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Die beste aller Regierungen Vorsicht: Satire


 
 
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Orschi
Geschlecht:männlichWortedrechsler


Beiträge: 70
Wohnort: Baden (bei Karlsruhe/Rhein)


Beitrag17.02.2020 14:05
Die beste aller Regierungen Vorsicht: Satire
von Orschi
eBook pdf-Datei Antworten mit Zitat

Was würde denn passieren, wenn die Regierung exakt das täte, was das Volk will?
Was hätten wir denn dann für eine Gesellschaft?
Ich plotte mal meine Gedanken für ein "Großexperiment" hier rein und würde mich freuen, wenn ich den Jubel aller  ...
Ne.
Also Folgendes:
Wie das Volk denkt wissen wir aus repräsentativen Umfragen. Die Technik und Mathematik dieser Umfragen ist bestens erforscht.
Man hat Umfragen in der Politik bereits etliche Male zur Grundlage wegweisender Entscheidungen gemacht.
In Deutschland beispielsweise bei der Entscheidung, aus der Atomkraft auszusteigen. Mehr als zwei Drittel der Bevölkerung wollen und wollten das, es war politisch kein Risiko mit dem Ausstieg verbunden - eher umgekeht: Gegen zwei Drittel der Bevölkerung an der Kernkraft festzuhalten, wäre auf Dauer beunruhigend.

Tacheles:
56% (ich nehme mal Deutschland) wollen keinen Zuzug von Ausländern mehr (Stand 2018).
60% wollen die Abschiebung aller Flüchtlinge, die nicht unmittelbar in Lebensgefahr sind. Insbesondere Nordafrikaner und Zuwanderer aus der Subsahel-Zone finden wenig Verständnis.
Über 60% wollen härtere Strafen für: Sexualstraftäter (insbesondere bei Kindesmissbrauch), Clankriminalität ....
Übrigens will auch eine knappe Mehrheit von 52% ein Tempolimit auf der Autobahn.
Soweit tickt der Einwohner hier, Deutsche und Ausländer, die schon rund 6 Jahre in Deutschland leben, ticken übrigens ziemlich gleich in allen Fragen. Nur die ostdeutschen Länder weichen in manchen Fragen ... ist aber egal (aber "signifikant").
Migranten, die mit Schlauchbooten das Mittelmeer (illegal, wie sonst) überqueren wollen, werden von 60% abgelehnt (eine Zahl, die mit Abstand zum Mittelmeer deutlich abnimmt, beispielsweise Finnland ... lassen wir den schwarzen Humor).
Die Nimby-Haltung (not.in.my.back.yard - nimby) wird zur "Staatsraison": Die Leute wollen keine Dunkelhäutigen, Vorderasiaten, russisch Sprechende, Windräder, Hochspannungsleitungen, Kindergärten, in direkter Nachbarschaft - man wünscht demnach: Ghettos oder vielleicht milder ausgedrückt "Zonen sozialer Ähnlichkeit".

Fiktion: Das Land der Glückseligkeit   (Plot)

Rahmen (nicht die story):

Ich stelle mir nun eine "Experten-Regierung" vor, die nichts anderes macht, als das auszuführen, was eine technisch-raffinierte Volksbefragung
(sagen wir mal 5000 Personen über 18 werden anhand der Steuer-ID-Nummer (dann sind auch Nichtdeutsche mit erfasst) bestimmt und sind bei Strafandrohung gezwungen, ihre Meinung kund zu tun. Immer in "Ja" oder "Nein"-Kategorien) herausfindet.
Parteien werden abgeschafft. Moscheen geschlossen, Imame sofort in unbefristetes Abschiebegewahrsam genommen (sie dürfen dann nach ein bis zwei Jahren CO²-neutrale Deportationszüge in die Türkei begleiten).
Tempolimit wird sofort eingeführt. Kohlekraftwerke , Gaskraftwerke sofort stillgelegt. Massentierhaltung wird verboten. Heizen mit Heizöl und Gas wird verboten: CO² !  

