Kinderreime bis zum Abwinken

[menetekel]

Zwiespalt formt des Schicksals Gaben,
niemals kannst du alles haben:
Michels Mütze ist gefunden!
Nachbars Nichte schon verschwunden,

die erst kurze Zeit im Fokus
und durchs Fenster, nah dem Lokus,
zu erspähen war im Lichte
einer Leuchte trüber Dichte.

Konnte Michel erst frohlocken
und, bemützt, zu Hause hocken,
kamen alsbald andre Zeiten
tiefer Schmerzes - Streitigkeiten,

die ihm Leib und Hirn zerfetzten,
ja, die zarte Seele ätzten,
als ihn Nachbars Stiefel trafen
und er selbst nicht ausgeschlafen.


Ob mit Mütze oder ohne,
frag nicht nach dem Finderlohne,
nicht nach Nichten, nach Behagen:
Unglück droht in allen Lagen!

[davidmuc]

Unglück droht in allen Lagen

Kuscheln und Umarmen - Worte
unser Bett - die warmen Orte
Weiterkuscheln, oder aber
Pumpen in der Oberader:

Kurzes Schwellen und Verbinden,
geiles Bellen -  und Verschwinden
dumpfes Wühlen wüster Decken
Träume die uns düster wecken.

[menetekel]

"dumpfes Wühlen wüster Decken
Träume die uns düster wecken."

  So isses. Und nicht nur nach dem Liebesspiel.
Die Verse klingen außerdem saumäßig gut.  

Einen herzlichen Dank an alle Spender amüsanter und pädagogisch wertvoller Texte.

Wir fahren fort. Aber nicht weit, sondern nur zu den trochäischen Vierhebern mit weiblichen Endungen im Kreuzreim a b a b oder auch x a x a.

Dumpfes Wühlen in den Decken,
will der Leib den Geist regieren
und das Herz dein Hirn erschrecken,
dessen Ohnmacht illustrieren.

Viel Spaß
m.

[poetnick]

[davidmuc]

Mit heißem Dank o freuet sich mein Herze!   Lobestrunken  :


Körper und Geist

“Wenn du mich befreist, vergessen
wir den ganzen Hype des Lümmels”
sprach mein wacher Geist verfressen
und verwies den Leib des Himmels.

“Gilt bis Mitte März. Dann, höre:
Nimm das Teil und reib es, flüchte,
heiß und rot sind Herz, dann Möhre,
tief ins Tal der Leibesfrüchte.”

[menetekel]

Jessesmaria, David,

wenn du so weitermachst, landen wir im Rotlichtbezirk.

---

Willst du auf dem Sofa lümmeln,
doch dein Nachbar ist dagegen,
heißt es lautstark Nüsse mümmeln,
denn das kommt ihm nicht gelegen.

Gleich wird er den Sauger starten
und dazu die Spülmaschine,
nun darfst du nicht länger warten,
sondern holst die Mandoline;

singen kannst du, das weiß jeder,
gar nicht. Umso besser aber stören,
ziehst manch übles Lied vom Leder:
Schwer ist es, nicht hinzuhören!

[Michel]

Ohrenschützer auf die Schwarte!
So spät kann nur eine stören.
Sing-Banausin! Doch - halt, warte:
Jetzt singt sie ein Lied von Möhren!

Na, jetzt reicht's. Die Zeit der Rache
naht. Zeit, dass ich auch mal störe!
Ohrenschützer auf. Ich mache
sauber. Aber volle Möhre!

[poetnick]

Flüchtiges Solo

Breitbeinig mit voller Möhre
und dem Klang von Feuerglocken,
gibt der hellste der Tenöre,
Vollgas - will jetzt endlich rocken;

lässt im Saal die Schwarten krachen
und so eifert, schon mit Beben,
als der Vorhang unter Lachen
fällt - der Chor ihm nach, dem Leben.

[davidmuc]

Dann will ich mal meinem Ruf gerecht bleiben

Nachbarn


Der von gleich direkt daneben,
deute ich die Metaspuren,
holt von Aldi Nektarreben,
doch hat reichlich spät Amouren.

Der von unten aus dem Balkan
trinkt nur selten Bier im Städtchen,
schaut mich immer wie ein Kalb an
doch er ist ein Stier im Bettchen.

[Tula]

Alte-Hausfrauen-Rezept

Möhren- und Kartoffelsuppe
ohne Salz, wie jedes Essen;
schlimmer noch als bei der Truppe
kocht die Dame. Längst vergessen

sind Vanille, Amaretto
und „gemeinsam Sahne schlagen“.
Eingekauft wird nur bei Netto:
Liebe quält sich durch den Magen!


LG
Tula

[menetekel]

"Willst du gute Sachen kaufen"
und der Plastiktüten viele,
"brauchst du nur zu SPAR zu laufen",
nicht zu NETTO oder MIELE;

"Keine Feier ohne MEYER",
klingt es aus den Kindertagen,
und ich kotze wie ein Reiher,
höre ich dies heut wen sagen,

der im Altenstift "Zur Sonne"
muss die späten Jahre fristen -
vegetieren ohne Wonne,
graben in Erinnerungskisten.

