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Die Schale der Allerliebsten Dinge


 
 
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Missing Tales
Gänsefüßchen


Beiträge: 49
Wohnort: Zwischen den Zeilen, Deutschland


Beitrag25.03.2020 12:36
Die Schale der Allerliebsten Dinge
von Missing Tales
eBook pdf-Datei Antworten mit Zitat

So, zum Einstand stelle ich mal etwas von meinem Geschreibsel vor. Dieses Werk habe ich so bereits bei Fanfiktion.de hochgeladen und doch sehr verschiedene Reaktionen rückgemeldet bekommen, aber ich bin gespannt, was ihr davon macht.

Okay, los gehts. Keine Scheu im Kritisieren ^^

Die Schale der Allerliebsten Dinge

ein Gleichnis

gewidmet einem großen kleinen Jungen, der einmal zu mir kam und mich um Rat fragte, weil er vor einer unmöglichen Entscheidung stand

Es war einmal ein kleiner Junge, der hatte von einem Mädchen eine Schale geschenkt bekommen. Und weil er die Schale so lieb gewann, musste er sie sich immer wieder ansehen und nahm sie überall hin mit. Bald kannte er jede Rundung, jede Unebenheit und auch das Muster auswendig, doch wurde er es nie müde, sie immer wieder aufs Neue zu betrachten. Seine allerliebsten Dinge verwahrte er in ihr und wenn er durstig war, dann schmeckte das Wasser aus keinem anderen Behältnis so süß.
Mit der Zeit bekam die Schale Macken. Vielleicht mochte sie diese schon immer gehabt haben, doch in dem steten Gebrauche fielen sie dem Jungen bald stärker auf. Trank man an der falschen Stelle des Randes, oder gab nicht Acht, so schnitt sie dem Jungen schmerzhaft in Mund oder Finger.
Manchmal eckte er mit ihr an und etwas von dem perfekt bemalten Muster platzte von ihr ab und ging verloren.
Es hatte aber eine besondere Bewandtnis mit der Schale. Denn statt dass sie zu Bruch ging, nahm sie all die kleinen Risse und Sprünge in sich auf. Sie verbarg nichts, sie beschönigte nichts, und doch hielt sie zusammen und formte alles zu einem neuem Muster, nicht mehr perfekt, aber lebendiger als je zuvor.
Und wieder wurde der Junge nicht müde, sie zu betrachten, denn langsam verstand er, dass das Mädchen ihm mit der Schale nur eine Grundform geschenkt hatte. Die lebendige Schönheit der Schale aber hatten sie beide geschaffen, in all der langen Zeit, die sie die Schale nun gepflegt hatten.

Eines Tages geschah es, dass der Junge ein zweites Mädchen traf, das ihm ebenfalls eine Schale schenkte. Diese Schale war ganz anders als die erste und sie faszinierte den Jungen. Wie mochte es wohl sein, sein Wasser aus ihr zu trinken? Wie gut würde sie wohl seine allerliebsten Dinge aufbewahren?
Unter seiner Hand vibrierte die neue Schale mit einer sanften Lebendigkeit. Voller Neugier war der Junge, voller Überraschung waren die fremden, harmonischen Muster der Schale. Der erste Schluck war süß und tröstlich und er vibrierte in ihm nach.
Als aber die neuen Schwingungen die erste Schale erreichten, da bekam diese einen gewaltigen Sprung. Das erste Mädchen, über die gesprungene Schale noch immer mit dem Jungen verbunden, weinte vor Schmerz, denn was er als sanftes und tröstliches Beben empfand, verwandelte sich in seiner Dissonanz zu ihr in die Kakophonie eines streitenden Orchesters. Mit aller Kraft zog sie sich zurück, zog an ihm, musste fort von dem Beben, das sie schüttelte, aufrührte, verletzte, orientierungslos machte.
In dem Jungen aber hatte das Beben längst sein Echo gefunden. Er konnte nicht loslassen und wusste keinen Schritt zu gehen. Konnte die vertraute Schale nicht fortlassen und konnte doch zu dem ersten Mädchen nicht kommen. Er konnte die neue Schale nicht fortlassen und konnte doch zu dem zweiten Mädchen nicht gehen und der Junge wusste nicht weiter.
In all dem Gerangel aber fiel die erste Schale zu Boden und zerbrach und tausend kleine Scherben lagen ihnen zu Füßen und lagen ihnen in den Händen und bohrten sich ihnen in die Haut, tausend kleine Verletzungen und eine große. Seine allerliebsten Dinge, die er in ihr aufbewahrt hatte, lagen verstreut zwischen den Scherben, waren beinah Teil der Schale geworden, waren ihres fast so sehr wie sein.

Nun war guter Rat teuer.

Denn selbst in Scherben war die Schale noch schön. Selbst in Scherben hielt sie noch etwas Wasser und jetzt schmeckte es süß und bitter zugleich und die scharfen Bruchkanten zerschnitten dem Trinkenden die Lippen. Trotzdem aber, und obwohl es seinen Durst nicht löschte, wollte er immer wieder davon trinken.
Und obwohl er auch von der zweiten Schale trank, blieb er durstig, und es tat ihm weh. Die Resonanzen beider Schalen in seinem Bauch tanzten disharmonisch umeinander und brachten ihm Übelkeit, und doch war der Junge unfähig, eine Entscheidung zu treffen. Zum Reparieren der ersten Schale würde er beide Hände und viel Zeit brauchen. Aber wäre sie jemals wieder ganz zu reparieren? Zum Retten der zweiten Schale würde er die Scherben der ersten loslassen müssen. Seine allerliebsten Dinge erneut sammeln. Würde das Echo der ersten Schale auch die zweite zerspringen lassen, die er bereits so lieb gewonnen hatte?

