen Hals und Unterleib aufzureißen. Die gesamte Szenerie war untermalt vom fürchterlichen Kreischen eines unterlegenen und sterbenden Kampfhundes und dem Thriumphgeheul der siegreichen Bestie. Dazu kam der Gestank durch freigelegte Eingeweide und fleischhaltigem Mageninhalt. Es war nicht mehr zum Aushalten.
Doch was mich am meisten abstieß, war das Johlen der herumstehenden Zuhälter. Mit großem Entsetzen sah ich, dass nicht nur den grausamen Kötern, sondern auch den Männern der ekelhafte Geifer im Gesicht stand. Beinahe hätte ich mich übergeben. Ich hasste sinnlose Brutalitäten. Noch viel weniger, wenn sie dem entarteten Vergnügen von Menschen diente.

„Komm, lass uns gehen!“, sagte Wiebke und zupfte mich energisch am Ärmel. Auch ihr war kotzübel geworden. „Wolfgang, kommst Du auch mit?“
„Ja, das hier ist einfach nur widerlich!“ Ihn hielt hier auch nichts mehr. Dirk sah das genauso und Sönke? Tja, Sönke, der war weit entfernt von Gut und Böse.
Als Locke mitbekam, dass wir uns gerade zum Gehen anschickten, blaffte er uns an.
„Watt is denn nu‘ kaputt? Habt Ihr Gebetsschwestern Euch vielleicht in die Büchs geschissen oder was?“
„Nee Locke, wir müssen einfach gehen. Es ist schon spät und wir wollen nochmal woanders hin. Weißt schon, Absacker und so. Aber vielen Dank nochmal für die Gastfreundschaft.“ Selten habe ich jemanden gesehen, dessen Augen so viel Verachtung und Geringschätzung ausdrückte wie es bei Zuhälter Locke der Fall war.
„Dann verpisst Euch doch! Darauf geschissen!“
Das taten wir. Auf Tierquälereien hatte keiner von uns Lust. So tief waren wir nicht gesunken.

Grünspan, Große Freiheit Nummer 58. Vor dem Eingang war noch viel weniger los als im Zillertal. Doch Dörner zog uns ein paar Meter weiter in eine winzige Pinte mit dem höchst denkwürdigen Namen „Das schmale Handtuch“. Das Gute war, die Knolle Astra und der Kööm dazu kosteten wirklich nicht die Welt. Das konnte sich jeder gerade noch leisten. Dazu gab es schön fettig frittierte Frikadellen, Pommes und ein richtig schönes Mettbrötchen mit hartgekochtem Ei.

Es war jetzt drei Uhr morgens. Ein Zeitungsjunge kam mit einem Fahrrad vorbei.
Dirk war reaktionsschnell genug und fing ihn schwungvoll ab.
„Gib mal her den Lappen!“, rief er und drückte dem jungen Buttscher, den er beinahe von seinem Fahrrad heruntergerissen hatte, 50 Pfennig in seine verschwitzten Hände.
„Am Vorabend des Dritten Weltkrieges! Deutschland vor seiner großen Schicksalsstunde. Bundeskanzler warnt: wir haben unser Schicksal nicht mehr in der Hand und begeben uns jetzt in die Hände Gottes …“ stand mit blutroten Lettern auf der Titelseite. Ich musste erst einmal schnappend einatmen. Mit dieser Drastik hatte ich das noch nie gesehen.
„Gib mal her!“, sagte Wolfgang und überflog hastig den Leitartikel, von dem ich mich fragte, woher Dr. Schnoorpeter bloß diese Informationen herhatte. Von uns jedenfalls nicht. Denn wir waren ja erst morgen an der Reihe. An der Front sozusagen.

„Die ham‘ doch den Arsch offen!“, kommentierte Wolfgang Dörner, von dem wir immer noch nicht wussten, woher er kam, welchen Beruf er ausübte, was er überhaupt wollte und vor allem welche geheimnisvolle Mission er hatte. Dörner hatte vollherzig in sein Mettbrötchen gebissen. Eigelb war ihm auf den Pullover gefallen und seine Backen waren wie bei einem dreijährigen Kleinkind unansehnlich mit Remoulade beschmiert.
„Das ist nur die Botschaft an die Öffentlichkeit. Das was auf der Wasseroberfläche schwimmt. Doch in Wahrheit gibt es Pläne, mein lieber Scholli …“, Wolfgang zögerte etwas, „Ich weiß nicht genau, ob ich Euch davon erzählen sollte. Ihr würdet mir eh nicht glauben.“
Oh doch, das wolltest Du doch schon die ganze Zeit. Du hast Dich an uns gehängt und nicht umgekehrt!
„Komm schon Wolfgang, pack endlich aus!“, drängte ihn Dirk und zog ungeduldig an seiner selbstgedrehten Javaanse-Jongens-Zigarette (Extra Sterke Zware Shag natürlich – 15 Milligramm Kondensat und 2,5 Milligramm Nikotin, schwarze Rauchware, Lungentorpedos, das ganz harte Zeugs für die robusten Jungs), die nach wenigen Sekunden schon halb runter-gebrannt war. Er war ganz bestimmt kein Genussraucher, sondern zog derart gierig am Glimmstengel, dass man meinen könnte, er würde an sich selbst eine lebensrettende Erste-Hilfe-Maßnahme durchführen.
Scheiße, wir waren blutjung, wer dachte da schon an Lungenkrebs und Raucherbein? Und überhaupt - wer weiß, vielleicht ist ja der Russe schneller?

