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Zwei Reiseskizzen


 
 
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Federfuchser
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Beiträge: 147



F
Beitrag19.02.2020 15:20
Zwei Reiseskizzen
von Federfuchser
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Zwei Reiseskizzen

                                                    1. Bismark oder die geliehene Zeit
                                                            
   In Bismark war die Zeit nicht nur stehen geblieben, sie war auf eine geheimnisvolle Weise abhanden gekommen. Daran änderte auch die Tatsache nichts, dass die Bahnhofsuhr Stunde und Minute korrekt anzeigte. Ich war mir sicher: Dabei konnte es sich nur um eine geliehene Zeit, keineswegs um die Ortszeit handeln.
   Doch dann entdeckte ich, dass alles noch viel verwirrender war...

   Vor ein paar Wochen befand ich mich auf einer Fahrt durch die Altmark in Sachsen-Anhalt. Auf einem Wegweiser an der Bundesstraße las ich: Bismark 16 km.
   Bismark?
   Mir war der Name bisher nur im Zusammenhang mit dem Reichsgründer und 'eisernen Kanzler' Otto von Bismarck bekannt. Dass es einen Ort dieses Namens gab überraschte mich, und mein Interesse war geweckt. Bei der nächsten Kreuzung verließ ich die große Straße und bog in Richtung Bismark ab.  
   Vom Zustand der Nebenstrecke bis dorthin nur so viel: Mehr als einmal überlegte ich, ob es nicht besser sei, zurück auf die gut ausgebaute Bundesstraße zu fahren.
   Heute weiß ich: Es wäre einen Fehler gewesen.
   Der Ort schlug mich auf eine seltsame Weise sofort in seinen Bann. Und obwohl nun schon einige Monate verstrichen sind, geistern die Eindrücke, die ich während der kurzen Ortsbesichtigung empfing, immer noch in meinem Kopf herum. Nicht, dass etwas Besonderes passiert wäre – im Grunde passierte nichts – zumindest nichts Erwähnenswertes. Doch gerade diese tödliche Langeweile, die mich anwehte wie ein lauer Abendwind, dieses Gefühl absoluten Stillstandes, das sich häufig vor einem Gewitter einstellt, all das hinterließ in mir einen tiefen Eindruck.
   Nun gut, einiges geschah schon. Leute liefen auf den Straßen herum und Autos fuhren, wie überall im Land. Ein paar Tauben flatterten aufgeregt hoch, irgendwo bellte ein Hund, schrie ein Kind. Und wenn ich richtig erinnere lief gerade die Kleinbahn in den Bahnhof ein. Alles nicht erwähnenswert und vor allem: Entsetzlich trivial, denn dergleichen geschieht in jeder Sekunde eine Million Mal auf der Welt.
  Ich stellte mein Auto ab und schlenderte durch die Straßen des Städtchens. Bald kam ich auf einen weiten Platz, der von niedrigen Häusern gesäumt war. Die Leute bewegten sich bedächtig, wie im Zeitlupentempo, so kam es mir vor. Der Platz fiel leicht ab, und ich hatte von meinem Standort aus einen weiten Blick über den Ort, der jetzt unter dem wolkenverhangenen Himmel ziemlich verloren wirkte.
  In einiger Entfernung entdeckte ich über den Dächern die schwarzen Kronen von hohen Kiefern. Ich vermutete einen Park. Der entpuppte sich jedoch als ziemlich weiträumiger Friedhof, umgeben von einer Backsteinmauer, die in allen möglichen Rottönen schimmerte. Diese Mauer allein war ein Abenteuer für sich: Vom Alter gebeugt, von Wind und Wetter schwer gezeichnet, teilweise rußgeschwärzt, mit Moos und kleinen Büscheln aus Farnkräutern bewachsen. Sie zog sich wie eine endlose rote Schlange dahin. Für einen Moment hatte ich den Eindruck, als habe dieses Bauwerk, so krumm und windschief wie es dastand, die Zeit aufgesaugt, die ich in dem Ort selbst vermisste. Hinter der Mauer stand dunkel und geheimnisumwoben der Kiefernwald mit den verwitterten Grabsteinen zwischen den Stämmen, in absoluter Zeitlosigkeit, darüber graues, schweres Gewölk.
   Nachdenklich kehrte ich um. Wieder kam ich an der Bahnhofuhr vorbei. Der große Zeiger rückte gerade eine Minute vor. Ich nahm mein Handy und verglich. Was war das? Die Zeit stimmte! Doch es konnte unmöglich die Ortszeit sein! Denn die steckte ja in der Friedhofsmauer! Also musste es eine andere, fremde – eine geliehene Zeit sein! In einer spontanen Eingebung lief ich zurück zum Friedhof. Die Mauer stand immer noch unverändert da, alt, krumm, bemoost. Doch jetzt ereignete sich etwas Außerordentliches, Überraschendes: Für einen kurzen Moment riss die Wolkendecke auf; ein Sonnenstrahl ließ die Mauer aufleuchten, vor mir lag eine endlose flammende Welle. Es war ein jähes Aufglühen; der Eindruck war so stark, dass ich einen Moment überwältigt stehen blieb. Schwarz und erstarrt standen die Kiefern, grau und dunkel die Häuser, dazwischen die glühende Mauer. Die Wolkendecke schloss sich, und alles lag wieder grau in grau vor mir.   
   Mir war sofort klar: Eine höhere Macht hatte mir ein Zeichen gegeben. Ich sollte nach einem feurigen Ereignis suchen, mit dem das Schicksal dieser Stadt zusammenhing. Es würde eine Erklärung für die gefühlte Zeitlosigkeit sein.
   Ein Verdacht stieg in mir hoch...
   Zuhause schlug ich, ohne abzulegen, meinen Laptop auf und forschte nach. Tatsächlich, da stand es: Der Ort brannte im Jahre 1676 vollständig ab, kein Haus, keine Kirche, keine Kanzlei blieb verschont, er verglühte regelrecht, nur die Friedhofsmauer blieb erhalten. Dabei war mit sämtlichen Dokumenten anscheinend auch die Zeit abhanden gekommen...
   Seitdem geht mir dieser kleine Marktflecken nicht mehr aus dem Kopf. Ich habe schon viele große Städte besichtigt, Berlin, Paris, London, um nur einige zu nennen. Aber keiner dieser städtebaulichen Highlights hat mich gedanklich so nachhaltig beschäftigt wie dieses armseelige und anscheinend aus der Zeit gefallene Bismark mit seiner geliehenen Zeit.