Was wäre nun richtig? Was wäre falsch?

Ich habe nicht mehr gehört, was aus dem Jungen wurde. Ich habe die Schalen nicht mehr gesehen, seit der Junge verschwunden ist. Ich habe nur gehört, dass es noch viele solcher Schalen gibt, und viele Jungen, viele Mädchen, die eine solche Schale miteinander teilen wollen. Die ihren Durst daran löschen, ihre allerliebsten Dinge darin aufbewahren wollen, und die der Schale ihre ganz eigenen Formen, Rundungen, Muster, Risse und Sprünge geben wollen.

Eine solche Schale ist sehr kostbar, und wenn du einmal eine solche bekommst, dann gib auf sie Acht und halte sie fest. Und wenn sie doch einmal zerbricht, und du weißt nicht, was zu tun ist, dann denke an den Jungen, den Jungen, der vor einer unmöglichen Entscheidung stand. Und wenn du ihn einmal triffst, dann erzähle ihm von deiner Schale. Vielleicht kannst du ihm einen Rat geben, den ich nicht zu geben vermochte.

Am Ende aber liegt jede Entscheidung in einem selbst. Und niemand kann sie ihm abnehmen, und niemand kann sagen, ob sie richtig war, oder falsch. Manche Schalen zerbricht das Leben, und manche Schalen heilt es und niemand kann vorher die eine von der anderen unterscheiden. Doch wer es nie versucht hat, der wird die Antwort auch nie kennen.

Weitere Werke von Missing Tales:


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Smilla R. T.
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Beitrag28.03.2020 10:42

von Smilla R. T.
Antworten mit Zitat

Hallo Missing Tales,

vorab: ich mag dein Gleichnis und kann mich auch mit der Frage identifizieren vor der der Junge steht. Es ist ein schönes Bild.

Dein Schreibstil gefällt mir, er ist flüssig zu lesen, eingängig und klar. Ich hatte die Bilder vor dem inenren Auge, die Gefühle haben mich auch ergriffen.

Was mich etwas stolpern ließ, war dass du eingangs schreibst, der Junge hätte Rat gesucht beim Erzähler, aber das wird so direkt nicht mehr aufgegriffen. Du schreibst zwar "Nun war guter Rat teuer", aber  mehr nicht mehr dazu.
Da hätte ich etwas mehr dazu erwartet, aber andererseits ist es villeicht gut mit erwartbarem zu brechen.

Für mich persönlich ist der letzte Absatz etwas störend, er reißt mich aus dem Bild und stört die eigenen Gedanken, die man sich zu der Geschichte macht, weil sie sie einem im Grunde "vorkauen." Aber auch das ist nur persönlicher Eindruck.

Alles in allem, aber finde ich es ein sehr schönes Gleichnis, das berührt und nachdenklich stimmt Smile  

LG Smilla


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Ribanna
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Alter: 61
Beiträge: 772
Wohnort: am schönen Rhein...


Beitrag28.03.2020 11:17
Re: Die Schale der Allerliebsten Dinge
von Ribanna
Antworten mit Zitat

Missing Tales hat Folgendes geschrieben:
So, zum Einstand stelle ich mal etwas von meinem Geschreibsel vor. Dieses Werk habe ich so bereits bei Fanfiktion.de hochgeladen und doch sehr verschiedene Reaktionen rückgemeldet bekommen, aber ich bin gespannt, was ihr davon macht.

Okay, los gehts. Keine Scheu im Kritisieren ^^

Die Schale der Allerliebsten Dinge

ein Gleichnis

gewidmet einem großen kleinen Jungen, der einmal zu mir kam und mich um Rat fragte, weil er vor einer unmöglichen Entscheidung stand

Es war einmal ein kleiner Junge, der hatte von einem Mädchen eine Schale geschenkt bekommen. Und weil er die Schale so lieb gewann, musste er sie sich immer wieder ansehen und nahm sie überall hin mit. Bald kannte er jede Rundung, jede Unebenheit und auch das Muster auswendig, doch wurde er es nie müde, sie immer wieder aufs Neue zu betrachten. Seine allerliebsten Dinge verwahrte er in ihr und wenn er durstig war, dann schmeckte das Wasser aus keinem anderen Behältnis so süß.Geht das? Etwas darin aufheben und gleichzeitig Wasser daraus trinken? Das macht für mich keinen Sinn.
Mit der Zeit bekam die Schale Macken. Da du dich um eine märchen- bzw. parabelgerechte Sprache bemühst, wäre hier "Schaden" oder "Risse" sicher besser als "Macken" Das ist mir zu modern.
Vielleicht mochte sie diese schon immer gehabt haben, doch in dem steten Gebrauche fielen sie dem Jungen bald stärker auf. Trank man an der falschen Stelle des Randes, oder gab nicht Acht, so schnitt sie dem Jungen schmerzhaft in Mund oder Finger.
Manchmal eckte er mit ihr an und etwas von dem perfekt bemalten Muster platzte von ihr ab und ging verloren.
Es hatte aber eine besondere Bewandtnis mit der Schale. Denn Satz braucht es nicht, da du ja anschließend erklärst, was die Bewandnis ist. Denn statt dass sie zu Bruch ging, nahm sie all die kleinen Risse und Sprünge in sich auf. Sie verbarg nichts, sie beschönigte nichts, und doch hielt sie zusammen und formte alles zu einem neuem Muster, nicht mehr perfekt, aber lebendiger als je zuvor.
Und wieder wurde der Junge nicht müde, sie zu betrachten, denn langsam verstand er, dass das Mädchen ihm mit der Schale nur eine Grundform geschenkt hatte. Die lebendige Schönheit der Schale aber hatten sie beide geschaffen, in all der langen Zeit, die sie die Schale nun gepflegt hatten.

