|
|
Autor |
Nachricht |
Minnewall Leseratte
M Alter: 32 Beiträge: 132 Wohnort: Bonn
|
M 11.05.2020 11:55 Unterschied zwischen Toleranz und Akzeptanz von Minnewall
|
|
|
Hallihallo!
Kann es sein, dass sich die Bedeutung der beiden Wörter "Akzeptanz" und "Toleranz" abhängig vom Kontext vertauschen kann? Oder gibt es da einen generellen, kontextunabhängigen Unterschied, den ich schlichtweg übersehe? Ich bin ziemlich verwirrt und hoffe, dass ihr mir helfen könnt.
Anbei zwei Beispiele, die aufzeigen sollen, was ich meine (kein Wahrheitsanspruch, alles auf Grundlage persönlicher Einschätzung):
1. Beispiel:
Wenn ich die Anwesenheit eines Menschen toleriere, so nehme ich diese lediglich hin (auch wenn ich mit dieser nicht wirklich einverstanden bin). Akzeptiere ich die Anwesenheit eines Menschen, so heiße ich diese gut.
2. Beispiel (einem anderen Forum entnommen):
Ich kann akzeptieren, dass mich ein Hund abschlabbert (im Sinne nüchterner Hinnahme, "es ist wie es ist"). Ich muss die Abschlabberei jedoch nicht tolerieren (es gutheißen).
Im ersten Beispiel ist Toleranz eine Art passiv abweisende Haltung (hinnehmende) und Akzeptanz eine freundlich gesinnte (gutheißende). Im zweiten Beispiel ist es doch genau umgekehrt, oder nicht?
Wie seht ihr das? Ich hoffe, ihr könnt ein wenig Licht ins Dunkel bringen.
Ganz liebe Grüße
Finn
|
|
Nach oben |
|
|
Michel Bücherwurm
Alter: 52 Beiträge: 3376 Wohnort: bei Freiburg
|
11.05.2020 13:31
von Michel
|
|
|
Wenn ich etwas akzeptiere, heißt das für mich keineswegs, dass ich es gutheiße, sondern dass ich urteilsfrei anerkenne, dass etwas so ist, wie es ist. Tolerieren dagegen ist für mich mit einer Wertung verbunden, ich muss etwas ertragen, das mir unangenehm ist. (Übersetzung aus dem Lateinischen z.B. hier: ertragen, dulden, aushalten; acceptare →empfangen)
_________________ Seit 27. April im Handel: "Rond", der dritte Band der Flüchtlings-Chroniken |
|
Nach oben |
|
|
Gast
|
11.05.2020 13:45
von Gast
|
|
|
Wikipedia ist dein Freund! (Mit copy&paste von dort hierher übertragen):
------------------------------------
Akzeptanz (von lat. „accipere“ für gutheißen, annehmen, billigen) ist eine Substantivierung des Verbs akzeptieren, welches verstanden wird als annehmen, anerkennen, einwilligen, hinnehmen, billigen, mit jemandem oder etwas einverstanden sein.
Dementsprechend kann Akzeptanz definiert werden als Bereitschaft, etwas oder jemanden zu akzeptieren (Drosdowski, 1989).
Es wird deutlich, dass Akzeptanz auf Freiwilligkeit beruht. Darüber hinaus besteht eine aktive Komponente, im Gegensatz zur passiven, durch das Wort Toleranz beschriebenen Duldung. Akzeptanz drückt ein zustimmendes Werturteil aus und bildet demnach den Gegensatz zur Ablehnung (Aversion).
