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Diese Werke sind ihren Autoren besonders wichtig Freebooter 2121 (Arbeitstitel)


 
 
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agu
Geschlecht:weiblichExposéadler

Alter: 49
Beiträge: 2018
Wohnort: deep down in the Brandenburger woods


Beitrag20.05.2020 00:53
Freebooter 2121 (Arbeitstitel)
von agu
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Hallo ihr Lieben,

so langsam nähert sich mein aktuelles Romanprojekt den letzten Kapiteln, die ersten sind ein paar Mal überarbeitet und ich würde euch gern ein Kapitel aus dem ersten Teil vorstellen und eure Meinung einholen.

Der Roman ist ein SciFi-Thriller, der in nicht allzu ferner Zukunft spielt (es geht u.a. um illegale Genmanipulation). Das hier ist das fünfte Kapitel; der Protagonist Daniel Helgren trifft zum ersten Mal auf die zweite Erzählstimme und Hauptfigur des Buchs, Lelo Okonkwo.  

LG Andrea

----------------------------------




„Klingt wie neu“, rief Daniel in das Dröhnen der hochlaufenden Turbine. Das Flugfeld war verlassen, bis auf einen einzelnen Monteur, der eins der Hangar-Tore reparierte. Ein Stück entfernt standen vier schwere Frachttransporter, die über Nacht reingekommen sein mussten.
„Ist ja auch neu.“ Yuri klickte ihren Gurt fest. „Wenn du mich nicht hättest.“
„Dann wäre ich verloren.“
„Genau.“ Sie verzog den Mundwinkel zu einem schiefen Grinsen.
Er grinste zurück, setzte die Sonnenbrille auf und öffnete das Com. „SOL 23-GOET 4-15, erbitte Startfreigabe.“
„Freigegeben. Macht, dass ihr wegkommt“, knackste es durch die Leitung. „Viel Spaß im Dschungel.“
„Danke, werden wir haben.“
„Mach einen großen Bogen um Sunshine-City und nimm den Nord-West-Korridor.“
„Zu Befehl, Sir. Grüß Geoffrey von mir. 4-15, out.“
Daniel zog den CP-Regler hoch, spürte, wie der SOL-Copter sich vom Boden löste. Als der Höhenmesser piepste, klickte er den Schub um und schob den Stick sanft nach vorn.
Der Copter schnitt durch die Luft wie durch flüssige Seide. Die ersten Sonnenstrahlen flirrten über die Berge und tauchten den Kamm in Rosa und Gold, die Täler tiefblaue Schatten. Es war noch angenehm kühl. Ein fast perfekter Morgen. Bis auf den Brandgeruch, der ihm schon beim Aufstehen aufgefallen war.
Ein paar Minuten später wurde schlagartig klar, warum.
„Ach du Scheiße, siehst du das?“ Yuri deutete auf das Inferno vor ihnen, keine drei Klicks entfernt. Und sie hielten genau darauf zu.
Auf einem Hügel erhob sich das Medi-SEC, das aus der Luft aussah wie ein zertrümmertes Raumschiff. Um den Hügel zog sich ein Gürtel aus Flammen. Die Viertel rund um den Komplex brannten lichterloh. Hitzeflimmern ließ die Sicht verschwimmen. Die Glut da unten musste apokalyptisch sein. Daniel drehte scharf ab, bevor sie in Turbulenzen gerieten.
„Was passiert da?“, fragte Yuri.
„Keine Ahnung.“ Mit zusammengekniffenen Augen starrte er hinunter. „Aber jetzt weiß ich, warum wir Sunshine-City umfliegen sollen.“
„Also wissen die am Stützpunkt, dass die Stadt brennt?“
„Ist nicht zu übersehen, oder?“
Direkt unter ihnen fing ein Palmenhain Feuer. Die Kronen explodierten und schossen Funken in alle Richtungen, die ihrerseits Dächer und noch mehr Bäume in Brand setzten.
„Daniel, dreh um.“
„Was? Warum?“
„Wir müssen ...“ Yuri blinzelte heftig, wie immer, wenn sie sehr aufgeregt war. „Wir müssen etwas tun! Beim Löschen helfen... wir haben einen Copter, wir könnten Wasser transportieren ...“
Er holte tief Atem. „Siehst du irgendwo Löschflugzeuge?“
Sie beugte sich vor und studierte mit zusammengekniffenen Augen den Horizont. Sie flogen jetzt zwei Klicks versetzt, parallel zur Feuersbrunst. „Nein. Drehst du jetzt um, oder was?“
„Nein“, wiederholte er. „Weil es keine gibt. Weil die einen Scheiß tun.“
Yuris Stimme überschlug sich. „Die Stadt brennt, und die lassen sie einfach brennen?“
Statt einer Antwort öffnete er den Funkkanal. „Douala Ground Control, bitte kommen. Hört ihr mich? Bitte kommen.“
Statisches Rauschen mischte sich in die Antwort. „Helgren, brennt dein Motor?“
„Nein, aber Sunshine-City. Was ist da los?“
„Ich hab’s euch gesagt, schlagt einen Bogen nach Westen.“
„Ja, danke für die Warnung. Warum brennt es?“
„Was weiß ich.“ Ein kurzes Lachen. „Halt Abstand, die Palmen sind gefährlich.“
„Wir können euch beim Löschen helfen“, rief Yuri dazwischen.
Der Mann am anderen Ende des Funkgeräts lachte. „Helgren, deine Kleine ist süß.“
„Okay, danke. 4-15 out.“ Daniel unterbrach die Verbindung.
„Spinnst du?“, fauchte Yuri.
Er fing ihr Handgelenk, bevor sie das Com wieder öffnen konnte. „Lass es.“
Sie kämpfte so heftig, dass der Copter ins Schwanken geriet.
„Yuri, hör auf! Das hat keinen Zweck!“
Ihr Widerstand erlahmte, ihre Hand sank nach unten. Daniel stabilisierte den SOL und zog ihn in eine lange Schleife. Die Feuerfelder blieben hinter ihnen zurück.
Yuris Stimme klang erstickt. „Ich dachte, die helfen den Leuten!“
„Wer? FRONTEX? Wie kommst du darauf?“
„Sie haben das Mandat für die Misereor-Mission!“
Er schüttelte den Kopf. „Misereor bezahlt die EU, weil sie Security brauchen. Mit dem Marquardt Corps kämen sie zwar billiger. Aber wenn sie die anheuern, können sie ihre Reputation genauso gut im Klo runterspülen. Also sind sie zu FRONTEX gegangen.“
„Und wir sagen einfach, Scheiß drauf, und lassen da unten alle verrecken?“
„Hast du so was mal aus der Nähe gesehen? Wenn ich uns da reinfliege, stürzen wir in einen vierhundert Grad heißen Feuersturm und verbrennen aus Solidarität einfach mit.“
Sie zog geräuschvoll die Nase hoch. „Scheiße, Dan.“
Er warf ihr einen Blick zu. „Nicht Yuri. Bitte. Es gibt nichts, was wir tun können.“
Unter ihnen erstreckte sich ein endloses Feld aus Blechdächern, Tümpeln und Betonruinen. Daniel flog tief genug, dass er die Menschen auf den Straßen sehen konnte. Die oberen Korridore über der Stadt waren den großen Frachtcoptern der Minenversorger vorbehalten. Hier brannte es zwar nicht, aber die Luft war voller Qualm. Vor ihnen schälten sich zwei Hügel aus dem Dunst. In der Schlucht dazwischen ragten die Skelette alter Hochspannungsmasten aus dem Dschungel.
Plötzlich schnitt ein Warnton durch die Kabine. Die Autopilot-Anzeige flackerte auf. Durch den Copter ging ein Ruck. Daniel tippte gegen den Knüppel, der natürlich nicht mehr funktionierte. Shit.
„Dan?“, fragte Yuri mit gerunzelter Stirn.
„Checkpoint-Kontrolle.“
„Hier?!“
Genau. Ihre Blicke trafen sich. Mit einer Hand zog er die EPEX aus dem Halfter, mit der anderen öffnete er das Com. Der Copter sank schnell. Sie wurden zur linken Hügelkuppe geleitet. „Douala Ground Control, bitte kommen. Hier 4-15, hörst du mich? Douala Ground Control, bitte ...“
„Helgren, du hast echt Sehnsucht nach meiner Stimme.“
„Habt ihr Checkpoints in Südwest?“
„Ist das ne Quizfrage?“ Die Verbindung rauschte so sehr, dass jedes zweite Wort nur abgehackt durchkam.
„Wir hängen an einem Fangsignal, und ich muss wissen, wer unten auf mich wartet.“
„Wir haben keine Checkpoints da draußen.“ Der Operator wurde schlagartig ernst. „Wir fangen alles über der Basis ab.“
„Kohlhaas?“