Eines Tages geschah es, dass der Junge ein zweites Mädchen traf, das ihm ebenfalls eine Schale schenkte. Diese Schale war ganz anders als die erste und sie faszinierte den Jungen. Wie mochte es wohl sein, sein Wasser aus ihr zu trinken? Wie gut würde sie wohl seine allerliebsten Dinge aufbewahren?
Unter seiner Hand vibrierte die neue Schale mit einer sanften Lebendigkeit. Voller Neugier war der Junge, voller Überraschung waren die fremden, harmonischen Muster der Schale. Der erste Schluck war süß und tröstlich und er vibrierte in ihm nach.
Als aber die neuen Schwingungen die erste Schale erreichten, da bekam diese einen gewaltigen Sprung. Das erste Mädchen, über die gesprungene Schale noch immer mit dem Jungen verbunden, weinte vor Schmerz, denn was er als sanftes und tröstliches Beben empfand, verwandelte sich in seiner Dissonanz zu ihr in die Kakophonie eines streitenden Orchesters. Mit aller Kraft zog sie sich zurück, zog an ihm, musste fort von dem Beben, das sie schüttelte, aufrührte, verletzte, orientierungslos machte.
In dem Jungen aber hatte das Beben längst sein Echo gefunden. Er konnte nicht loslassen und wusste keinen Schritt zu gehen. Konnte die vertraute Schale nicht fortlassen und konnte doch zu dem ersten Mädchen nicht kommen. Er konnte die neue Schale nicht fortlassen und konnte doch zu dem zweiten Mädchen nicht gehen und der Junge wusste nicht weiter. Ein bisschen viel "und"
In all dem Gerangel aber fiel die erste Schale zu Boden und zerbrach und tausend kleine Scherben lagen ihnen zu Füßen und lagen ihnen in den Händen und bohrten sich ihnen in die Haut, tausend kleine Verletzungen und eine große. Finde ich unschön formuliert. Seine allerliebsten Dinge, die er in ihr aufbewahrt hatte, lagen verstreut zwischen den Scherben, waren beinah Teil der Schale geworden, waren ihres fast so sehr wie sein.

Nun war guter Rat teuer.

Denn selbst in Scherben war die Schale noch schön. Selbst in Scherben hielt sie noch etwas Wasser und jetzt schmeckte es süß und bitter zugleich und die scharfen Bruchkanten zerschnitten dem Trinkenden die Lippen. Trotzdem aber, und obwohl es seinen Durst nicht löschte, wollte er immer wieder davon trinken.
Und obwohl er auch von der zweiten Schale trank, blieb er durstig, und es tat ihm weh. Was tat ihm weh? Das Trinken? Oder das die Schale kaputt war? Oder sein Dilemma?
Die Resonanzen beider Schalen in seinem Bauch tanzten disharmonisch umeinander und brachten ihm Übelkeit, und doch war der Junge unfähig, eine Entscheidung zu treffen. Zum Reparieren der ersten Schale würde er beide Hände und viel Zeit brauchen. Aber wäre sie jemals wieder ganz zu reparieren? Zum Retten der zweiten Schale würde er die Scherben der ersten loslassen müssen. Seine allerliebsten Dinge erneut sammeln. Würde das Echo der ersten Schale auch die zweite zerspringen lassen, die er bereits so lieb gewonnen hatte?

Was wäre nun richtig? Was wäre falsch?

Ich habe nicht mehr gehört, was aus dem Jungen wurde. Ich habe die Schalen nicht mehr gesehen, seit der Junge verschwunden ist. Ich habe nur gehört, dass es noch viele solcher Schalen gibt, und viele Jungen, viele Mädchen, die eine solche Schale miteinander teilen wollen. Die ihren Durst daran löschen, ihre allerliebsten Dinge darin aufbewahren wollen, und die der Schale ihre ganz eigenen Formen, Rundungen, Muster, Risse und Sprünge geben wollen.

Eine solche Schale ist sehr kostbar, und wenn du einmal eine solche bekommst, dann gib auf sie Acht und halte sie fest. Und wenn sie doch einmal zerbricht, und du weißt nicht, was zu tun ist, dann denke an den Jungen, den Jungen, der vor einer unmöglichen Entscheidung stand. Und wenn du ihn einmal triffst, dann erzähle ihm von deiner Schale. Vielleicht kannst du ihm einen Rat geben, den ich nicht zu geben vermochte.

Am Ende aber liegt jede Entscheidung in einem selbst. Und niemand kann sie ihm abnehmen, und niemand kann sagen, ob sie richtig war, oder falsch. Manche Schalen zerbricht das Leben, und manche Schalen heilt es und niemand kann vorher die eine von der anderen unterscheiden. Doch wer es nie versucht hat, der wird die Antwort auch nie kennen. Zu viel erhobener Zeigefinger für mich.


Eine nette Geschichte. Schöner Stil. Vielleicht magst du ja meine Hinweise?


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Pickman
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Beitrag29.03.2020 22:06

von Pickman
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Ribanna hat meine volle Zustimmung.

Außerdem bin ich mir nicht sicher, ob mir die Moral von der Geschicht gefällt.


