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Klemens_Fitte Spreu
Alter: 41 Beiträge: 2902 Wohnort: zuckerstudio waldbrunn
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18.11.2019 09:40
von Klemens_Fitte
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Patrick Schuler hat Folgendes geschrieben: | Einige Gedichte würde ich gern in einem kleinen Band haben, sie lesen sich wie Ohrwürmer. |
Büddeschön
https://www.dsfo.de/fo/viewtopic.php?p=1191313#1191313
_________________ 100% Fitte
»Es ist illusionär, Schreiben als etwas anderes zu sehen als den Versuch zur extremen Individualisierung.« (Karl Heinz Bohrer) |
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Patrick Schuler Reißwolf
Alter: 29 Beiträge: 1121
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08.07.2020 17:10
von Patrick Schuler
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Dangeschööön
_________________ in unserer welt
gehen wir hin über höllen
und sehen die blumen
"Issa" |
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Lorraine Klammeraffe
Beiträge: 648 Wohnort: France
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23.08.2021 14:13
von Lorraine
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Patrick Schuler hat Folgendes geschrieben: | Die meisten Gedichte, die hier stehen, verstehe ich nicht. Ich hab irgendwie ein Problem mit dieser Art der Artikulation, aber ihr Klang ist schön. |
Hallo!
Verstehen, ein großes Wort. Mein Vorschlag: stehen lassen. Sich einen Text vorlesen und warten, was passiert, ob etwas passiert. Wenn ja, dann spricht das Gedicht zu dir, du liest dich darin, dann rückt auch das Verstehen näher, weil es um dich selbst geht. Anders, glaube ich, kann man sich erst mal nicht nähern. Sonst tröpfelt es nur.
Bei mir sollte es immer auch um Klang gehen. Wörter mögen sich verflechten mit dem Sinn, der sich nur dann ergibt. Und das geschieht über den Klang, der eindringt, im besten Fall. Etwas bewegt dich ja, wenn der Grund, auf dem du liest, den Rhythmus sich fortpflanzen lässt.
Auch dann, wenn Schläge zu fehlen scheinen, du sie mit eigenen ausfüllen musst.
Wenn ein Gedicht jemand dazu bringt, aufmerksamer lesen zu wollen, dann ist das vielleicht eins der Dinge, die Lyrik kann? Wenn es jemand nervt, „enträtseln“ zu müssen – auch nicht schlimm, lyrische Texte brauchen nicht nach Lesergunst zu heischen, denke ich jedenfalls.
Wörter, uns bekannte, in einem neuen, fremden Kontext zu entdecken, eine Abenteuerreise, oder nicht? Und (fast) umsonst. Kostet halt manchmal ein wenig Anstrengung oder guten Willen. Und dann, ganz selten, haut es richtig rein, finde ich. Hoffe ich.
Zitat: | Was dich zählen lassen wird: die Schläge |
Was einfach klingt, ist das Ergebnis eines Ausklammerns, der Abstraktion. Die Farben des Verstummens sehen; Oberflächen der Verstümmelung ertasten, hören, fühlen, sein. Sich erinnern, Bilder über eigene legen, die schon verblasst waren: Das alles kann Lyrik, meine ich.
Es ist kein Verlust, wenn ein Gedicht nicht ankommt, aber es ist ein Gewinn, wenn es geschieht. Das dies nicht bei jedem Text passieren kann, nicht jeder uns bei der ersten Begegnung beeindruckt oder eine bleibende Spur hinterlässt, scheint mir selbstverständlich. Aber LyrikerInnen werden nicht müde werden, den Vers, die Kombination, den Rhythmus zu finden, der sich als das sich einfügende Teil des Ganzen herausstellt, wenn auch dieses Ganze manchmal wieder umgeworfen, durcheinander gebracht werden muss. Alles sehr spannend, gerade auch jetzt, heute – aus offensichtlichen Gründen. Die Zeit, in der wir leben, in der wir das Sterben lernen, das Politische nicht ausklammern können oder nicht damit fertig werden.
