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geistige aufarbeitung


 
 
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Seekind
Geschlecht:männlichSchneckenpost
S

Alter: 26
Beiträge: 5
Wohnort: Wien


S
Beitrag11.05.2020 13:50
geistige aufarbeitung
von Seekind
eBook pdf-Datei Antworten mit Zitat

ein halb verblasstes standbild
ist dein lächeln mir vorm innern auge
die nacht, der weg
der baum, der strick
versuche zu verstehen
wie viele tausend menschen
hängen schon am galgenbaum?
wie viele tausend menschen
werden noch die äste tragen?
der morgen, der fund
zitternd schwache stimmen
die botschaft des freitods
freitod? nicht aus freien stücken!
nur ein gewaltiger zwang
kann den drang zu leben binden
was war es bloß
das dich bewog?
versuche zu verstehen.

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Justadreamer
Geschlecht:männlichLeseratte
J

Alter: 26
Beiträge: 196
Wohnort: Bayern


J
Beitrag15.05.2020 11:59

von Justadreamer
Antworten mit Zitat

Hallo Seekind,

ich finde dein Einstandsgedicht sehr gelungen.
Es tut mir leid, wenn dein Titel deine reale Situation widerspiegelt..

Kritik zum Text habe ich nur wenig, da ich das Gedicht selbst, wie gesagt, sehr gut finde. Den "Galgenbaum" zu mystifizieren gefällt mir.
Einzig der Titel ist meiner Meinung nach nicht gut gewählt - für dich ist dieser Titel natürlich stimmig, für einen Leser klingt es eher nach "Okay, der Autor will hier mit seinem Text alleine sein".  Ein  Titel, der sich auf den Inhalt und nicht auf deinen Bezug zu deinem Gedicht bezieht, wäre passender.

Liebe Grüße
Justadreamer
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Aravan
Geschlecht:männlichSchneckenpost
A

Alter: 30
Beiträge: 13
Wohnort: Wien


A
Beitrag15.05.2020 14:08

von Aravan
Antworten mit Zitat

Hallo Seekind

Ich kann Justadreamer nur zustimmen, das gedicht ist sehr gelungen und liest sich sehr flüssig und stimmungsvoll!
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Seekind
Geschlecht:männlichSchneckenpost
S

Alter: 26
Beiträge: 5
Wohnort: Wien


S
Beitrag16.05.2020 17:28

von Seekind
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Justadreamer hat Folgendes geschrieben:
Hallo Seekind,

ich finde dein Einstandsgedicht sehr gelungen.
Es tut mir leid, wenn dein Titel deine reale Situation widerspiegelt..

Kritik zum Text habe ich nur wenig, da ich das Gedicht selbst, wie gesagt, sehr gut finde. Den "Galgenbaum" zu mystifizieren gefällt mir.
Einzig der Titel ist meiner Meinung nach nicht gut gewählt - für dich ist dieser Titel natürlich stimmig, für einen Leser klingt es eher nach "Okay, der Autor will hier mit seinem Text alleine sein".  Ein  Titel, der sich auf den Inhalt und nicht auf deinen Bezug zu deinem Gedicht bezieht, wäre passender.

Liebe Grüße
Justadreamer


Danke für deinen Kommentar, Justadreamer. Ich werde mir deine Anregung bezüglich des Titels nochmals durch den Kopf gehen lassen. Dein Argument jedenfalls klingt schlüssig.
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Seekind
Geschlecht:männlichSchneckenpost
S

Alter: 26
Beiträge: 5
Wohnort: Wien


S
Beitrag16.05.2020 17:30

von Seekind
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Aravan hat Folgendes geschrieben:
Hallo Seekind

Ich kann Justadreamer nur zustimmen, das gedicht ist sehr gelungen und liest sich sehr flüssig und stimmungsvoll!


Danke auch dir, Aravan. Schön hier auch Freunde der Literatur aus Wien anzutreffen.
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Jirka
Wortedrechsler


Beiträge: 53



Beitrag16.05.2020 22:55

von Jirka
Antworten mit Zitat

Starkes Gedicht!

Auch wenn es ein sehr individuelles Thema ist, versuche ich doch eine kleine Anmerkung, ich hoffe, das ist ok?

"wie viele tausend menschen
hängen schon am galgenbaum?
wie viele tausend menschen
werden noch die äste tragen?"

Ich finde auch dieses Bild stark, aber das passt für mich nicht so richtig in die Handlung.  

Erst stellt sich die Person vor, wie der Freund (?) diesen Weg gewählt hat, dann denkt er an die vielen anderen Menschen, die sich schon umgebracht haben und danach das Überbringen der Botschaft und die Suche nach dem Warum.

Für mich ist dein Mittelteil eher etwas, was inhaltlich am Schluss stehen würde. Dazu muss ja einiges an Schmerz verarbeitet sein, dass man dieses schlimme Erlebnis auf eine Metaebene heben kann und überlegen, warum das so oft auf der Welt geschieht.