 Der Rest verlief sich im Suff, der seinen Höhepunkt längst überschritten hatte. Träge und zäh. Auch das noch vorhandene Bewusstsein floss wie ein Rinnsal von Schmutzwasser gurgelnd in den Gulli, der mit benutzten Parisern und leeren Bierdosen verstopft war. St. Pauli in den frühen Morgenstunden war reiner Seelenschmerz – und eine gotterbärmliche Kloake, wo sich das Treibgut des menschlichen Daseins ein trauriges Stelldichein gab.
Dirk und ich sahen uns mit blutunterlaufenen Augen an. Wir waren uns einig, dass die Luft jetzt raus war. Das junge Reporterteam stand vor dem Grünspan und starrte leer und verloren in die Nacht, die langsam heller wurde und die Dunkelheit verdrängte.
Ich hatte Kopfschmerzen und der Hals schmerzte vor lauter Zigaretten, die ich Idiot in Rekordzeit auf Lunge geraucht hatte.
Da schoss mir ein wichtiger Gedanke durch den Kopf. Wir hatten die Nacht zum Tag gemacht und dabei unsere Mission vollkommen außer Acht gelassen.
„W..wie schpät ist’s ei…eigentlich?“, lallte ich.
 „Gleich viere durch!“
Scheiße, zu spät! Wir versoffenen Bahnhofsgammler haben verdammt nochmal die Zeit verpennt! Das ist einfach nicht mehr zu schaffen. Fuck, fuck, jetzt ist alles im Arsch!
Mit einem Schlag war ich wieder nüchtern.
„Scheiße, um sieben müssen wir doch in Fischbek sein!“
„Jetzt mal keinen Stress, Jungs. Ist doch überhaupt kein Problem. In meinen Ford Granada Coupé passt Ihr doch alle vier mit Euren fetten Bierärschen locker rein.“, bot sich Wolfgang verdächtig selbstlos an und spielte mit seinen Autoschlüsseln herum, die von einem kleinen Fuchsschwanzhalter zusammengehalten wurden. Ein Accessoir, welches normalerweise der Opel-Manta-Fraktion vorbehalten war.
„Nein, Danke für Dein großzügiges Angebot, aber wir haben unsere Rucksäcke doch alle noch zuhause. Wir müssen zurück und die Klamotten holen. Es ist in drei Stunden einfach nicht mehr rechtzeitig zu schaffen.“

Wir waren an einem Punkt gekommen, wo unsere Mission ernsthaft gefährdet wurde.

« Was vorher geschah12



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Ben Vart
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Beitrag25.07.2020 11:11

von Ben Vart
Antworten mit Zitat

Hmmm … ich steig da jetzt nicht mehr so richtig durch. Gebe aber auch zu, nicht den ganzen Thread gelesen zu haben. Aus dem ersten Teil deiner Geschichte bin ich geistig nach dem ersten Absatz ausgestiegen.

Alles ist unklar: Es schien ein … Spätsommermorgen zu werden. Es schien … perfekt. Das nächste "schien": Die Singvögel zwitscherten fröhlich in den Vorgärten und ein grandioser Tag schien sich anzubahnen.
Und im ersten Absatz ist es mir ziemlich wurscht, was es zum Frühstück gibt. Dass dann auch gleich noch Schleichwerbung in Form von "Melitta-Filterkaffee" auftaucht - hat Melitta eine besonder Bedeutung oder könnte es auch ein Filterkaffee oder Espresso oder Cappucino oder Nescafé sein?

Zweiter Absatz: Es stand etwas richtig Großes an. Was ist das für ein Satz? Ich hasse diesen Begriff, aber hier muss er sein: Show, don't tell. Dieses Sagen in Form von Schlagworten, geht dann noch weiter: "Etwas, was mein Leben in Zukunft hoffentlich in ganz andere Bahnen lenken wird." Davon abgesehen, dass du in diesem Satz einen Zeitenwechsel vom Imperfekt zu Futur I vollziehst.

Da du aber als Ich-Erzähler etwas aus der Vergangenheit berichtest, musst du schon wissen, ob dein Leben in andere Bahnen gelenkt wurde. Du könntest also formulieren: "Etwas, das mein Leben in andere Bahnen lenkte."

Ich will nicht weiter drauf eingehen, aber das zieht sich für mich durch Text, soweit ich ihn gelesen habe.

Dann solltest du deine Texte, bevor du sie einstellst, auf Rechtschreibung und Kommasetzung durchlesen. Da hapert's deutlich.

Eine letzte Anmerkung zu diesem Satz: "Als uns von einer schlanken Dame in den Mittdreißigern wortlos die Getränke gereicht wurden und der Hausherr mir Kaffee und ein Bierglas (!) mit Kümmelschnaps (ich hasse Kümmel, Wacholder und diesen ganzen Mist!)"

Klammer-Kommentare in einer Geschichte oder einen Roman gehen für mich gar nicht, andere Kritiker sehen nur als fragwürdig an. Auch hierfür lassen sich Beschreibungen finden, statt das einfach und emotionslos dem Leser vorzusetzen. Davon abgesehen, dass jemand, der dir ein Glas Kümmel vorsetzt sicher kein mit einem Gewürz gefülltes Glas hinstellt, sondern den Schnaps.
Angebracht wäre hier, zu erklären, warum er weder Kümmel noch Wacholder (Wacholderschnaps ist Gin) mag und du damit auch deinen Charakter beschreibst und ihm für den Leser eine Facette gibst.


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BerndHH
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Beitrag26.07.2020 05:20

von BerndHH
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Hi Ben Vart,

ja, das stimmt schon. Der Text ist wirklich nicht der Knaller.
Ich freue mich ja schon, wenn überhaupt jemand so eine "Texttapete" liest. Kostet ja vielleicht auch Überwindung.
"Scheinen", das ist wohl mein Lieblingswort. Ist mir noch gar nicht aufgefallen. Besten Dank für Deinen Hinweis!
Und auf jeden Fall, sollte der Erzähler, der aus seiner Vergangenheit berichtet, muss natürlich wissen, was damals passierte. Das sind richtig gute Hinweise, die mir so gar nicht bewusst waren. Darüber muss ich nachdenken, wie ich das besser lösen kann.

Ja, es ist wirklich nicht einfach, den Leser für ein Thema zu begeistern und ihn durch "Pageturner" bei der Stange zu halten. Wie Du siehst, habe ich das überhaupt nicht drauf.
Es wurde ja bereits erwähnt, dass es für den Leser möglicherweise nicht interessant genug ist, ein paar junge Leute auf Sauftour auf dem Kiez zu begleiten.
Und ich muss auch zugeben: Heinz Strunk: Der goldene Handschuh. Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 2016, ISBN 978-3-498-06436-5. ist um einiges besser und v.a. origineller. Bei mir denkt man wohl eher: da will einer krampfhaft auf Kiez machen. Und das scheint der Leser recht schnell entlarvt zu haben.

