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nebenfluss Show-don't-Tellefant
Beiträge: 5982 Wohnort: mittendrin, ganz weit draußen
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03.04.2020 19:00 exposure time von nebenfluss
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Ich bin zu spät, wie immer, seit Jahren schon. Ich habe Lebenszeit mit Lernen und Schuften und Geldzählen verschwendet, während sich die Grenzen öffneten, die Dämme brachen, die Flut sich in jeden Winkel ergoss. Es brauchte erst die Mittlebenskrise, damit ich anfing, mich für die Schönheit zu interessieren. Und jetzt will ich auf den Turm und steh‘ da wie ein Idiot, als wäre ich echt einer von denen.
Die halbe Welt scheint inzwischen aus Japanern zu bestehen, aus jung-dynamischen Effizienzfreizeitlern, die herausfinden wollen, wie es wirklich ist. Wie es wirklich ist, viel Geld zu besitzen. Wie es wirklich ist, nach Gold zu graben. Wie es sich anfühlt, sich für die Kunst auszuziehen, queer aufzuwachsen, wie es wirklich ist, das Leben zu überblicken.
Wie es läuft: Oma und Opa bleiben großzügig auf dem Erdboden und versprechen, zu winken. Die Fitten schließen sich, wie ich, ungeduldig der Schlange vor den 260 Stufen an. Oben angekommen, scannen sie den Ausblick durch Smartphone-Objektive und schießen Selfies, die Welt zu Füßen, Kreuzfahrtschiffe im Rücken.
Gerempel, Gerümpel, Gepöbel, gepfercht zwischen Turmwand und Balustrade. Keine Chance, hier die Nikon rauszuholen, die geladen und gleichgültig im Rücksack wartet. Oder gar ein Stativ aufzubauen, um mit einer Langzeitbelichtung wenigstens einige Objekte des geschäftigen Treibens zu müßigen Schemen zu degradieren, dort unten, hier oben. Eine schussbereite 9-Millimeter wäre nützlicher.
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Ich habe Glück. Die Drohne umrundet gerade in ruckartigen Flugintervallen den Turm. Sie wird gleich wieder abdrehen, sie hat noch anderes zu tun. Sie haben zu wenige, um die Stadt lückenlos zu überwachen. Trotz der fortgeschrittenen Tageszeit schwitze ich unter den schwarzen Klamotten. Die Drohne kreist über dem menschenleeren Platz, doch in der engen, dunklen Gasse zwischen den mittelalterlichen Grachtenhäusern bin ich unsichtbar.
Jetzt. Den Rucksack auf und rennen. Nur wenige Sekunden trennen mich vom Schatten des Turms. Schon beim Sprinten inspiziere ich den Eingang: Er ist mit einer Kette verhängt. Die Tür erweist sich als unverschlossen, geht aber nach außen auf, den Bolzenschneider raus. Fast schon lächerlich, wie schnell das Vorhängeschloss zu Boden klimpert.
Tür zu, Taschenlampe aus der Jacke. Nikon und Stativ rausfischen, den Rucksack unter einer Schautafel zur Historie des Turms liegenlassen, und hoch.
Oben zur Ruhe kommen, den exklusiven Ausblick genießen. Mit dem Blick zielen, zunächst zum unverhüllten Horizont. Dann zum Hafen und auf die verschnörkelten Poller aus einer Zeit, als hier mit feinen Stoffen gehandelt wurde und nicht mit frühverrenteter Kolonialisierungslust. Ein Stück um den Turm herum: auf die anderen Bauwerke, die aus der Altstadt in das Gegenlicht ragen. Auf Markthalle, Rathausportal, das Mosaik des Platzes, nahezu verzerrungsfrei. Alles nur eine Frage der Brennweite. Brennweite hab‘ ich.
Im spärlichen Schatten das Stativ aufstellen, dafür werden mir später Zeit und Nerven fehlen. Den Adapter an die Nikon schrauben. Ein letztes Mal das Menü kontrollieren, ISO-Zahl, Weißabgleich, Blendenautomatik gleich neben dem Drücker. Nun aus der Deckung und schießen. Schießen, schießen. Zwischendurch den wolkenfreien Abendhimmel absuchen, die Angst niederkämpfen. Niemand rechnet mit mir, niemand interessiert sich für mich, ich bin kein Gefährder. Der Feind wird in der Vertikalen vermutet, nur die Hände sind nicht ganz überzeugt. Das kleinste Zittern führt ab 200 Millimetern zum Scheitern. Noch weiter runter mit der Belichtungszeit.
