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Unkraut


 
 
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Michel
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Alter: 52
Beiträge: 3376
Wohnort: bei Freiburg
Das bronzene Bühnenlicht Das goldene Niemandsland
Der silberne Durchblick Der silberne Spiegel - Prosa
Silberne Neonzeit


Beitrag19.06.2020 18:00
Unkraut
von Michel
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Unkraut

»Mir ist langweilig«, verkündet er zum sechsten Mal an diesem Abend und pult ein paar faserige Reste des Abendessens zwischen den Zähnen hervor.
Irene blickt mit deutlicher Verzögerung von ihrem Tablet auf, dessen spiegelndes Display Farmer mit lustigen Strohhüten beim Unkrauthacken zeigt. »Schon wieder?«
»Immer noch.«
Immer noch. Seit gestern oder vorgestern oder vorvorgestern – er zählt schon längst nicht mehr.
Irene hat ihn vergessen und streichelt ihr Tablet. Die virtuellen Farmer schwingen jetzt Sensen, als trainierte der Gevatter persönlich eine Zombie-Armee. Das wäre jetzt ein Spaß: Ein verborgenes Waffenlager ausheben, *bling!*, Extrapunkte einsacken, durchladen und rat-tat-tat-tat, das ganze Magazin auf einmal in die Reihen dieser Gemüsezombies entleeren, genau wie früher.
Er seufzt.
Alkohol trinkt auch kaum noch jemand. Die Suchttherapeuten haben umgesattelt und bieten jetzt individuelle Perspektivberatung an, falls jemand mehr tun will, als Tablet-Farmer zu streicheln und auf das nächste Grundeinkommen zu warten. Ihre letzten Patienten werden mit staatlich genehmigten Tagesdosen versorgt, wenn sie die Entwöhnung nicht schaffen, und für die Spieler gibt es Bingo-Abende. So können sie ein normales Leben führen, oder  das, was man hier dafür hält.
Sein Seufzer klingt in der stillen Abendluft so unangemessen, als hätte er laut gerülpst. Die Welt ist leise geworden. Seitdem der Preis für Fernreisen auch ihre Umweltzerstörung widerspiegelte, ist das Grollen der startenden Flieger hinter dem Hügel einer lähmenden Stille gewichen. Solarpanele, die sich gleichgeschaltet auf die Sonne ausrichten wie Rekruten beim Drill, bevölkern die Rollfelder, und in den letzten Hangars hängen gigantische Leinwände, auf denen man in 3D und mit einem alkoholfreien Cocktail in der Hand nach Bali oder zum Nordpol reisen kann, zu einem Bruchteil des früheren Ticketpreises. Das elektrische Flughafen-Taxi bringt einen anschließend heim wie nach dem Urlaub. Manche buchen Monate im Voraus, so wie damals, und nehmen einen Koffer mit in die Vorstellung. Irene hat ihn zweimal eingeladen und sich anschließend beschwert, wie laut er geschnarcht hat. Seitdem fährt sie allein hin.
Tja, früher. Früher blökten noch Schafe auf dem Feld hinter dem Zaun. Jetzt zieht durch die Gartenhecke nur noch das diskrete Sausen der CO2-Abscheider, die sie aufgestellt haben, um die Reste des Treibhausgases aus der Atmosphäre zu saugen. Mittlerweile bringen die Dinger kaum noch Ertrag und filtern vor allem Feinstaub und ein paar Stickoxide aus der Luft, notdürftig verhüllt durch Schlehe, Haselnuss und Eberesche, den Feigenblättern der neuen Zeit. Sogar GreenTech muss sich mittlerweile hinter Bäumen verstecken wie einst die Sondermülldeponien. Bald wird man die Maschinen abbauen und an ihrer Stelle Bäume pflanzen. Oder Stangenbohnen, wegen der Eiweißversorgung. Er sieht sie schon vor sich, die neuen Farmer, die lieber mit dem Rad zum Unkrauthacken fahren, als sich zu Hause zu langweilen. Wahrscheinlich bewegen sie sich dann im Gleichtakt, genau wie die Figuren auf Irenes Tablet.
Rat-tat-tat-tat. Ach ja.