Grüße


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Calvin Hobbs
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Beitrag26.07.2020 11:09

von Calvin Hobbs
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Hallo smile
Nun möchte ich meiner Buchempfehlung an Dich etwas vorgreifen:
Was war der auslösende Gedanke, der allererste für Deine Geschichte? Warum glaubst Du, sollte diese Geschichte erzählt werden? Was ist der innerste Kern, den Du mitteilen möchtest?
Wer ist die Hauptfigur und was treibt sie an?
Was glaubt die Hauptfigur, was sie sucht und was ist es, was sie im Grunde braucht?
Wie würde das letzte Kapitel Deiner Geschichte aussehen?
MfG


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Ben Vart
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Beitrag26.07.2020 11:17

von Ben Vart
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Ich möchte hier bei @calvin hobbs anknüpfen, der einige gute Ansätze nennt, die jetzt weniger mit dem Stil eines Buches zu tun haben als vielmehr mit Sinn, Zweck und Leserschaft.

Frage dich doch mal, was die Prämisse deines Werks sein soll. Versuche, in zwei, drei möglichst kurzen Sätzen, den Inhalt wieder zu geben. Schreibe einen Klappentext.
Dann merkst du recht schnell, woran es hapert, denn das sind alles Sachen, die von dir verlangen, deine Geschichte auf ihren Kern zu reduzieren.


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BerndHH
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Beitrag26.07.2020 11:46

von BerndHH
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Hi Calvin,

vielen Dank für Deine Impulse! Du hast mich mal wieder erwischt! Smile

Auslösender Gedanke: Kriegsberichtserstattung im WK III. Wie arbeitet die Presse in einem modernen Krieg der 1980er Jahre (aus damaliger Sicht), wie sieht ein Zivilist die Härten und Greuel des Krieges. Also dieses Mal aus ziviler Sicht, nicht wie sonst bei mir das mechanistische Beschreiben von Gefecht, Verwundung und Tod, sondern aus einer anderen Perspektive heraus. Dieses Mal ist es kein Krieg im Fernen Osten, in Vietnam, sondern direkt vor unserer Haustür, in Norddeutschland, in der Heimat.
Alleinstellungsmerkmal: es gibt unzählige Erzählungen WK I, WK II, Vietnam aber nicht über fiktive Kriege (Fictional History) im eigenen Land und auch nicht aus dieser Zeit.
Innerer Kern der Geschichte: ?? darauf habe ich keine Antwort ??
Hauptfigur: Jungreporter aus der Ich-Perspektive. Er will unbedingt die Schlagzeile des Jahrtausends, die beste Kriegsstory aller Zeiten. Er will so sensationelle Fotos wie Robert Capa und atemberaubende Berichte. Dazu muss er ganz nah dran sein, um etwas zu produzieren, was den Leser umhaut. [unwahrscheinlich, denn im Falle eines WK III, will jeder seinen Arsch retten. Da ist keiner mehr, der gemütlich die BILD-Zeitung liest. Wer kann, der ist auf der Flucht nach Frankreich, Holland, etc.]   
Ihre Motivation: Martin Balzer will der Beste sein! Sie sucht die Wahrheit in der "Blutsuppe des Feldes", draußen im Wald, wo gestorben wird, was das Zeug hält. Natürlich ist Martin auch hin und hergerissen. Andererseits möchte er seine Eltern in Sicherheit wissen, will natürlich auch seinen eigenen Arsch retten und vor allem ist er militärisch überhaupt nicht ausgebildet. Er weiß also gar nicht, was bei einem scharfen Feuergefecht irgendwo in der Einsamkeit der Wälder passieren kann, wo auch nicht jeder seinen "persönlichen Sanitäter" hat. Was soll er machen, wenn er oder die Soldaten verwundet werden? Wie benutzt man das Verbandspäckchen, wie bindet man richtig ab? Was macht er, wenn der Warschauer Pakt Napalm schmeißt.
Was sucht die Hauptfigur: sie ist hin- und hergerissen. Will sich natürlich instinktiv in Sicherheit bringen aber andererseits auch nah dran sein. So nah, dass man den Atem des Russen oder des NVA-Mot-Schützen spürt. Das ist sein innerer Konflikt. Er hat Schiss, mächtig die Büx voll, will aber auch wissen, wie Blut und Pulverdampf schmecken.
Letztes Kapitel: Tja, das ist natürlich blöd, wenn man gar nicht weiß, wohin man letztendlich hinwill. Das ist ein wesentlicher Gesichtspunkt, sich darüber im Klaren zu sein ... vielleicht die traurige Erkenntnis, dass es am Ende nicht um Ideologien, Ost-West, Weltanschauungen geht, sondern nur um wirtschaftliche Interessen/Machtmissbrauch. Aber dazu ist Martin Balzer viel zu weit weg. In der Nordheide bekommt man natürlich nicht mit, welche Triebfedern es in Washington, an der Wall Street oder in der Machtzentrale des Kreml gegeben hat.

Gruss


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Beitrag26.07.2020 11:56

von BerndHH
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Hi Ben Vart,

Klappentext ist eine sehr gute Idee.
Ich setz mich mal rrrrrrran!

