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Die Vertreibung

 
 
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schreiberlinga
Geschlecht:weiblichWortedrechsler


Beiträge: 77



Beitrag10.01.2020 20:00
Die Vertreibung
von schreiberlinga
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DIE VERTREIBUNG

Der Hagere schritt zum Fenster, schob die weißen Spitzenvorhänge vorsichtig zur Seite und blickte nervös auf den Hof herab.»

»Was siehst du?«, fragte ihn der andere. Er saß auf einem Stuhl mit rotem Samt, die Ellbogen auf den Knien, die Stirne in den Händen, schwarze Haarsträhnen zwischen den Fingern.

»Bruder Melchior. Sie nehmen ihn mit«, zischte Sebastian. Er schaute kurz in den dunkel getäfelten Raum und wieder zurück auf den Hof. Durch einen Wolkenspalt fiel rot-goldener Schein der untergehenden Sonne auf den Hof und brachte die nassen Kopfsteine zum glänzen. Die Kutsche quietschte, das Regenwasser spritze unter den Rädern.

Damian erhob den Kopf. »Bruder Melchior? Er ist der letzte!«

»Sie hielten ihn nur so lange auf, weil er ihnen dienen musste. Hin und her ist er gerannt. Den ganzen Tag. Diesem und jenem Franzosensoldaten dies und jenes geholt.«

Sebastian wandte sich vom Fenster ab. Er seufzte. Sein Blick verlor sich an der getäfelten Wand.

»Gestern noch ... zwölf Uhr. Da saßen wir friedlich im Refektorium und aßen wie gewohnt zu Mittag. Niemand ahnte, dass die Revolutionäre heute das Kloster aufheben würden!«

»Du hast das schon mehrmals erwähnt, seit wir hier gefangen sitzen«, sagte Damian. Er rieb seine gefalteten Hände, als könnte er sich nicht entscheiden, ob beten oder grübeln.

 »Gefangen im eigenen Zuhause!«, sagte Sebastian. »Warum lassen sie uns nicht in Frieden? Auch wenn sie unseren Glauben nicht teilen, unsere Lebensweise nicht verstehen, warum lassen sie uns nicht wenigstens im Namen der Toleranz und der Freiheit, in Ruhe? Freiheit – Brüderlichkeit – Gleichheit – gilt das nicht auch für uns? «

Er starrte auf die Pendeluhr an der Wand. »Als Abt bin ich für diese jungen Mönche zuständig. Ich bin ihr geistiger Vater. Wie kann ich zusehen, wie sie alle zerstreut werden? Wie kann ein Vater zusehen, wie seine Kinder ihm entrissen werden?«
Er schritt weg vom Fenster und sackte über den schweren Tisch geneigt zusammen, der im Zentrum des Raums stand. Sein langer, schlanker Körper zuckte.

Damian sprang vom Stuhl auf. Er war stämmig aber flink. Mit drei Sprüngen war er beim Fenster, riss den Vorhang zurück und versetzte dem hölzernen Fensterrahmen einen kräftigen Stoß, sodass sich der eiserne Hebel von selbst löste. Er stieß seine Faust in die kalte Luft und wollte fluchen, doch biss er auf die Unterlippe und senkte den Arm wieder.

»Erst gestern sagte ich mir: Ich will nicht mehr gegen den Mitmenschen zürnen. Wer bin ich? Bin ich etwa mehr als Gott?« Mit gefalteten Händen umklammerte seinen Kopf. «Gott, hilf, dass ich nicht sündige!«

Sebastian grübelte unter seinem Skapulier nach einem Taschentuch. »Sie haben alles vernichtet. Wenn auch die Gebäude aus Stein stehenbleiben, so ist doch unser Kloster aufgehoben. Was ist mit dem einfachen Volk? Wohin werden sie sich wenden, wenn sie eine Krankheit heimsucht? Wo werden die Kinder der armen Familien zur Schule gehen? Wo werden die Witwen Trost und Halt finden? Wer wird die verlorenen Schafe auf den rechten Weg weisen?« Er entfernte seine Brille, wischte die Tränen ab. »Sag, was habe ich falsch gemacht, dass uns Gott so heimsucht?«
Aus Damians Gesicht war der Zorn gewichen. Noch nie hatte er den Abt so gesehen. Er war sonst immer so gefasst, hielt in allem das rechte Maß, so wie es die benediktinische Regel vorschreibt.