Die Flughäfen und Grenzen müssten gesperrt werden : Mit ausländischem Pass kann nur einreisen, wer durchreist oder kurz bleibt.
Sonderbahnhöfe auf offener Strecke werden an Ausweichgleise gebaut, in denen nachts (um den Verkehr nicht aufzuhalten und um das Klima zu schonen) die geforderten Deportationszüge beladen und über die Grenzen geschickt werden - allerdings in verplombten Waggons, da die Nachbarländer die Züge nicht anhalten lassen. Sagen wir mal sie müssen alle Richtung Kasachstan rollen. Luflinie 2100km, 72 Stunden Rollzeit, Tag und Nacht. Dann halten die Züge in irgendeiner gottverlassenen Gegend, jeder bekommt einen Schlafsack, 2 Flaschen Wasser (Glas-Mehrweg) und 200€. 2000 Sonderzüge a je 1000 Personen müssten in wenigen Monaten zu schaffen sein, um dem Willen des Volkes einstweilen zu genügen.
Gleichzeitig werden massenhaft riesige Gefängnisanlagen gebaut, um die härteren Gesetze durchführen zu können. Die alten Braunkohlegruben werden mit weiteren Gebäuden, Baracken und Stacheldraht zu "ökologischen Resozialisierungs (Umerziehungs-)-Camps" (78% fanden das gut so   rein fiktiv)
Die in der Volksbefragung "besonders strafwürdigen Taten" (Kindesmissbrauch mit und ohne Todesfolge, Polizistenmord, Ehrenmord, Terror ...) müssen im Rahmen einer besonderen Behandlung das "gesunde Rechtsempfinden" befrieden - nicht "befriedigen" . Nur katholische Prieser bekommen Erleichterungen (ich behaupte mal 54% möchten da "Milde walten lassen").
Die Bundeswehr, Marine insbesonder, wird mindestens verdoppelt, um die Außengrenzen "robust" zu schützen: Aus sicherer Entfernung versenken die "Volksdrohnen" die überfüllten Schlauchboote und werfen (natürlich zu wenig) Schwimmwesten ab.  Um das unappettitliche Antreiben von Leichen zu verhindern, wird um die griechischen Inseln ein Sperrgürtel aus Kunststoff ... (oh, sorry, das wird ja schon geplant).
Ghettos müssen eingerichtet sein, Stacheldraht und Bundeswehr könnten da irgendwie eine Sicherheitslücke ... je nun. Es gilt natürlich Widerstände zu brechen, weil die Minderheit ja nicht immer grundsätzlich erfreut ist über das, was ihnen die Mehrheit aufdrückt.

Der oben genannte Rahmen kann natürlich beliebig ins Absurde verzerrt werden.
So könnten auch Demonstrationen einfach verboten werden, wenn die Regierung schon in der Richtung tätig ist ODER die Mehrheit eine andere Auffassung hat. Wenn beispielsweise "Klimanotstand" herrscht, wäre eine Demonstration, die Maßnahmen wie "Klimanotstand" fordert, als sozial unerwünschtes Verhalten strafbar  (*fg*) .

Gesellschaftsform:
Unter der Dominanz einer "Expertenregierung" (mit unumschränkten Vollmachten) bei Abschaffung von Parteien und ähnlichem (also Gleichschaltung (alle in sind in der "freien ökologischen Volksbewegung") herrscht ein strammer Ständestaat. Zugang zu einem Stand erlaubt nur der jeweilige Expertenstand oder man wird hineingeboren . Außerhalb des Standes gibt es keine Existenzberechtigung. Gut, das ist zur jetzigen Gesellschaft auch kein großer Unterschied.

Story-Plot:

Zwei Jugendliche verschiedener Stände, sagen wir mal Romeo und Julia, verlieben sich über den Ghetto-Zaun hinweg und stellen durch ihre Liebe das System in Frage.
Sie finden den Weg in einen heimlichen Widerstand, der sich irgendwo im Darknet trifft und versucht, die brutalsten Umfragen technisch zu manipulieren.
Dabei stellt sich Ihnen alles in den Weg, aber sie halten zusammen, reifen, überwinden erst sich , dann sonstnochwas.
Sie fliehen, merken aber, dass auswandern nichts verändert, kehren um ... Und so weiter.
Am Ende findet jemand ein geheimnisvolles Buch, bedrucktes Papier, das einen neuen Weg .... Very Happy[/b]

Weitere Werke von Orschi:
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Gast







Beitrag17.02.2020 16:02

von Gast
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Hallo Orschi,

liest sich ehrlich gesagt wie eine von einem Algorithmus erzeugte Dystopie Wink.