[menetekel]

War jetzt nicht so der Renner   - bei mir ist die Form erstmal ausgeschöpft.
Machen wir uns also an eine nette "neue" Variante, den umarmenden Reim, trochäisch, mit weiblichen Kadenzen. a b b a. Vierhebig - wie gehabt.

Auszeit

Unlust will die Flügel spreizen,
mir den Aldi Süd vermiesen,
träum von Elfen und von Riesen -
"Pirulo" kann mich nicht reizen!

Viel Spaß
und noch mehr Dank für eure witzigen Beiträge

eure m.

[poetnick]

Zur Form hinaus

Elfen, Riesen im umarmten
Reime sind doch arg geklemmte,
arme Schweine wie gekämmte
Glatzen die sich nicht erbarmten

keinen Mangel aufzuglänzen
und zum Gaukel voller Fülle,
mit Geschaukel in der Hülle
riesenhaft ihr Zwergheim kränzen.

[davidmuc]

Zwischen dünnen schroffen Eiben
stirbt die tiefe Sonne rot, bloß
ist die schöne Kunst zu brotlos:
muss man schonmal offen schreiben.

Denn vom ganzen Denken, Schürfen,
wie platziert auch Köpfer scheinen,
da belohnt der Schöpfer keinen,
weil wir doch nur schenken dürfen.

[Tula]

Manche von ihnen

Elfchen haben kurze Beine,
kürzer nur sind die von Riesen
im Vergleich zum Bauch von diesen.
Flügel aber gibt es keine.

Mancher Dichter hat da kleine
riesenhafte Süffisanzen.
Doch im Großen und im Ganzen
fliegt er nie und stürzt alleine.

[poetnick]

Riesenpizza: Artischocken
aus der Dose - Fruti Mare,
halb verzehrt und fix pagare
völlig satt und rachentrocken

liter ich den Chianti runter,
reg mich kaum noch von der Stelle.
Auf dem Teller, die Sardelle
starrt mich an, wird wieder munter.

[Michel]

[Michel]

Riesenpizza? Tja. Für Leute,
die mit übergroßem Magen
über Artischocken klagen,
gibt es nur Hawaii für heute.

Und Chianti? Literweise?
Tetrapacks vom Billigheimer
oder gleich im Strohhalm-Eimer …
Alles andre ist zu leise.

Dichtung muss vernehmlich bleiben.
Deshalb: Rülpsen, furzen, brüllen,
volle Tetrapacks zerknüllen,
mit Sardellen Verse schreiben!

Sich verlieren, um zu siegen.
Sich ergehen über Wände,
Decken, Spiegel. Und am Ende
stinkend in der Pfütze liegen.

[menetekel]

"Litre den Chianti!"

einmalige Formulierung, Poetnick!


Der Einzige

Wachsen heuer Margheriten
auf der dünnen Pizzaplatte,
fühlst du dich zwar bald als Satte,
andrerseits im Bauch graniten.

Gern gedenkst du jener Tage
als *Poetnick für dich kochte,
der Salat und alles mochte,
was sonst Männer bringt in Rage,

wenn sie Steaks im Garten grillen,
blutig-rot, und literweise
Bier zu trinken auf der Reise
in den Liegestuhl zum Chillen.



*Der Koch ist "austauschbar"

[menetekel]

Jetzt kommen wir zu einer Form, die zunächst super einfach erscheint, es recht eigentlich aber nicht ist: Einen jambischen Vierheber mit durchgängig männlichen Kadenzen und Haufenreimen.
Durch den Gleichklang werden besondere Eindringlichkeit und Schwerblütigkeit erzielt, die aber nicht überstrapaziert werden dürfen weil sich ihre Wirkung sonst in ihr Gegenteil umkehrt und ein Gefühl der Langeweile, Überfrachtung oder gar der unfreiwilligen Komik entstehen lässt (was natürlich u. U. ein ebenso erwünschter Effekt sein kann, beispielsweise in unserem Genre).

Als Beispiel übernehme ich diesmal das Keller-Zitat des Herrn Frank:

[Zinna]

Ein Schoner unter Sonnenglut
auf drögem Meer. Die Mannschaftswut
mit Sauerkraut gestopp(f)t, Skorbut
hat keine Chance. Ahoi und gut.
Die Durchmarschquote steigt akut.

[davidmuc]

Ein Duft, ein Klang ein heller Takt
Oregano am Teller hackt
Herr  R., der heute Pizza backt,
statt Koffer für Ibiza packt.

Er spürt im Traum die Welle heiß -
Herr R., er ist ja helle, weiß:
Auch hier hat Flecken er vom Schweiß,
doch ist sein Bauch nicht schwer vom Eis.

Der Käse wirft sein Wellendach,
Herr R. denkt an Sardellen wach,
er legt die kleinen Biester flach
Und aus dem Radio fließt der Bach.