»Erinnern wir uns an den Spruch des Herrn«, stammelte Damian, »Wenn sie mich verfolgen, dann werden sie auch euch verfolgen ...« Er legte seine Hand behutsam auf Sebastians Schulter. »Ja, wir haben verloren. Sie haben das ganze Kloster konfisziert. Die Möbel, die sakralen Gegenstände, alles beschlagnahmt. Wir haben keinen Boden mehr. Nichts. Wir sind heimatlos. Wir sind arm. Wir sind auseinandergerissen. Aber Gott hat es zugelassen. Wir müssen es annehmen. Die freiwillige Armut – sie gehört zu unserem Gelübde, dir als Prior, mir als Subprior.«

Auf dem unteren Stockwerk hallten die schweren Schritte der Soldaten, die hin- und hergingen, Möbel schoben, Bilder und Statuen herunterrissen und einander zuriefen. Anders als bei den Mönchen, die sich sanft fortbewegten, waren diese Schritte unvorsichtig, laut, rücksichtslos.

Sebastian richtete sich auf. »Weißt du, wie es dem Kapuzinerkloster hinter dem Hügel erging?«, fragte er flüsternd. »Ich erfuhr es von Peter Geiser, der Vater von zehn, der im Kapuzinerkloster seinen Jüngsten zur Schule brachte. Einige Mönche seien mit dem Abt in der Kapelle versammelt gewesen, als die Türe aufriss. ›Los, ab mit euch. Ungeziefer‹, hätten sie geschrien. Der Abt sei aufgestanden, seine rechte Hand habe das silberne Kreuz, das er auf seinem Brustkorb trug, umklammert. ›Wohin wollt ihr uns schicken?‹, habe er gefragt. ›Alle ab, nach Hause.‹
›Unser Zuhause ist hier‹, gab der Abt zurück. Der Franzose habe gelacht. ›Damit ist vorbei. Unterschreiben! Dann seid ihr von dieser dämlichen Institution befreit!‹
Der Abt hat geschwiegen, keinen Wank getan. Er wollte nicht unterschreiben. Dann haben sie ihn vor den Augen der Mönche niedergemetzelt.« Sebastian holte Luft.

Sie schauten auf das Kruzifix, das rechts von der Türe hing.
»Damian!«
»Hmm?«
»Wenn sie kommen ...«
»Ja?«
»Wende keine Gewalt an. Werde nicht zornig.«
»Möge mir Gott beistehen.«
»Sie werden uns töten oder vertreiben.«
»Das eine oder andere ...«
»Wir sind mit Gott. Nichts und niemand kann uns von seiner Liebe trennen.«
»Es ist Zeit.«
»Wofür?«
»Ich möchte, dass du mir die Beichte abnimmst.«

Damian leitete mit leiser Stimme die lateinischen Worte der Beichte ein. »In nomine Patris et Filii et Spiritus Sancti ... «
Am Ende der Beichte erteilte er das segnende Kreuzzeichen der Absolution. Dann fragte er Sebastian: »Bist du bereit, auch meine Beichte abzunehmen?«

Danach saßen sie auf den samtenen Stühlen und warteten. Außer dem Ticken der Pendeluhr war es still.

»Weißt du noch, die Katze, welche in das Refektorium kam und nicht ging, ehe wir ihr ein Stück vom besten Fleisch aus der Küche gaben?« fragte Sebastian, sein Blick in die weite gerichtet.

Damian hob überrascht seinen Kopf, nickte und lächelte.

Dann sagte er: »Bruder Bedas erster Tag. Er verwechselte Dormitorium mit Refektorium und legte die gefalteten Leinentücher zu den Tischen. Der Koch meinte, das sei eine Anordnung, Tischtücher auszubreiten und rief aus: ›Aber heute ist doch weder Weihnacht noch Ostern!‹ bis er merkte, dass es Bettwäsche war!«

Sebastian schmunzelte.
»Die ehrwürdige Frau des Ammans. Brachte uns allwöchentlich einen herrlichen Kuchen. Weißt du noch? ›Für die seligen Brüder‹, sagte sie, ›auf dass sie für mich beten! ›Worum sollen wir beten?‹, fragte einer unserer. ›Dass ich im Lent gut faste ...‹«