Übliches Schema: Kalte herzlose totalitäre Gesellschaft mit aussortierten Opfern, von denen sich eines oder zwei aufmachen, das System zu bekämpfen (natürlich unterstützt von den Macht der Liebe, gewinnt Lesergruppen). Haben wir nur ungefähr gefühlte Zwanzigtausend Mal gelesen, nur jeweils mit an aktualisierten technischen Entwicklung angepasste Unterdrückungsszenarien. Nichts Neues, außer der Art der Unterdrückung.

Oder entgeht mir da was?

Was ist daran satirisch?

Grüssle RAc
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Gast







Beitrag17.02.2020 17:19

von Gast
Antworten mit Zitat

Du schreibst in deinem Text, was das "Volk" will. Was du aber leider übersiehst: Was der überwiegende Teil der Gesellschaft will, wird ihr durch Meinungsmache eingebläut. Warum wollen die Leute keine Ausländer? Weil ihnen Angst gemacht wird. Was die Gesellschaft also will, wissen wir gar nicht. Dazu müsste der Großteil erst einmal in der Lage sein, eigene, ungetrübte Gedanken zu fassen. Deswegen bin ich auch kein Fan der Direkten Demokratie - es würde nur noch mehr Meinungsmache stattfinden. Und was Umfragen betrifft, so muss man diese mit Vorsicht genießen und sich ansehen, wer diese in Auftrag gibt - Umfragen divergieren nämlich stark.

Freundliche Grüße
Meinungsfreiheit
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Kiara
Geschlecht:männlichReißwolf

Alter: 44
Beiträge: 1404
Wohnort: bayerisch-Schwaben


Beitrag17.02.2020 17:38

von Kiara
Antworten mit Zitat

Mich hat noch niemand zu einer Umfrage gefragt Embarassed Kenne auch keinen, der schon mal gefragt wurde, wenn es heißt, XY % der Deutschen wollen XY. Eigenartig, das.

_________________
Zum Schweigen fehlen mir die Worte.

- Düstere Lande: Das Mahnmal (2018)
- Düstere Lande: Schatten des Zorns (2020)
- Düstere Lande: Die dritte Klinge (2023)
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Rübenach
Geschlecht:männlichExposéadler
R


Beiträge: 2836



R
Beitrag17.02.2020 18:24

von Rübenach
Antworten mit Zitat

Kiara hat Folgendes geschrieben:
Mich hat noch niemand zu einer Umfrage gefragt Embarassed Kenne auch keinen, der schon mal gefragt wurde, wenn es heißt, XY % der Deutschen wollen XY. Eigenartig, das.


Ich bin schon mal gefragt worden. Muss Anfang der 90er gewesen sein. Zuerst Fragen zu Alter, Geschlecht, Beruf, Einkommen ...
Dann die erste (politische) Frage:

Sind Sie für das geltende Asylrecht?  - Ja. (Das war vor der Verschärfung 1992)

In Ihrer Nachbarschaft soll ein Wohnheim fpr Asylanten gebaut werden. Sind Sie dafür oder dagegen?   Dafür.

Damit hatte ich die Interviewerin wohl verwirrt, denn sie fragte sehr spontan: Wieso das denn?

Ich hab dann aufgelegt.


_________________
"Vielleicht sollten mehr Leute Schreibblockaden haben." Joy Williams
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Constantine
Geschlecht:männlichBücherwurm


Beiträge: 3311

Goldener Sturmschaden Weltrettung in Bronze


Beitrag17.02.2020 20:43

von Constantine
Antworten mit Zitat

Rübenach hat Folgendes geschrieben:
Ich bin schon mal gefragt worden. Muss Anfang der 90er gewesen sein. Zuerst Fragen zu Alter, Geschlecht, Beruf, Einkommen ...
Dann die erste (politische) Frage:

Sind Sie für das geltende Asylrecht?  - Ja. (Das war vor der Verschärfung 1992)

In Ihrer Nachbarschaft soll ein Wohnheim fpr Asylanten gebaut werden. Sind Sie dafür oder dagegen?   Dafür.