Grüße


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Beitrag26.07.2020 11:59

von Ben Vart
Antworten mit Zitat

BerndHH hat Folgendes geschrieben:
Hi Calvin,

vielen Dank für Deine Impulse! Du hast mich mal wieder erwischt! Smile

Auslösender Gedanke: Kriegsberichtserstattung im WK III. Wie arbeitet die Presse in einem modernen Krieg der 1980er Jahre (aus damaliger Sicht), wie sieht ein Zivilist die Härten und Greuel des Krieges. Also dieses Mal aus ziviler Sicht, nicht wie sonst bei mir das mechanistische Beschreiben von Gefecht, Verwundung und Tod, sondern aus einer anderen Perspektive heraus. Dieses Mal ist es kein Krieg im Fernen Osten, in Vietnam, sondern direkt vor unserer Haustür, in Norddeutschland, in der Heimat.
Alleinstellungsmerkmal: es gibt unzählige Erzählungen WK I, WK II, Vietnam aber nicht über fiktive Kriege (Fictional History) im eigenen Land und auch nicht aus dieser Zeit.
Innerer Kern der Geschichte: ?? darauf habe ich keine Antwort ??
Hauptfigur: Jungreporter aus der Ich-Perspektive. Er will unbedingt die Schlagzeile des Jahrtausends, die beste Kriegsstory aller Zeiten. Er will so sensationelle Fotos wie Robert Capa und atemberaubende Berichte. Dazu muss er ganz nah dran sein, um etwas zu produzieren, was den Leser umhaut. [unwahrscheinlich, denn im Falle eines WK III, will jeder seinen Arsch retten. Da ist keiner mehr, der gemütlich die BILD-Zeitung liest. Wer kann, der ist auf der Flucht nach Frankreich, Holland, etc.]   
Ihre Motivation: Martin Balzer will der Beste sein! Sie sucht die Wahrheit in der "Blutsuppe des Feldes", draußen im Wald, wo gestorben wird, was das Zeug hält. Natürlich ist Martin auch hin und hergerissen. Andererseits möchte er seine Eltern in Sicherheit wissen, will natürlich auch seinen eigenen Arsch retten und vor allem ist er militärisch überhaupt nicht ausgebildet. Er weiß also gar nicht, was bei einem scharfen Feuergefecht irgendwo in der Einsamkeit der Wälder passieren kann, wo auch nicht jeder seinen "persönlichen Sanitäter" hat. Was soll er machen, wenn er oder die Soldaten verwundet werden? Wie benutzt man das Verbandspäckchen, wie bindet man richtig ab? Was macht er, wenn der Warschauer Pakt Napalm schmeißt.
Was sucht die Hauptfigur: sie ist hin- und hergerissen. Will sich natürlich instinktiv in Sicherheit bringen aber andererseits auch nah dran sein. So nah, dass man den Atem des Russen oder des NVA-Mot-Schützen spürt. Das ist sein innerer Konflikt. Er hat Schiss, mächtig die Büx voll, will aber auch wissen, wie Blut und Pulverdampf schmecken.
Letztes Kapitel: Tja, das ist natürlich blöd, wenn man gar nicht weiß, wohin man letztendlich hinwill. Das ist ein wesentlicher Gesichtspunkt, sich darüber im Klaren zu sein ... vielleicht die traurige Erkenntnis, dass es am Ende nicht um Ideologien, Ost-West, Weltanschauungen geht, sondern nur um wirtschaftliche Interessen/Machtmissbrauch. Aber dazu ist Martin Balzer viel zu weit weg. In der Nordheide bekommt man natürlich nicht mit, welche Triebfedern es in Washington, an der Wall Street oder in der Machtzentrale des Kreml gegeben hat.

Gruss


Hast du Ahnung von Journalismus? Weißt, wie Journalismus funktioniert? Weißt du, wie Kriegsberichterstattung abläuft?

Hast du dich mit der Art der Berichterstattung im Korea-Krieg, im Vietnamkrieg, während der beiden Golfkriege befasst?

Sei mir nicht bös, aber was du unter deinen "Auslösendem Gedanken" schreibst, sind Worthülsen, die mir zeigen, du hast nicht viel Ahnung von dem, worüber du schreiben willst.
Hier wäre deutliche Recherche nötig, angefangen vielleicht mit Lothar Buchheims "Das Boot". Du kennst bestimmt den Film, aber ob du auch weißt, dass Buchheim als Deutscher Kriegsberichterstatter damals auch auf einem U-Boot fuhr und aus diesen Erlebnissen dann das Buch entstand, bezweifle ich. Und sein Blick als Kriegsberichterstatter fließt immer wieder auch ins Buch ein.

Es starben Deutsche Journalisten während des Krieges auf dem Balkan, in den 90er auch in Äthiopien. Vielleicht solltest du mit denen reden, die dort waren und zurückkamen.

Alles nur Tipps. Du musst keinen beherzigen.


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Beitrag26.07.2020 12:42

von BerndHH
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Hi Ben,

nein, ich habe keine Ahnung von Journalismus, Boulevardjournalismus noch von Embedded War Correspondents. Das ist Fakt. Lothar-Günther Buchheims „Das Boot“ kenne ich sehr wohl und natürlich auch ganz besonders seine derbe Sprache. Es geht aber bei mir nicht um die Marine, sondern um das Heer. Auch da ist ein Panzergrenadier-, ein Jäger-Zug, ein Schützentrupp, etc. eine „Kleine Kampfgemeinschaft“ und „Schicksalsgemeinschaft“ und da will ich für den Leser mit den unbelasteten Augen eines Zivilisten ran. Und da sind wir auch schon in medias res.

Die BILD-Zeitung hat das Reporterteam beim Bataillonskommandeur angemeldet. In der Kaserne kann man aber mit den Jungs und dem Mädel überhaupt nichts anfangen. Eigentlich wäre der S1-Stabsoffizier (Personalwesen, Innere Führung, Presse) für sie zuständig, doch der hat keine Zeit. Das Panzergrenadierbataillon muss bei Einbruch der Dunkelheit raus und in den „scharfen Einsatzräume“ im Staatsforst Göhrde in Stellung gehen.

Martin hat begeistert die Erzählungen aus dem WK II gelesen. Gefechtsberichte von Ritterkreuzträgern, den Zusammenbruch der Heeresgruppe Mitte in Weißrussland, es hörte sich abenteuerlich und verwegen an. Reale Kampfhandlungen kannte er nicht. Woher auch?