Die Drohne! Früher zurück als gedacht. 230 Bilder, nicht mal eins pro Stufe, viel zu wenig. Auf Fernsteuerung umschalten, die Nikon aufs Stativ stecken, in den Schutz des Treppenaufgangs zurückziehen. Sich nicht über den eigenen kindischen Trotz ärgern, dieses Risiko einzugehen. Funkauslöser in die Hand und auf die Begegnung mit dem Ding warten. Es entlarven, wie es wirklich ist: ohne jeden Sinn für seine Umgebung, ohne jedes Verständnis für die Dimensionen des Lebens.
Weitere Werke von nebenfluss:
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Xeomer Leseratte
Alter: 36 Beiträge: 135 Wohnort: Xeothon
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11.04.2020 21:03
von Xeomer
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Was soll ich sagen? Mir gefällt einfach die Schreibweise und Art des Textes!
Gruß,
Xeomer
_________________ "Zone 84" Buchtrailer: youtube.com/watch?v=ZygK3Te0jV8 |
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Gast
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11.04.2020 21:20
von Gast
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Liebe/r Autor/in,
ich mag Deinen Text, von Anfang an. Du hast die erste Aufgabenstellung – Handlung spielt an demselben Ort in unterschiedlichem Zustand – gelungen umgesetzt. Auch die Vorgabe des Themas hast Du aus meiner Sicht in beiden Texten erfüllt. Die aggressive Stimmung des Protagonisten, der mit seiner Kamera in Text Nr. 1 partout nicht zum Zuge kommt, kann ich sehr gut nachempfinden, auch, wenn ich gedanklich nicht gleich eine 9-Millimeter auspacken würde .
Diesen Zusammenhang verstehe ich nicht:
Zitat: | Wie es sich anfühlt, sich für die Kunst auszuziehen, queer aufzuwachsen, wie es wirklich ist, das Leben zu überblicken. |
Du zählst auf, was jung-dynamische Effizienzfreizeitler (glorreicher Begriff!) herausfinden wollen, dass sie wissen möchten, wie die Dinge wirklich sind. Wieso sollte der Reifeprozess eines homosexuellen Menschen dazugehören, zumal sie das Erwachsenwerden, auf welche Weise auch immer, bereits hinter sich haben? Diese Art des Aufwachsens hat der Protagonist erlebt, verstehe ich das richtig?
Text Nr. 2 kommt ziemlich 007-mäßig rüber, und für mein Empfinden handelt er (oder sie?) verhältnismäßig abgebrüht. Müsste er nicht aufgeregter sein, schweißige Hände, Herzklopfen haben? Da fehlt mir ein bisschen mehr Atmosphäre.
Du benutzt den Begriff Mittlebenskrise, obwohl Midlife-Crisis durchaus im deutschen Sprachgebrauch verwendet wird, wählst aber einen englischen Titel für Deinen Text. Weshalb?
Nerven habe ich, aber mir fehlt die Zeit. Ich würde sehr gerne viel ausführlicher auf diesen Text eingehen, wenn nicht noch zwanzig weitere auf der Liste stünden.
Die Punkte verteile ich erst am Schluss, aber Du bist ein heißer Kandidat!
LG Katinka
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Bea H2O Leseratte
Beiträge: 180
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11.04.2020 22:13
von Bea H2O
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Gelungen finde ich, dass hier die unterschiedlichen Situationen und die damit verbundenen Emotionen gut hervorgehoben wurden. Insgesamt fand ich aber, dass der Spannungsbogen bei beiden Texten zum Ende hin jeweils abgeflacht war. Ich fand es deshalb leider trotz der Kürze stellenweise langweilig
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Lapidar Exposéadler
Alter: 61 Beiträge: 2699 Wohnort: in der Diaspora
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12.04.2020 10:43
von Lapidar
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Ich verstehe beide Geschichten. Irgendwie. Auch der Turm und die Kamera als 'Spiegelpunkt' sind vorhanden und verstanden. Dennoch zündet es bei mir nicht wirklich. Ich werde, wenn ich Zeit haben, später nochmal drüber lesen. Vielleicht erschließt sich mir die Story dann eher.
_________________ "Dem Bruder des Schwagers seine Schwester und von der der Onkel dessen Nichte Bogenschützin Lapidar" Kiara
If you can't say something nice... don't say anything at all. Anonym. |
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Gast
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12.04.2020 11:42
von Gast
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Hallo Inko,
im Vergleich mit anderen Texten im Wettbewerb kommt dein Beitrag in meiner subjektiven Sicht nicht unter die Top-Ten, für die ich Punkte vergeben und auf die ich detaillierter eingehen möchte.