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Mauskick
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Beiträge: 13



M
Beitrag30.03.2020 19:13
Re: Die Schale der Allerliebsten Dinge
von Mauskick
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So nun auch von mir eine kurze Meinung zu deinem Gleichnis. Mir gefällt das Bild was du gewählt hast an sich gut. Ich habe beim Lesen aber auch das ein oder andere Mal inne gehalten und über die Formulierung oder den Inhalt im Gesamtzusammenhang in Sachen Plausibilität nachdenken müssen.

Dabei ging es mir ähnlich wie den Kritikern, die vor mir geschrieben haben. Das, was mir noch aufgefallen ist bezieht sich hierauf:

Missing Tales hat Folgendes geschrieben:

Mit der Zeit bekam die Schale Macken. Vielleicht mochte sie diese schon immer gehabt haben, doch in dem steten Gebrauche fielen sie dem Jungen bald stärker auf.


Ich finde das in sich unlogisch, besonders, weil sich der Junge ja eben diese Schale so viel anschaut und sie liebgewinnt, sollte er doch Beschädigungen bemerkt haben. Die einzige plausible Erklärung wäre für mich, dass die "Risse oder Macken" unter einer Art Glasur oder Lackierung nicht sichtbar wurden und mit der Zeit erst an die Oberfläche dringen.

Auch den Bruch mit dem Erzähler, welcher von dem Jungen aufgesucht wird, wirkt auf mich irgendwie ein bisschen konstruiert. Ich finde es zwar generell eine gute Idee, aber gerade den letzten Absatz würde ich komplett weglassen, da für mich nicht stimmig.

Ich werde nochmal eine Zeit drüber nachdenken, vielleicht fällt mir noch ein, wie ich es besser beschreiben könnte, was mich daran stört ...

Ansonsten finde ich es eine sehr schöne Idee und besonders eine grundlegend gute Umsetzung!
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Vogelsucher
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Beiträge: 179



Beitrag31.03.2020 20:11

von Vogelsucher
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Hallo! Ich habe die Parabel noch nicht zuende gelesen, aber eines fällt mir auf, dass sicher schnell zu beheben ist (wenn du es denn willst): Während der Rest des Textes in eher altertümelnder Sprache geschrieben ist, wie ein Märchen, schleichen sich dort manchmal latainische Lehnwörter ein, die, finde ich, gar nicht dort hinein passen. Ebenso umgangssprachliche Bezeichnungen. Ich empfehle, das zu ersetzen.
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Missing Tales
Gänsefüßchen


Beiträge: 49
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Beitrag09.04.2020 18:19

von Missing Tales
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Woha, Schande über mein Haupt, dass ich hier noch nicht längst was zu geantwortet habe! Ich danke euch für all die lieben und hilfreichen Antworten!

Zu den Details:

@Smilla

Toll, dass dir mein Schreibstil gefällt und die Geschichte dich erreicht hat. Mein Eingangssatz ist tatsächlich eher als Widmung zu verstehen, erkennbar abgesetzt durch die Kursivschrift und der Erklärung "gewidmet". Die beiden Jungen sind nicht unbedingt die gleichen Wink Abgesehen davon wird doch am Ende doch aufgegriffen, dass er Rat gesucht hat? Und dass der Erzähler diesen Rat eben nicht geben konnte? Meinst du das müsste man noch näher ausführen, dass das klar wird?

Mit dem letzten Absatz hab ich auch etwas gehadert. Für eine echte Parabel würde man dieses "und die Moral von der Geschicht" nicht so sehr platt und offensichtlich unten anhängen, sondern jedem selbst seine Moral oder seine Schlüsse daraus ziehen lassen. Den Absatz habe ich wohl hauptsächlich aufgrund der anfänglichen Zielgruppe hinzugefügt, und weil ich mich sonst eher im Bereich Fabel/Märchen aufhalte^^ Ohne den letzten Absatz kam mir die Geschichte unrund vor, als sei sie nicht richtig abgeschlossen?


@Ribanna:
Danke dass du dir die Zeit genommen hast, mein Gleichnis zu lesen! Deine Hinweise kann ich sehr gut nachvollziehen, auch wenn ich mir noch nicht ganz sicher bin, ob ich sie auch ändern will. Einmal im Detail.

Zitat:
Seine allerliebsten Dinge verwahrte er in ihr und wenn er durstig war, dann schmeckte das Wasser aus keinem anderen Behältnis so süß.Geht das? Etwas darin aufheben und gleichzeitig Wasser daraus trinken? Das macht für mich keinen Sinn.

Hm... als Fantasyautor würde ich jetzt einfach antworten: "because MAGIC", aber das ist sicher zu einfach gedacht. Ich kann nachvollziehen, dass als Metapher dieses Trinken und Aufbewahren in scheinbarem Widerspruch steht. Mit dem eingeschobenen "und wenn er ... dann" habe ich diese scheinbar gegensätzlichen Bilder bereits etwas voneiner versucht abzusetzen. Stimmt, ich hab nicht explizit beschrieben, dass er die Allerliebsten Dinge vor dem Trinken herausnimmt, noch hab ich genau beschrieben, was für Dinge er da überhaupt hinein tut, da dieser ganze Satz im Grunde voller versteckter oder offener Metaphorik ist.
Die Schale ist keine tatsächlich greifbare Schale, die Allerliebsten Dinge kein Sammelsurium an Knöpfen und Muscheln und das Wasser kein echtes Wasser. Es ist also weniger stofflich zu verstehen sondern geistig, spirituell, emotional. Daher stellte sich mir beim Schreiben dieser Widerspruch nicht. Ich werde nochmal etwas darüber nachdenken, danke.