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Calvin Hobbs
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Beitrag21.02.2020 19:13

von Calvin Hobbs
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Hallo smile
Zweimal gelesen, sehr angenehm. Weiter so smile


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Nina
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Beitrag21.02.2020 23:47

von Nina
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Lieber Federfuchser,

ich kann mich nur anschließen: Sehr schön geschrieben. Ich bin richtig mitgegangen mit den Beschreibungen, so leicht und klug, wie sich der Protagonist durch die Landschaft bewegt, so bewegt es auch mich.
Ich weiß nicht, in welche Richtung diese Geschichte sich weiter entwickeln wird, es könnte alles mögliche folgen: Fantasy, Horror, um nur zwei zu nennen. Oder fließt es einfach weiterhin so schön wie im eingestellten Textausschnitt?
 
Du kannst erzählen. Ganz wundervoll und leicht, wirklich schön.

Zwei Kleinigkeiten sind mir aufgefallen:

Zitat:
Es wäre einen Fehler gewesen.


... ein Fehler gewesen, nicht einen.

Zitat:
  Der Ort schlug mich auf eine seltsame Weise sofort in seinen Bann.


Der Ort zog mich ... - würde ich sagen. Aber es geht wohl beides, wie ich gerade recherchiert habe - schlug und zog in diesem Zusammenhang. Schlug klingt mir seltsam, aber vielleicht ist das auch etwas Regionales. Ich kenne es als "zog mich in seinen Bann".  

Ich freu mich auf die Fortsetzung der Geschichte.

Liebe Grüße
Nina


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Federfuchser
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Beitrag23.02.2020 13:53
Zwei Reiseskizzen - 2. Unheimliche Begegnungen der Dritten Art
von Federfuchser
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..

2. Unheimliche Begegnungen der Dritten Art


Haben Sie das schon mal erlebt: Ein paar harmlose Alltags-Ereignisse verdichten sich zu einem haarsträubenden Geschehen, dass Sie denken, unversehens in eine  Parallelwelt mit unheimlichen Mächten hineingeraten zu sein, die Ihnen zwar berkannt vorkommt. Die aber nicht wirklich die gewohnte ist?
   Mir erging es so...
   Es war in dem Jahr mit dem ungewöhnlich langen und trockenen Sommer. Die Astronauten der europäischen Raumstation funkten unglaubliche Bilder zur Erde. Schon Ende Juni lag Norddeutschland gelb und ausgedörrt, gleichsam erstarrt, unter der wolkenlosen Lufthülle, nur von graugrünen Waldflecken durchsetzt. Das Wasser wurde allmählich knapp. Der Fährbetrieb auf der Elbe musste eingestellt werden, die Kraftwerke am Rhein konnten nicht mehr richtig kühlen, und die große BASF bekam nicht mehr genug Nachschub für ihre Produktion, weil die Lastkähne auf Grund liefen.
   Ein rechter Katastrophensommer.
  Ich erzähle das, weil man sonst nicht verstehen kann, warum mich ein paar an sich harmlose Naturschauspiele so mitnahmen.
   In diesem Jahr also – es war Anfang Mai, und die Wiesen und Rasenplätze begannen schon gelb zu werden – radelte ich den Elberadwanderweg von Dömitz nach Havelberg hinauf. Dort nahm ich Quartier in einer etwas abseits gelegenen Unterkunft unten in der Elbaue.
  Ich will mich jetzt nicht in Einzelheiten verlieren. Was ich berichten will ist folgendes: Als ich mich abends zur Ruhe legte, begann draußen das Konzert der Frösche, und zwar in einer Lautstärke, wie ich sie bis dahin noch nie erlebt hatte. Ich stand wieder auf und trat auf die Terrasse. Es war unbeschreiblich. Aus mehreren Tümpeln lieferten sich die Tiere einen regelrechten Sängerwettstreit. Es hörte sich an, als wollte jeder Tümpel den anderen in Gesangeslust überbieten. Da knurrte und knarrte es bedrohlich, dort läuteten verhalten zarte Glöckchen, hier erscholl ein lautes Quak-Quak, dann wieder ein mundartlich gefärbtes Quork-Quork, und immer wieder ein vereinzeltes, tiefes Dong. Es muss die Stimme des Dirigenten gewesen sein, der die ganze Bande im Takt hielt. Nie hätte ich geglaubt, dass Frösche und Kröten solch einen Höllenlärm machen können.
   Plötzlich war, wie auf ein geheimes Kommando hin, das Konzert beendet. Doch die Ruhe währte nur kurz. Es schien nur eine Generalpause zu sein, denn schon erklangen einzelne schüchterne Stimmen, und dann brach das Spektakel, lauter und herrlicher als zuvor, von neuem los.
   Ich lauschte fasziniert. Es war eine völlig andere Welt, in die ich da hineinhörte. Diese Tiere handelten nach einem Plan, den ich nicht verstand. Unbegreiflich, aber doch real.
   Nun gut, sagen Sie. Das mag zwar beeindruckend gewesen sein, aber nicht sonderlich aufregend, und nichts, um daraus eine Geschichte zu machen.
   Ich denkee doch. Da war nämlich noch ein anderes Geräusch, ein feines Wimmern oder Jammern, das über dem Quakkonzert lag. Es schien von weiter weg zu kommen und klang wie das Singen von Telefondrähten, durch die der Wind geht, nur unheimlicher.
  Noch während ich diese Möglichkeit überlegte, sah ich ein, dass sie nicht stimmen konnte. Zwar kratzte tatsächlich in etwa fünfhundert Metern Entfernung eine Telefonleitung einen dünnen Strich in den Abendhimmel, doch es herrschte zu diesem Zeitpunkt absolute Windstille. Begierig darauf, die Ursache dieser Sphärenklänge zu ergründen, setzte ich mich in Bewegung.
   Um es kurz zu machen, es kam aus einem fast vollständig von blühenden Seerosen bedeckten Teich, und nun war mir auch klar, wer da so erbärmlich jammerte: Es waren Unken. Noch nie zuvor hatte ich Unkenrufe gehört, deshalb kam ich erst darauf, als ich vor dem Teich stand. Jetzt war mir auch klar, warum man nicht 'unken' soll, und warum Unkenrufe angeblich Unheil ankündigen. Es hörte sich an wie das Gejammer hunderter kleiner Kinder, die den Verlust ihrer Eltern beweinen.
Mir kam es vor wie eine unheimliche Begegnung der Dritten Art.
   Anscheinend hatten die Unken mein Kommen bemerkt, denn das Gejammer brach jetzt ab. Ich stand bewegungslos, begierig, noch mehr von der Tragödie, die da gerade gesungen wurde, zu erfahren. Tatsächlich erhob nach einiger Zeit ein Vorsänger seine Stimme, und nach und nach stimmten die anderen mit ein.
   Mittlerweile war es fast dunkel geworden. Eine Wolkenbank hatte sich vor das Abendrot geschoben und verstärkte noch die unheimliche Wirkung. Auf dem Rückweg kam ich an einen Kasten mit öffentlichen Bekanntmachungen vorbei. Ich blickte hinein. Ein Schmierfink hatte etwas auf die Scheibe gekritzelt. Ich entzifferte:

                                                                         Abend

                                                                 einbrechendes dunkel                                                                                                                                                                                                                                                                                       
                                                                  der sterne gefunkel            
                                                                der unken gewimmer                
                                                                der lampe im zimmer
                                                                   vertrauter schein:
                                                                     behütetes sein

   Ich muss sagen: Kein schlechter Platz für die Veröffentlichung eines Gedichts, so ein öffentlicher Glaskasten. Und kein schlechtes Gedicht. Die Stimmung, in der ich mich befand, war gut getroffen.  
 
                                                                       *
  Als ich am anderen Vormittag um zehn Uhr aufbrach, herrschte schon brütende Hitze. Um nicht kochend vom Fahrrad zu fallen, beschloss ich gegen Mittag, eine Badepause einzulegen.
  Ein Wegweiser mit dem Hinweis:

                                                             Rudolsee 3 km

 wies den Weg, und bald war der See erreicht. Auf der vertrockneten Liegewiese legte ich meine Sachen ab; schon lief ich auf den Steg und setzte zum Sprung an. In diesem Moment sah ich sie, doch es war schon zu spät.
Vor dem Badesteg im Wasser schwammen drei dicke, widerlich aufgedunsene Karpfenleichen von unwahrscheinlicher Größe. Drumherum hatte sich bereits ein schillernder Hof gebildet, auf dem Wasser lag starker Verwesungsgeruch.
   Und in diesen Sud sprang ich hinein.
   Vielleicht mache ich mich lächerlich, wenn ich jetzt gestehe, dass ich für einen Moment damit rechnete, nur noch als Wasserleiche aus dem See gefischt zu werden.
   Die Unkenrufe, die toten Fische in dem sterbenden See, das verdorrte Gras, die abartige Hitze – all das verdichtete sich in meiner Fantasie zu einer apokalyptischen Vision. Sie verstärkte sich noch, als ich später über die Brücke bei Dömitz fuhr. Tief unten die schon stark geschrumpfte Elbe, über mir eine gnadenlose Sonne, am Horizont, schwarz und drohend, eine Gewitterfront, die Erinnerung an das Gehörte und Gesehene – ich war fest davon überzeugt, unversehens in eine Parallelwelt hineingeraten zu sein, der bekannten zwar ähnlich, aber von unheimlichen Mächten beherrscht.
 War es da ein Wunder, dass ich damit rechnete, die Brücke könnte sich im nächsten Moment in Luft auflösen, und ich würde in die Tiefe stürzen?
    Ich legte noch einen Zahn zu und war froh, als die Brücke hinter mir lag.   
    Immer noch kein Stoff für eine Geschichte?


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Federfuchser
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Beitrag23.02.2020 14:15
Antwort
von Federfuchser
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Hallo Calvin Hobbs,

vielen Dank für deine aufmunternden Worte! Ich werde mich bemühen, dich auch weiterhin nicht zu enttäuschen!


Hallo Nina,

auch dir sei Dank! Ich bin richtig glücklich, dass mein bescheidener Einstand so ankommt!

Ich nahm 'schlug', weil mir 'zog' zu schwach erschien. Ich wollte zum Ausdruck bringen, dass der Prot. plötzlich von der Andersartigkeit der Stadt ergriffen wird.

Ich weiß nicht, wie das hier geht, sonst würde ich den Fehler verbessern.

Liebe Grüße an euch beide.


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Calvin Hobbs
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Beitrag23.02.2020 19:07
Re: Antwort
von Calvin Hobbs
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Federfuchser hat Folgendes geschrieben:
Hallo Calvin Hobbs,
vielen Dank für deine aufmunternden Worte! Ich werde mich bemühen, dich auch weiterhin nicht zu enttäuschen!


Ich bin hier bestimmt nicht das Maß der Dinge wink


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Nina
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Beitrag24.02.2020 15:15
Re: Antwort
von Nina
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Federfuchser hat Folgendes geschrieben:
Hallo Nina,

auch dir sei Dank! Ich bin richtig glücklich, dass mein bescheidener Einstand so ankommt!


Lieber Federfuchser,

gern geschehen. Ich habe mich auch gefreut, so etwas Schönes hier lesen zu dürfen. Ich werde später auch Deinen zweiten Teil der Geschichte lesen, freu mich schon.

Federfuchser hat Folgendes geschrieben:
Ich nahm 'schlug', weil mir 'zog' zu schwach erschien. Ich wollte zum Ausdruck bringen, dass der Prot. plötzlich von der Andersartigkeit der Stadt ergriffen wird.


Ich verstehe Deine Entscheidung, was die Wahl der Formulierung "schlug" angeht, ich hätte allerdings die andere genommen, weil sie mir irgendwie "sympathischer" ist, es ist aber in diesem Fall eine Geschmacksfrage und wenn eine Formulierung nicht total an dem vorbei geht, was ausgesagt werden soll und tatsächlich gesagt wird, ist das ja in Ordnung. Und in diesem Fall ist ja beides möglich und wenn Dir dieses passender erscheint, dann ist es ja in Ordnung so.