LG
DLurie
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a.no-nym Klammeraffe
A
Beiträge: 699
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A 12.04.2020 21:58
von a.no-nym
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Hallo Inko,
dies ist ein neutraler Kommentar, um später ggf. eine Bewertung vornehmen zu können.
Freundliche Grüße
a.
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Amarenakirsche Eselsohr
Alter: 30 Beiträge: 394 Wohnort: tief im Westen
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13.04.2020 11:04
von Amarenakirsche
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Leider hat dieser Text keine Punkte von mir bekommen. Das lag für mich daran, dass ich die Gedanken und Handlungen der Personen nicht immer nachvollziehen konnte. Tut mir leid.
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V.K.B. [Error C7: not in list]
Alter: 51 Beiträge: 6154 Wohnort: Nullraum
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13.04.2020 14:42
von V.K.B.
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Hallo Inko,
ah, auch dafür kann ein Lockdown gut sein: Endlich kann man mal in Ruhe Photos machen, ohne dass die ganzen Touristen stören. Eine wirklich verlockende Idee. Und endlich mal ein Text mit klarer Vorgabenumsetzung. Gleicher Ort, zwei Zustände.
Was ich hingegen nicht so gut umgesetzt finde ist die Zwei-Texte-Idee. Für mich sind das keine separaten Texte, sondern ein Text mit Zeitsprung. Gleiche Person, gleiches Thema. Betrachtungen des Lebens und die ernst gemeinten Photos, die über billige Touristen-Selfies hinausgehen. Nur eben vor und während der Corona (oder einer vergleichbaren) Krise.
gerne gelesen,
Veith
_________________ Hang the cosmic muse!
Oh changelings, thou art so very wrong. T’is not banality that brings us downe. It's fantasy that kills … |
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Susanne2 Klammeraffe
Beiträge: 503 NaNoWriMo: 53854
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13.04.2020 14:50
von Susanne2
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Liebe(r) AutorIn,
ich finde zu beiden Texten keinen rechten Zugang.
Gegensätze, wie der englische Titel auf der einen und „Mittlebenskrise“ auf der anderen Seite machen mich stutzig, der Sinn bleibt nebulös.
Für mich sieht es aus, wie zwei Momentaufnahmen. Einmal in der Vergangenheit, in der man wegen der vielen Japaner kaum ein Foto machen konnte und in der Zukunft, in der Fotos verboten sind (was von Drohnen überwacht wird), obwohl man so eine schöne Aussicht hätte.
Vorgaben sind erfüllt, die Begegnung fehlt mir, kann aber auch sein, dass sie sich mir nur nicht erschließt.
Wegen sehr vieler guter Einsendungen, kann ich erst am Ende entscheiden, ob und wenn ja, wie viele Federn ich vergebe.
Freundliche Grüße
Sanne
_________________ Das Leben geht immer weiter - bis zum Tod.
(Aniella Benu - BJ 1959)
----------------------------------------------------------
Gebt dem Y eine Chance - jeder könnte zufrieden sein! Nach Hermes Phettberg ... |
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holg Exposéadler
Moderator
Beiträge: 2396 Wohnort: knapp rechts von links
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13.04.2020 17:24
von holg
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Das hat Stil. Das hat Tempo. Das bleibt in Teilen rätselhaft.
Im ersten Text der frustrierende Besuch eines Aussichtsturms inmitten einer Touristenmenge.
Im zweiten den Einbruch in ebendiesen (?) Turm, während die Stadt von Drohnen bewacht wird. Es geht um Fotos. Gute Fotos, illegal geschossen. Vergleiche mit Attentätern kommen auf. Ob der Fotograf sich so fühlt?
Gefällt mir.
_________________ Why so testerical? |
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Ribanna Klammeraffe
Alter: 61 Beiträge: 772 Wohnort: am schönen Rhein...
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15.04.2020 16:45
von Ribanna
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Zitat: | Ich habe Lebenszeit mit Lernen und Schuften und Geldzählen verschwendet, während sich die Grenzen öffneten, die Dämme brachen, die Flut sich in jeden Winkel ergoss. Es brauchte erst die Mittlebenskrise, damit ich anfing, mich für die Schönheit zu interessieren. Und jetzt will ich auf den Turm und steh‘ da wie ein Idiot, als wäre ich echt einer von denen. |
Punkte für diese Sätze. Sehr schön formuliert, treffend, durchdacht.