Die Wirklichkeit des Schreibens von Gedichten ist ein Raum wundersamer Möglichkeiten. Wie wir lesen und leben (lassen), ein Frage des Respekts, wie auch im richtigen Leben. Danke, wenn auch sehr spät, für deine Rückmeldung.
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BlueNote Stimme der Vernunft
Beiträge: 7304 Wohnort: NBY
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24.08.2021 07:08
von BlueNote
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Leser möchten ja oft herausfinden (enträtseln), was der Autor mit seinem Text aussagen wollte. Aber vielleicht ist es viel wichtiger, was der Text einen selbst sagt, auch wenn dies etwas ganz anderes ist, als vom Autor beabsichtigt.
Oder fühlt sich der Autor dann missverstanden?
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Lorraine Klammeraffe
Beiträge: 648 Wohnort: France
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24.08.2021 13:07
von Lorraine
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Hallo BlueNote,
Für meinen Teil kann ich sagen: nein, ich fühle mich nicht missverstanden, wenn einem Text oder einem Vers eine Bedeutung gefunden wird, die ich selbst nicht (bewusst) mitgedacht hatte. Gedichte sind Texte, denen immer mehrere Bedeutungsebenen mitgegeben sind, so denke ich, das ist ihnen eigen.
Also wundere ich mich nicht, wenn einem Leser so etwas geschieht, freue mich eher darüber. Das Enträtseln selbst ist es aber, was aufmerksames Lesen erfordert, also: gut.
Einen guten Tag dir noch.
L.
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FaithinClouds Leseratte
F
Beiträge: 158 Wohnort: Südlich vom Norden
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F 24.08.2021 15:55
von FaithinClouds
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Ich glaube, es war John Lennon. Der hat mal einen Freund gebeten, ihm ein Musikmagazin vom Kiosk mitzubringen.
Wortlaut: "Ich will wissen, was mein letzter Song bedeutet."
😸
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Lorraine Klammeraffe
Beiträge: 648 Wohnort: France
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25.08.2021 12:08
von Lorraine
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(Hallo, FaithinClouds)
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Lorraine Klammeraffe
Beiträge: 648 Wohnort: France
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11.09.2021 15:55
von Lorraine
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Außenblicklich
Du hast dich an mir ausprobiert
Wie einen Essay hast du uns geschrieben
Dich gemeint und ausgeklammert
Was dir zu einfach schien, es klang
Mir nach; gemacht, mich auf den Weg
Zu bringen, von dir fortgesetzt
Allein, ich sah dir nach, was du versucht
Hast nicht gehört: Es war misslungen
Wenn es franste, war es meine Schuld
Zu kompliziert mein Tränenreich mit Wasser
Straßen, Dampf in Gassen, und ich wollte
Wollte dich
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Lorraine Klammeraffe
Beiträge: 648 Wohnort: France
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19.09.2021 10:13
von Lorraine
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Laubnot
Es steigt ein Rauschen aus der Stadt
hinter geschlossnen Augen: Röte
Herbst in Menschen, die in Wägen
vorwärts drängen, lose dort nach Hilfe
fragen; wo sie herkommt, wer sie
liefert, rasch, wenn erdend möglich
Es trifft das Murmeln auf das Land
vor hohlen Augen: Feuer, Röte
Herbst in Lebewesen, aus der Asche
kaltes Flüstern, nackter Wind
und Narbenfarben, wo sie trocknen
wie die Nässe auflöst, alles Schmerz
Und kriecht ein Mondlicht über Stein
Wie tönern stehen Stämme, fußen noch
im alten Boden, wir ver-stehen uns
als Zeugen. Aufbäumen wollten wir
und zeigen, dass wir mit und unterm
Leuchten leiden, fliehen, was wir erbten
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Lorraine Klammeraffe
Beiträge: 648 Wohnort: France
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24.02.2022 09:57 Trauer ist ein Stein im Schatten von Lorraine
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Trauer ist ein Stein im Schatten
Du legst die Hand darauf und sie bleibt kalt
Drüben schneidet Licht Verbände
wickle sie auf, den Vorrat brauchst du noch
Flüstern weichen Sonnenlichts
Du spürst den Abend fließen, drehst dich um
Trauer ist ein Stein im Schatten
Leg diesen Kreis, das Feuer leuchtet schon
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Candy4 Erklärbär
C Alter: 54 Beiträge: 3 Wohnort: Wien
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C 24.02.2022 10:54
von Candy4
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Du lässt wunderbare Bilder entstehen!