Damit hatte ich die Interviewerin wohl verwirrt, denn sie fragte sehr spontan: Wieso das denn?

Ich hab dann aufgelegt.


Sich kaputt lachen Daumen hoch
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Orschi
Geschlecht:männlichWortedrechsler


Beiträge: 70
Wohnort: Baden (bei Karlsruhe/Rhein)


Beitrag18.02.2020 12:35

von Orschi
pdf-Datei Antworten mit Zitat

[quote="Rübenach"]
Kiara hat Folgendes geschrieben:
Mich hat noch niemand zu einer Umfrage gefragt Embarassed Kenne auch

Sind Sie für das geltende Asylrecht?  - Ja. (Das war vor der Verschärfung 1992)

In Ihrer Nachbarschaft soll ein Wohnheim fpr Asylanten gebaut werden. Sind Sie dafür oder dagegen?   Dafür.


 Very Happy

Natürlich sind all diese Geschichten trivial, Flucht, Widerstand, Niederlage.

Witzig ist aber  doch: Das "Volk" könnten tun, was es wollte, bessere Krankenversicherung, anständige Altersversorgung, Schule ...

Aber sie verjagen Ausländer, kürzen Sozialhilfe, bauen Ghettos, terrorisieren sich gegenseitig.

Ist das nicht das reine Paradies?

Okay, nur für die Mehrheit. Im Zweifelsfall sind 49% nicht so ganz happy.
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Gast







Beitrag18.02.2020 13:21

von Gast
Antworten mit Zitat

Orschi hat Folgendes geschrieben:


Natürlich sind all diese Geschichten trivial, Flucht, Widerstand, Niederlage.

Witzig ist aber  doch: Das "Volk" könnten tun, was es wollte, bessere Krankenversicherung, anständige Altersversorgung, Schule ...

Aber sie verjagen Ausländer, kürzen Sozialhilfe, bauen Ghettos, terrorisieren sich gegenseitig.

Ist das nicht das reine Paradies?

Okay, nur für die Mehrheit. Im Zweifelsfall sind 49% nicht so ganz happy.


Naja, um mal etwas "philosophisch" zu werden:

Meiner Überzeugung nach lässt sich durch Beobachtungen im Tierreich (das immerhin die gesamte Jahrmillionenalte Basis unseres menschlichen Erbes ist) 99% + x des menschlichen Verhaltens erklären, vorhersagen und auf Folgende Grundformeln zusammenfassen:

1. Ein Mensch denkt in Allererster Linie an sich selbst und sein bestmöglichsten Überleben in den Umständen, in die er hineingeboren wird.
2. In zweiter Linie versucht er, seinen direkten(!) Nachkommen einen möglichst guten Start ins eigenständige Leben zu verschaffen.
3. Er fühlt sich in seiner vertrauten Umgebung wohl und sieht Allem Anderen erstmal mit Misstrauen entgegen.
4. Er wird so gut wie nie damit zufrieden sein was er hat, sondern er wird immer nach mehr streben.
5. Er nimmt Alles, was er sich nicht selbst erarbeiten muss, als selbstverständlich und wertlos hin.

Mit ein bisschen Nachdenken ist aus diesen Beobachtungen heraus ein Paradies unmöglich. Jede Gesellschaft kann nichts Anderes sein als der Versuch, zwischen dem egoistischen Streben jedes Individuums und Konzepten wie einem "Gemeinwohl" (egal auf welcher Ebene) eine möglichst stabile Balance herzustellen.

Aber um zu deiner Idee zurückzukommen: Ich finde deine Ausgestaltung des "Mehrheitssystemes" etwas unbedacht dahingeworfen. Die Idee, dass eine einfache Mehrheit digital zwischen Ja und Nein Entscheidungen entscheidet, könnte zwar in Kulturkreisen wie den USA oder GB mit Ihren "winner takes all" Philosophien umgesetzt werden, aber nicht in Europa.