„... haben mit Luftüberwachung nichts am Hut.“
Daniel starrte nach vorn und versuchte, zwischen den grünen und gelben Flecken irgendetwas zu erkennen.
„Ich hoffe, ihr seid bewaffnet“, knisterte es durch den Funk. „Soll ich...“ Der Rest ging im Rauschen unter.
 Er wandte ihr den Kopf zu. „Yuri? Runter mit dir. Rühr dich nicht, egal, was passiert.“
Wortlos öffnete sie ihren Gurt und ließ sich unters Cockpit rutschen.
Aus den grünbraunen Flecken lösten sich einzelne Baumkronen, dann Gebäude, dann zerbrochener Asphalt, die Reste einer Straße. Er betete, dass sie den Copter wenigstens nicht zwischen den Bäumen runtergehen ließen.
Dann setzten sie auf. Die Kufen schrammten über unebenen Grund. Steinchen flogen hoch und krachten in die Kanzel.
Daniel klickte seine Gurtschnalle auf und wartete.
Sie standen in den Ruinen einer ehemaligen Funkstation. Direkt vor ihm ragten die Überreste eines Turms und zweier Baracken auf. Zerstörte Satellitenschüsseln lagen im Hof – zu groß und zu schwer zum Plündern, seit hundert Jahren verrostet und von Wildnis überwachsen. Rechts wucherte Gestrüpp, dahinter weit ausladende Baumkronen. Links gähnte die Schlucht mit den Hochspannungsmasten.
Die anderen warteten offenbar auch. Vielleicht weil hofften, ihn aus der Distanz ohne Risiko auszuschalten. Was sie nur konnten, wenn er die beschusssichere Pilotenkanzel verließ.
In das Flappen des auslaufenden Rotors krachten ferne Schüsse. Kurze Feuerstöße, dazwischen Pausen, dann wieder Explosionen. Klang nach Häuserkampf oder einem Stoßtrupp, der Straße für Straße aufräumte. Vermutlich kam der Kampflärm von da, wo auch die Häuser brannten. Von wegen, Geoff, alles im Griff.
Fünf Minuten vergingen.
Daniel drückte auf den Startknopf, ohne die Waffe aus der Hand zu legen. Nichts passierte. Das Fangsignal blockierte die Elektronik. Solange sie die Falle nicht deaktivierten, konnte er nicht mal die Scheißklimaanlage einschalten.
Zehn Minuten.
Er nahm die Sonnenbrille ab und schob sich die Kopfhörer in den Nacken.
„Worauf warten wir?“, wisperte Yuri.
„Wir spielen High Noon.“
„Was?“
„Wer zieht zuerst.“
Sie stöhnte entnervt.
Die Sonne stand inzwischen hoch genug, dass sie ihn blendete. Mauerreste warfen lange Schatten über den zerbröckelten Asphalt. Die Schüsse verstummten eine Zeitlang.
Dann schnitt eine neue Salve durch die Stille.
„Shit.“ Yuri verlagerte ihr Gewicht. „Da schießt jemand.“
„Ich weiß.“
Eine Viertelstunde und kein Zeichen von den Wegelagerern. Daniel tippte darauf, dass sie sich im Turm verschanzt hatten. Der Startknopf funktionierte immer noch nicht.
„Dan? Wie kommt ein Straßenräuber in Douala an eine Traktorfalle?“
„Gute Frage.“ Er musterte die Büsche links von der ehemaligen Einfahrt. Da war ein heller Fleck, der ihn irritierte. „Und noch viel besser – wie kommt er an unsere SOL-ID?“
„Vielleicht hat jemand bei der Landung das Signal abgefangen?“
„Mit welcher Ausrüstung?“
„Dan, die haben ne Traktorfalle. Und jemanden, der das Ding bedienen kann.“
Die Copter-Mechanik zischte und knackte. Der helle Fleck bewegte sich. Wieder peitschten Schüsse den Hang hinauf, unangenehm nah. Vielleicht zweihundert Meter, vielleicht sogar weniger.
„Warum sollen die also nicht ...“
„Schhht“, unterbrach er sie.
Yuri verstummte.
Aus dem Fleck wurde eine menschliche Kontur. Sie löste sich aus den Büschen und näherte sich auf Rufweite. Eine Frau. Schwarz, kurz geschorene Haare, weiße Tunika mit Kapuze, weiße Hose. Die Füße steckten in ... Riemchensandalen? In einer Hand hielt sie eine Pistole, die aber nach unten zeigte. In der anderen trug sie eine zerschrammte Metallbox.
Daniel legte eine Hand auf den Nottüröffner und entsicherte die EPEX.
„Hey!“ Die Stimme der Frau drang gedämpft durch das Kanzelglas. „Verstehen Sie Englisch?!“
Unschlüssig starrte er zu ihr herüber. Die ganze Situation war so absurd, dass er nicht wusste, wie er reagieren sollte.
„Franchaise? Espagnol?“ Sie setzte einen Fuß direkt auf die Abbruchkante zur Schlucht. „Schon klar, Sie wollen die Tür nicht aufmachen. Geben Sie mir nur ein Zeichen, wenn sie mich verstehen!“
Er hob einen Daumen, dann ließ er die Hand zurück auf den Notöffner sinken. Aus dem Augenwinkel beobachtete er das Bild der Rundumüberwachung, doch alles war ruhig. Niemand versuchte sich von hinten anzuschleichen, während er abgelenkt war.
„Hören Sie, ich brauche eine Mitfluggelegenheit.“ Sie schüttelte die Kiste. „Dieses Ding hier hält Ihren Copter am Boden, okay? Machen Sie die Scheißtür auf, oder ich lasse es hier runterfallen“, sie deutete mit dem Kopf zur Schlucht, „dann sitzen wir beide fest.“
Ihre Mimik ließ sich auf die Distanz schlecht lesen, die Körpersprache schon. Angespannt. Wütend. Vorsichtig, aber nicht ängstlich.
„Keine Angst, ich bin allein.“
Irgendetwas stimmte nicht mit ihr. Zuerst hatte er sie für eine Einheimische gehalten. Aber nein. Sie sah nur aus wie eine sehr gute Imitation einer Einheimischen. Die Hautfarbe passte, die Gesichtszüge, das Haar. Aber sie bewegte sich nicht wie jemand, der täglich zwischen Blutlachen und Müllbergen um Almosen bettelt. Die Arztkluft und ihr Englisch deuteten auf Medi-SEC, aber welche Ärztin stahl SOL-IDs aus dem FRONTEX-System und trug eine Traktorfalle in ihrer Handtasche mit sich herum?
„Mister Helgren!“, rief sie. „Wenn Sie mich aus der Stadt bringen, zahlt Ihnen meine Firma dreimal so viel wie das, was Ihnen das Gerümpel im Frachtraum einbringt!“
Daniel holte tief Atem und stieß ihn wieder aus. Vorsicht ist die Mutter der ... Scheiß drauf. Er löste die Verriegelung und schob die Tür einen Spalt auf. Sofort sprang der Brandgeruch ihn an.
„Bist du bescheuert?“, fauchte Yuri.
„Waffe weg“, rief er der Frau zu. „Dann können wir reden.“
Zu seiner Überraschung ließ sie die Pistole fallen. Sie machte ein paar Schritte von der Kante weg und näherte sich dem Copter bis auf zwei Armlängen.
„Na schön.“ Daniel schob die Tür ein kleines Stück weiter auf. Die Frau stand nun genau vor ihm und blockierte die Schusslinie. Falls doch ein Scharfschütze oben auf der Turmruine lauerte. Was er mittlerweile nicht mehr glaubte. „Wer sind Sie?“
„Leloa Okonkwo, Phoenix Consulting Utrecht.“ Der Anflug eines Lächelns zuckte um ihre Lippen. Ihr Englisch war makellos. Hochkanzlei-Chic, EU Central. Um Lichtjahre zu kultiviert für das Loch. „Freut mich, Sie kennenzulernen. Sie sind Mr. Helgren?“
„Woher haben Sie meine SOL-ID?“
„Aus den FRONTEX-Zollverkehrsdaten. Ich weiß, das war nicht die feine englische Art. Tut mir leid, okay? Aber Sie sehen ja ...“, sie machte eine Kopfbewegung zum Tal hin, „da unten geht alles zum Teufel. Was sollte ich machen?“
„Welche Firma schickt ihre Leute ohne Backup hier runter?“
Sie hob eine Augenbraue. „Ist immer so eine Sache mit dem Backup, wenn man undercover arbeitet.“
„Okay.“ Er legte die Hand mit der EPEX auf ein Knie, so dass sie die Waffe sehen konnte. „Was hält mich davon ab, Ihnen ins Bein zu schießen und den Scheißtransponder abzuschalten?“
„Ihr Gewissen. Und dreihunderttausend Dollar.“
Er hob eine Braue. „Würde ich auch sagen, wenn ich Sie wäre. Warum haben Sie FRONTEX nicht angefunkt?“