LG
Candy4
_________________ Carpe Diem! |
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Lorraine Klammeraffe
Beiträge: 648 Wohnort: France
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25.02.2022 08:43
von Lorraine
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Vielen Dank, Candy4, und
LG nach Wien
Lorraine
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Rübenach Exposéadler
R
Beiträge: 2837
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R 27.02.2022 17:41 Re: Trauer ist ein Stein im Schatten von Rübenach
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Lorraine hat Folgendes geschrieben: |
Trauer ist ein Stein im Schatten
Du legst die Hand darauf und sie bleibt kalt
Drüben schneidet Licht Verbände
wickle sie auf, den Vorrat brauchst du noch
Flüstern weichen Sonnenlichts
Du spürst den Abend fließen, drehst dich um
Trauer ist ein Stein im Schatten
Leg diesen Kreis, das Feuer leuchtet schon |
Was ich lese:
Zwei Strophen über Licht und Schatten, Kälte und Wärme, zusammengehalten durch das schöne Bild vom Stein im Schatten. Die erste Strophe wird dominiert von Kälte, die Hand ist bereits kalt und die Trauer erwärmt sie nicht. Beim schneidenden Licht denke ich als erstes an einen Laserstrahl, der wenn auch nicht kalt, dann doch zumindest nicht warm ist. Dieser Licht-Laserstrahl schneidet Verbände. Ein Verband ist ja normalerweise positiv konnotiert, aber die Befürchtung, dass das lyrische Du (welches wie so oft eigentlich ein lyrisches Ich ist) diese Verbände noch brauchen wird, hat ja etwas sehr bedrohliches.
Doch dann (Strophe zwei) wird aus dem kalten Laserlicht ein warmes Abendlicht, was schneidend war wird flüstern, fließend. Die Trauer bleibt die Gleiche, ein kalter Stein im Schatten. Ich lese ein Feuer, ein Kartoffelfeuer, ein Lagerfeuer, eingehegt durch einen Kreis von Trauersteinen. Keine Rede mehr von drohenden Verletzungen. Obwohl nichts gut ist (Die Trauer ist ein Stein im Schatten), ist alles zumindest besser.
Chapeau!
_________________ "Vielleicht sollten mehr Leute Schreibblockaden haben." Joy Williams |
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Zinna schweißt zusammen, was
Beiträge: 1551 Wohnort: zwischen Hügeln und Aue...
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28.02.2022 13:51 Re: Trauer ist ein Stein im Schatten von Zinna
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Lorraine hat Folgendes geschrieben: |
Trauer ist ein Stein im Schatten
Du legst die Hand darauf und sie bleibt kalt
Drüben schneidet Licht Verbände
wickle sie auf, den Vorrat brauchst du noch
Flüstern weichen Sonnenlichts
Du spürst den Abend fließen, drehst dich um
Trauer ist ein Stein im Schatten
Leg diesen Kreis, das Feuer leuchtet schon |
Hui Lorraine,
meine spontanen Eindrücke muss ich gleich hier lassen.
Auf den ersten Blick wirkt den Gedicht eher schlicht und zeigt jedoch Tiefe.
So plastische Bilder, sicht-, greifbar und berührend, das gefällt mir sehr.
Ich bin nicht sicher, aber mir würde sogar die erste Strophe allein genügen.
Die Trauer, die Abwesenheit von Wärme und in Sicht(weite) (schräge) Lichtstreifen in Kontrast zum Himmelshintergrund. (Die Sonne zieht Wasser, heißt dieses Bild bei uns)
Drüben schneidet Licht Verbände Ein richtig gutes Bild, ich muss es immer wieder lesen.
LDu/LI ha(s)t es in der Hand, kannst dir etwas Linderndes nehmen/geben.