Dazu kommt: Dein Szenario ist nichts als eine Momentaufnahme des momentanen Stimmungsbildes. Aber ein Gesellschaftssystem, das so ein Stimmungsbild umsetzt, müsste das sehr dynamisch neu bestimmen und berechnen, und damit wäre so ein "Kastensystem" über Generationen heraus nicht konsistent. Was wäre also, wenn sich nach ein paar Monaten der Implementation deiner Ideen der Zeitgeist ändert und komplett neue Themen den öffentlichen Diskurs bestimmen?

So ein Buch würde m.M. nach eine neue und viel interessantere Dimension bekommen, wenn Du einen neuen Zeitgeist in ein paar Jahren erdenkst und schilderst, wie die "algorithmisierte Gesetzgebung" darauf reagiert.

Ich versuche auch immer noch herauszufinden, wo Du eine Satire siehst. Dystopien sind in aller Regel zu ernst, um satirische Elemente zu beinhalten.
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Gast







Beitrag18.02.2020 19:59

von Gast
Antworten mit Zitat

Wenn du eine Dystopie schreiben möchtest, dann befasse dich mit den Auswirkungen der Digitalisierung, mit dem Verlust der Zwischenmenschlichkeit und all jenen Leuten, die mangels Bildung auf der Strecke bleiben und irgendwann dahinter kommen, dass Maschinen jetzt ihren Beruf ausüben können, mit einer Jugend ohne Klassenbewusstsein etc.

Auch die Politik ändert sich massiv zum Negativen: Große Politiker (wie z.B. einen Helmut Schmidt, einen Kreisky) gibt es nicht mehr, stattdessen nur seichte, wissenschaftsfeindliche Phrasendrescher, die sich in Marketing auskennen, dafür aber nicht in der Philosophie.

Der Joke an der Sache: Für solch eine Dystopie braucht es kein Antizipationsvermögen. Wir wissen das. Und tanzen wie die Idioten im Kreis und klatschen dabei noch in die Hände. Es ist halt so schick.

Popolismus ist das Ersetzen von Gedanken durch oberflächliche Gefühle.
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Gast







Beitrag18.02.2020 20:00

von Gast
Antworten mit Zitat

Doppelpost.
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Gast







Beitrag18.02.2020 23:31

von Gast
Antworten mit Zitat

Zitat:


Auch die Politik ändert sich massiv zum Negativen: Große Politiker (wie z.B. einen Helmut Schmidt, einen Kreisky) gibt es nicht mehr, stattdessen nur seichte, wissenschaftsfeindliche Phrasendrescher, die sich in Marketing auskennen, dafür aber nicht in der Philosophie.



Hm, hier kommt wieder das typisch Deutsche "früher war Alles besser."

Nein. Mit Schmidt und Kreisky sind auch Strauss und Kohl verschwunden. Alles vier Individualisten und kantige... Alphatiere. Sehr tief war Herrn Schmidts Philosophie auch nicht, der ist erst im Alter weise geworden.

Ich möchte nicht mehr in der Zeit leben, in der diese Kontrahentenwegverbeisser egal welcher coleur die Politik dermassen bestimmt haben, so dass es links und rechts nichts mehr zum Dagegensein gab. Meine Jugend zu der Zeit war ätzend genug.

Früher war es genau so wenig besser oder schlechter als heute besser oder schlechter als die Zunkunft sein wird. Der Mensch wird sich nicht gross ändern, nur die Bedingungen, unter denen er lebt.

Noch eine Formel, die sich niemals ändern wird:

6. Der Mensch wird im Nachhinein seine Jugend als Paradies verklären, egal wieviel besser seine Lebensbedingungen später sind.
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Gast







Beitrag19.02.2020 00:45

von Gast
Antworten mit Zitat

Dass früher alles besser war, sage ich gar nicht. Den Menschen geht es finanziell besser, es ist sicherer geworden (auch wenn die Wahrnehmung eine andere ist), die Digitalisierung wird den Menschen körperlich entlasten, Lebenserwartung steigt.
Ich stelle all dem nur seinen Schatten gegenüber: schnelllebige Zeit lässt weniger Zeit zu echter Bildung, die Digitalisierung ist eine Gefahr für das Zwischenmenschliche und kostet Arbeitsplätze, der Wohlstand zerstört unseren Planeten.
Dass die Politik damals besser als heute war, darauf beharre ich. Viel unverschämter, seichter und unverfrorener sind die Politiker geworden. Schmidts Lieblingsbuch waren die Selbstbetrachtungen von Marc Aurel. Heute liest man Machiavelli. Immerhin.