Zitat:
Mit der Zeit bekam die Schale Macken. Da du dich um eine märchen- bzw. parabelgerechte Sprache bemühst, wäre hier "Schaden" oder "Risse" sicher besser als "Macken" Das ist mir zu modern.

Hm hm... ich verstehe, was du meinst. Das Wort ist tatsächlich vor dem 20Jhrd nicht sehr geläufig gewesen (jiddisch). Auch hier sollte der Begriff wieder über das metaphorische Bild der Schale hinaus sich auf den Kern des Konfliktes beziehen. "Risse" oder "Sprünge" sind eben doch sehr gegenständlich geprägt, und "Macken" ist auch eine Bezeichnung für etwas, das man seinem Lebenspartner nach einer gewissen Weile zuschreibt.
"Mein Freund, ich sags dir, seit wir zusammenwohnen, hat er so langsam richtige Macken(im Sinne von seltsamen Marotten), er zieht seine Socken immer irgendwo in der Wohnung aus und ich darf sie dann zusammensuchen!" oder so ähnlich.
Ich habe also ein Wort gesucht, dass sich sowohl auf den gegenständlichen Zustand einer greifbaren Schale beziehen kann, als auch im menschlichen Miteinander verwendet wird. "Schaden" könnte da ein guter Ersatz sein, aber die "Macken" des Partners "beschädigen" ja nicht gleich die Beziehung, noch stellen die Macken dieser besonderen Schale einen echten "Schaden" dar, wie im weiteren beschrieben. Marotten oder Schrullen wiederum ergeben keinen Sinn in Bezug auf die Schale. Hm ... vielleicht etwas wie Mängel? oder Schwächen? Ich weiß nicht so recht.

Zitat:
Es hatte aber eine besondere Bewandtnis mit der Schale. Denn Satz braucht es nicht, da du ja anschließend erklärst, was die Bewandnis ist.

Ich glaube der altertümlichen Sprache zuliebe würde ich diesen Satz dennoch drin lassen. Manchmal können einen Sätze, die im Grunde überflüssig sind, gut auf den nächsten Sinnabschnitt hinleiten, sodass der Text flüssiger zu lesen ist. In diesem Fall gehe ich nun hier betont heraus aus dem bisher noch recht gegenständlichen, realistischen Bild einer kaputten, scharf einschneidenden Schale hin zum animistisch magischen Aspekt und diesen Wechsel möchte ich hier deutlicher darstellen.

Zitat:
tausend kleine Verletzungen und eine große. Finde ich unschön formuliert.

Mal so aus Neugierde, was glaubst du sind die kleinen Verletzungen und was die große? Was ist deine Interpretation dieses Satzes? Er ist tatsächlich bewusst etwas schwammiger formuliert als andere, um hier nicht mit dem Hammer auf den Kopf zu sagen, was eigentlich passiert ist. "Tausend kleine und eine große Verletzung" wäre grammatikalisch wahrscheinlich richtiger, aber die große wollte ich hier bewusst von den "tausend kleinen" absetzen und hab mich hier daher eher lyrisch anmutender Grammatik bedient. Ist es das, was du als "unschön formuliert" wahrnimmst?
Zitat:

Und obwohl er auch von der zweiten Schale trank, blieb er durstig, und es tat ihm weh. Was tat ihm weh? Das Trinken? Oder das die Schale kaputt war? Oder sein Dilemma?

Ja smile ... Im nächsten Satz ist es näher beschrieben. Das Dilemma tut ihm weh, dargestellt durch die "Resonanzen" der Wässer aus beiden Schalen, die "disharmonisch umeinander tanzen". Es tut ihm weh, dass das Wasser nicht mehr schmeckt wie vorher, dass es seinen Durst nicht löscht wie vorher, der Durst selbst tut ihm weh, und die scharfen Kanten der Schale. Sollte ich hier näher ausführen?

Zitat:
Am Ende aber liegt jede Entscheidung in einem selbst. Und niemand kann sie ihm abnehmen, und niemand kann sagen, ob sie richtig war, oder falsch. Manche Schalen zerbricht das Leben, und manche Schalen heilt es und niemand kann vorher die eine von der anderen unterscheiden. Doch wer es nie versucht hat, der wird die Antwort auch nie kennen. Zu viel erhobener Zeigefinger für mich.

Wie eben schon gesagt, stimmt, dieser Abschnitt passt nicht so ganz zum Thema Parabel sondern eher zum Thema "Kalendersprüche und Lebensweisheiten". Aber für mich wäre mal spannend zu erfahren, wohin der Zeigefinger denn für dich zeigt? Im Offline-Umfeld habe ich jedenfalls ziemlich unterschiedliche Schlussfolgerungen gehört, die für mich so wirkten, als sei es keineswegs so offensichtlich wie ich gedacht hätte.


@Pickman:
Auch dir ein dickes Dankeschön, dass du meine Geschichte gelesen hast (sowie auch ihre Bearbeitung durch Ribanna Smile
Auch an dich mal meine Frage: was ist für dich die "Moral von der Geschicht"?

@Mauskick:
Hey, danke für deine Eindrücke zum Gleichnis! Auch dir ist das mit den Macken der Schale aufgefallen Smile Ja, das ist wohl etwas unlogisch. Was soll ich sagen, die Liebe macht eben blind wink Vielleicht ist es bei dieser Schale genauso wie du es beschreibst? Dass die Macken erst nach einer Zeit unter der (zuckrig-süßen?) Glasur zum Vorschein kommen? Und gerade weil der Junge sich die Schale so intensiv anschaut, fallen ihm eben mehr Macken/Unregelmäßigkeiten auf.
"Der kleine Kratzer am Griff, war der schon so beim Händler, oder kommt das von meiner Spülmaschine? Diese komische Eigenart, in die unpassensten Momenten reinzuplatzen, hatte sie die schon immer oder hat mich das früher nur weniger gestört?"