„Weil...“ Sie stellte die Box vor sich auf den Boden und verschränkte die Arme vor der Brust. „Herrgott, lassen Sie mich einfach einsteigen, ich erklär’s Ihnen unterwegs, okay?“
„Yuri“, sagte er, ohne den Kopf zu drehen. „Komm wieder hoch. Kannst du so ein Ding ausschalten?“
„Kinderspiel.“ Sie tauchte aus dem Fußraum auf und schob sich zurück in den Copilotensessel.
„Gut.“
„Dreihunderttausend“, wiederholte die Frau. „Euro-Dollars.“
Er schob die Tür ganz auf und richtete die EPEX auf Leloa Okonkwo, deutete mit der Waffe nach rechts. „Einen Schritt zur Seite bitte, Ma’am.“
„Nach Steuer.“
„Yuri“, schnitt er sie ab, „hast du sie im Visier?“
„Ja, aber du glaubst doch den Scheiß nicht, den sie sagt. Du willst nicht ernsthaft ... Dan!!“
Aber er war schon aus dem Pilotensitz und mit einem Fuß draußen. Das war der gefährlichste Moment. Aber es passierte nichts. Kein Schuss, keine machetenschwingenden Wilden, die aus den Büschen stürmten.
„Strecken Sie die Arme aus.“
Die Frau gehorchte. Um ihre Lippen zuckte ein winziges Lächeln, das ihn mehr als andere davon überzeugte, dass sie wirklich nur einen Weg hier raus suchte. Er tastete sie nach Waffen ab, aber fand absolut nichts. Ihre Taschen waren leer.
Sie versteifte sich kurz, als er ihr den Rucksack abnahm.
Er hob die Transponderbox auf und machte eine Kopfbewegung zur offenen Tür. Der SOL-Copter hatte einen Notsitz hinter dem Co-Piloten. „Na los, rein da.“
„Danke.“ Sie entspannte sich sichtlich. Er reichte die Box und den Rucksack ins Innere zu Yuri. Und zog im Reflex die EPEX hoch, als er im Augenwinkel eine plötzliche Bewegung registrierte. Dann geschah alles gleichzeitig.
Schüsse krachten. Der Sand zu seinen Füßen spritzte in kleinen Fontänen auf. Er ließ sich fallen und rollte unter den Copter, die Einschläge im Formstahl der Kabine ein hohes Singen, ein Schrei, er rollte weiter auf die andere Seite, erfasste Gestalten, die über die freie Fläche rannten, die Silhouetten schwer und kantig, militärische Ausrüstung ... Soldaten, keine beschissenen Machetenboys. Den Rücken gegen Metall gepresst, holte er tief Atem. Fokus, Daniel. Er schwang herum, beide Hände am Griff der EPEX, die Arme durchgestreckt, ein Schuss, zwei, drei, eine Salve feindlicher Kugeln zwang ihn zurück in die Deckung. Shit.
Drei Schüsse, drei Treffer.
Neben ihm schob sich die Frau, Leloa, an der Metallverkleidung hoch.
Er hörte gebellte Befehle. Das Feuer verstummte.
„Hey“, brüllte jemand. Afrikaans-gefärbtes Englisch, weit verbreitet unter den Irregulären hier unten. „Hey, hört auf zu schießen!“
„Hört ihr auf“, brüllte Daniel zurück. „Was soll der Scheiß?“
„Missverständnis! Sorry! Können wir jetzt vernünftig reden?“
Er warf einen schnellen Blick um die Ecke. Zwei Männer lagen am Boden, einer kniete, dahinter standen sechs weitere Bewaffnete. Der Sprecher, vermutlich ihr Offizier, hielt seine MAX-60 auf den Boden gerichtet.
„Sagen Sie denen, dass ich zu Ihnen gehöre“, flüsterte Leloa. „Nennen Sie mich Niña, okay?“
Daniel trat aus der ohnehin beschissenen Deckung. „Läuft das Geschäft so schlecht, dass ihr euch jetzt mit Straßenraub durchschlagen müsst, oder was?“
Einer der Verwundeten setzte sich auf und tastete unter der Weste herum. Der andere umklammerte stöhnend sein Bein.
„Ach leck mich.“ Der Offizier trat ein paar Schritte näher. Er hatte rötliche Haarstoppeln und ein sonnenverbranntes Gesicht voller Sommersprossen. Die Augen lagen verborgen hinter einer Com-Brille, die, da war Daniel sich sicher, in diesem Moment sein Gesicht mit einer internen Datenbank abglich. „Was habt ihr hier überhaupt zu suchen?“
„Maschinenprobleme. Irgendwas hat den Rotor getroffen. Wir haben eine Freigabe für Kumba. Funken Sie die Flugsicherheit an und lassen Sie sich’s bestätigen.“
„Kennung?“
„SOL 23-GOET 4-15. Daniel Helgren.“
Der Kohlhaas-Mann spuckte in den Sand. „Ist mir ehrlich gesagt scheißegal. Sie haben drei meiner Männer verwundet.“
„Die haben zuerst geschossen. Was sollte ich machen?“
Mit zusammengekniffenen Augen starrte der Offizier an ihm vorbei auf den Copter. „Was habt ihr geladen?“
„Freihandelsgüter. Tauschware. Wollen Sie einen Blick reinwerfen?“
„Schon gut. Wir fangen Flüchtlinge aus der Seuchenstation wieder ein und ich glaube, das da ist unser Mädchen.“ Er deutete in Richtung Leloa, die noch immer halb hinter dem SOL stand.
„Bullshit.“ Daniel drehte sich um. „Niña, komm raus. Sie haben kapiert, dass wir nicht der Feind sind.“
Sie war eine bemerkenswerte Schauspielerin, das musste man ihr lassen. Lässig umrundete sie den Copter und blieb neben ihm stehen. Sie hatte sich das Sonnenschutzcape aufgezogen, so dass man das kurzgeschorene Haar nicht sah. „Ihr Arschlöcher, wenn wir zurück in Utrecht sind, hänge ich euch ne Scheißklage an den Hals.“
„Ah ja?“ Etwas Lauerndes glitt in den Blick des Offiziers.
„Schwere Sachbeschädigung, versuchter Mord.“ Sie legte den Kopf schräg. „Außer ihr Clowns helft uns beim Zusammenflicken, dann drücke ich vielleicht ein Auge zu.“
„Und hast du auch einen Namen, Süße?“
„Niña Steenkamp, zu deinen Diensten. Und du, Zuckerhase?“
Daniel konnte sehen, wie die Überzeugung des Manns ins Wanken geriet. Wie er plötzlich nicht mehr sicher war, ob das wirklich die Frau war, die sie jagten. Wahrscheinlich stand in seinem Briefing, dass sie eine Einheimische suchten. Aber die drohte ihm ganz sicher nicht in geschliffenem Euro-Englisch mit Hochkanzlei-Shit.
„Okay“, sagte er endlich. „Okay. Was ist mit eurem Scheiß-Rotor?“
Daniel beugte sich zu Yuri ins Innere der Kanzel. Sie hatte die Traktorbox auf dem Schoß und wisperte: „Fertig.“
„Wie siehts aus mit dem Rotor?“, fragte er laut. „Fahr ihn mal hoch.“
Yuris Gesicht war blass und verkniffen. Sie legte den Startschalter auf der Konsole um. Die Turbine heulte auf. Der Rotor drehte an und riss einen Staubwirbel vom Boden. Daniel musste husten und Leloas Hände fuhren nach oben, um die Kapuze festzuhalten.
„Funktioniert doch“, brüllte der Offizier über den Lärm hinweg.
„Ja, Glück gehabt“, gab Leloa zurück.
Daniel machte eine Show daraus, den Copter zu umrunden und zu überprüfen, dass die Blätter rund liefen. Er bedeutete Yuri mit einer Geste, dass alles in Ordnung war, dann sah er den Offizier an. „Wie heißen Sie?“
Der hob die Hand zu einer obszönen Geste. „Weißt du was, Arschloch? Verpisst euch, bevor mir aus Versehen der Abzug verrutscht.“
Daniel starrte ihm noch etwas länger ins Gesicht, nickte und wandte sich ab. Leloa verschwand im Innern der Kanzel. Er folgte ihr und zog die Tür hinter sich zu.
Mit knappen, konzentrierten Bewegungen sicherte er die EPEX, legte die Hände auf Steuerknüppel und CP und zog den Copter in die Luft. Der SOL reagierte leicht und flüssig, als hätte nicht gerade ein MAX-60 einen Halbkreis aus 45-Millimeter-Einschlägen in die Außenhaut gestanzt.
Erst als vor ihnen die träge braune Schleife des Wouri Rivers auftauchte und er den Knüppel bis zum Anschlag nach vorn drückte und der plötzliche Schub ihn in den Sitz presste, bemerkte Daniel, wie sehr sein Arm zitterte.