Die Geschichten selbst sprechen mich nicht so an, aber das ist eben subjektiv. Trotzdem gern gelesen!
_________________ Wenn Du einen Garten hast und eine Bibliothek wird es Dir an nichts fehlen. |
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Gast
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15.04.2020 18:36 Re: exposure time von Gast
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Postkartenprosa hat Folgendes geschrieben: | ... |
Ein Psychopath bei der Vorbereitung (Text 1) und Durchführung (Text 2) einer Massenmordattacke mit einem Schnellfeuergewehr in einer unbenannten Altstadt. In seinem kranken Gehirn ist das Morden ein künstlerischer Akt und sein Werkzeug kein automatisches Gewehr, sondern eine Kamera. Die Metaphorik zieht sich durch beide Teile. Nur durch gelegentliches Einfliessen von deutlich martialischen Begriffen wie "Drücker" oder "Schiessen" wird die Fotografenwelt in die Waffenwelt verlagert.
Vorgabentreue: In o.g. Interpretation ist es derselbe Ort in 2 Zuständen, also Szenario 1 erfüllt. Eine Gegnerschaft ist zweifellos vorhanden, aber die Begegnung mit dieser Gegnerschaft ist dann eher abstrakt und zynisch zu sehen (im ersten Text "begegnet" er der Namenlosen Masse mit kalter Ablehnung, im zweiten mit Gewehrfeuer).
Ausgestaltung: Ich mag keine Psychothriller und auch keine BeGegnung mit den allzu dunklen und tiefen Abgründen der menschlichen Natur, aber ich mag Denksportaufgaben und Geschichten, die sich nur indirekt und verschlüsselt offenbaren. In diesem Textpaar (das mich gefühlt 237 Lesungen gekostet hat, bis ich auf eine passende Interpretation gekommen bin) ist die Metaphorik so durchgängig, dass das Entschlüsseln gar nicht so einfach ist (ehrlich gesagt bin ich mir immer noch nicht 100% sicher, ob die Interpretation richtig ist). Dummerweise gibt es Inkonsistenzen. So stolpert LeserIn darüber, dass "sie (seine Opfer is spe) den Ausblick durch Smartphone-Objektive [scannen] und Selfies [schiessen]." In einer durchgehenden Metaphorik müssten sie also Alle auch in Wirklichkeit Waffen tragen (und was bitte ist ein "Smartphone-Objektiv?").
Im zweiten Teil wird dann die Übersetzung des fotografischen Fachvokabulars immer schwieriger. Eine literale Interpretation des Textes macht nun überhaupt keinen Sinn mehr, aber was ist Brennweite unter dem Blickwinkel eines Schnellfeuergewehrs?
Schlussendlich bleibt die Frage, wovor der Protagonist Angst hat. Mit seiner Entdeckung und seinem Tod muss er rechnen, und den "Märtyrertod" (in welcher Ideologie oder welchem Geisteszustand das auch immer formuliert ist) muss er einkalkulieren. Auch die Aussage "ich bin kein Gefährder" ist irritierend.
Fazit: Vorgaben sind erfüllt, und die Geschichte lädt zum Querdenken ein, aber in der Umsetzung sehe ich Probleme.
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Jenni Bücherwurm
Beiträge: 3310
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17.04.2020 11:08
von Jenni
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Text 1 Massentourismus, Text 2 Überwachungsstaat, beide verbunden durch Corona. Tatsächlich ist da ja dieser Moment großer Schönheit, die plötzliche Stille in der Welt. Den hätte man vielleicht noch besser herausarbeiten können ohne die düstere Zukunftsvision, ist das Jetzt momentan nicht groß genug (wobei, vielleicht hast du ja darauf spekuliert, dass vor dem 17. noch Drohnen eingesetzt werden, diskutiert wurde es ja schon), und aber: indem man die Kamera mal für einen Moment sinken lässt. Schade irgendwie, dass sich was das anbelangt dann nichts ändert. Aber glaubwürdig auch. Na gut, kurze Belichtungszeit, in der aber wirklich alles erzählen. Und das kannst du gut, erzählen, so *click*click*click* und amüsant, auch sprachlich originell. Mag ich schon, das zu lesen. 10 Punkte
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Phenolphthalein Klammeraffe
Beiträge: 838
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17.04.2020 15:51
von Phenolphthalein
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Hallo Inkognito,
Es tut mir leid [wirklich]. Mein Kommentar liest sich sicherlich nichtssagend oder sogar abwertend, so ist es nicht gemeint. Tatsächlich hätte ich zu diesem Text gar nichts geschrieben, aber innerhalb des Wettbewerbs sollte ich bei jedem Werk zumindest einen Eindruck schildern.