Federfuchser hat Folgendes geschrieben:
Ich weiß nicht, wie das hier geht, sonst würde ich den Fehler verbessern.


Fehler verbessern kann man in einem Text nur, solange niemand danach geantwortet hat. Insofern kannst Du das jetzt nicht oben im Text verändern, nur eine überarbeitete Version einstellen und dann gibt es unter diesem Eingabefeld die Möglichkeit u.a. anzukreuzen, dass es eine überarbeitete Version eines Textes ist, so kann jeder, der Deinen Faden anklickt sehen, dass das die überarbeitete und aktuelle Version ist.

Federfuchser hat Folgendes geschrieben:
Liebe Grüße an euch beide.


Liebe Grüße zurück
Nina


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Beitrag24.02.2020 16:48
Re: Zwei Reiseskizzen - 2. Unheimliche Begegnungen der Dritten Art
von Nina
Antworten mit Zitat

Lieber Federfuchser,

ich habe mit Freude Deinen hier eingestellten 2. Teil gelesen. Ein bisschen fällt er ab im Vergleich zum ersten Teil. Dennoch gefällt auch dieser Teil mir sehr. Nun will ich durch den Text hindurch gehen und ein paar Anmerkungen dazu schreiben.

Federfuchser hat Folgendes geschrieben:
Haben Sie das schon mal erlebt: Ein paar harmlose Alltags-Ereignisse verdichten sich zu einem haarsträubenden Geschehen, dass Sie denken, unversehens in eine  Parallelwelt mit unheimlichen Mächten hineingeraten zu sein, die Ihnen zwar berkannt vorkommt. Die aber nicht wirklich die gewohnte ist?
   Mir erging es so...


Dieses Ansprechen von Lesern/innen, finde ich nicht angenehm. Zwar lese ich Deine Geschichte gern, doch ich möchte dies in Ruhe tun, ohne dass Du mich ansprichst. Du da, ich hier. Bitte Leser/innen lesen lassen und nicht ansprechen.
Ich denke, Du kannst diesen Einstieg auch ohne diese Ansprache schreiben, einfach komplett weglassen, denn im nachfolgenden beschreibst Du ja, was Du bzw. der Ich-Erzähler, gelesen und erlebt hat. Wenn man es liest, kann man ja selbst auf diese Gedanken kommen, die Du hier in der direkten Ansprache formulierst. Meines Erachtens braucht es die nicht. Der Einstieg in dieses Kapitel kann direkt mit dem Folgenden beginnen.


Federfuchser hat Folgendes geschrieben:
   Es war in dem Jahr mit dem ungewöhnlich langen und trockenen Sommer.


Da würde ich empfehlen einfach, zur genaueren Orientierung, das Jahr tatsächlich anzugeben.

Federfuchser hat Folgendes geschrieben:
Die Astronauten der europäischen Raumstation funkten unglaubliche Bilder zur Erde.


Was meint der Ich-Erzähler mit "unglaublichen" Bildern? Das wird nicht klar. Es könnten ein, zwei Sätze folgen, was damit gemeint ist. Unglaublich, ist das überhaupt das richtige Wort?


Federfuchser hat Folgendes geschrieben:
Schon Ende Juni lag Norddeutschland gelb und ausgedörrt, gleichsam erstarrt, unter der wolkenlosen Lufthülle, nur von graugrünen Waldflecken durchsetzt. Das Wasser wurde allmählich knapp. Der Fährbetrieb auf der Elbe musste eingestellt werden, die Kraftwerke am Rhein konnten nicht mehr richtig kühlen, und die große BASF bekam nicht mehr genug Nachschub für ihre Produktion, weil die Lastkähne auf Grund liefen.
   Ein rechter Katastrophensommer.


Ich mag Deine Art zu beschreiben. Sehr schön, leicht und bildhaft.


Federfuchser hat Folgendes geschrieben:
  Ich erzähle das, weil man sonst nicht verstehen kann, warum mich ein paar an sich harmlose Naturschauspiele so mitnahmen.


Das kann m.E. ersatzlos gestrichen werden, denn im Folgenden beschreibst Du ja, was geschieht bzw. geschehen ist und welche Wirkung es auf Dich bzw. den Erzähler hatte.


Federfuchser hat Folgendes geschrieben:
   In diesem Jahr also – es war Anfang Mai, und die Wiesen und Rasenplätze begannen schon gelb zu werden – radelte ich den Elberadwanderweg von Dömitz nach Havelberg hinauf. Dort nahm ich Quartier in einer etwas abseits gelegenen Unterkunft unten in der Elbaue.


Sehr schöne Beschreibung auch hier. Ich mag auch diese Formulierung sehr: Dort nahm ich Quartier. Quartier ist ein schönes Wort.


Federfuchser hat Folgendes geschrieben:
   Ich will mich jetzt nicht in Einzelheiten verlieren. Was ich berichten will ist folgendes:


Hier vertraut m.E. der Erzähler seinem eigenen Text und Erzählen nicht. Warum will er sich nicht in Einzelheiten verlieren? Das ist schade! Ich möchte nämlich wissen, was er gesehen, erfahren und erlebt hat, deshalb lese ich es ja.
Und "was ich berichten will ist folgendes" kann auch gestrichen werden, weil Du ja im Folgenden berichtest, es also diese Ankündigung nicht braucht. Ergo: Ersatzlos streichen, beides.


Federfuchser hat Folgendes geschrieben:
  Als ich mich abends zur Ruhe legte, begann draußen das Konzert der Frösche, und zwar in einer Lautstärke, wie ich sie bis dahin noch nie erlebt hatte. Ich stand wieder auf und trat auf die Terrasse. Es war unbeschreiblich.


Schön, auch dies. Doch das "wieder" braucht es nicht, weil der Erzähler ja vorher noch nicht aufgestanden ist, also sich das "wieder" nicht erklärt. Es kann gestrichen werden. Auch das "es war unbeschreiblich", weil Du es ja im Folgenden erzählst, Dir damit quasi selbst widersprichst, weil Du es ja doch erzählst und beschreibst. Ergo: Gleich hinein in den nächsten Abschnitt.