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Beitrag20.05.2020 10:50

von Michel
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Läuft. Für mich fast zu gut.
Will sagen: Ohne den letzten Absatz hätte ich ein bisschen den Eindruck, einem Videogame zu folgen, mit lauter supercoolen Typen, die auch mit abgeschossenem Unterkiefer noch einen coolen Spruch drauf haben. Aber mit dem Absatz passt es für mich.  Bin in einem Rutsch durchgezogen und hatte ein klares Szenenbild. Spannend? Auf jeden Fall. Das ist jetzt keine Szene mit massiver Figurenentwicklung, klar. Ein Tick mehr Mensch hinter den Figuren würde ihr aus meiner Sicht aber nicht schaden.


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Beitrag20.05.2020 19:32

von Phenolphthalein
Antworten mit Zitat

Hallo AGU,

ich beginne mal mit einem Zitat einer Person, die du kennen solltest. *

Zitat:
Dieses Problem der ‚Schießbudenfiguren‘ entsteht vor allem dann, wenn man sich Figuren nach anderen künstlichen Figuren modelliert, und nicht nach realen Menschen. Schreibst Du zum Beispiel einen Krimi und stützt Dich dabei auf eine Fernsehserie als Vorlage, kann nur Grütze rauskommen - weil Du dann die Kopie von der Kopie von der Kopie produzierst.


Michel meinte [hierzu auch], dass die handlungstragenden Personen (hP) ‚supercool‘  seinen.

Das Gefühl teile ich ein wenig, und es fängt sehr früh an, bedenke ich beispielsweise, dass es etwas wie Funkdisziplin gibt, die hier nicht eingehalten wird, sondern sich das Ganze mehr wie in einem Film liest. (Für mich ist das allerdings auch ein Kapitel eins, nicht ein Kapitel fünf. Möglicherweise hätte ich unter anderen Umständen bereits auch eine andere ‚Beziehung‘ zu den hP’s)

Weiter, aber da bin ich wohl auch nur wieder bei Michel, frage ich mich, ob es Absicht ist, dass du von den hP’s keine Gefühle vermittelst.
Ich zähle Dinge, wie ‚Sie stöhnte entnervt.‘nicht dazu, auch wenn ich daraus eine Haltung ableiten kann.

Die Beschreibungen und Handlung finde ich hingegen gut dosiert. Allerdings fehlt mir hier dann etwas der Hintergrund, wobei das möglicherweise in einer Szene die Spannung erzeugen soll, weniger wichtig ist.

Du solltest übrigens noch nach kleineren Fehlern suchen, aber das ist schließlich nicht die finale Version, also alles gut.

Viele Grüße,

Pheno

*Das Zitat stammt von dir.


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agu
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Beitrag20.05.2020 20:51

von agu
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Hi Pheno, Michel,

danke euch für die Rückmeldung und Eindrücke!

Die Figurenzeichnung kommt nicht zu kurz, keine Sorge Wink.
Ich habe das Kapitel rausgezogen, weil hier recht viel Action passiert ... die vorausgehenden Kapitel sind deutlich ruhiger, mit sehr viel mehr Innenschau und auch Hintergrund.
Das relativiert dann auch die Super-Coolness. Die hält immer nur für kurze Sprints, und später unter wachsender Belastung dann gar nicht mehr.