Die Zivilisten sind nur ein Klotz am Bein. Sie haben keine Ahnung von Geräusch- und Lichtdisziplin, sie hassen es, zu Dritt im Zwei-Mann-Zelt zu pennen und sie werden irre vor lauter Langeweile. Sie werden ins kalte Wasser geworfen – im Gefechtsstand wollte man sie trotz Protest nicht haben – also dürfen sie sich im Hintergrund halten und erleben den Krieg bei der 4./- Kompanie. Es kommt zu einem äußerst brutalen Waldkampf gegen ein Mot-Schützenbataillon aus Sachsen-Anhalt, dabei wird die gesamte Kompanie vernichtet. Martin erlebt Dinge, die er kaum ertragen kann.

Und dann beginnt das große Chaos. Hier bin ich mir noch nicht sicher, welche Option eine Überlegung wert wäre.
A.) Das Reporter-Team wird gefangen genommen
B.) Chaos und Flucht. Das Mot-Schützenbataillon rollt über sie hinweg und das Reporter-Team findet sich auf einmal in einer Landschaft wieder, in der Panzer- und Mot-Schützenverbände des Warschauer Paktes gen Westen donnern. Die Kämpfe sind schnell, hochbeweglich und verlagern sich in Richtung Weser. Das Team muss sich mit einer völlig neuen Realität arrangieren.  

Okay genug Gesülze, ich mach mich an den Klappentext. Wink
Grüße


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BerndHH
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Beitrag26.07.2020 13:10

von BerndHH
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Vielleicht so?

Klappentext
Martin Balzer steht am Anfang einer vielversprechenden Karriere als Reporter. Er kennt die Mechanismen des Boulevardjournalismus noch nicht und weiß auch nicht, wie die Psychologie der Massen funktioniert. Sein Chefredakteur schickt ihn und drei junge und unerfahrene Kollegen auf eine fotodokumentarische Mission der Bundeswehr. Sie sollen ein Panzergrenadierbataillon begleiten, welches in vorbereiteten Stellungen in den Wäldern des Wendlandes den Angriff der 5. NVA-Armee „Neubrandenburg“ erwartet. Am Anfang sind die Journalisten noch verärgert, dass man sie nicht in die Nähe des eigentlichen Geschehens lässt, doch als in den frühen Morgenstunden des 2. Oktober 1986 ein brutales Feuergefecht ausbricht, bricht grenzenloses Chaos aus. Von den Zivilisten überleben nur Balzer und eine blutjunge Praktikantin die wirren und sich überstürzenden Ereignisse. Ihre bekannte Welt gibt es nicht mehr. Sie erleben, wie ein Aggressor in atemberaubender Geschwindigkeit ihr Land besetzt und von heut auf morgen eine neue Realität schafft. Dank ihres Überlebenswillen und Improvisationstalentes kämpfen die beiden sich …

Na ja, gefällt mir auch noch nicht.


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Ben Vart
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Beitrag26.07.2020 14:32

von Ben Vart
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Du darfst schon mal nicht damit anfangen, was dein Held nicht kann.
Ansonsten ist das kein Klappentext.

Was ist eine fotdokumentarische Mission? Was bedeuten "Mechanismen des Boulevardjournalismus"? Wozu braucht den Held die? Im Klappentext hat das nix zu suchen.

Spare dir Adjektive wie "brutal", "grenzenlos" und versuche insgesamt deine Sprache nicht ganz so bürokratisch klingen zu lassen.

Man ist als Journalist nicht "verärgert", wenn etwas nicht so klappt wie es der Journalist will. Er ist stinksauer und sucht nach eigenen Wegen. Journalisten sind einsame Wölfe, die sich nur zusammentun, weil sie in der Gruppe sicherer sind und die Gewissheit haben, passiert ihnen was, erfahren Verlag, Chefredakteur, Familie was mit ihnen geschehen ist.

Mach dich mal mit den Biographien von Journalisten des Indochinakriegs und Vietnamkriegs vertraut. Allen voran Peter Scholl-Latour.


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BerndHH
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Beitrag26.07.2020 15:13

von BerndHH
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Klappentext Version 2. Martin Balzer ist ein begeisterter Jungreporter, der sich mit Herz und Seele dem Investigativen Journalismus verschrieben hat. Es ist sein Traum, mit einer Enthüllungsreportage hinter die Kulissen zu blicken und einen ganz großen Politskandal von internationaler Tragweite aufzudecken. Aber anstatt in Bonn, Brüssel oder New York tätig zu sein, schickt ihn sein Chefredakteur von Hamburg in die Provinz nach Lüneburg. Aber anstatt vom lokalen Kaninchenzüchterverein zu berichten, bekommen er und sein Team, die Möglichkeit den Dritten Weltkrieg hautnah mitzuerleben.

Klappentext Version 3. Martin Balzer, ein junger aufstrebender Boulevardjournalist gerät zwischen die brutalen Mühlen des WK III. Er lernt durch die Begegnung mit den einfachen Menschen der Truppe, zum ersten Mal den Bodensatz des Lebens kennen, so wie es wirklich ist und sich nicht mit der dekadenten Oberflächlichkeit der Eliten in den reichen Elbvororten Hamburgs abspielt. Es kommt in den Heidewäldern Norddeutschlands zu blutigen Panzerschlachten, über die Balzer und sein kleines Team berichtet. In den Wirren der Kampfhandlungen kommt es zum totalen Chaos. Die 4. Kompanie, welche die Presse begleitet, wird vollständig vernichtet. Balzer, welcher wie durch ein Wunder überlebt, wird von seinen Leuten getrennt und begegnet einer schönen NVA-Nachrichtensoldatin, in die er sich verliebt.


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BerndHH
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Beitrag26.07.2020 15:14

von BerndHH
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Hi Ben,

Deine Einwände sind gut und berechtigt.