»Zupfst du mir noch eine Mohrrübe?«, bittet Irene, ohne den Blick von ihren Zombiefarmern zu heben. Elektronisches Saitenspiel verkündet ihr, dass sie weitere hundert Tonnen CO2 aus der virtuellen Atmosphäre in Biomasse gebunden hat. Wenn doch alles nur so einfach wäre wie auf diesem Tablet.
Aber vermutlich sagt jeder außer ihm: Ist es doch längst.
Irene blickt auf. »Die Mohrrübe?«
Seufzend erhebt er sich und erntet aus dem Hochbeet neben der Terrasse das Gewünschte. Die Rübe wird mit einer Wurzelbürste abgeschrubbt, um Wasser zu sparen, das Grün landet mit einem gezielten Wurf auf dem Kompost, in dem der Humus für das nächste Hochbeet gedeiht. Bald wird auch auf dem Rest der Terrasse Grünzeug wuchern und sie gucken durch Zucchiniblätter auf den Sonnenuntergang.
Schwerter zu Pflugscharen. Scheiße zu Vitaminen. Neue Möhren braucht das Land.
Rat-tat-tat-tat.
Natürlich ist nicht alles schlecht, Gott bewahre. Gut ist zum Beispiel, dass sie Häuser aus Holz bauen und so dick isolieren, dass sie aussehen, als hätte man ihre Mauern mit der Luftpumpe aufgeblasen. Immerhin werden die Winter seit ein paar Jahren wieder kälter. Im vergangenen Februar musste er täglich vierzig Zentimeter Schnee wegschaufeln, vier Wochen lang. Das hatte es seit den Siebzigern des letzten Jahrhunderts nicht mehr gegeben. Die Holzschlitten, die er in der ehemaligen Garage baute, rissen sie ihm förmlich aus den Händen. Nur als er mal eine AK-47 schnitzte, sein einstiges Lieblingsspielzeug, einfach so zum Vergnügen, da stand auf einmal die Polizei vor der Tür wegen Verbreitung von Kriegspropaganda. Strafanzeige, Gerichtsverhandlung, Urteil. Die Richterin verdonnerte ihn zu Sozialstunden im Pflegeheim. Dabei bezog sie seine Vorgeschichte ins Strafmaß ein, erklärte, dass man ihm seine Herkunft schließlich nicht vorwerfen könne, und drückte ihre Hoffnung aus, dass er sich künftig früher Hilfe holen werde, wenn ihn die alten Aggressionen verfolgten. Lächelnd gab sie ihm die Hand und wünschte ihm alles Gute für den weiteren Weg.
Sie hatte wohl gehofft, dass es ihn abschrecken würde, mit alten Leuten umzugehen. Ha, wenn die wüsste! Er blieb nach den Sozialstunden gleich da, freiwillig, und lauschte den Kriegsberichten der Veteranen auf der Männerstation 5A. Bundeswehr, GSG-9, Bundespolizei. Afghanistan, Startbahn West, Wackersdorf – egal, wo man sie in den alten Zeiten hingestellt hatte, um les anciennes valeurs mit der Waffe in der Hand zu verteidigen, sie haben eine Menge zu erzählen. Ist ja noch nicht so lange her. Außerdem kann man sich über Waffenpflege und Schießtraining austauschen und die Heimleitung freut sich, dass die alten Knacker noch einmal so nett aufblühen.
Er schreckt hoch. Ein Fluch von Irene, gibt es das überhaupt in dieser Welt?
Aha. Ein Wirbelsturm hat die Pixel-Farmgebäude auf ihrem Tablet dem Erdboden gleich gemacht, wahrscheinlich, weil irgendwo in der Spielewelt eine Kuh gepupst hat. Mit hastigem Fingerwischen zimmert Irene aus den Trümmern der Farm ein Lazarett zusammen und legt die gluckernde Quelle wieder frei. Wenige Minuten später sprießt schon wieder Kopfsalat aus linealgeraden Furchen und die ersten Farmer, frisch genesen, ziehen ein neues Wohnhaus hoch. Dann legen sie Bohnenranken an. Spatzen tschilpen vor dem virtuellen Wohnhaus und die Schwalben malen Kreismuster in den Bildschirmhimmel. Kein Blöken, kein Muhen, keine Traktorengeräusche. Wozu auch? Fleisch isst schon lange niemand mehr, weder auf dem Tablet noch in dem, was sie hier „richtiges Leben“ nennen. Hunde sind unerwünscht, die fressen schließlich auch Fleisch. Landmaschinen laufen auch im Real Life elektrisch, da knattert kein Vierzylinder mehr. Ratatatat, das war einmal, in den alten, schlechten Geschichten. In der alten Welt.