Der letzte Absatz scheint bei euch allen nicht gut anzukommen^^ Vielleicht ist es doch besser, jedem seine eigenen Schlussfolgerungen der Parabel zu lassen. Es kommt ja im Grunde nicht darauf an, dass ihr meinen Schluss daraus zieht sondern euren eigenen. Vielleicht hab ich mit ihm sowas wie eine Rechtfertigung versucht, warum der Erzähler dem Jungen keinen Rat geben konnte.
Aber auch hier nochmal: der Erzähler wird nicht von dem Jungen in der Geschichte aufgesucht. Der Anfang ist eine Widmung, die Jungen sind unterschiedlich. Vielleicht sollte ich ein "ich habe nicht mehr gehört was aus dem Jungen wurde" ebenfalls in Kursiv setzen? So verschmilzen die beiden Jungen am Ende im Grunde zu einem, aber diese Parabel hat nunmal kein wirkliches Ende, kein "so musst du es machen", weil der Erzähler eben wirklich keinen Rat geben kann und will (und am Ende doch noch einen gibt ... ist es das, was euch mit dem "erhobenen Zeigefinger" stört? Dass der Erzähler hier zu inkonsequent ist?)

@Vogelsucher:
Danke für deine Zeit! Wahrscheinlich beziehst du dich bei der umgangssprachlichen Bezeichnung auf die bereits von anderen angemerkte "Macke" (wo mir tatsächlich keine gute altertümliche Bezeichnung mit der gleichen Doppeldeutigkeit einfallen will). Was meinst du mit den lateinischen Lehnwörtern? Dissonanz und Kakophonie (griechisch)? Ich hab mal schnell hier nachgesehen, als Begriff in der Harmonielehre der Musik sind diese Wörter durchaus schon in den letzten Jahrhunderten gebräuchlich gewesen, ich sehe sie also nicht im Widerspruch mit altertümlicher Sprache. Sogar "Macke" gibt es bereits seit dem 18. Jahrhundert laut dieser Website, auch wenn erst im 20. Jahrhundert die Häufigkeit dieses Wortes zunimmt.
Meintest du diese? Oder sind dir noch andere Worte aufgefallen, die nicht richtig passen?#



So, allen geantwortet, Kopf zerbrochen und nochmal lange recherchiert^^ Ich denke, den letzten Absatz kann man wirklich streichen, er fügt nicht so richtig neue Informationen hinzu (auch wenn ich den Satz "manche Schalen zerbricht das Leben und manche Schalen heilt es ..." schon ganz gerne behalten würde, aber so völlig ohne den Rest würde er einsam und verloren ohne Kontext darunter geklatscht stehen).

Danke für all euren Input! Vielleicht machen meine Antworten ein paar Punkte etwas klarer (was ich mir dabei so gedacht hatte).

lg Tales


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Mauskick
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Beitrag09.04.2020 20:19

von Mauskick
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Ja ich denke ich verstehe jetzt besser was du meinest Missing Tales.

Eins ist mir noch aufgefallen. Ich finde das Wort Kakophonie irgendwie eigenartig. Ich habe es zugegebenermaßen davor noch nie bewusst wahrgenommen. Und persönlich würde ich eher Dissonanz oder Missklang wählen, aber auch das ist mal wieder Geschmacksache. Ich lerne natürlich aber auch gerne neue Fremdwörter. Ich vermute nur, dass es nicht nur mir so geht.
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Ribanna
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Beitrag10.04.2020 16:03

von Ribanna
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Hallo, Missing Tales,

du hast deine Geschichte geschrieben und natürlich deine eigenen Gedanken dazu. Daher hast du - natürlich - auch Antworten auf die "Kritik" an deinem Werkstück. Das ist okay und richtig so, so soll es sein.

ABER: wenn ich hier etwas veröffentliche, möchte ich dadurch auch die Wirkung auf den Leser testen, und dem kann ich nicht im Nachhinein erklären, wie ich etwas gemeint habe oder gemacht habe, was ich mir gedacht habe, oder ihn fragen, was er denn denkt.
Ich muss also meine Sache so gut darstellen, dass er sie ohne Probleme versteht.

Darum geht es in meinen Anregungen, ich schreibe aus der Sicht (d)eines Lesers, der nicht die Möglichkeit hat, mit dem Autor den Text anschließend zu diskutieren. Auf diesen Leser (nämlich mich!) wirkt dein Text eben nicht ganz zu Ende gedacht und verbesserungswürdig.

Verstehe mich bitte nicht falsch: es ist ein schöner Text mit guten Gedanken darin und dahinter, aber du könntest mehr daraus machen.