Vielleicht hast Du zu hohe Ansprüche an Martin Balzer. Er ist gerade mal 20 Jahre alt und hat mit Erfolg die Hamburger Journalistenschule/Henri-Nannen-Schule abgeschlossen. Vorher hat er vielleicht ein paar tolle Artikel in der Schülerzeitung geschrieben aber das war es dann schon. Auf jeden Fall ist er extrem selbstbewusst und hungrig, sich einer neuen Herausforderung zu stellen.
Okay, der Chefredakteur schickt ihn mit einem Fotografen, einem Kameramann und einer blutjungen Praktikantin auf eine Mission. Er will von ihm Schlagzeilen und bewegende Bilder von der Front. Er will ganz einfach die Reißer-Story: Dreckfontänen, von Panzern aufgewühlte Waldwege, ganz viel Blut, aufgerissene Eingeweide, Menschen, die leiden und sterben, Leichensäcke, Massengräber, traumatisierte Kriegsgefangene … [die Frage ist: wer will das lesen, wenn das EIGENE Land betroffen ist und jeder nur noch seinen Arsch retten will, das ist für mich jetzt die entscheidende Frage, die mein ganzes Konzept wieder durcheinander bringt]

Und da bin ich auch bei Deinen Auslandskorrespondenten. Ja, sie gehen mit journalistischem Auftrag mit der kämpfenden Truppe mit, interviewen die Kommandeure und versuchen, möglichst eindringliche Bilder einzufangen, die der Leser in Europa, in der USA, dann ganz gemütlich im heimischen Ohrensessel mit Zigarillo und Feierabendbierchen degoutieren kann. Aber dieses Mal ist es ja ganz dicht, hautnah. Es ist nicht mehr Vietnam, Fernost; es ist Niedersachsen. Die Hamburger kennen die Lüneburger Heide als nettes Ausflugziel aber nicht als Ort des Schreckens, wo jetzt reale Menschen in großer Zahl sterben. Und dann kommen sie nach Lüneburg, nähern sich unaufhaltsam Bremen, Luftlandungen hinter der eigenen Front, etc. Es ist nah, es bedroht uns und nicht irgendwelche Soldaten, die sich durch den Tropischen Regenwald kämpfen.

Martin Balzer mit Tonbandgerät, Sönke Steinbach mit der Kamera, Dirk Hambrecht mit dem Leica-Fotoapparat und die süße Praktikantin nur mit Meldeblock und Kugelschreiber (gemein), wobei ihre Aufzeichnungen beim ersten Regen gleich verwischen. Also man schickt begeisterte aber nicht besonders gut ausgerüstete und vorbereitete Journalisten in eine Situation, die sie gar nicht meistern können.

Aber Du hast recht, es kann auf gar keinen Fall schaden, die Berichte namhafter Kriegsberichterstatter zu lesen, auch wenn sie sich nicht 1:1 auf den mitteleuropäischen Mischwald und auf die von mir beabsichtigte Lage anwenden lassen. Aber als Anregung sicherlich sehr gut.

Grüße


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BerndHH
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Beitrag26.07.2020 15:17

von BerndHH
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Aber ich habe die Botschaft schon verstanden.
Ich sollte mich erst einmal um einen vernünftigen und nachvollziehbaren Plot kümmern und danach erst ins Detail gehen. Das ist nämlich das größte Problem.


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Ben Vart
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Beitrag26.07.2020 15:35

von Ben Vart
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Du verwechselst was. Ich habe keine Ansprüche an deinen Helden Balzer, sondern an einen Klappentext.
Und der ist tatsächlich obsolet, wenn du keinen Plot hast. Dann wäre viuelleicht der erste Schritt ein Exposé.
Allein, damit DU weißt, wo die Geschichte lang gehen soll.


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Calvin Hobbs
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Beitrag26.07.2020 16:59

von Calvin Hobbs
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Hallo smile

BerndHH hat Folgendes geschrieben:

Auslösender Gedanke: Kriegsberichtserstattung im WK III. Wie arbeitet die Presse in einem modernen Krieg der 1980er Jahre (aus damaliger Sicht), wie sieht ein Zivilist die Härten und Greuel des Krieges. Also dieses Mal aus ziviler Sicht, nicht wie sonst bei mir das mechanistische Beschreiben von Gefecht, Verwundung und Tod, sondern aus einer anderen Perspektive heraus. Dieses Mal ist es kein Krieg im Fernen Osten, in Vietnam, sondern direkt vor unserer Haustür, in Norddeutschland, in der Heimat.


Was wäre, wenn ein junger Reporter durch Umstände gezwungen wäre, den Beginn des 3.WK hautnah mitzuerleben?
Was wäre, wenn er Pazifist, Friedensaktivist, Verschwörungstheoretiker wäre?
Was wäre, wenn er, unter Umständen, gezwungen wäre, selbst eine Waffe in der Hand halten/benutzen zu müssen?
Was wäre, wenn er Gefallen daran finden würde?
Was wäre, wenn es ihn abstieße?
Was wäre, wenn er, unter Umständen, gezwungen wäre, an der Front zu verbleiben?
Was wäre, wenn er sofort gefangen genommen würde?
Was wäre, wenn er später in Gefangenschaft geriete?

Solche Möglichkeiten (und x andere) der Geschichte im Zusammenhang mit dem Prota könntest Du durchleuchten.
Wir hatten diese Diskussion schon bei Fiete. Der Auslöser einer Dystopie ist keine Story, sondern nur ein Auslöser und damit austauschbar. Dahinter erst kommt die eigentliche Geschichte.
MfG


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Ben Vart
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Beitrag26.07.2020 23:38

von Ben Vart
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Kein Chefredakteur schickt blutjunge, unerfahrene Praktikanten und Jungredakteure in einen Krieg. Wenn bei uns einer in den Kosovo ging seinerzeit, hatte er mindestens eine militärische Grundausbildung und eine extra-Schulung der Bundeswehr.

Aber du kannst das natürlich als Autor machen wie du möchtest. Andererseits, wenn man mir etwas derart Unglaubwürdiges vorsetzte, würde ich das Buch kopfschüttelnd weglegen.

Selbst Superhelden wie Bruce Willis haben in ihrer Filmvita immer einen Hintergrund, der ihr Handeln zumindest logisch erscheinen lässt, selbst wenn der Plot noch so unglaubwürdig und unlogisch ist.