Richtiges Leben, haha. Was ist das schon für ein Leben, wenn es nicht mal einen Reset-Knopf gibt? In dem alles genauso läuft, wie die paneuropäische Zentralregierung in ihrem Wahlprogramm vorgeschlagen hat?
Ha, wenn die Südamerikaner es sich mit der Verteilung der Ressourcen mal anders überlegen, dann werden die Europs aber dumm aus der Wäsche schauen und sich nach Uzis und AK47s sehnen.
Und nach ihm.
Er zeigt auf das virtuelle Bauernhaus. „Das ginge auch kleiner“, merkt er an und fügt spöttisch hinzu: „Spart CO2.“
Irene blickt ihn mit einem Gesichtsausdruck bar jeder Emotion an. Dann senkt sie den Blick wieder auf ihr Tablet und verkleinert den Bau um ein Viertel. Der kleine Energiebalken am Bildschirmrand ist schon im roten Bereich angekommen. Bald wird ihre Energieration für heute aufgebraucht sein und das Bild erlöschen. Erst dann wird Irene ihn wieder wahrnehmen und ihm Vorhaltungen machen, weil er schon längst das neue Solarpanel installiert haben sollte. Sie selbst hat sich einen Job als Beraterin im Gemüsebau gesucht, um trotz Grundeinkommen etwas Sinnvolles zu tun. Vielleicht hat sie ihn ja auch nur aufgenommen, um etwas für die Gesellschaft zu tun, oder gibt es aus irgendeinem Fördertopf Sondergehalt für Resozialisierung?
Nein, jetzt wird er ungerecht. Irene liebt ihn, auf ihre ganz eigene Weise.
Trotzdem. Sie hätte ja auch in der Solarfabrik anheuern können. Dann könnte sie sich das verdammte Panel einfach selbst aufs Dach schrauben und abends noch länger virtuelle Kohlköpfe düngen gegen den Hunger in der Spielewelt.
Er verbeißt sich ein bitteres Lachen. Vielleicht könnte er das Panel ja auf dem Lauf einer Uzi installieren und dann umweltfreundlich um sich schießen. Vielleicht ließe sich mit Ökostrom auch das Gebäude der Öko-Rangers in Brand setzen, die immer die Holz-Zertifikate für seine Schnitzereien auf korrekte Herkunft kontrollieren. Er sieht die Szene förmlich vor sich: Flammen schlagen aus dem Dach, erschrockene Beamte rennen aus dem lodernden Gebäude, und er: hält voll drauf. Rat-tat-tat-tat. Extrapunkte. Genau seine Welt.
Aus der sie ihn damals entlassen haben, von einem Tag auf den anderen.
Er sieht es noch vor sich, das rote Todesmal am Himmel, kurz nach der großen Schlacht. „GAME OVER – MISSION ACCOMPLISHED – SEASON 42 WILL BE TERMINATED SHORTLY.“ Und dann ein langer Text, der in StarWars-Manier über den Himmel schwebte und ihnen für Treue, Kameradschaft und Einsatzbereitschaft dankte. Sie sollten das Spiel nun bitte verlassen und sich draußen im REAL LIFE einen Job suchen, aber pronto, denn der Server werde in achtzig Real-Life-Minuten heruntergefahren.
Arschlöcher.
Er wirft einen Seitenblick auf Irenes Tablet und zuckt zusammen. Einer der Farmer, die wie gleichgeschaltete Ameisen auf den Boden einhacken, hat seine Arbeit unterbrochen und zwinkert ihm spöttisch zu, bevor er wieder die Hacke hebt.
Game Over. Und er hat verloren.
Ein undefinierbarer Laut entfährt seiner Kehle.
Irene blickt auf und legt das Gesicht in mütterlich-besorgte Falten. „Hast du wieder deine Tagträume?“
Das war nichts, verdammte Hacke! „Hab mich nur verschluckt“, erklärt er mit einer Stimme, die reibeisenheiser ist vor Anspannung, und sie nickt verständnisvoll. Oder mitleidig? Wortlos erhebt er sich und erntet noch zwei Mohrrüben.
Als er zu seinem Liegestuhl zurückkehrt, ist der Bildschirm dunkel. Die solarbetriebenen Farmer haben sich auf der Innenseite des Displays schlafen gelegt und träumen von einem herrlichen neuen Tag mit tauglänzenden Salatköpfen, Vogelzwitschern und lauem Wind, der in den Bohnenranken raschelt.
Nein, Irene wird ihm keine Vorwürfe machen. Viel schlimmer: Sie wird reden wollen.