Wobei das natürlich ein wenig den Sprachrhythmus des Gedichtes auseinanderreißen würde. Der gefällt mir übrigens auch sehr gut!

 Ich sage das nur, weil ich einen Selbstmord in der Familie habe und die Aufarbeitung in etwa so ablief. Daher hat mich dein Gedicht abgeholt, aber die Reihenfolge hat mich (also jetzt wirklich persönlich mich, das kann ja bei jedem anders sein) im Lesen gestört. Und das fand ich irgendwie schade.

Ehrlich gesagt, hat mich in dem Moment, als es passiert ist und ich es erfahren habe, kein bisschen interessiert, warum sich viele tausend Menschen auf der Welt umbringen.  Ich hoffe, ich konnte mich verständlich machen. Aber dennoch danke für deine schönen, klaren Worte zu diesem Thema.
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Seekind
Geschlecht:männlichSchneckenpost
S

Alter: 26
Beiträge: 5
Wohnort: Wien


S
Beitrag17.05.2020 11:58

von Seekind
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Ich grüße dich, Jirka!

Vielen Dank für deinen Kommentar.

Jirka hat Folgendes geschrieben:

Erst stellt sich die Person vor, wie der Freund (?) diesen Weg gewählt hat, dann denkt er an die vielen anderen Menschen, die sich schon umgebracht haben und danach das Überbringen der Botschaft und die Suche nach dem Warum.

Für mich ist dein Mittelteil eher etwas, was inhaltlich am Schluss stehen würde. Dazu muss ja einiges an Schmerz verarbeitet sein, dass man dieses schlimme Erlebnis auf eine Metaebene heben kann und überlegen, warum das so oft auf der Welt geschieht.

[...]

Ehrlich gesagt, hat mich in dem Moment, als es passiert ist und ich es erfahren habe, kein bisschen interessiert, warum sich viele tausend Menschen auf der Welt umbringen.  Ich hoffe, ich konnte mich verständlich machen. Aber dennoch danke für deine schönen, klaren Worte zu diesem Thema.


Aus dem Text selbst ist es nicht ersichtlich, aber was, wenn der Text schon in einer gewissen Distanz zum im Text behandelten Geschehen geschrieben worden ist? Dieser Gedanke wäre für mich genauso plausibel, wie jener, dass das Ich diese Distanz während des Schreibens noch nicht erreicht hätte (so wie ich deine Bemerkung verstehe). Die "geistige Aufarbeitung" impliziert meines Erachtens bereits eine gewisse Distanz zum reflektierten Geschehen, da eine Aufarbeitung dessen, was aufzuarbeiten wäre, in einer unmittelbaren Affektion durch jenes zu Recht unmöglich erscheint. Nichtsdestotrotz kann ich deine Kritik nachvollziehen. Es ist wahrscheinlich eine Frage danach, wie "weit" der Schmerz schon "verarbeitet" ist, ob ein solcher fragender Einschub dort, wo er steht, am richtigen Platz steht oder nicht.

Übrigens versuche ich hier nicht meinen Text zu verteidigen (falls dieser Eindruck entstanden sein sollte), sondern ich möchte einfach deinen Kommentar besser verstehen und versuchen zu differenzieren. In jedem Fall: Nochmals vielen Dank, dass du dir die Zeit genommen hast mir zu schreiben, und ich hoffe auch zu späterer Zeit anregende Diskussionen mit dir führen zu können.

Freundliche Grüße
Seekind
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Jirka
Wortedrechsler


Beiträge: 53



Beitrag17.05.2020 14:54

von Jirka
Antworten mit Zitat

Zitat:
Aus dem Text selbst ist es nicht ersichtlich, aber was, wenn der Text schon in einer gewissen Distanz zum im Text behandelten Geschehen geschrieben worden ist? Dieser Gedanke wäre für mich genauso plausibel, wie jener, dass das Ich diese Distanz während des Schreibens noch nicht erreicht hätte (so wie ich deine Bemerkung verstehe). Die "geistige Aufarbeitung" impliziert meines Erachtens bereits eine gewisse Distanz zum reflektierten Geschehen, da eine Aufarbeitung dessen, was aufzuarbeiten wäre, in einer unmittelbaren Affektion durch jenes zu Recht unmöglich erscheint.
Glaubst du, dass ich heute Nachmittag als ich noch ein wenig über deinen Text sinniert habe und ein bisschen Distanz hatte, genau dieser Gedanke gekommen ist? Gerade im Nachhinein sind die Gedanken ja nicht mehr so "sortiert". Und man denkt mal an den Gang den die Person hatte, mal an die Gründe, mal an die Situation als man davon erfahren hat, überlegt, warum sich so viele Menschen umbringen, an die Beerdigung usw.  Wahrscheinlich hatte mich das Gedicht so mitgenommen, dass ich in Gedanken wirklich diesen Ablauf vor Augen hatte. Natürlich sind dann auch die ganzen Bilder des persönlich Erlebten wieder da und der Mittelteil hat mich in diesem Moment einfach rausgerissen. Aber ehrlich gesagt, ist das ja vielleicht sogar ganz gut. Man will ja nicht in genau der Situation wieder stecken und da haben wir wieder die geistige Aufarbeitung.
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Elena
Geschlecht:weiblichEselsohr
E