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BerndHH
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Beitrag27.07.2020 05:39

von BerndHH
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Hallo Ihr beiden,

Ja, das stimmt schon. Die Story ist sehr dünn und es fehlt vor allem ein vernünftiger und gut durchdachter Plot. Ben, ja, Du hast recht, das mag ein Logikbruch für die Presse sein, wenn man Greenhorns ins Gefecht schickt. Sie sollen sich ja hinten aufhalten, möglichst weit weg von feindlicher Waffenwirkung, werden aus dem Gefechtsstand geschmissen, da sie im Weg sind und vorne bei den Kampfkompanien hat man auch keine Verwendung für sie. Höchstens, dass sie sich bedeckt im Gruppennest halten, während die drei Züge der Kompanie in Alarmstellung liegen. Martin protestiert natürlich heftig, da er mitten drin sein möchte, um seinen Medienauftrag zu erfüllen. Ich dachte nur, da die Feindseligkeiten nach nur so kurzer Vorwarnzeit begannen, könnte man es vielleicht machen, vor allem auch um die Schlechtigkeit des Chefredakteurs Dr. Schnoorpeter zu unterstreichen – „Meine besten Leute habe ich eh an anderer Stelle.“ … aber gut, es ist unglaubhaft.

Die Frage ist tatsächlich, wo hätte man Kriegsberichterstatter tatsächlich eingesetzt, bzw. wo hätte man ihnen erlaubt, zu berichten? Hochbeweglicher moderner Krieg mit rasch wechselnden Lagen und schnellen Panzereinbrüchen, vorne ist es wirklich „heiß“, Fernwirkung feindlicher Waffen, Luftangriffe, Mil Mi-24 HIND-Kampfhubschrauber, Artilleriesperrfeuer, und, und, und … etwas ungefährlicher (bis auf überraschende Luftlandungen) vielleicht hinten bei den Heimatschutzbrigaden, beim Territorialheer im hinteren Korpsgebiet, wo z.B. Brücken über den Nord-Ostsee-Kanal bewacht werden, aber da habe ich noch nicht ausreichend recherchiert.
Ja, vermutlich auch ganz vorne am VRV = Vorderer Rand der Verteidigung, war im WK II ja auch so.

Mit fallen nur Fragmente ein.
Martin Balzer ist auf dem Weg, um ein Interview mit dem Schleswig-Holsteiner Ministerpräsidenten Uwe Barschel [Name muss verfremdet werden], als sein Zug von Tieffliegern angegriffen und in Brand geschossen wird. Balzer überlebt und rennt hinaus ins Blaue …

Egal, ich muss an den Plot ran und da kommt derzeit nichts Vernünftiges bei raus.

Grüße


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Natalie2210
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Beitrag29.07.2020 20:38

von Natalie2210
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Hallo!
ich finde die Idee grundsätzlich ziemlich cool, aber warum braucht es die Szene am Kiez? Teambuilding, ok, aber ich finde es gleitet ziemlich ab - müssen sie sich alle komplett betrinken, auch wenn sie jung sind? Auch die sexuellen Anspielungen sind weit unter der Gürtellinie - vermutlich so gewollt, aber ist das notwendig, wenn es in der Geschichte doch um Kriegsjournalismus gehen soll, und besonders, wenn der Protagonist ehrgeizig ist? Vor meinem ersten großen Auftrag betrinke ich mich doch nicht, und lasse das auch nicht bei meinem Team zu, mit dem ich ja arbeiten muss.

Ist die wesentliche Eigenschaft deines Protagonisten Ehrgeiz oder Überheblichkeit? Mit letzterem kann die Kiez-Szene drin bleiben, aber man fragt sich, wie er die Schule geschafft hat. Mit ersterem - siehe Anmerkung oben.

lg,
Natalie
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BerndHH
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Beitrag30.07.2020 04:50

von BerndHH
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Hi Natalie,

vielen Dank für Deinen lieben Kommentar!

Ja, irgendwo ist mir das Kapitel auch peinlich. Embarassed Embarassed Embarassed
Dein Hinweis, dass sich ein aufstrebender Jungreporter sicherlich nicht wie der letzte asoziale Penner verhält, trifft es sehr gut.
Der viele Sexismus ist sicherlich auch fehl am Platz. Bei einem Zuhälter ja, bei den anderen passt es vielleicht überhaupt nicht. Der Kiez ist natürlich ein Vergnügungsviertel, wo man sich halt besäuft. Das ist heute genauso wie vor 40 Jahren.

Vielleicht hast Du ja recht. Man sollte das Ganze anders ansetzen, nicht mit dem Totalabsturz im Vordergrund. Sondern die 4 treffen sich in irgendeiner gemütlichen Kneipe ... oder sie lassen es ganz, schlafen aus, denn morgen haben sie einen verdammt anstrengenden Tag vor sich.

Das ist übrigens ein generelles Problem bei mir, dass ich unglaubwürdige und ziemlich gestellte Szenen beschreibe.
Also es ist Spätsommer/Frühherbst 1986 in Hamburg und die drohenden Kriegswolken stehen am Horizont. Die Massenpanik ist noch nicht da. Keiner weiß was kommt. Wird es ein konventioneller Krieg oder eskaliert er atomar? Die Zivilbevölkerung weiß eigentlich überhaupt nichts.

Vielleicht wäre es realistischer, wenn Martin auf einen Absacker in seine Eckkneipe geht und seine Mutter anruft, weil die sich am meisten Sorgen macht.

Ja, ich sollte das ganze Kapitel neu konzipieren.

Gruss


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BerndHH
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Beitrag07.08.2020 19:01

von BerndHH
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Moinsen,

ich hatte ja noch einmal ein Kurzexposé „anheimgestellt“.
Hier nur als Schnellschuss:

Untertitel: Eine Geschichte über Politik, Krieg und Moral
Autor: Pseudonym
Genre:                 Kriegsroman, Polit-Thriller
Umfang:         300 bis 500 Seiten
Thematik:                 Bundesrepublik Deutschland und die Presse im Schicksalsjahr 1986. Die Welt des Boulevardjournalismus und die der Heeressoldaten          in der Kampfzone Bundesrepublik. Die Welt im Krieg.
Idee/Leitmotiv:         Nichts ist unmoralischer und krimineller als die Politik. Sie ist von degenerierten Machteliten eines US-Öl- u. Bankenimperiums beherrscht, die einen Weltkrieg, sogar einen möglichen Atomkrieg, anzetteln, nur um die Möglichkeit zu bekommen, um die Rohstoffe einer verfeindeten Supermacht auszubeuten.