Worüber redet man eigentlich, wenn kein Krieg ist?

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nicolailevin
Geschlecht:männlichEselsohr


Beiträge: 259
Wohnort: Süddeutschland


Beitrag04.07.2020 13:21

von nicolailevin
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Das liest sich flüssig und flott, die Utopie ist jetzt keine wirkliche Überraschung, sie fügt sich aber in den Rückblenden einigermaßen rund und personalisiert in den Text. Der Erklärbär ist da, er brummt hier aber weniger penetrant als in anderen Texten des Wettbewerbs.

Ich mag die Idee mit den alten Kämpfern, die überflüssig geworden sind und irgendwie versorgt werden müssen.

Gestolpert bin ich gleich zu Anfang über die sechsmalige Wiederholung der Frage. Da würde doch eher sie mitzählen als er?! Alles andere ist aus seiner Perspektive erzählt, das fand ich deshalb seltsam.

Insgesamt ist es handwerklich sehr okay, gut und lebendig formuliert, aber am Ende ist es mir von der Idee und Konzeption zu brav und spielt für meinen Geschmack zu wenig mit den Anforderungen. Da waren andere Texte einfach mutiger und spannender.
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Hummelchen48
Geschlecht:weiblichWortedrechsler


Beiträge: 93
Wohnort: Rheinland-Pfalz


Beitrag05.07.2020 07:12

von Hummelchen48
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Hallo,

interessant, beklemmend, irritierend.

Grüße

Hummelchen
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d.frank
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D

Alter: 44
Beiträge: 1123
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D
Beitrag05.07.2020 14:08

von d.frank
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Doppelpost

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Die Wahrheit ist keine Hure, die sich denen an den Hals wirft, welche ihrer nicht begehren: Vielmehr ist sie eine so spröde Schöne, daß selbst wer ihr alles opfert noch nicht ihrer Gunst gewiß sein darf.
*Arthur Schopenhauer
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hobbes
Geschlecht:weiblichTretbootliteratin & Verkaufsgenie

Moderatorin

Beiträge: 4292

Das goldene Aufbruchstück Das goldene Gleis
Der silberne Scheinwerfer Ei 4
Podcast-Sonderpreis


Beitrag05.07.2020 17:21

von hobbes
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Jo. Das ist jetzt so ein Text, was soll ich dazu sagen. Der ist halt irgendwie so: jo. Ganz nett würde ich sagen, würde es zum Inhalt und/oder den Figuren passen. Passt aber halt so gar nicht und arg viel anderes fällt mir nicht ein.
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Gast







Beitrag06.07.2020 05:51

von Gast
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Solarpanel montieren oder nicht montieren - das ist hier die Frage für einen, der zwischen Wunsch nach Aufmerksamkeit und Angst vor den Unterredungen hin und hergerissen ist.

Es ist erfreulich, dass hier die friedliche und ruhige Utopie nicht pauschal als langweilig verurteilt wird, wie es mitunter bereits stereotyp geschieht, sondern durch die Augen eines Veteranen oder Kriegsversehrten. Damit ist die Langeweile nicht nur entschuldigt, sondern als Emotion eines personifizierten Überbleibsels vergangener Zeiten auch begründet. So muss nicht die Utopie selbst herhalten!

Diese Lösung verdient Punkte.
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d.frank
Geschlecht:weiblichReißwolf
D

Alter: 44
Beiträge: 1123
Wohnort: berlin


D
Beitrag06.07.2020 13:18

von d.frank
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Nette Satire mit ein bisschen zu viel Text. Das hängt sich ganz schön an den Farmern auf und bleibt deshalb oberflächlich. Obwohl die Grundidee (zusammengefasst im Schlusssatz) und das Gerüst ja alles andere als schlecht sind. Einfach zu viel virtuelle Farmerei, denke ich abschließend.