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Missing Tales
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Beitrag10.04.2020 19:25

von Missing Tales
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@Mauskick: Danke! Missklang find ich gut, Dissonanz ebenso, letzteres wäre allerdings eine Wortwiederholung. Kakophonie (=eine Vielzahl widerstreitende Klänge) passt möglicherweise auch nicht ganz so gut zu einem Widerstreit von nur zwei Klängen/Tönen, musikalisch gesprochen, wo ich noch einmal drüber nachdenke^^

@Ribanna: Keine Sorge, ich nehme keine Kritik persönlich. Und stimmt, Witze, die man erklären muss, sind keine guten Witze und Metaphern, die nicht ausdrücken was sie ausdrücken sollten, sind keine guten Metaphern. Wenn man offene Bilder malt, rechnet man damit, dass andere aus diesen Bildern andere Schlüsse ziehen als beabsichtigt (wie wir in einem anderen Werk, einem Gedicht über Corona, meine ich auch schon mal festgestellt haben Smile. Wenn man aus einem Bild gar keine Schlüsse ziehen kann oder es einen eher ratlos zurücklässt, kann das moderne Kunst sein oder einfach ein nicht gelungenes Bild^^

Aber wieso kann man nicht beides? Die Wirkung auf den Leser testen und im Nachhinein erklären, wie ich mir das gedacht habe? Vielleicht kann man so herausfinden, wie man dieses Bild besser darstellen kann. (Und das ist dann wohl tatsächlich eher Werkstatt nicht Einstand). Aber ehrlich gesagt möchte ich eigentlich meine Sachen nicht so darstellen, dass jeder es ohne Probleme versteht, weil ich meine Bilder eher offen lassen will. Die Parabel beinhaltet ein Problem und wenn man es nicht in seiner ganzen Ausführlichkeit darlegen will, wird es eben innerhalb der Bilder verschlüsselt.
Ist das ungewöhnlich für Parabeln?
Zitat:

Darum geht es in meinen Anregungen, ich schreibe aus der Sicht (d)eines Lesers, der nicht die Möglichkeit hat, mit dem Autor den Text anschließend zu diskutieren. Auf diesen Leser (nämlich mich!) wirkt dein Text eben nicht ganz zu Ende gedacht und verbesserungswürdig.


Ich habe deine Anregungen genauso verstanden und wollte deine Kritik keineswegs abwerten, falls es bei dir so angekommen sein sollte. In diesem Fall aber hast du ja die Gelegenheit zum Austausch, daher habe ich dir darauf geantwortet. Gerade arbeite ich an einer neuen Version und schaue, ob und wie ich die angesprochenden Passagen verändern kann, dass sie besser ausdrücken, was ich beabsichtige. Aber sei mir nicht bös, wenn ich nicht alle Kritikpunkte von dir umsetze. Das bedeutet nicht, dass ich dir nicht dankbar bin für deine Rückmeldung, deine Gedanken dazu und die damit verbundene Mühe. Das habe ich in meiner Antwort versucht auszudrücken (und schon wieder erkläre ich, was ich meinte... ich sollte wohl meinen Sender-Empfänger-Weg nach Thule nochmal nachjustieren..)[/quote]


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Jirka
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Beitrag15.04.2020 10:21
Re: Die Schale der Allerliebsten Dinge
von Jirka
Antworten mit Zitat

Jirka und ihr Klangschalen-Dilemma

Ich möchte mich vielen meiner Vorredner anschließen. Der Text macht nachdenklich und ist im Grunde auch gut geschrieben und nimmt mich irgendwie auch mit, aber du kannst bestimmt mehr daraus machen. Was mich eigentlich durchgehend gestört hat (das mag aber an mir liegen), dass die Wortwahl und auch die Wahl der Bilder für mich nicht einfach genug sind.

Der Text hat in mir nachgeklungen (sehr passend Laughing ) und irgendwann in der Küche bin ich auf die Idee gekommen, was es mit diesen Dissonanzen und Schwingungen auf sich haben könnte. Sind es Klangschalen? Und aus denen wird gleichzeitig getrunken und Sachen darin verwahrt. Na gut, könnte schon sein. Aber für mich macht bei Metaphern die Einfachheit viel aus. Ich will es mal an ein paar Stellen aus deiner Geschichte verdeutlichen:

Zitat:
Und wieder wurde der Junge nicht müde, sie zu betrachten, denn langsam verstand er, dass das Mädchen ihm mit der Schale nur eine Grundform geschenkt hatte. Die lebendige Schönheit der Schale aber hatten sie beide geschaffen, in all der langen Zeit, die sie die Schale nun gepflegt hatten.
Bis dahin fand ich's richtig gut. Dann aber: Der Vergleich mit der Grundform. Wie kann man denn eine Grundform einer Schale verschenken? Klar, was du damit sagen willst, in einer Beziehung wächst man miteinander, aber das passt nicht mehr ins Bild. Vielleicht muss einem das Bild/die Metapher an einigen Stellen einfach wichtiger sein als die Moral, damit es gut bleibt. Weißt du, was ich meine? Ich neige auch gerne dazu zu überzeichnen und überlade meine Bilder. Das ist dann schade, weil es beim Lesen störend wirkt.

Zitat:
Eines Tages geschah es, dass der Junge ein zweites Mädchen traf, das ihm ebenfalls eine Schale schenkte. Diese Schale war ganz anders als die erste und sie faszinierte den Jungen. Wie mochte es wohl sein, sein Wasser aus ihr zu trinken? Wie gut würde sie wohl seine allerliebsten Dinge aufbewahren?
Unter seiner Hand vibrierte die neue Schale mit einer sanften Lebendigkeit. Voller Neugier war der Junge, voller Überraschung waren die fremden, harmonischen Muster der Schale. Der erste Schluck war süß und tröstlich und er vibrierte in ihm nach.


Hihi, ich war voll sauer auf diese andere Schale. Da kommt dann doch die weibliche Eifersucht durch. Was bei mir sehr stark ankommt, ist, dass der Junge ganz schön absichtslos und unschuldig in die Sache hineingeschlittert ist.