Outline:                 Geschichte in einem Satz [schwierig, schwierig …]
Der Reporter Martin Balzer gerät durch einen Kriegsberichtseinsatz in die Kampfhandlungen des Dritten Weltkrieges, gerät dabei in Gefangenschaft und erkennt in der besetzten Bundesrepublik in der Gesellschaft des früheren Klassenfeindes die wahren Kriegsgründe.
Plot: Martin Balzer hat die Hamburger Journalistenschule erfolgreich absolviert und er erhält seine erste Anstellung bei der BILD-Zeitung [fiktiver Name: DIE SONNE]. Er wird mit seinem Team mit einer Fotodokumentation über die Kampfhandlungen eines Panzergrenadier-bataillons beauftragt. In der Nordheide kommt es zu Kampfhandlungen, bei dem jede Ordnung verloren geht. Martin und Wiebke sind die einzigen Überlebenden. Sie geraten bei Dannenberg in Gefangenschaft, werden als Kriegsreporter jedoch wieder freigelassen. Die Kriegswirren spülen sie in die Lutherstadt Wittenberg/Sachsen-Anhalt, wo die beiden, mittlerweile ein Liebespaar, eine bürgerliche Existenz im Sozialismus beginnen. Dort treffen sie auch ihren alten Chefredakteur Dr. Schnoorpeter wieder, der eine Führungsposition bei der Zeitung „Neues Deutschland“ innehat.  

Klappentext: Martin Balzer ist ein ambitionierter Jungreporter, der bei einer großen Boulevardzeitung den Auftrag seines Lebens erhält. Mit einer Gruppe unerfahrener Journalisten zieht er in den Krieg und erlebt die Hölle auf Erden.
Historischer Hintergrund und Schauplätze: Herbst 1986 und die Folgejahre
Hamburg, Lüneburg, Nordheide, Staatsforst Göhrde, DDR
BRD und DDR während des Dritten Weltkriegs
Methodische Umsetzung: Ich-Perspektive in der Vergangenheitsform
Zielgruppe: Kritische bis satirische Unterhaltungsliteratur für FSK 16/18

Handlungsabriss:     nur Schlaglichter, einzelne Szenen beleuchtet
Eigentlich geht es mir nur darum, drastisch aufzuzeigen, was passiert, wenn gewöhnliche und ungewöhnliche Menschen plötzlich und (ohne große Vorwarnung) aus ihrer Komfortzone, ihrer gemütlichen Friedenswelt, herausgerissen werden und von heut auf morgen in die rohe Kriegswirklichkeit hinein geschleudert werden.

Alarm, Alarm!! Raus aus den komfortablen Städten, rein in den Wald, nie wieder schlafen, keine Pause mehr. Oben dröhnt die Luft vor Kampfflugzeugen und hinten brennt die Großstadt Hamburg. Demoralisierte Soldaten, kopflose Zivilisten mit Aldi-Tüte, die nur rennen, rennen …

Calvin hat das schon richtig erkannt. Bei mir sind die Ereignisse die Hauptdarsteller und weniger die Menschen. Die sind +/- Staffage. Egal aus welcher Perspektive. Egal, ob NATO-Oberkommandierender in Belgien, egal ob Heeresgruppengeneral der drei Armeegruppen LANDJUT, NORTHAG oder CENTAG. Egal, ob deutscher – dänischer – britischer –niederländischer – belgischer - US-amerikanischer oder kanadischer Divisions-, Brigade- oder Bataillonskommandeur, sogar bis runter bis zum Kompaniechef, Zugführer oder bis zum einzelnen MG-Schützen, der in den lichten Kiefernwäldern der Nordheide mit vollgeschissener Büx darauf wartet, dass  man ihm den Arsch aufreißt – wenn der RUSSE KOMMT! Und er kommt, er rollt und marschiert, seine Artillerie bahnt ihm ja gewissermaßen den Weg durch zerschossene und brennende Landschaften.

Und das ist der treibende Gedanke: im WK II hattest Du die Chance, Deine Überlebenschancen zu erhöhen, wenn Du Dich taktisch richtig verhälst, wenn Du auf die alten Kampfschweine hörst, die das Sirren der reinkommenden Artilleriegranaten mehr erspüren, als dass sie es hören. Natürlich: krepieren kannst Du sofort in Deiner ersten Stunde an der Ostfront durch einen Kopfschuss durch Scharfschützen.
Was ich sagen will: der WK III hätte die Schlagzahl sogar erhöht, hätte den Turbo im Tank gehabt. Du hast einfach keine oder Lernkurve (oder nur sehr gering) mehr, die Dein Überleben für ein paar Tage oder Stunden streckt. Ein extrem schneller Krieg mit raschem Wechsel der Gefechtsarten Verzögerung, Verteidigung und Gegenangriff und alles in enorm schnell wechselnden Lagen. Panzergefechte sind nach spätestens 10 Minuten vorbei – moderne Kampfpanzer sind schnell,  und außerdem hat der Warschauer Pakt seine Artillerieüberlegenheit um Zehnerpotenzen erhöht, was bedeutet, dass Planzeiger XX in Nullkommanix wegradiert ist, wenn man den Gegner zum Zug kommen lässt. Und das muss man, denn der Angreifer diktiert das Konzept des Handelns.

Okay, ich weiß natürlich: Kriegsgeschichten, zumal über einen fiktiven Krieg vor 34 Jahren haben keinen Markt. Oder wenn nur einen minimalen Nischenmarkt -  aber das Ganze aus der Sicht eines zivilen Reporters könnte evtl. Interesse wecken, wenn man es nur richtig macht.
Und daran arbeite ich.

Grüße


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