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silke-k-weiler
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Alter: 49
Beiträge: 748

Das goldene Schiff Der goldene Eisbecher mit Sahne


Beitrag07.07.2020 16:16

von silke-k-weiler
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Hallo Text,

jau, was soll ich sagen, schön zynisch, liest sich fluffig runter. Gefällt mir.
Nimmt einiges von heute mit und treibt es auf die Spitze.

Und ich nehm Dich mit in die nächste Runde.

Herzlichst
Silke

******

Nach etlichem Abwägen und Punkterumgeschiebe und Gegrübele und Haareraufen, bist Du, lieber Text, meine persönliche Nummer 1.

Nehme er wohlverdiente 12 Punkte, Handgeklapper. Ruhm, Ehre und ein kühles Hacker-Pschorr!

Muss ich da jetzt noch begründen? Mal sehen: Ich mag Deinen Ton. Dass Du Dich flüssig lesen lässt, ein Satz greift in den anderen. Wie Du das Thema umsetzt, mit einem Gespür für das Vertraute, das Du in eine scheinbare Absurdität umkehrst, die nur allzu real ist.
Der Satz klingt gut. Deswegen hör ich jetzt auch auf.
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V.K.B.
Geschlecht:männlich[Error C7: not in list]

Alter: 51
Beiträge: 6154
Wohnort: Nullraum
Das goldene Rampenlicht Das silberne Boot
Goldenes Licht Weltrettung in Silber


Beitrag08.07.2020 21:22

von V.K.B.
Antworten mit Zitat

Hallo whatever,
(ist diese Anrede eigentlich jetzt wirklich höflich geschlechtsneutral?)

Genau die richtige Geschichte für einen alten Zyniker wie mich. Wobei, welche Geschichte eigentlich? Schade, auch hier, wie in einigen anderen, lese ich eher eine Weltbeschreibung aus Perspektive eines Charakters aber keine richtige Geschichte, die in dieser Welt spielt.

Die Welt selbst kommt schön dystopisch rüber. Halt, war das nicht eine Voraussetzung, keine verkappte Dystopie? Egal, wie die Einleitung zum Wettbewerb sagt, es fehlen Utopien. Und ich habe bis jetzt auch noch keine in diesem Wettbewerb gelesen. Wahrscheinlich, weil es solche gar nicht gibt.

Der Schreibstil gefällt mir gut, viele kleine Seitenhiebe, das hat was.

Gerne gelesen,
Veith


_________________
Hang the cosmic muse!

Oh changelings, thou art so very wrong. T’is not banality that brings us downe. It's fantasy that kills …
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Heidi
Geschlecht:weiblichReißwolf


Beiträge: 1425
Wohnort: Hamburg
Der goldene Durchblick


Beitrag10.07.2020 21:32

von Heidi
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In dieser Gesellschaft gibt es das bedingungslose Grundeinkommen für alle Menschen und es gibt Technik so weit das Auge reicht. Außerdem sind die Umweltprobleme gelöst und auch die Energieversorgung soweit gut eingerichtet. Dennoch ist er nicht zufrieden. Er spricht nie richtig aus, warum er unzufrieden ist, aber genau das macht die Geschichte aus, genau das macht es, dass die Figur und deren Gedanken zum Leben erwachen.

Ich finde besonders gelungen, wie sich das Unkraut vom Titel bis hinab in die tiefsten Tiefen des Textes durchzieht. Das Unkraut durchwächst ihn sozusagen. Es entstehen lebendige Bilder, wie etwa in diesen Sätzen

Zitat:
Irene hat ihn vergessen und streichelt ihr Tablet. Die virtuellen Farmer schwingen jetzt Sensen, als trainierte der Gevatter persönlich eine Zombie-Armee.


Oder später, wenn die Unkrautjäter auf dem Tablet wie Ameisen agieren. Ich habe sofort monotone, technische Kälte vor meinen Augen, nach dem Lesen dieses Bildes.
Es handelt sich um eine Maschine, die Irene zärtlich streichelt, anstatt ihn zärtlich zu streicheln. Vielleicht ist es auch das, was ihn dazu treibt, unzufrieden zu sein. Denn Irene zeigt nichts anderes als Suchttendenzen und sofort werden Fragen in mir aufgeworfen: Wo ist die Grenze? Wie viel Zeit vor dem PC, dem Handy, dem Tablet sind noch in Ordnung?