Ich schätze, das ist immer das Problem, wenn man einen Romanauszug postet - im Gegensatz zur Kurzgeschichte passiert die Abstufung und Ausformung der Figuren halt über einen längeren Zeitraum.
Ich verzichte in actionreichen Abschnitten gern auf Innenschau und verlege die stattdessen auf die ruhigeren Abschnitte, in denen mehr Zeit und Luft dafür ist - und man dem Prota den einen oder anderen Gedanken, der nicht unmittelbar auf das Hier und Jetzt einer stressigen Situation gerichtet ist, eher abnimmt.


Ansonsten ja - ich habe auch noch keine Fehlerchen und Dopplungen und dgl. gefunden, selbst nach der fünften Überarbeitung. Ich muss da ganz am Ende auch noch mal mit Abstand und anderer Formatierung drüber, um die letzten Klopse rauszupicken Rolling Eyes


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Michel
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Beitrag21.05.2020 20:43

von Michel
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Die Figuren kannte ich ja bereits, das ist schon stimmig. Auch damit hatte ich mich gefragt, ob Du um Haaresbreite überzeichnest – aber da bewegen wir uns wahrscheinlich längst im Geschmacksfragen-Bereich.

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agu
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Beitrag21.05.2020 21:23

von agu
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Michel hat Folgendes geschrieben:
Die Figuren kannte ich ja bereits, das ist schon stimmig. Auch damit hatte ich mich gefragt, ob Du um Haaresbreite überzeichnest – aber da bewegen wir uns wahrscheinlich längst im Geschmacksfragen-Bereich.


Ja, ich weiß, was Du meinst.
So vom Grundsatz her habe ich schon immer ein bisschen die Tendenz, etwas "cartooniger" zu schreiben. Jedenfalls wenn es in die Action geht. Ich glaube, das ist etwas, was ich am Ende noch mal fein austarieren muss, wenn der Roman komplett fertig ist und durch die Mühlen der Testleser geht.
Und ich mit etwas Abstand das Ding selber noch mal von vorn bis hinten linear durchackere.


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Kiara
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Beitrag22.05.2020 07:15

von Kiara
Antworten mit Zitat

Zudem musst du deinen Stil auch nicht ändern, damit du mehr 'gefällst'. Dabei läufst du Gefahr, dass du 'mainstreamiger' wirst. Natürlich ist eine Anpassung in gewisser Weise sinnvoll, doch verbiegen, damit du in der Masse untergehst, kann auch nicht dein Bestreben sein. Aber du bist ja erfahren genug, dass so etwas nicht passiert, glaube ich. Wollte es nur mal dalassen.

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- Düstere Lande: Die dritte Klinge (2023)
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agu
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Beitrag22.05.2020 10:51

von agu
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@Kiara - ja, Du hast natürlich Recht.
Ich glaube ohnehin nicht, dass man jeden Leser glücklich machen kann - letztendlich entscheidet man sich dann immer für das, was man selbst auch am liebsten liest Wink

Aber am Ende wird es wirklich so sein, dass ich nach Finalisierung des Manuskripts mal auf Feedback von Testlesern warten muss und es auch selbst noch mal am Stück nach etwas Abstand lesen werde - dann merkt man immer erst, wo man bestimmte Elemente dann etwas zu hoch oder zu tief dosiert hat.

Liebe Grüße,
Andrea


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agu
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Beitrag22.05.2020 12:46

von agu
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Hallihallo -
das Feedback ist, wie es aussieht, vor allem in dem Punkt konsistent, dass sich zu wenig Innenansicht der Protas in der Szene findet (ich habe gerade auch noch eine ähnliche Meinung per PN bekommen).

Jetzt beschäftigt mich das ja doch ... Wink

Bisher halte ich es wie gesagt so, dass ich mich mit Reflexion und Innenansichten in Actionszenen eher zurücknehme und die in die ruhigeren Kapitel verschiebe. Eventuell bin ich da auch von meiner Vergangenheit geprägt, in der ich ein paar UrbanFantasy-Titel geschrieben habe, die ich auf Verlagswunsch in Richtung Romanze gedrückt habe - und da ist Innenansicht ja King. Kommerziell war es wahrscheinlich auch die richtige Entscheidung, persönlich ging es mir gegen den Strich.

Ich empfinde ich es bei Romanen eher als Roadblock, wenn mitten im Getümmel Gedanken und Bewertungen zwischengestreut werden. Ich mag diese amerikanischen Noir-Krimi/Thriller, in denen sich Innenperspektive zugunsten Geschwindigkeit auf ein Minimum reduziert. z.B. sowas wie die Jack Reacher Romane von Lee Child.

Aber wie gesagt, jetzt bin ich doch leicht verunsichert, ob ich's nicht übertreibe.
Ich würde euch deshalb ganz gern noch ein etwas ruhigeres Kapitel als Gegenpol vorstellen - mit der Frage, ob ihr das Gefühl hat, dass das als Ausgleich ausreichend funktioniert.
Das spielt ein Stückchen später; auf die Szene, die ich oben gepostet hatte, folgen noch ein paar weitere Katastrophen, bevor alle drei Protagonisten wieder auf sicherem Boden stehen. Die Szene findet danach statt, in einer Siedlung, in der sie übernachten und ihre Fracht an die Dörfler verkaufen. Erzählperspektive ist hier die von Lelo.