------------------------------------
Toleranz, auch Duldsamkeit,[1] ist allgemein ein Geltenlassen und Gewährenlassen anderer oder fremder Überzeugungen, Handlungsweisen und Sitten.[2] Umgangssprachlich ist damit heute häufig auch die Anerkennung einer Gleichberechtigung gemeint, die jedoch über den eigentlichen Begriff („Duldung“) hinausgeht.[3]
Das zugrundeliegende Verb tolerieren wurde im 16. Jahrhundert aus dem lateinischen tolerare („erdulden“, „ertragen“) entlehnt.[4] Das Adjektiv tolerant in der Bedeutung „duldsam, nachsichtig, großzügig, weitherzig“ ist seit dem 18. Jahrhundert, der Zeit der Aufklärung, belegt,[5] ebenso die Gegenbildung intolerant, als „unduldsam, keine andere Meinung oder Weltanschauung gelten lassend als die eigene“.[5]
Der Gegenbegriff zu Toleranz ist die Intoleranz, in der Bedeutung „Unduldsamkeit“ im 18. Jahrhundert aus dem französischen intolérance entlehnt.[5] Als Steigerung der Toleranz gilt die Akzeptanz, die gutheißende, zustimmende Haltung gegenüber einer anderen Person oder ihrem Verhalten.
|
|
Nach oben |
|
|
Minnewall Leseratte
M Alter: 32 Beiträge: 132 Wohnort: Bonn
|
|
Nach oben |
|
|
Gast
|
11.05.2020 15:02 Re: Unterschied zwischen Toleranz und Akzeptanz von Gast
|
|
|
Minnewall hat Folgendes geschrieben: |
2. Beispiel (einem anderen Forum entnommen):
Ich kann akzeptieren, dass mich ein Hund abschlabbert (im Sinne nüchterner Hinnahme, "es ist wie es ist"). Ich muss die Abschlabberei jedoch nicht tolerieren (es gutheißen).
|
Hallo Finn,
in meiner Begriffsbildung passt weder Akzeptanz noch Toleranz im Zusammenhang mit schlabbernden Hunden, weil beide Begriffe philosophisch so etwas wie den Umgang gleichberechtigter Wesen mit auf einer Stufe stehenden Interessenslagen voraussetzen.
Ich kann also in der Tat eine Hundezunge in meinem Gesicht hinnehmen, aber deswegen akzeptiere ich sie noch nicht und muss sie erst recht nicht tolerieren. Genau so wenig, wie ich "akzeptieren" oder "tolerieren" muss, wenn ein Anderer Mensch mich anspuckt oder mir seinen Zigarettenrauch ins Gesicht bläst. Ich darf also ohne schlechtes Gewissen Massnahmen ergreifen, das Schlabbern zu unterbinden, ohne Rechte des Hundes einzuschränken.
Mit dieser Begriffsverwirrung wurde jahrzehntelang rhetorisch so etwas wie ein "Recht auf Körperverletzung" von Seiten der Raucherlobby und -konsumenten hingestellt, indem nämlich durch die Begriffsbildung impliziert wurde, dass das "Recht" des Rauchers auf Ausübung seiner Sucht gleichberechtigt mit meinem Recht auf körperliche Unversehrtheit besteht. Das ist aber natürlich falsch.
Ich würde also Akzeptanz und Toleranz nur in Kontexten erlauben, in denen gleichberechtigte Rechtsgüter und Ansprüche gegenüberstehen. Das Hundeschlabberbeispiel ist in sofern nicht ok.
Im Umkehrschluss gilt natürlich, dass es sogar möglich ist, die Hundezunge in meinem Gesicht nicht nur hinzunehmen, sondern sogar zu geniessen (nicht mir, aber wenn Jemand so tickt, toleriere ich dass ), vielleicht will mancher das sogar. Und das impliziert auch sofort semantisch einen wichtigen Unterschied zur Akzeptanz und Toleranz, weil die letzteren Beiden den Umgang mit etwas voraussetzen, mit dem ich selber Probleme habe (ich muss nichts akzeptieren oder sogar tolerieren, mit dem ich übereinstimme, das ist ein Widerspruch in sich).