Alter: 82
Beiträge: 218
Wohnort: Berlin


E
Beitrag03.06.2020 15:50
Geistige Aufarbeitung
von Elena
Antworten mit Zitat

Hallo Seekind,

Du beginnst das Gedicht mit der Erinnerung an den Toten. Ich überlege, ob du genau diesen Teil an das Ende des Gedichtes stellen solltest.
Der Einstieg wäre dann der Baum, eine Reflexion der Tat. Gar nicht gefällt mir der Begriff "Galgenbaum", er gehört in einen anderen Zusammenhang und eine andere Zeit. Deine Überlegung, wieviele Menschen sich das Leben schon genommen haben, finde ich in diesem sehr persönlichen Gedicht entbehrlich. Wichtig scheint mir allerdings die Frage: Warum? Das ist die sehr bewegende, spontane Frage bei jedem Selbstmord. Ich könnte mir vorstellen, dass sie im Zentrum des Textes steht und sich das LI Gedanken macht, welchen Anteil es selbst an diesem Freitod haben könnte. Diese Frage Warum könnte ebenfalls ein Einstieg ins Gedicht sein.

Was mir nicht gefällt, ist das völlig absatzlose Herunterspulen des Textes.
Ansonsten ist das meines Erachtens ein guter Einstand, und ich bin ganz gespannt auf deine weiteren Arbeiten.

Liebe Grüße, Elena
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Richard
Geschlecht:männlichSchneckenpost
R

Alter: 24
Beiträge: 9
Wohnort: München


R
Beitrag30.06.2020 14:38

von Richard
Antworten mit Zitat

Ich finde das Gedicht sehr gut gelungen, unter anderem, weil du es geschafft hast, einen flüssigen Rhythmus zu implementieren, denn das verlangt Arbeit und Fingerfertigkeit.
Das Bild vom Galgenbaum empfinde ich als passend, weil die Gesellschaft oder die Zwänge im Leben allgemein verantwortlich für den Suizid sind und ebendiese den Toten "verurteilt" haben. Zumindest hat es auf mich so gewirkt.
"geistige aufarbeitung" als Titel zu wählen ist zwar nachvollziehbar, aber ich finde, du musst nicht erklären, dass das Gedicht eine Aufarbeitung ist. Ich fände es spannender, wenn du nicht so viel vorwegnehmen würdest.
Vielleicht hattest du ja noch einen alternativen Titel im Kopf, der den Inhalt gezielter aufgreift. Für mich treten die Motive Erinnerung, Bäume und Zwang hervor, die könnte man dort evt. einflechten. Möglicherweise etwas wie "Die Umarmung der Bäume", weil sie dem Toten keine Fragen stellen, sondern ihn einfach mit seinen Sorgen nehmen? Oder eher etwas gegenteiliges wie "Das Urteil der Äste", wobei das schon fast eher grotesk unpassend wirken könnte... Dass du die verblassende Erinnerung, das wiederholte Durchleben dieser Tragik im Titel aufgreifen möchtest und die zunehmende Distanz dazu, ist wie ich finde dennoch eine schöne Note. Aber man könnte das vielleicht etwas anders umsetzen. Vielleicht was in Richtung "Verdorrende Bäume"?
Das sind nur meine Ideen, die überhaupt nicht ausgefeilt und nur kleine Denkanstöße sind.
Wirklich ein tolles Gedicht, es transportiert sehr klar Schmerz und die Suche nach Antworten und vor allem ist es stilistisch super ausgefeilt, ein richtiges Werk meiner Meinung nach!


_________________
Firma valent per se. / Starkes gedeiht von selbst. - Ovid
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menetekel
Geschlecht:weiblichExposéadler

Alter: 104
Beiträge: 2451
Wohnort: Planet der Frühvergreisten


Beitrag01.07.2020 18:23

von menetekel
Antworten mit Zitat

Hallo Seekind,

mir gefällt das Gedicht aus den bereits genannten Gründen ebenfalls gut. Und, genau wie meine Vorredner, hadere ich mit dem Titel.
Wie wäre etwas in Richtung "Ab-Arbeit?"

Nimms bitte als Vorschlag und nicht als Besserwisserei! wink

Herzliche Grüße
m.


_________________
Alles Amok! (Anita Augustin)
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