Federfuchser hat Folgendes geschrieben:
Aus mehreren Tümpeln lieferten sich die Tiere einen regelrechten Sängerwettstreit. Es hörte sich an, als wollte jeder Tümpel den anderen in Gesangeslust überbieten. Da knurrte und knarrte es bedrohlich, dort läuteten verhalten zarte Glöckchen, hier erscholl ein lautes Quak-Quak, dann wieder ein mundartlich gefärbtes Quork-Quork, und immer wieder ein vereinzeltes, tiefes Dong. Es muss die Stimme des Dirigenten gewesen sein, der die ganze Bande im Takt hielt. Nie hätte ich geglaubt, dass Frösche und Kröten solch einen Höllenlärm machen können.


Auch das hier sehr schön erzählt, so dass ich es hören und miterleben kann. Der letzte Erklärsatz: "nie hätte ich geglaubt", kann gestrichen werden, weil Du schon oben erzählt hattest, dass Du das noch nie erlebt hast. Höllenlärm finde ich außerdem nicht passend in dem Zusammenhang, aber wenn es gestrichen ist, braucht es ja kein anderes dafür.


Federfuchser hat Folgendes geschrieben:
   Plötzlich war, wie auf ein geheimes Kommando hin, das Konzert beendet. Doch die Ruhe währte nur kurz. Es schien nur eine Generalpause zu sein, denn schon erklangen einzelne schüchterne Stimmen, und dann brach das Spektakel, lauter und herrlicher als zuvor, von neuem los.


Sehr schön.


Federfuchser hat Folgendes geschrieben:
     Ich lauschte fasziniert. Es war eine völlig andere Welt, in die ich da hineinhörte. Diese Tiere handelten nach einem Plan, den ich nicht verstand. Unbegreiflich, aber doch real.
   Nun gut, sagen Sie. Das mag zwar beeindruckend gewesen sein, aber nicht sonderlich aufregend, und nichts, um daraus eine Geschichte zu machen.
   Ich denkee doch.


Hier machst Du das wieder mit dem Ansprechen, auch hier würde ich das ersatzlos streichen. Was mich außerdem stört ist, dass der Erzähler wieder seiner Geschichte nicht traut. Das ist nicht gut. Der Erzähler soll erzählen und mir überlassen, wie weit ich ihm folgen möchte. Insofern: Streichen! Ersatzlos. Den nächsten Satz müsstest Du dann entsprechend anpassen.

Federfuchser hat Folgendes geschrieben:
  Da war nämlich noch ein anderes Geräusch, ein feines Wimmern oder Jammern, das über dem Quakkonzert lag. Es schien von weiter weg zu kommen und klang wie das Singen von Telefondrähten, durch die der Wind geht, nur unheimlicher.
  Noch während ich diese Möglichkeit überlegte, sah ich ein, dass sie nicht stimmen konnte. Zwar kratzte tatsächlich in etwa fünfhundert Metern Entfernung eine Telefonleitung einen dünnen Strich in den Abendhimmel, doch es herrschte zu diesem Zeitpunkt absolute Windstille. Begierig darauf, die Ursache dieser Sphärenklänge zu ergründen, setzte ich mich in Bewegung.


Sehr schöne Beschreibungen.


Federfuchser hat Folgendes geschrieben:
   Um es kurz zu machen,


Nicht machen! Ich möchte doch wissen, lesen und hören - nicht kurz machen. Einfach weiter erzählen und diesen Halbsatz streichen. Es klingt, als würde der Erzähler sich selbst nerven mit seinen Beschreibungen, aber das tut er nicht. Also mich nervt er nicht, zumindest nicht mit dem Erzählen und Beschreiben. Ich möchte nur nicht beim Lesen direkt angesprochen und etwas gefragt werden; ich möchte, dass der Erzähler einfach weiter erzählt, was er erlebt hat.


Federfuchser hat Folgendes geschrieben:
  es kam aus einem fast vollständig von blühenden Seerosen bedeckten Teich, und nun war mir auch klar, wer da so erbärmlich jammerte: Es waren Unken. Noch nie zuvor hatte ich Unkenrufe gehört, deshalb kam ich erst darauf, als ich vor dem Teich stand. Jetzt war mir auch klar, warum man nicht 'unken' soll, und warum Unkenrufe angeblich Unheil ankündigen. Es hörte sich an wie das Gejammer hunderter kleiner Kinder, die den Verlust ihrer Eltern beweinen.


Sehr schöne Beschreibungen und ich finds gut, dass Du Unken hier auch so bildhaft beschrieben hast, dass ich nachvollziehen kann, wie es war bzw. ist. Denn ich kenne mich mit Unkenrufen bislang nicht aus, d.h. wie sie klingen, jetzt, nach Deiner Erläuterung kann ich mir darunter etwas vorstellen.

Federfuchser hat Folgendes geschrieben:
Mir kam es vor wie eine unheimliche Begegnung der Dritten Art.


Den Satz würde ich streichen.


 
Federfuchser hat Folgendes geschrieben:
  Anscheinend hatten die Unken mein Kommen bemerkt, denn das Gejammer brach jetzt ab. Ich stand bewegungslos, begierig, noch mehr von der Tragödie, die da gerade gesungen wurde, zu erfahren. Tatsächlich erhob nach einiger Zeit ein Vorsänger seine Stimme, und nach und nach stimmten die anderen mit ein.
   Mittlerweile war es fast dunkel geworden. Eine Wolkenbank hatte sich vor das Abendrot geschoben und verstärkte noch die unheimliche Wirkung. Auf dem Rückweg kam ich an einen Kasten mit öffentlichen Bekanntmachungen vorbei.


Sehr schön.

Federfuchser hat Folgendes geschrieben:
  Ich blickte hinein. Ein Schmierfink hatte etwas auf die Scheibe gekritzelt. Ich entzifferte:


Hier würde ich ein paar Worte streichen und nur den einen wesentlichen Satz stehen lassen, der da lautet: "Ein Schmierfink hatte (dort) etwas auf die Scheibe gekritzelt".
Alles andere ist überflüssig und erklärt sich von selbst.


Federfuchser hat Folgendes geschrieben:


                                                                         Abend

                                                                 einbrechendes dunkel                                                                                                                                                                                                                                                                                       
                                                                  der sterne gefunkel            
                                                                der unken gewimmer                
                                                                der lampe im zimmer
                                                                   vertrauter schein:
                                                                     behütetes sein

   Ich muss sagen: Kein schlechter Platz für die Veröffentlichung eines Gedichts, so ein öffentlicher Glaskasten. Und kein schlechtes Gedicht. Die Stimmung, in der ich mich befand, war gut getroffen.  