Begriffe wie "Toleranz" und "Freiheit" werden sehr gerne sehr liberal benutzt, was aber natürlich äusserst gefährlich ist. Sie sind beide sehr positiv besetzt und deswegen gerne genutzte rhetorische Waffen, um Dinge im positiven Licht stehen zu lassen.
|
|
Nach oben |
|
|
Taranisa Bücherwurm
Alter: 54 Beiträge: 3180 Wohnort: Frankenberg/Eder
|
13.05.2020 17:55
von Taranisa
|
|
|
Ich denke, da diese Begriffe in Gesprächen gerne in unterschiedlichem Kontext benutzt werden, hat sich eine Unklarheit bzw. ein Verschwimmen der Begriffe entwickelt.
Toleranz bedeutet für mich, dass ich offen gegenüber jemanden oder etwas bin, es annehme, wie es ist, z.B. ist es für mich in Ordnung, wenn jemand einen anderen Glauben oder politische Ansicht hat (sofern diese Person mich nicht missionieren will).
Akzeptanz meint für mich, z.B. eine Situation bewusst, also aktiv, anzunehmen, weil ich mich (ggf. mangels besserer Alternative) dafür entschieden oder auch damit abgefunden zu haben. Bei Verhandlungen wird ja auch gerne gesagt: "Ich akzeptiere".
_________________ Henkersweib, Burgenwelt Verlag, ET 12/18
Die Ehre des Henkersweibs, Burgenwelt Verlag, ET 12/20
Spielweib, Burgenwelt Verlag, ET 12/21
Das Gegengift des Henkersweibs, Burgenwelt Verlag, ET 11/22 |
|
Nach oben |
|
|
Lapidar Exposéadler
Alter: 61 Beiträge: 2700 Wohnort: in der Diaspora
|
13.05.2020 22:11
von Lapidar
|
|
|
Toleranz ist im Sprachgebrauch nicht unbedingt das was man unter tolerieren versteht.
Tolerieren ist den oder die Ansicht einer Person hinzunehmen und ihn dies oder jenes tun zu lassen, auch wenn es mir gegen den Strich geht oder auch für mich zum Nachteil gereicht.
Zum Beispiel: Ich mag keinen Kümmel, mein Mann aber schon. Wenn er also kocht und Kümmel ins Essen tut, toleriere ich das und esse... wahrscheinlich mit zusammengebissenen Zähnen.
Je nachdem, was es ist, was man toleriert, kann es irgendwann doch dazu kommen, das man explodiert, weil man keine Lust mehr hat und sich verarscht/ausgenutzt vorkommt.
Akzeptieren: Ich selber kann einen gewissen Umstand für mich persönlich nicht annehmen. Aber sehe keinen Grund, warum mich das bei jemand anderen stören sollte.
In dem Fall rege ich mich nicht auf, wenn ich jemanden sehe, der Kümmel ist. Werde aber selbst keinen essen und dies auch sagen, weil ich erwarte, dass mir dieselbe Akzeptanz entgegengebracht wird.
Unsere Gesellschaft ist tolerant. Meistens... nicht wirklich akzeptant.
_________________ "Dem Bruder des Schwagers seine Schwester und von der der Onkel dessen Nichte Bogenschützin Lapidar" Kiara
If you can't say something nice... don't say anything at all. Anonym. |
|
Nach oben |
|
|
|
|
Seite 1 von 1 |
|
Du kannst keine Beiträge in dieses Forum schreiben. Du kannst auf Beiträge in diesem Forum nicht antworten. Du kannst Deine Beiträge in diesem Forum nicht bearbeiten. Du kannst Deine Beiträge in diesem Forum nicht löschen. Du kannst an Umfragen in diesem Forum nicht teilnehmen. In diesem Forum darfst Du Ereignisse posten Du kannst Dateien in diesem Forum nicht posten Du kannst Dateien in diesem Forum nicht herunterladen
|
Buch | Buch | Empfehlung | Empfehlung | Empfehlung | Empfehlung | Empfehlung | Empfehlung | Buch | Empfehlung |
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|