Im Grunde befinden wir uns in unserer gegenwärtigen Welt bereits in der Utopie, von der du hier erzählst. Es fehlt nur das Grundeinkommen, der Umweltschutz und der Vegetarismus – aber diese Drei werden wohl kaum umzusetzen sein, weshalb die Technik-Utopie noch wichtiger wird, um zu vergessen, zu flüchten. Und tue ich möglicherweise nicht auch genau das, während ich hier auf die Tasten einhacke und für deinen Text ein Feedback schreibe? Eine Utopie leben?

Ich finde die Gesellschaftsform, die du erschaffen hast, sehr gekonnt gewählt, weil sie von allen Utopien realitätsnah wirkt, aber dennoch utopisch bleibt. Er, aus dessen Perspektive erzählt wird, wirkt desillusioniert, er liebt seine Irene trotz ihrer Spielsucht und wünscht sich dennoch weitaus mehr. Nicht unbedingt zu reden. Vielleicht sind es auch einfach Momente im Schweigen, Momente des Zusammenseins von Ich zu Ich, ohne irgendein technisches Gerät. Denn der letzte Satz stellt auch infrage, ob es überhaupt viel zu reden gäbe, wenn kein Krieg herrschte, es keinen Streit gäbe. Vielleicht ist die Sprachlosigkeit ja die Utopie der Zukunft, die uns allen gut täte. Pures Sein in der Gegenwart im Schweigen.
Solche Gedanken macht dein Text mit mir. Das ist gut und freut mich.

Es gibt sieben Punkte!
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Constantine
Geschlecht:männlichBücherwurm


Beiträge: 3311

Goldener Sturmschaden Weltrettung in Bronze


Beitrag11.07.2020 19:01

von Constantine
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Bonjour

Nicht verwundern, das ist ein Platzhalter.

Merci beaucoup
Constantine
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chaoticinfinity
Geschlecht:weiblichGänsefüßchen


Beiträge: 26
Wohnort: Bayern


Beitrag12.07.2020 08:14

von chaoticinfinity
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Schöne Idee, entspricht ziemlich dem, was für mich persönlich utopisch wäre
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Xeomer
Geschlecht:männlichLeseratte

Alter: 36
Beiträge: 135
Wohnort: Xeothon


Beitrag12.07.2020 18:12

von Xeomer
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Liebe unbekannte Autorin,
lieber unbekannter Autor,

mir fehlt das gewisse etwas in der Geschichte und auch wie es zu der Utopie gekommen ist.

Die Aufgabenstellung sehe ich als erfüllt an.

Ob es Punkte gibt, kann ich noch nicht abschätzen.

Viele Grüße,
Xeomer


_________________
"Zone 84" Buchtrailer: youtube.com/watch?v=ZygK3Te0jV8
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Malaga
Geschlecht:weiblichKlammeraffe


Beiträge: 826



Beitrag13.07.2020 10:48

von Malaga
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Tja der Krieg ist abgeschafft und so manch anderes Problem, doch wohin dann mit den Aggressionen?
Man könnte dem Prota das "Wachsen" als Therapie empfehlen, um zwei Wettbewerbsbeiträge zu kombinieren Very Happy , aber diese Methode hat sich ja auch als nicht funktionabel erwiesen.
Aber dann bleibt immer noch das Problem der Langeweile.
Nicht so einfach mit der heilen Welt.
Bewertung am Ende im Vergleich.
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Ribanna
Geschlecht:weiblichKlammeraffe

Alter: 61
Beiträge: 772
Wohnort: am schönen Rhein...


Beitrag13.07.2020 10:54

von Ribanna
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Kommentiert, um Punkte zu vergeben.

_________________
Wenn Du einen Garten hast und eine Bibliothek wird es Dir an nichts fehlen.
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Vogelsucher
Geschlecht:männlichLeseratte

Alter: 18
Beiträge: 179



Beitrag13.07.2020 18:58

von Vogelsucher
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Text, damit ich den Beitrag bewerten kann.
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Gast







Beitrag13.07.2020 22:57

von Gast
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- Welche Krise(n) wurde(n) überwunden? Klimakrise mit vielen Anderen in Folge

- Wie? Bleibt unerklärt

- Aus welchem Blickwinkel wird das Geschehen geschildert? unzufriedener ehemaliger "Alphamann," Cyberkrieger und Waffenfanatiker

- Wer ist der in der Ausschreibung geforderte Unzufriedene? Erzähler

=> Anforderungen erfüllt? Ja

-----------------------------------------------

- Hat die Darstellung logische Fehler? Ist die Handlung schlüssig?