Das Gedicht gefällt mir. Ich bin nicht sicher, ob es diese Erklärsätze braucht? Nein. Ich würde sie streichen. Eine schlichte Beschreibung bzw. Aussage, warum dem Erzähler das Gedicht gefällt, würde mir reichen. "Das Gedicht beschrieb genau die Stimmung, in der ich mich befand." Alles andere würde ich weglassen.
 
                                                                       *
 
Federfuchser hat Folgendes geschrieben:
Als ich am anderen Vormittag um zehn Uhr aufbrach, herrschte schon brütende Hitze. Um nicht kochend vom Fahrrad zu fallen, beschloss ich gegen Mittag, eine Badepause einzulegen.
  Ein Wegweiser mit dem Hinweis:

                                                             Rudolsee 3 km

 wies den Weg, und bald war der See erreicht. Auf der vertrockneten Liegewiese legte ich meine Sachen ab; schon lief ich auf den Steg und setzte zum Sprung an. In diesem Moment sah ich sie, doch es war schon zu spät.
Vor dem Badesteg im Wasser schwammen drei dicke, widerlich aufgedunsene Karpfenleichen von unwahrscheinlicher Größe. Drumherum hatte sich bereits ein schillernder Hof gebildet, auf dem Wasser lag starker Verwesungsgeruch.
   Und in diesen Sud sprang ich hinein.


Schöne bildhafte Beschreibungen auch hier. Das einzige was mich hier stört ist, dass da steht, dass die Karpfenleichen eine "unwahrscheinliche" Größe hatten. Was soll das sein? Eine unwahrscheinliche Größe? Das ist nicht das richtige Wort, stimmts? Und wenn sie so übermäßig groß oder klein waren, wäre eine Angabe zur Orientierung hier hilfreich. Vielleicht ein Vergleich oder wie auch immer Du diese Größe definieren möchtest.


 
Federfuchser hat Folgendes geschrieben:
   Vielleicht mache ich mich lächerlich, wenn ich jetzt gestehe, dass ich für einen Moment damit rechnete, nur noch als Wasserleiche aus dem See gefischt zu werden.


Dieses "vielleicht mache ich mich lächerlich", würde ich weglassen. Ich würde es als Aussage stehen lassen (á la: "Ich gestehe, dass ich für einen Moment damit rechnete usw.") und der Leser/in kann dann selbst entscheiden, ob er/sie das lächerlich findet. Ich finde das übrigens nicht lächerlich.

  
Federfuchser hat Folgendes geschrieben:
   Die Unkenrufe, die toten Fische in dem sterbenden See, das verdorrte Gras, die abartige Hitze – all das verdichtete sich in meiner Fantasie zu einer apokalyptischen Vision. Sie verstärkte sich noch, als ich später über die Brücke bei Dömitz fuhr. Tief unten die schon stark geschrumpfte Elbe, über mir eine gnadenlose Sonne, am Horizont, schwarz und drohend, eine Gewitterfront,


Nach Gewitterfront würde ich einen Punkt setzen und den Satz also da enden lassen.


Federfuchser hat Folgendes geschrieben:
die Erinnerung an das Gehörte und Gesehene – ich war fest davon überzeugt, unversehens in eine Parallelwelt hineingeraten zu sein, der bekannten zwar ähnlich, aber von unheimlichen Mächten beherrscht.
 War es da ein Wunder, dass ich damit rechnete, die Brücke könnte sich im nächsten Moment in Luft auflösen, und ich würde in die Tiefe stürzen?
    Ich legte noch einen Zahn zu und war froh, als die Brücke hinter mir lag.   
    Immer noch kein Stoff für eine Geschichte?


Diese Gedanken mit dem Paralleluniversum würde ich kürzen. Vielleicht so: (ohne Erinnerung usw.) "Es kam mir vor, als hielte ich mich in einem Paralleluniversum auf. War es da ein Wunder, dass ich befürchtete, die Brücke könne sich im nächsten Moment in Luft auflösen und ich würde in die Tiefe stürzen?"
Daran anschließend einfach weiter mit dem Zahn-Satz schreiben. Und bitte auch hier den Fragesatz: "Immer noch kein Stoff für eine Geschichte?" ersatzlos streichen. Wenn mich die Geschichte nicht interessieren würde, hätte ich nicht bis hierhin gelesen. Der Erzähler muss sich also weder rechtfertigen noch erklären, sondern einfach weiter erzählen.

Puh, das war jetzt reichlich, gründlich und ausführlich. Ich schick Dir später die Rechnung. *lach*.
Welchen Umfang hat die gesamte Erzählung?

Liebe Grüße
Nina


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Beitrag25.02.2020 13:59
An Nina
von Federfuchser
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Hallo Nina,

womit habe ich es verdient, dass sich jemand so gründlich um meine Texte kümmert? Und auch noch mit so klugen Bemerkunken, die ich alle sehr ernst nehme? Dank, Dank, Dank!

Zitat von Nina:
 Ich denke, Du kannst diesen Einstieg auch ohne diese Ansprache schreiben, einfach komplett weglassen...

Das eben macht die Kunst aus: Alles Unnötige weglassen, um zum Wesentlichen vorzustoßen... Wie sagte doch der schwarze Holzschnitzer? Er sagte: Der Elefant steckt schon drin, ich muss nur alles überflüssige Holz wegschnitzen. Gut, vielleicht habe ich noch nicht alles Überflüssige weggeschnitzt, aber ich denke, der Elefant ist schon zu erkennen. In meinem Fall ist es die verdeckte Wirklichkeit, die sich hinter dem Real-Trivialen verbirgt. Deshalb war ich so sparsam mit dinglichen Beschreibungen, denn die nackte Realität interessiert mich nicht. Und auch, weil ich die Geschichten kurz halten wollte. Aber deiner Aufforderung, mehr zu erzählen, komme ich an anderer Stelle gerne nach.   
Dir gefällt diese Ansprache nicht. Akzeptiert. Ich wollte dadurch eine persönliche Beziehung zum anonymen Leser herstellen, ihn durch die persönliche Ansprache interessiert machen... Aber womöglich hast du Recht, klingt vielleicht zu sehr nach Anmache. Würde trotzdem dazu noch gerne eine andere Meinung hören.