Zitat:
Als aber die neuen Schwingungen die erste Schale erreichten, da bekam diese einen gewaltigen Sprung. Das erste Mädchen, über die gesprungene Schale noch immer mit dem Jungen verbunden, weinte vor Schmerz, denn was er als sanftes und tröstliches Beben empfand, verwandelte sich in seiner Dissonanz zu ihr in die Kakophonie eines streitenden Orchesters. Mit aller Kraft zog sie sich zurück, zog an ihm, musste fort von dem Beben, das sie schüttelte, aufrührte, verletzte, orientierungslos machte.


Ja, ich weiß nicht, ich weiß nicht. Es ist auf der einen Seite so ein schönes Bild, aber mit auf der anderen irgendwie wieder zu kompliziert. Kann der Junge vielleicht einfach nicht aufpassen und die alte Schale aus Versehen fallen lassen? Dann ist es aber nicht mehr das, was du sagen willst. Ich muss mich irgendwie mit Klangschalen mehr beschäftigen, dass das Bild bei mir funktioniert Razz


Zitat:

Denn selbst in Scherben war die Schale noch schön. Selbst in Scherben hielt sie noch etwas Wasser und jetzt schmeckte es süß und bitter zugleich und die scharfen Bruchkanten zerschnitten dem Trinkenden die Lippen. Trotzdem aber, und obwohl es seinen Durst nicht löschte, wollte er immer wieder davon trinken.
Und obwohl er auch von der zweiten Schale trank, blieb er durstig, und es tat ihm weh. Die Resonanzen beider Schalen in seinem Bauch tanzten disharmonisch umeinander und brachten ihm Übelkeit, und doch war der Junge unfähig, eine Entscheidung zu treffen. Zum Reparieren der ersten Schale würde er beide Hände und viel Zeit brauchen. Aber wäre sie jemals wieder ganz zu reparieren? Zum Retten der zweiten Schale würde er die Scherben der ersten loslassen müssen. Seine allerliebsten Dinge erneut sammeln. Würde das Echo der ersten Schale auch die zweite zerspringen lassen, die er bereits so lieb gewonnen hatte?


Oh Gott, oh  Gott,  dieser Junge, er tut mir richtig leid in seiner Zerrissenheit und es kommen viele Aspekte gut rüber. Mir war das mit den disharmonisch tanzenden Resonanzen wieder zu viel. Also schwingen kann die in Scherben liegende Schale bestimmt nicht mehr, Schwingen die Scherben einer Klangschale und zerbricht eine Klangschale überhaupt in Scherben? Sind die nicht aus irgendeinem Metall??


Der Schluss. Uiuiui. Also wenn ich mit dem Problem zwischen zwei Männern zu stehen zu dir käme und du würdest mit dann diese Parabel erzählen, wäre ich dir zwar dankbar mein Dilemma verstanden zu haben, aber ein Rat ist es eigentlich nicht. Der große kleine Junge am Anfang stünde mit den gleichen Fragezeichen da.

Und dann frage ich mich gerade auch noch, warum eigentlich jeweils die Mädchen die Schalen verschenken? Vielleicht sollten sie gemeinsam anfangen zu töpfern. OK, das führt jetzt zu weit. Dann kann ja auch wieder keine Klangschale daraus werden. Rolling Eyes Laughing
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Vogelsucher
Geschlecht:männlichLeseratte

Alter: 18
Beiträge: 179



Beitrag07.05.2020 10:07

von Vogelsucher
Antworten mit Zitat

Missing Tales hat Folgendes geschrieben:

@Vogelsucher:
Danke für deine Zeit! Wahrscheinlich beziehst du dich bei der umgangssprachlichen Bezeichnung auf die bereits von anderen angemerkte "Macke" (wo mir tatsächlich keine gute altertümliche Bezeichnung mit der gleichen Doppeldeutigkeit einfallen will). Was meinst du mit den lateinischen Lehnwörtern? Dissonanz und Kakophonie (griechisch)? Ich hab mal schnell hier nachgesehen, als Begriff in der Harmonielehre der Musik sind diese Wörter durchaus schon in den letzten Jahrhunderten gebräuchlich gewesen, ich sehe sie also nicht im Widerspruch mit altertümlicher Sprache. Sogar "Macke" gibt es bereits seit dem 18. Jahrhundert laut dieser Website, auch wenn erst im 20. Jahrhundert die Häufigkeit dieses Wortes zunimmt.
Meintest du diese? Oder sind dir noch andere Worte aufgefallen, die nicht richtig passen?#
lg Tales


Hallo Missing Tales, mit lateinischen Lehnörtern meine ich Wörter wie "vibrieren", "perfekt" oder "reparieren". Natürlich gibt es diese Wörter im Deutschen schon lange, aber sie passen nicht in ein Märchen. Bei Grimms Märchen finde ich jedenfalls kein einziges solches Wort (von uralten Entlehnungen wie "Fenster" oder "Käse" mal abgesehen). Das zerstört in deiner geschichte die märchenhafte Sprache. Statt "perfekt" geht zum beispiel auch "vollkommen" und "beben" klingt im Märchen schöner als "vibrieren".
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Mondokin
Schneckenpost
M


Beiträge: 12



M
Beitrag25.05.2020 18:15

von Mondokin
Antworten mit Zitat

Smilla R. T. hat Folgendes geschrieben:

Was mich etwas stolpern ließ, war dass du eingangs schreibst, der Junge hätte Rat gesucht beim Erzähler, aber das wird so direkt nicht mehr aufgegriffen.


Ja das fand ich auch komisch, ansonsten schön geschrieben
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