-----------------
Lelo drehte und drehte sich, bis ihr schwindlig wurde und sie nicht mehr anhalten konnte, ohne gegen eine der anderen Frauen zu taumeln. Sie hatte die Augen geschlossen und tanzte mit weit ausgebreiteten Armen zum Ethno-Pop, der aus den Lautsprechern eines antiken Ghettoblasters dröhnte. Das Ding war aus schwarzem Plastik gegossen, dem Wundermaterial des zwanzigsten Jahrhunderts, das fünfhundert Jahre hielt, ohne zu verrotten.
Yuri, Helgrens kleine Freundin, war eine anstrengende Wohlstandsgöre, aber hatte goldene Hände. Für die Nummer mit dem Leck im Tank zollte Lelo ihr Respekt. Yuri sah zwar aus wie ein koreanisches Manga-Püppchen, aber konnte alles reparieren. Sogar zweihundert Jahre alte Analogtechnik. Nach einer Stunde mit Schraubenzieher und Lötkolben hing der Blaster an einem Stromanschluss im SOL-Copter und lud die Batterien auf. Und jetzt baumelte das krächzende Monstrum von einem Ast des Niembaums und beschallte den Dorfplatz.
Die Luft war dick vom Rauch der Holzfeuer, schwitzenden Menschen und Essensdüften. Es gab Fische aus dem Fluss, Schüsseln voller Krebse, gebackenes Huhn und Ndolé in großen Töpfen. Die Gerüche und Geräusche überwältigten Lelo und katapultierten sie in ein heftiges und lang anhaltendes Déjà-vu. Camp Dina fühlte sich an wie ein verlorenes Paradies, wie Märchenbuch-Folklore von einem Afrika, das außerhalb von Holo-Vids nicht existierte. Es schleuderte sie zurück auf die Farm bei Windhuk, zurück zu lodernden Feuern und Lichterketten, zu Singabenden und der gemeinsamen Ernte, Essen an langen Bänken und Mimi, einer zahmen Gepardin, die der ganze Stolz von Tess de Voos war, der Vorsteherin ihrer Kooperative.
Für den Moment vergaß sie, warum sie hier war, was sie getan hatte, was sie noch tun würde. Sie vergaß Utrecht und die Hardware in ihrem Magen und den verflucht langen Weg zurück. Sogar die Blasen an ihren Füßen vergaß sie beim Tanzen. Oder es lag an der Extra-Dosis Polyvin, die ihr die Krankenschwester aufgesprüht hatte. Sie öffnete die Augen und trieb durch Lichter und Farben. Zwischen den ebenholzschwarzen Köpfen leuchtete Yuris violettes Haar.
Ab und zu erhaschte sie einen Blick auf Helgren. Er saß gegen eine Hauswand gelehnt und beobachtete das Treiben unter gesenkten Lidern hervor. Freihändler waren harte Knochen, mussten es sein. Viele hatten eine Vergangenheit als Söldner. Aber Helgren ... war anders. Ein stiller Typ, leicht zu unterschätzen. Was sicher Absicht war. Einer, der sich, wenn es hart auf hart kam, in eine passable Ein-Mann-Armee verwandelte. Er wirkte sehr nordisch, sehr kantig, sehr effizient. Helle, durchdringende Augen, militärischer Haarschnitt, Drei-Tage-Bart. Er redete wenig, beobachtete viel.
Wie passte so einer mit Yuri zusammen? War sicher eine interessante Story. Der Vorfall am Dissoni-See - mein Gott, was für eine glückliche Fügung. Sie war sich ziemlich sicher, dass Helgren sie andernfalls bis zum FRONTEX-Stützpunkt mitgenommen hätte und keinen Meter weiter. Und dann noch der Bonus, dass sich seit einem Jahr kein Händler mehr in Camp Dina hatte blicken lassen und sie deshalb wie Könige empfangen wurden. Sie war fast hintenübergefallen, als die Alte eine ganze Schale von den gelben Steinchen in Helgrens Hände geschüttet hatte. Heilige Scheiße!
Jetzt schuldete er ihr was. Jetzt war sie nicht mehr das lästige Anhängsel vom Straßenrand, sondern hatte ihm eine verfickte Truhe Gold in den Schoß gekippt. Natürlich glaubte er ihr immer noch kein Wort. Aber er würde sie trotzdem mitnehmen, wenn sie es gut anstellte. Das ersparte ihr das Risiko, sich wochenlang in Douala zu verstecken, bis der nächste Inter-Cargo-Frachter eintraf.
Am Rande des Tanzplatzes schleppten die Männer unter lautem Gejohle Kanister mit Palmwein heran. Lelo driftete aus der Menge heraus und ließ sich zu Boden sinken. Es dauerte, bis die Welt aufhörte, um sie zu kreiseln. Jemand warf Bananenkaramell in die Menge und erntete Eruptionen aus Gelächter und ausgelassenem Quietschen.
Sie sahen so glücklich aus.
Während in Douala ganze Viertel niederbrannten und schwangere Frauen gejagt wurden.
Während ein Prophet seine Gottesarmee die Flüsse herab schickte, um zu foltern und zu töten.
Während ein stinkreicher Konzern unter dem Mäntelchen der Wohltätigkeit das Blut aus Menschen herauspresste, die wenig mehr als Schlachtvieh waren.
Während skrupellose Ärzte Gott-weiß-was mit Mädchen wie Mila anstellten.
Sie steckte sich ein Karamellbonbon in den Mund und lutschte darauf herum, bis es sich auflöste. Sie drehte sich zu Helgren um. Ihre Blicke trafen sich. Sie glaubte, ein Lächeln um seine Mundwinkel zu sehen. Oder vielleicht war es ein Schatten.


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Phenolphthalein
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Beitrag22.05.2020 17:04

von Phenolphthalein
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Hallo AGU,

man kann mehr 'Gefühl' herauslesen, als zuvor.

Doch...

Zitat:
. Kommerziell war es wahrscheinlich auch die richtige Entscheidung, persönlich ging es mir gegen den Strich.


 ... dann braucht man hier streng genommen keine weiteren Worte mehr verlieren. Wenn du nicht die Absicht hast, das Werk kommerziell zu vermarkten, dann ist die Art zu schreiben, wie du es für richtig hältst, auch richtig (also absolut). Das allerdings ist nicht zwangsläufig ein Kriterium für Mainstream, wie du an deinem Thriller-Beispiel erkennen könntest. Bedrohung vor Tempo vor Gefühlen. Doch wie sähe es beim psychologischen Spannungsroman aus?

Zum Text.
Man kann hier die Gefühle erahnen. Sprachlich finde ich sogar Stellen, die ich sehr gelungen finde. Aber Innensicht ist das nicht oder es sind zumindest keine Gefühle i.e.S..
Ich nehme nur ein Beispiel, das mir zwar gefällt, dass aber nur auf ein Gefühl schließen lässt.

Für den Moment vergaß sie, warum sie hier war, was sie getan hatte, was sie noch tun würde. Sie vergaß Utrecht und die Hardware in ihrem Magen und den verflucht langen Weg zurück. Sogar die Blasen an ihren Füßen vergaß sie beim Tanzen.

Edit: Das ist übrigens der Erzähler, denn aus ihrer Sicht (Innensicht), wird es schwer sie beurteilen zu lassen, was sie vergessen hat. Du willst ja quasi in dem Moment bei ihr sein. Da vergisst sie aber. Doch ist ihr das auch bewusst oder kann es das sein (in DIESEM MOMENT)?

Welches Gefühl ist das? Es ist nicht schlimm, dass man das eventuelle nicht genau greifen kann.
Doch lässt das vielleicht viele Interpretationen zu, oder?

- Vergisst sie, weil sie zu viel erlebt hat, das ihr Verstand nicht erfassen kann oder will (verdrängt sie?)
 
- Vergisst sie, weil Tanzen ihre Leidenschaft ist, der Zeitpunkt für Entspannung?

- Vergisst sie, weil es womöglich Medikamente sind (Oder es lag an der Extra-Dosis Polyvin, die ihr die Krankenschwester aufgesprüht hatte.)?

Schwer. Schwer auch für sie, denn offenbar weiß sie es selbst nicht. Aber sie stellt sich dem auch nicht?

Alternativ fehlt hier aber, warum sie nicht vergessen kann (oder eben nur beim Tanzen oder unter Drogen).

Es ist halt kompliziert, es schmerzt [so sehr] seit jenem Tag, als das Krümelmonster ihr den Keks wegnahm.
Damit hättest du eine Ursache in Form eines Traumas. Die Interpretation der (ungenannten) Gefühle wird dadurch leichter.

Jetzt das Wichtige: Aber was rede ich da?
Es ist okay, wie du es machst, es gehört ja wohl zu deinem Stil. Und du weißt schließlich, was du tust, auch wenn dein früherer Antrieb wohl rein aufs Kommerzielle gerichtet war. Du definierst, was du mit dem Text erreichen willst und (das ist das schöne) du kennst dein Handwerk.

Doch mainstreamiger wird es noch lange nicht, wenn man sich eingehender damit beschäftigt. Bei dir besteht die Gefahr gleich zwei Mal nicht, weil du eben [tatsächlich] entscheiden kannst.  


- sit venia verbo - Komisch, dass man gerade bei den Kritikern des Mainstreams [die jedoch veröffentlicht haben] so viele gleichartige Texte liest. Lass ich auch einfach mal so stehen.