Zitat:
Was meint der Ich-Erzähler mit "unglaublichen" Bildern? Das wird nicht klar. Es könnten ein, zwei Sätze folgen, was damit gemeint ist. Unglaublich, ist das überhaupt das richtige Wort?

Ein, zwei Sätze mehr - okay. Stehen übrigens im Original, sind dem Schnitzmesser zu Opfer gefallen. Nun ja, unglaublich... Wenn ich jemandem, der es nicht miterlebt hat, heute erzähle, dass Norddeutschland damals aussah wie ein Land der Sahelzone in der Trockenzeit, würde er es glauben?

Zitat
Ich mag Deine Art zu beschreiben. Sehr schön, leicht und bildhaft.

Macht mich glücklich und gibt mir die Kraft, weiterzuschreiben, auch wenn´s manchmal schwerfällt.

Zitat:
Doch das "wieder" braucht es nicht, weil der Erzähler ja vorher noch nicht aufgestanden ist

Aber er hat gelegen.
Er legte sich hin und stand wieder auf. Er legte sich hin und stand auf. Ich denke, das 'wieder' deutet eine gewisse Zeitspnanne an. ?Oder?

Zitat:
Nicht machen! Ich möchte doch wissen, lesen und hören - nicht kurz machen. Einfach weiter erzählen und diesen Halbsatz streichen. Es klingt, als würde der Erzähler sich selbst nerven mit seinen Beschreibungen, aber das tut er nicht. Also mich nervt er nicht, zumindest nicht mit dem Erzählen und Beschreiben. Ich möchte nur nicht beim Lesen direkt angesprochen und etwas gefragt werden; ich möchte, dass der Erzähler einfach weiter erzählt, was er erlebt hat.

Alles mit Freuden akzeptiert!

Zitat:
 Ich schick Dir später die Rechnung.

Hoffentlich kann ich sie bezahlen (keuch)!
 
Zitat:
Welchen Umfang hat die gesamte Erzählung?

Es handelt sich um 3 kl. Erzählungen, die dritte handelt von einem Haus, dass vor Einsamkeit zugrunde gegangen ist (Das tote Haus). Ich würde sie gerne im Uf 'Feedback' bringen. Allerdings weiß ich nicht, ob das schon angesagt ist, denn irgendwo in diesem Forum steht, ich soll mit meinen Texten nicht 'herumaasen'...

Liebe Grüße
Federfuchser


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Beitrag25.02.2020 14:04
An Cevin
von Federfuchser
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Hallo Cevin Hobbs,

ich auch nicht, aber jede Stimme zählt...


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Beitrag25.02.2020 14:10
PS
von Federfuchser
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Ich sehe gerade deine Bem. zum Fehlerverbessern. Ich werde eine Neufassung einstellen.

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Beitrag25.02.2020 18:41
Rev. Fassung
von Federfuchser
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Es war im Jahre 2018, dem Jahr mit dem legendären Sommer. Schon der Mai war ungewöhnlich heiß und trocken, die ausgedörrte Erde lechzte nach Regen. Die Krähen im Stadtpark ließen erschöpft die  Flügel hängen und schwiegen. Von der europäischen Raumstation ESA gelangten unglaubliche Bilder zur Erde. Schon Ende Juni lag Norddeutschland gelb und ausgedörrt, gleichsam erstarrt, nur von graugrünen Waldflecken durchsetzt, unter der wolkenlosen Lufthülle. Das Land sah von oben aus wie ein Stück Sahelzone in der Trockenzeit. In Nordfriesland stiegen die Mittagstemperaturen im August auf sagenhafte zweiunddreißig Grad. Nun gut, einige Leute freute das, andere hingegen wieder nicht. Nach so vielen verregneten Sommern endlich mal ein ordentlicher, sagten viele und packten fröhlich Picknickkorb und Badehosen ein. Die Ernte vertrocknet auf den Feldern, klagten andere mit finsteren Mienen und rechneten den Politikern schon die zu erwartenden Verluste vor. Fakt war: Das Wasser wurde allmählich knapp. Der Fährbetrieb auf der Elbe musste eingestellt werden, die Kraftwerke am Rhein konnten nicht mehr richtig kühlen, und die große BASF bekam nicht mehr genug Nachschub für ihre Produktion, weil die Lastkähne auf Grund liefen.
   Ein rechter Katastrophensommer.