Hier ist es nun aber wirklich so, dass ich mit der Geschichte überhaupt nichts anfangen kann.
Ich kann den Sinn hinter den Worten nicht erfassen und letztlich habe ich ihn auch nur des Wettbewerbs wegen zu Ende gelesen.
Noch etwas zum Text:
Die Wortwahl in Text eins deutet auf einen, positiv ausgedrückt, Erfolgsmenschen hin. Negativer wären ihm eventuell soziopathische Züge zuzuschreiben. Im zweiten Text verliert sich das leider, denn während du oben noch dir richtigen Worte wählst, kann ich unten lediglich etwas zur Tätigkeit erkennen und deutlich weniger zum Charakter.
Du hast dich also mit dem Text auseinandergesetzt. Daher wird er auch eine Intension haben, die aber leider bei mir nicht ankam.
Viele Grüße,
Pheno
_________________ Nichts ist leichter, als so zu schreiben, dass kein Mensch es versteht; wie hingegen nichts schwerer, als bedeutende Gedanken so auszudrücken, dass jeder sie verstehen muss.
-Arthur Schopenhauer |
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d.frank Reißwolf
D Alter: 44 Beiträge: 1129 Wohnort: berlin
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D 18.04.2020 15:57
von d.frank
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Keine Ahnung, ob ich richtig liege, aber in der Interpretation dieses Textes lande ich am Ende beim Thema Misanthropie. Dieser zynische Blick auf geschäftiges Treiben und effizienzgetriebene Fitten (arg grenzwertig übrigens ). Belichtungszeit als Entschleunigung, die Dinge in einem anderen Licht sehen, ausgerechnet auf einem Turm, den irgendwelche Menschen irgendwann mal gebaut haben, beobachtet von einer Drone, die einen irgendwie auf sich selbst zurückwirft, ohne jedes Verständnis für die Dimensionen des Lebens.
Edit:
Sechs Punkte, danke, bitte, dankeschön :=)
_________________ Die Wahrheit ist keine Hure, die sich denen an den Hals wirft, welche ihrer nicht begehren: Vielmehr ist sie eine so spröde Schöne, daß selbst wer ihr alles opfert noch nicht ihrer Gunst gewiß sein darf.
*Arthur Schopenhauer |
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hobbes Tretbootliteratin & Verkaufsgenie
Moderatorin
Beiträge: 4297
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18.04.2020 19:37
von hobbes
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Hm. Ich blicke es nicht so richtig. Also an sich schon (denke ich), irgendein Turm(?), den Gott und die Welt besteigt. Dann aber kommt Corona (oder was auch immer) und zack, keiner mehr auf dem Turm. Bis auf den einen halt. Oder die eine.
Nein, ich bleibe eher bei dem einen.
Aber was macht er da? Also klar, er fotografiert. Aber warum, wozu, was soll das? Nur so zum Spaß? Dokumentation irgendeiner Ungerechtigkeit? Spaß am Risiko?
Vielleicht habe ich zu wenig mit Fotografie am Hut, vielleicht ist das wie mit dem Besteigen eines Berges. Man geht halt rauf, weil er da ist, der Berg. Weil man es kann.
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Eliane Klammeraffe
Beiträge: 823
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18.04.2020 20:47
von Eliane
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Vorgaben:
Begegnung: Kommt mir zu kurz. Erst im vorletzten Satz überhaupt und dann wörtlich, irgendwie reingequetscht. Sorry!
Gegner: Ebenso wie die Begegnung ...
In: Hmmm. Kann ich jetzt gar nichts dazu sagen.
Ort/Ereignis/Objekt: Selber Ort, verschiedene Zustände. Das ist toll umgesetzt.
Ich mag diese Geschichte, den knappen Halbsatzstil, auch den Kontrast zwischen den beiden Situationen/Zuständen. Der ist toll herausgearbeitet. Aber das Thema fehlt mir einfach ... bzw. ich finde es nicht.
Daher leider keine Punkte.
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Malaga Klammeraffe
Beiträge: 826
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19.04.2020 11:59
von Malaga
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Neutraler Kommentar
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