Viele Grüße,

Pheno


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Nichts ist leichter, als so zu schreiben, dass kein Mensch es versteht; wie hingegen nichts schwerer, als bedeutende Gedanken so auszudrücken, dass jeder sie verstehen muss.

-Arthur Schopenhauer
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agu
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Beitrag22.05.2020 19:01

von agu
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Hi Pheno,

ach ja, der Mainstream. Mein Beziehungsstatus zum Mainstream lautet am ehesten 'it's complicated'. smile

Ich beneide die Schriftsteller-Kollegen sehr, bei denen sich Mainstream und eigener Geschmack decken, weil das so vieles einfacher macht. Zum Beispiel, dass man beim Schreiben richtig viel Spaß haben kann und gleichzeitig erwarten darf, dass das Buch auf breiter Ebene erfolgreich wird.
Wobei Mainstream per se nichts Schlechtes ist. Es ist halt der kleinste gemeinsame Nenner der Gefälligkeit für eine maximal große Zielgruppe. Das erfordert unter Umständen Kompromisse.

Ab und zu mache ich mir den Spaß und blättere mich quer durch die Spiegel-Bestsellerlisten. Wenn ich aus den Top 30 ein Buch finde, das mir gefällt, bin ich schon gut. Bei den Amazon Top 100 ist es noch viel schlimmer.

Ich habe das Problem, dass mein persönlicher Lese- (und demzufolge auch Schreib)geschmack leider nur eine kleine Schnittmenge mit Mainstream-Erwartungen aufweist. In der Vergangenheit hat mich das öfters mal zur Verzweiflung getrieben. Ich habe den Spaghat versucht zwischen dem, was ich selbst gut finde und dem, was die Masse gut finden könnte. Das Ergebnis war, dass sich meine Verlagstitel mäßig, aber nie richtig gut verkauft haben. Und dass ich nur Verträge für Genres bekommen habe, die ich mir eher selten freiwillig kaufe. Aber nie für die Genres, für die ich brenne (und bei denen - oh Wunder - die Anzahl guter Titel auf dem deutschen Markt eh sehr überschaubar ist. Was wohl auch der Grund dafür ist, dass keiner sie verlegen will, wenn man nicht wenigstens eine US-Bestseller-Referenz mitbringt, die dann hoffen lässt, dass sich wenigstens ein paar Leser in Deutschland das Buch kaufen.)

Ich war ausreichend frustriert, dass ich für ca. vier Jahre das Schreiben komplett aufgegeben habe.

Ich könnte mir vorstellen, dass sich unter den Mainstream-Kritikern, die selbst dann besten Mainstream schreiben, viele befinden, die ihre Entscheidung aufgrund finanzieller Beweggründe treffen (man muss schließlich was essen), aber ihrem Frust dann irgendwie Luft machen müssen. Da ich finanziell nicht vom Schreiben abhängig bin, war das die bessere Entscheidung für mein Seelenheil.

Noch mehr als die mainstream-kompatiblen Autoren beneide ich die, die für ihre (kleinere) Zielgruppe erfolgreich schreiben und sich in ihrer Nische so etablieren konnten, dass sich's vernünftig davon leben lässt. Auf dem englischsprachigen Buchmarkt scheint das besser zu funktionieren als auf dem deutschen, vielleicht weil er so viel größer ist.

Ich habe jedenfalls wieder angefangen mit dem Schreiben, einfach weil ich's gern mache. Den Roman hier schreibe ich ohne Vertrag und mit Betonung auf Hobby, aber veröffentlichen will ich ihn natürlich trotzdem. Was bedeutet, dass der Frust schon wieder vorprogrammiert ist Wink

Liebe Grüße,
andrea


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Gast







Beitrag22.05.2020 21:07

von Gast
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Auf die Gefahr hin, dass ich mich jetzt völlig blamiere. Welchem Genre ist der Text zuzuordnen? Ich liebe SciFi und so stelle ich mir eine Flugszene mit einem in Bodennähe operierenden Raumschiff vor. Auch wenn es keine SciFi ist, ich werde mich bei meinen zukünftigen Szenen, die dicht über dem Erdboden spielen, an dieser Szene orientieren.

Mir gefällt der Text sehr gut. Das will etwas heißen, weil ich sonst den veröffentlichten Texten sehr distanziert gegenüberstehe. Vielleicht gefällt er mir auch nur deshalb, weil er mich so sehr an SciFi erinnnert. Auf jeden Fall wirft er mein Kopfkino an.

Gruß

attingat
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agu
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Beitrag22.05.2020 22:55

von agu
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Hi Attingdat,

zunächst mal danke für Deine Rückmeldung - und freut mich sehr, dass es Dich anspricht!
Ansonsten ... ja, es ist SciFi smile
Das Setting ist "nicht allzuferne Zukunft" - konkret das Jahr 2121. Die Welt ist unsere Welt, aber eben um 100 Jahre in die Zukunft interpoliert. Ein bisschen Cyberpunk ist mit drin, viel Thriller. Kennst Du zufällig Richard Morgans 'Market Forces'? So in die Richtung...

Liebe Grüße,
Andrea


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Beitrag22.05.2020 23:04

von Gast
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Hallo agu,

da bin ich froh, mich nicht völlig blamiert zu haben. Den von dir genannten Schriftsteller kenne ich nicht. Man kann nicht alles und jeden kennen.

Gruß

attingat
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agu
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Beitrag22.05.2020 23:28

von agu
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Zitat:
Man kann nicht alles und jeden kennen.

Das ist wahr Cool


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Michel
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Beitrag23.05.2020 20:19

von Michel
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Zurück zum Text: Ich mag das. Diese Mischung aus Innenschau und Sinneseindrücken finde ich fein abgeschmeckt. Bei der Action-Szene ging es mir ja auch eher um Nuancen als um die ganz große Tube Reflex-Pro. Wenn Du das mit Szenen wie der letzten schneidest, kommt da eine Mischung zusammen, die mir ausgesprochen gut gefällt.
Mal nur aus Neugier gefragt: Wie viel von den beiden Texten ist "authentisch" im Sinne von "so schreibe ich gern", und wie viel ist mit einem Auge auf dem Markt? Gesetzt den Fall, dass man das so auseinanderdividieren kann.


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agu
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Beitrag23.05.2020 20:30

von agu
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Michel hat Folgendes geschrieben:

Mal nur aus Neugier gefragt: Wie viel von den beiden Texten ist "authentisch" im Sinne von "so schreibe ich gern", und wie viel ist mit einem Auge auf dem Markt? Gesetzt den Fall, dass man das so auseinanderdividieren kann.


Also der Roman ist 100% "ich schreibe gern" smile


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Alufolie
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A
Beitrag25.05.2020 16:44

von Alufolie
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Hallo Agu,

Ich möchte nur sagen, ich hab deinen Text gefeiert. Ohne Witz, der hat mir richtig, richtig gut gefallen.
Du hast es geschafft, in meinem Kopf regelrecht plastische Bilder entstehen zu lassen und sowas liebe ich. Du hast für mich genau die richtige Dosierung zwischen Handlung und Beschreibungen getroffen.
Mir fehlten im ersten Teil auch nicht die Gefühle. Ich sehe das so wie Du, - in ruhigeren Szenen in den Charakter eintauchen und es dafür bei Action knackig halten.
Hab ich wirklich gerne gelesen und dein Text hat mich motiviert, immer weiter an meinen eigenen Schreibfähigkeiten zu arbeiten.
Liebe Grüße, Marco
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agu
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Beitrag25.05.2020 23:41

von agu
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Hi Marco,
freut mich riesig, dass es Dir gut gefällt - und motiviert mich sehr!
Liebe Grüße,
Andrea


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nothingisreal
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Beitrag28.05.2020 16:11

von nothingisreal
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Hallo agu!