   In diesem Jahr also – es war ende April, die Wiesen und Rasenplätze begannen schon gelb zu werden – radelte ich den Elberadwanderweg von Dömitz nach Havelberg hinauf. Der Weg ist bequem zu befahren, gut befestigt und über weite Strecken sogar asphaltiert, und die Landschaft großartig. In Havelberg nahm ich Quartier in einer etwas abseits gelegenen Unterkunft unten in der Elbaue.
    Als ich mich abends wohlig erschöpft zur Ruhe legte, begann draußen das Konzert der Frösche, und zwar in einer Lautstärke, wie ich sie bis dahin noch nie erlebt hatte. Ich stand auf und trat auf die Terrasse. Es war unbeschreiblich. Aus mehreren Tümpeln lieferten sich die Tiere einen regelrechten Sängerwettstreit. Es hörte sich an, als wollte jeder Tümpel den anderen in Gesangeslust überbieten. Da knurrte und knarrte es bedrohlich, dort läuteten verhalten zarte Glöckchen, hier erscholl ein lautes Quak-Quak, dann wieder ein mundartlich gefärbtes Quork-Quork, und immer wieder ein vereinzeltes, tiefes Dong-Dong. Es muss die Stimme des Dirigenten gewesen sein, der die ganze Bande im Takt hielt. Nie hätte ich geglaubt, dass Frösche und Kröten solch einen faszinierenden Lärm machen können.
   Plötzlich war, wie auf ein geheimes Kommando hin, das Konzert beendet. Doch die Ruhe währte nur kurz. Es schien nur eine Generalpause zu sein, denn schon erklangen einzelne schüchterne Stimmen, und dann brach das Spektakel, lauter und herrlicher als zuvor, von neuem los.
   Ich stand fasziniert und lauschte. Es war eine völlig andere Welt, in die ich da hineinhörte. Diese Tiere handelten nach einem Plan, den ich nicht verstand. Unbegreiflich, aber er musste einen Sinn haben.   
   Doch da waren noch andere Töne, die, in dem Spektakel kaum wahrnehmbar, wie zarter Elfengesang über dem Froschkonzert lagen. Es klang wie ein feines Wimmern oder Jammern und schien von weiter weg zu kommen. Zunächst hielt ich es für das Singen von Telefondrähten, durch die der Wind geht, nur unheimlicher.
  Noch während ich diese Möglichkeit überlegte, sah ich ein, dass sie nicht stimmen konnte. Zwar kratzte tatsächlich in etwa fünfhundert Metern Entfernung eine Telefonleitung einen dünnen Strich in den Abendhimmel, doch es herrschte zu diesem Zeitpunkt absolute Windstille. Begierig darauf, die Ursache dieser Sphärenklänge zu ergründen, setzte ich mich in Bewegung. Bald kam ich an einen fast vollständig von blühenden Seerosen und struppigen Binsenbulten bedeckten Teich, und nun war mir auch klar, wer da so erbärmlich jammerte: Es waren Unken, hunderte, tausende von Unken. Noch nie zuvor hatte ich derartige Laute vernommen! Deshalb kam ich erst darauf, als ich an dem Teich stand und fasziniert in dass blühende Wirrwarr starrte. Unkenrufe! Jetzt war mir auch klar, warum man nicht 'unken' soll, und warum Unkenrufe nach fester Meinung der Großmutter Unheil ankündigen. Unkenrufe! Es hörte sich an wie das Gejammer tausender kleiner Kinder, die den Verlust ihrer Eltern beweinen. Und das Gespenstige war: Nicht ein einziges dieser Tiere war zu sehen! Zwar platschte es hier und da, ein Seerosenblatt bewegte sich, eine Binse bog sich, aber von den Sängern - nichts! Wieder hatte ich das unbedingte Gefühl, in eine andere Welt hineinzuhorchen, in eine Welt, in der ich nicht willkommen war.
   Anscheinend hatten die Unken mein Kommen bemerkt, denn das unheimliche Gejammer brach schlagartig ab. Ich stand bewegungslos, begierig, noch mehr von der Tragödie, die da gerade gesungen wurde, zu erfahren. Tatsächlich erhob nach einiger Zeit ein Vorsänger seine Stimme, und nach und nach stimmten die anderen mit ein.
   Mittlerweile war es fast dunkel geworden. Eine Wolkenbank hatte sich vor das Abendrot geschoben und verstärkte noch die unheimliche Wirkung. Auf dem Rückweg kam ich an einen Schaukasten vorbei. Ich blickte hinein: Amtliche Bekanntmachungen. Unter anderem die Ankündigung der Bekämpfung des Eichenblattwicklers mit chemischen Mitteln. Die Bevölkerung wurde aufgefordert, sich in den nächsten Tagen von den Alleen fern zu halten. Giftige Chemie im Paradies... Ein Schmierfink hatte etwas auf die Scheibe gekritzelt. Ich entzifferte:

                                                                         Abend

einbrechendes dunkel
der sterne gefunkel
der unken gewimmer
der lampe im zimmer
vertrauter schein:
behütetes sein

   Nicht schlecht, das Gedicht, dachte ich. Die Stimmung, in der du dich befindest, ist gut getroffen.  
 
                                                                       *
  Als ich am anderen Vormittag, nach reichhaltigem Frühstück, gegen zehn Uhr aufbrach, herrschte schon brütende Hitze, wie man sie in unseren Breiten eher im August erwartet – wenn überhaupt. Die Sonne strahlte, als bekäme sie es bezahlt. Um nicht kochend vom Fahrrad zu fallen, beschloss ich gegen Mittag, eine Badepause einzulegen.
  Ein Wegweiser mit dem Hinweis:

                                                             Rudolsee 3 km

 wies den Weg, und bald, an ausgetrockneten Gräben und knisternden Kiefern vorbei, war der See erreicht. Auf der verdorrten Liegewiese legte ich meine Sachen ab; schon rannte ich auf den Steg und setzte zum Sprung an. In diesem Moment sah ich sie, doch es war bereits zu spät.
Vor dem Badesteg im Wasser schwammen drei dicke, widerlich aufgedunsene Karpfenleichen  von – na gut, ich will nicht übertreiben, aber Geigenkastengröße besaßen sie gewiss. Drumherum hatte sich bereits ein eklig schillernder Hof gebildet, darüber lag starker Verwesungsgeruch.
   In diesen Sud sprang ich hinein.
   Es war nicht nur dieser Geruch von Tod und Verwesung, hundertfach verstärkt durch die Endzeitstimmung, die über dem verdurstenden Land lag. Mich verstörte auch die Tatsache, dass einige Badegäste in der apokalyptischen Brühe herumschwammen, anscheinen ohne sich daran zu stören. Warum war bisher niemand auf die Idee gekommen, die Wasserleichen wegzuschaffen? Denn die schwammen nicht erst seit vorhin da herum. Es wäre ein Leichtes gewesen!
   In einer entfernten Badebucht säuberte ich mich so gut es ging, kleidete mich an und radelte davon.
   Was war das?, ging es mir durch den Kopf, bist du, ohne es zu merken, vom richtigen Weg abgekommen und unversehens in einem zukünftigen Jahrhundert gelandet? In eine Zeit hinein, in der Flüsse und Seen der überhitzten Erde zu stinkenden Kloaken geworden sind und die Menschen sich daran gewöhnt haben?
   Die Unkenrufe, die toten Fische in dem sterbenden See, das verdorrte Gras, die abartige Hitze – all das verdichtete sich in meiner Fantasie zu einer apokalyptischen Vision. Diese Traumgebilde verfolgte mich noch, als ich später über die Brücke bei Dömitz fuhr. Tief unten die schon stark geschrumpfte Elbe, über mir eine gnadenlose Sonne, am Horizont, schwarz und drohend, eine Gewitterfront – war es da ein Wunder, dass ich damit rechnete, die Brücke könnte sich im nächsten Moment in Luft auflösen, und ich würde in die Tiefe stürzen?
   Ich legte noch einen Zahn zu und war froh, als sie endlich hinter mir lag.


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