Ich bin übrigens der Meinung, dass die Lebensbedingungen einen Menschen durchaus verändern.
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Gast







Beitrag19.02.2020 09:34

von Gast
Antworten mit Zitat

Zitat:
Dass früher alles besser war, sage ich gar nicht. Den Menschen geht es finanziell besser, es ist sicherer geworden (auch wenn die Wahrnehmung eine andere ist), die Digitalisierung wird den Menschen körperlich entlasten, Lebenserwartung steigt.
Ich stelle all dem nur seinen Schatten gegenüber: schnelllebige Zeit lässt weniger Zeit zu echter Bildung, die Digitalisierung ist eine Gefahr für das Zwischenmenschliche und kostet Arbeitsplätze, der Wohlstand zerstört unseren Planeten.



Auch nichts grundsätzlich Neues (vom Klimawandel mal abgesehen). Die industrielle Revolution hat die Lebensbedingungen der gesamten "zivilisierten" Weltbevölkerung auf den Kopf gestellt. Die Weltkriege haben den Wohlstand (und signifikante Teile des Planeten) zerstört, und der kalte Krieg hat ähnliche flächendeckende Untergangsängste geschürt wie der Klimawandel.

Zitat:


Dass die Politik damals besser als heute war, darauf beharre ich. Viel unverschämter, seichter und unverfrorener sind die Politiker geworden. Schmidts Lieblingsbuch waren die Selbstbetrachtungen von Marc Aurel. Heute liest man Machiavelli. Immerhin.



Definiere "damals." Zu Schmidt's Zeiten? Warum nicht 20 Jahre vorher? Warum nicht im "finsteren Mittelalter?" Warum nicht zu der Zeit, in der Marc Aurel geschrieben hat? Wenn man dein Argument logisch weiter verfolgt, ist das "kulturelle Niveau der Politik" (oder wie Du es immer nennen magst) linear immer schlechter geworden, muss also irgendwann zu Zeiten, als das Mammut noch lebte, am grössten gewesen sein.

Jeder von uns wird willkürlich und unkontrollierbar in eine bestehende Realität hereingeboren und muss (mit denselben Strategien) das Beste daraus machen. Erstmal in keine von den Realitäten besser oder schlechter als jede Andere.

Selbstverständlich bin ich dankbar und glücklich darüber, in eine Realität (zufällig) hereingeboren worden zu sein, die mir grosse Freiheiten gibt - keinen Krieg, keine Armut, gute Ausbildungs- und Arbeitschancen, eine rechtsstaatliche Umgebung... wesentlich näher ans Paradies als hier und heute sind sind Menschen selten gekommen. Ändert aber nichts daran, dass jede Zeit und jeder Ort erstmal so sind wie sie sind, und jeder Mensch wird die Umgebung, in der er lebt und aufwächst, als den Massstab sehen.

Zitat:


Ich bin übrigens der Meinung, dass die Lebensbedingungen einen Menschen durchaus verändern.


Das ist trivial richtig, da der Mensch notgedrungen in Interaktion mit seiner Umwelt ist. Das habe ich auch nie in Frage gestellt. Was sich unabhängig von den Bedingungen NICHT ändert, ist die durch das genetische Erbe eingefräste Natur des Menschen, also seine grundsätzlichen Strategien, wie er mit seiner Umwelt umgeht.
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meerenblau
Reißwolf
M


Beiträge: 1320



M
Beitrag19.02.2020 10:41

von meerenblau
Antworten mit Zitat

Eine Dystopie, die dadurch entsteht, dass man sich die negativen Ergebnisse heraussucht und diese umsetzt.