Freue mich, dass mich beim mal wieder herein schauen dieses Textlein von dir begrüßt.
LG
Zinna
_________________ Wenn alle Stricke reißen, bleibt der Galgen eben leer...
(c) Zinna |
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Klemens_Fitte Spreu
Alter: 41 Beiträge: 2902 Wohnort: zuckerstudio waldbrunn
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09.03.2022 08:56 Re: Trauer ist ein Stein im Schatten von Klemens_Fitte
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Lorraine hat Folgendes geschrieben: |
Trauer ist ein Stein im Schatten
Du legst die Hand darauf und sie bleibt kalt
Drüben schneidet Licht Verbände
wickle sie auf, den Vorrat brauchst du noch
Flüstern weichen Sonnenlichts
Du spürst den Abend fließen, drehst dich um
Trauer ist ein Stein im Schatten
Leg diesen Kreis, das Feuer leuchtet schon |
Arg viel weiter bin ich noch nicht in meinen Überlegungen, wie sich der Raum innerhalb meiner Selbstwahrnehmung und -erinnerung benennen ließe, den sich bestimmte Verse mit bestimmten Songtexten teilen; Sentimentalität ist halt, wie Kitsch, ein viel zu negativ konnotierter und zu oft missbräuchlich verwendeter Begriff für diesen Moment, in dem etwas Gelesenes, Gehörtes oder schlicht aus einem Winkel der Erinnerung vor Augen Tretendes bewirkt, dass man wieder ganz derselbe ist; dieses paradoxe Moment, im Fremden ganz bei sich zu sein; wenn man in fremden Wörtern und Sätzen etwas findet, das man für ein Eigenes und Inneres gehalten hätte, hätte man vorher davon gewusst.
Jetzt lässt sich das ohnehin nicht als Überlegungen bezeichnen, wenn es nicht mehr ist als vereinzelte Gedankenfetzen, die mitunter-tagsüber ins Bewusstsein treten, immer dann, wenn so ein Vers auftaucht
und jedem riss will ich die mitte sein
zimt und eine wolke milch im tee
Das größte Zimmer im nun lang verbrannten Haus
trug keine Nummer, auf seinem Schild stand Nacht
wie eine Zeile aus einem Song, die man mit einem ganz bestimmten Gefühl und So war/bin ich verbindet, und jetzt eben
Trauer ist ein Stein im Schatten
und dann merke ich jedes Mal auf: da steht Trauer, nicht Traurigkeit – Letzteres vielleicht eine Art atmosphärisches Geschehen oder ein meteorologisches Phänomen, auf das man sich einstellen oder vorbereiten kann
Drüben schneidet Licht Verbände
wickle sie auf, den Vorrat brauchst du noch
(ich denke da spontan-beharrlich an letzte herbstliche Sonnenstrahlen, deren Licht und Wärme man für den kommenden Winter speichern möchte) – und im Gegensatz dazu die Trauer, die von derart wechselhaften Erscheinungen/Bedingungen unberührt bleibt, unveränderlich, kaum Wärme zu speichern/abzugeben scheint
Trauer ist ein Stein im Schatten
Du legst die Hand darauf und sie bleibt kalt
und dann bleibt vielleicht noch, sie zu nehmen, wie sie ist, in ihrem Da-Sein und ihrer Zugehörigkeit zum eigenen Wesen zu akzeptieren, ihre Unveränderbarkeit zu nutzen, als Begrenzung einer Feuerstätte oder, um die Werkzeuge der eigenen Wahrnehmung und Ausdrucksfähigkeit daran zu schärfen.
In meinem Haus versteckt sich keine Axt
doch manchmal wacht ein Messer auf und wetzt
wenn ich noch schlafe sich am Stein im Brett
das du im Hof (links vorn wo es noch lehnt)
geschmirgelt hast vergessen haben wirst
Wie gesagt, keine Überlegungen, nur vereinzelte Gedankenfetzen
_________________ 100% Fitte
»Es ist illusionär, Schreiben als etwas anderes zu sehen als den Versuch zur extremen Individualisierung.« (Karl Heinz Bohrer) |
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