- Wie ist die handwerkliche Ausgestaltung? Liest sich wie eine auf Papier des Jahres 2020 gepauste Kopie von Fahrenheit 451, wobei der Mann aber nicht aktiv wird in seiner Ablehnung des Systemes. Beide Charaktere sind extrem stereotyp und eindimensional geschildert.

- Punkte und Begründung: Keine (siehe meine Randnotiz)

----------------------------------------------

- Welche anderen Einreichungen sind vom Sujet her vergleichbar? Welt in Welt (gleiche bewältigte Krise)

- Sonstige Kommentare:
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poetnick
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Alter: 62
Beiträge: 834
Wohnort: nach wie vor


Beitrag16.07.2020 22:14

von poetnick
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Hallo Unbekannt,

diese Geschichte greift auf einer tieferliegenden, emotionalen Ebene
die Thematik in geschickter Umsetzung auf.
Spart auch nicht am notwendigen Grotesken und aufblitzendem Humor.
Habe Punkte vergeben.

LG - Poetnick


_________________
Wortlos ging er hinein,
schweigend lauschte er der Stille
und kam sprachlos heraus
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Michel
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Beitrag17.07.2020 10:47

von Michel
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Ach, hallo Text! Beinahe hätte ich meine eigene Überschrift nicht wiedererkannt. So einiges habe ich ganz ähnlich gelöst wie die anderen im Wettbewerb. Infodump zur Einführung der „neuen Welt“, irgendwo muss er ja hin. Ob das noch als Gedanken der Hauptfigur durchgeht, da zweifle ich. Und missmutig ist er. Vielleicht, weil ich gerade an einem Buch über einen Missmutigen schreibe. Ob man dir die Game-Situation abnimmt? Ob man die Figur für einen Spieler oder eine Spielfigur halten wird? Ich bin gespannt.

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Michel
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Beitrag18.07.2020 15:07

von Michel
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Bin gerade außerhalb des Forums eingespannt, möchte mich aber schon mal sehr herzlich für die Kommentare bedanken, die ich in Ruhe durchgehe (und beantworte), sobald es hier wieder ruhiger zugeht. Vermutlich morgen und nur mit Glück früher.

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Michel
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Beitrag18.07.2020 18:10

von Michel
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nicolailevin hat Folgendes geschrieben:
Insgesamt ist es handwerklich sehr okay, gut und lebendig formuliert, aber am Ende ist es mir von der Idee und Konzeption zu brav und spielt für meinen Geschmack zu wenig mit den Anforderungen. Da waren andere Texte einfach mutiger und spannender.
lol Da hättest Du mal meinen Deutschlehrer hören sollen: Handwerklich gut, aber inhaltlich etwas flach. Die Rückmeldung ist sozusagen ein alter Bekannter (auch von anderen Lesern), vielleicht passen meine Texte ganz gut zu meiner nicht allzu schillernden Persönlichkeit. Laughing Ich kenne das bei solchen Texten: Stellt sich die erste Idee ein, dann zeigt sich (für mich) sehr schnell ein Gerüst, an dem ich entlangschreibe. Experimentelles gelingt mir selten, sondern wirkt dann gewollt (und nicht gekonnt). Mittlerweile kann ich damit ganz gut leben und könnte jetzt etwas hochtrabend behaupten, ich hätte meine Erzählstimme gefunden.
Was ich nicht verstanden habe: Deinen Hinweis auf sechsmalige Wiederholung. Wessen? Ich steh da auf dem Schlauch.


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Michel
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Beitrag18.07.2020 18:12

von Michel
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Hummelchen48 hat Folgendes geschrieben:
interessant, beklemmend, irritierend.
Danke für Deine Einschätzung. Jetzt würde mich natürlich interessieren, was da irritiert hat und somit für Dich nicht so glatt war, wie z.B. Nicolailevin es gelesen hat.

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