Dass du schreiben kannst, brauche ich gar nicht zu sagen, dass sollte eigentlich jeden glasklar sein. Trotzdem hab ich mir mit dem ersten Ausschnitt schwer getan (ich habe nur etwa das erste Drittel gelesen, das lag allerdings nicht daran, dass ich ausgestiegen bin, sondern weil ich jetzt gleich weg muss, dir aber trotzdem eine Meinung hinterlassen wollte).

Das lag an drei Sachen:
- Gefühle. Das würde bereits mehrfach gesagt, ich würde mich sehr gerne da anschließen. Ich empfinde den Anfang nicht besonders actiongeladen und sehe daher überhaupt kein Problem, dass da Gedanken und Gefühle einzufügen. Für mich las es sich dadurch ebenfalls eher wie ein Film als ein Buch. Dadurch dass ich die Figuren nicht kenne, tat ich mir schwer, die Gefühle in die Handlungen hineinzuinterpretieren.
- Logik. Vielleicht bin ich auf dem Holzweg. Aber so wie ich das sehe: Die beiden befinden sich auf irgendeinem Flughafen (vielleicht von einer Militärbasis?) und müssen, warum auch immer, irgendwohin. Soweit so gut. Jetzt kommt aber, dass sie, sobald sie in der Luft sind, den Brand sehen. Ihre Reaktion: Ach, du scheiße. Ist an sich passend. Aber auch wieder nicht. Denn laut Daniel hat er den Geruch seit dem Aufstehen gespürt. Selbst wenn die beiden vor fünf Minuten aus dem Bett geschmissen wurden, kaufe ich nicht ab, dass sie nicht davor keine Gedanken gemacht haben, woher der Geruch kommt. Und nicht jemanden gefragt haben. Das wäre das natürlichste der Welt. Es wird für sie also überhaupt nicht überraschend sein, sie können trotzdem über das Ausmaß schockiert sein. Darüber, dass sie nicht zum Helfen geschickt werden, allerdings noch auf dem Boden. Es wird übrigens nicht nur der Geruch, sondern auch Rauch rüberziehen. Schau mal hier: https://www.noz.de/deutschland-welt/vermischtes/artikel/2038399/braende-um-tschernobyl-brandgeruch-in-kiew-hilfe-aus-deutschland Tschernobyl ist 130 km von Kiew entfernt, trotzdem lag die Stadt im Rauch versunken. Es ist nicht ganz ohne, wenn in der "Nähe" viel brennt.
Ich würde die beschriebene Situation nur abkaufen, wenn es erst seit kurzem brennt und für sie dadurch absolut neu ist.
- Manche Beschreibungen waren mir zu kurz. Beispiel:
Zitat:
Sie kämpfte so heftig, dass der Copter ins Schwanken geriet.
Was genau soll ich mir darunter vorstellen?

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agu
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Beitrag01.06.2020 00:57

von agu
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Hallo NIR, danke Dir für die Rückmeldung!

Das mit den Gefühlen ... wie gesagt smile
Ich hab's jetzt als einen der Hauptpunkte mit auf der Liste für die Testleserunden. Ich muss einfach sehen, ob mein Ansatz, actiongetriebene und ruhige, eher gefühlslastige und (innen)dialogige Szenen zu separieren, in der Mehrheit dann aufgeht. Diese Sequenz hier kriegt im weiteren Verlauf noch sehr viel Schwung, was die Action betrifft.

Zur Logik:
Deine Anmerkung ist vollkommen berechtigt, das geht aus dem Abschnitt nicht unmittelbar hervor (wird aber in den vorherigen Kapiteln klar) - der Ort, an dem sie sich befinden, ist eine SciFi-Version von Mogadischu aka Vorhof der Hölle, wo verrauchte Luft tatsächlich völlig normal ist (ist es, wie ich's mir gerade überlege, sogar unter gewöhnlichen "zivilisierten" Umständen - Beispiel: Hier in unserer Ecke sind im Sommer Waldbrände an der Tagesordnung, es riecht eigentlich alle naselang massiv nach Rauch. Das ist so gewöhnlich (genauso wie auch die Feuersirenen auf den Dörfern), dass man es einfach hinnimmt. Früh beim Aufstehen - oh, riecht nach Rauch, brennt wohl wieder irgendwo. Schockiert wäre ich dann trotzdem, wenn ich mit dem Auto in die nächste Stadt fahre und hinter der Kurve steht der eigene Wald lichterloh in Flammen).

Jedenfalls, hier zum Hintergrund:
Wir befinden uns in Douala (Kamerun) im Jahr 2121, der Ort ist ein dystopischer, komplett gesetzloser Moloch, eine Mischung aus Goldrausch-Camp, gigantischem Flüchtlingslager und Vorhof zur Hölle. Die einzigen Items moderner Zivilisation sind ein Krankenhauskomplex eines NGO-Konzerns (der aber mit Wohltätigkeit nichts am Hut hat) und ein  Militärstützpunkt, deren Besatzungen da ist, um die Interessen verschiedener Konzerne einschließlich besagter NGO zu schützen. Denen ist Wurscht, was mit der Stadt und den Leuten passiert.

Daniel hat viel und Schlimmeres gesehen und weiß, wie die Dinge vor Ort laufen. Er ist vom Brand absolut nicht beeindruckt. Ihm ist auch klar, dass da nicht gelöscht werden wird. Er war selbst lange Jahre beim Militär, verdient jetzt sein Geld, indem er Schrott aus Europa in Afrika gegen ein sehr wertvolles Mineral tauscht, das nicht industriell abgebaut werden kann.
Yuri ist eine langjährige Freundin, aber eher der Typ wohlstandsverwöhnte Abenteuer-Urlauberin. Sie hat einen naiv-romantischen Blick auf die Welt außerhalb der Luxusfestung Europa. Sie sieht diese Trips als aufregende Urlaube und hat bisher kaum etwas von den hässlichen Seiten mitgekriegt. Sie glaubt, die Militärs wären zum Schutz einer Hilfsmission für die 'armen Wilden' da - und ist entsprechend schockiert. Erst vom Brand, dann von dem, was folgt. Für sie ist das wirklich komplett überraschend. Sie kennt Douala von 2 vorherigen Touren und hat bisher nur die wildromantischen Seiten gesehen. Und auch die nur aus der Luft.

Das mit der Rauchmenge ist aber noch mal ein guter Punkt - vielleicht deute ich das doch schon beim Start an, wo zuerst noch die Schönheit der Landschaft im Vordergrund steht. Ich muss noch mal recherchieren, wie sich das auch mit Windrichtung usw. verhält.
Im späteren Handlungsverlauf, als sich das Feuer weiter ausgebreitet hat (hier sind es bislang ja nur einige Straßenzüge), beschreibe ich tatsächlich eine gigantische Rauchsäule über der Stadt, die man noch 60km entfernt vom Meer aus sieht.


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Beitrag02.06.2020 10:36

von nothingisreal
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Hallo agu,

danke für diese Hintergründe. Da macht es tatsächlich mehr Sinn. Ist echt schwer manchmal etwas zu beurteilen, wenn es aus dem Kontext gerissen ist.

Hört sich auf jeden Fall sehr, sehr spannend an! Bin gespannt auf dein Buch smile


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