Die Frage ist doch erstmal: Würde ein solches System die Gesellschaft nicht vehement beeinflussen, sodass in einer solchen Gesellschaft die Antworten ganz anders ausfielen als in dieser, die durch die parlamentarische Demokratie geprägt ist?
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kioto
Geschlecht:männlichEselsohr

Alter: 71
Beiträge: 442
Wohnort: Rendsburg


Beitrag25.02.2020 19:55

von kioto
Antworten mit Zitat

Zitat:

Auch nichts grundsätzlich Neues (vom Klimawandel mal abgesehen). Die industrielle Revolution hat die Lebensbedingungen der gesamten "zivilisierten" Weltbevölkerung auf den Kopf gestellt. Die Weltkriege haben den Wohlstand (und signifikante Teile des Planeten) zerstört, und der kalte Krieg hat ähnliche flächendeckende Untergangsängste geschürt wie der Klimawandel.


Hallo,
Ich sehe das anders, die industrielle Revolution ermöglicht mittlerweile, dass 7 Mrd Menschen fast ohne Angst vor Hunger und Krankheit leben können, ohne diese wären 6 Mrd sicherlich gestorben.
Die Weltkriege haben natürlich zerstört, aber auch die technologische Entwicklung immens vorangetrieben. Ausserdem habe sie dafür gesorgt, dass der Kolonialismus fast vollständig beendet wurde (mit wenigen Ausnahmen) oder zumindest diesen Prozess stark beschleunigt.
Das Internet stellt uns eine Schatz an Wissen bereit, für das man früher eine Bibliothek wie ein Fürst hätte anlegen müssen.

Für die allgemeine Schwarzseherei, die heute zunehmend um sich greift, hatte schon meine Oma  (sie hatte 2 Weltkriege miterlebt, mein Opa wurde erst von Deutschen, dann von Russen interniert und am Schluss von Polen vertrieben) eine Erklärung: "Nichts kann der Mensch schlechter vertragen als eine Reihe von guten Tagen."
Und uns geht es wahrlich gut, und das schon seit Jahrzehnten.


_________________
Stanislav Lem: Literatur versucht, gewöhnliche Dinge ungewöhnlich zu beschreiben, man erfährt fast alles über fast nichts.
Phantastik beschreibt ungewöhnliche Dinge (leider m.M.) meist gewöhnlich, man erfährt fast nicht über fast alles.

Gruß, Werner am NO-Kanal
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Gast







Beitrag25.02.2020 22:29

von Gast
Antworten mit Zitat

kioto hat Folgendes geschrieben:
Zitat:

Auch nichts grundsätzlich Neues (vom Klimawandel mal abgesehen). Die industrielle Revolution hat die Lebensbedingungen der gesamten "zivilisierten" Weltbevölkerung auf den Kopf gestellt. Die Weltkriege haben den Wohlstand (und signifikante Teile des Planeten) zerstört, und der kalte Krieg hat ähnliche flächendeckende Untergangsängste geschürt wie der Klimawandel.


Hallo,
Ich sehe das anders...


Hallo,

nein, tust Du nicht... hättest Du das zitat, auf das ich geantwortet habe, mitzitiert, wäre klar geworden, dass ich genau das ausgedrückt habe, was Du Anders umschreibst. Ich wehre mich genauso gegen den Pessimismus. Ich habe lediglich auf Meinungsfreiheit's Reflex reagiert, die Schattenseiten der momentanen gesellschaftlichen Umwälzungen überzubewerten, indem ich ihr historische Parallelen entgegengesetzt habe.

Natürlich war die industrielle Revolution für die direkt betroffenen Menschen sehr schmerzhaft und beängstigend, so wie die Digitalisierung heute. Aber die aus Beiden Entwicklungen reflexartig entstandenen Welt- oder Gesellschaftsuntergangsphantasien - so nachvollziehbar sie sind - sind historisch unrichtig. Die Digitalisierung wird eine andere Welt hervorbringen als die jetzige. Die wird nicht grundsätzlich schlechter (und mglw. nicht besser) sein als das Jetzt, nur andere Rahmenbedingungen für die grundsätzlich unveränderte menschliche Natur (s.o.) schaffen.

Das Einzige, wogegen ich mich vehement wehre, ist eine Verklärung eines Krieges. Kein Mensch sollte Jemals einen Krieg erleben müssen. Auch wenn aus einer posthumen Vogelperspektive vielleicht positive Aspekte aus einem Krieg hervorgezerrt werden können, so ist es doch für die Betroffenenen ein (zumindestens mental) nicht überlebbares Trauma.
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