Nach einer Pause sagte Damian: »Weißt du noch, als Bruder Johannes in der Kapelle fünf Stunden auf den Knien vor dem Tabernakel verweilte …?«
»Ich erinnere mich. Niemand konnte ihn überzeugen aufzustehen. Niemandem gelang es ihn von dort wegzubewegen.«
»Sein Gesicht – es leuchtete wie von einem übernatürlichen Licht bestrahlt. Ich glaube, er sah etwas, was keiner von uns sehen konnte.«
»Ja, so war es.«
Für einen Moment, der wie ein Stück Ewigkeit war, schauten sie einander wissend an.
»Ich sehe in dieser Verfolgung auch eine Chance«, sagte Sebastian.
»Eine Chance?«
»Jede Verfolgung bedeutet eine Möglichkeit sich zu entwickeln. Geistig. Es wird am Ende alles gut. Vertraue auf den Herrn. Wenn wir unsere Verhaftung überleben«, fuhr er fort, »dann holen wir die zerstreuten Brüder und fliehen über die Grenze. Nach Südtirol. Dort soll kein Klostersturm stattfinden.«
»Und was mit diesem Kloster? Unser 800-jähriges Kloster? Ist das nun alles Vergangenheit?«
»Ich wünsche, dass wir eines Tages zurückkehren. Aber Gottes Wille geschehe …«
Polternde Schritte näherten sich. Schwarze Stiefel auf jahrhundertealten Treppen.
Sebastian sank vor dem Kruzifix in die Knie, dicht gefolgt von Damian.
»Beten wir«, flüsterte Sebastian.
»Für wen?«
»Für die Seelen unserer zerstreuten Brüder. Für unsere Verfolger.«

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Kiara
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Beitrag21.01.2020 13:16

von Kiara
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Hallo!

Der erste Eindruck des Textes meinerseits, rein subjektiv natürlich, bitte nicht überbewerten.

Die Formulierungen erscheinen mir beim Lesen etwas ungelenk, teilweise. Die Personen machen und sagen Dinge, die man so nicht machen würde - klar, das kennt man von Filmen usw., doch in der Literatur mag ich es nicht so gehäuft. Es macht Charaktere und Story unglaubwürdig. Nicht falsch verstehen, bitte - ab und zu kann so etwas schon passen. War für meinen Geschmack nur zu viel davon.

Die Szene, als sie sich nach ihrer gegenseitigen Beichte erinnern, ist die beste, finde ich. Das abschließende Verhalten, nun ja, für Tiefgläubige ist es wohl in Ordnung. Lässt mich aber mit einem eher leeren Gefühl zurück. Die Bedrohung hat mich nicht erreicht. Das ist irgendwie schade.

Mir fällt es schwer, die Geschichte unter E-Literatur einzuordnen. Sie streift es eher, doch mir fehlen Interpretationsspielraum und Doppeldeutigkeiten, die zum Nachdenken anregen.

Bitte entschuldige die Worte - man weiß ja hier nie, wer hinter dem Text steht und wie die Kritik aufgenommen wird - ich hoffe, niemandem zu nahe getreten zu sein. Wie eingangs erwähnt ist dies nur meine Meinung!

Für Punkte reicht es angesichts der anderen Texte leider nicht, jedenfalls nicht von mir - vielleicht sehen andere Leser*innen das anders?

Für mich die beste Stelle: "Bruder Bedas erster Tag. Er verwechselte Dormitorium mit Refektorium und legte die gefalteten Leinentücher zu den Tischen..."

Liebe Grüße


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Zum Schweigen fehlen mir die Worte.

- Düstere Lande: Das Mahnmal (2018)
- Düstere Lande: Schatten des Zorns (2020)
- Düstere Lande: Die dritte Klinge (2023)
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nebenfluss
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Beitrag21.01.2020 14:33

von nebenfluss
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Passable, recht konventionelle Geschichte, ohne auffällige literarische Schwächen, aber auch ohne besondere Höhepunkte.
Am Dialog irritiert mich nur, dass er teilweise dazu dient, Infos an den Leser zu vermitteln. Aber vielleicht erzählen sich Menschen in einer Notsituation Dinge, die sie beide bereits wissen, um das Schweigen, den Mangel an neuer Information zu verdrängen?
Die Vorgaben finde ich eher halbgar im Text wieder. Nicht die Vergangenheit ist hier aus meiner Sicht ein fremdes Land, sondern die Zukunft. Bei der Beichte wird die Einheit der Zeit etwas arg strapaziert, das dauert sicher länger als das Kochen einer Tasse Tee und hätte für den Leser auch durchaus von Interesse sein können. Vielleicht wurde hier die eine Vorgabe verletzt, um eine andere zu bewahren (keine langen Rückblenden).


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Babella
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Das goldene Aufbruchstück Der bronzene Roboter


Beitrag21.01.2020 18:47

von Babella
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Ich denke, dieser Text ist dann doch Genre-Literatur (History). Außerdem spielen mehr als zwei Personen eine Rolle: Ohne die Soldaten würde das Geschehen so nicht stattfinden. Auch Kintsugi ist nicht wirklich umgesetzt: Dass alles irgendwie auch sein Gutes haben kann, ist eher eine Plattitüde und hat wenig mit den kunstvollen Reparaturen zu tun.

Da spielt es schon weniger eine Rolle, dass ich mich mit dem Text nicht anfreunden kann, weil zu schwülstig. Der Text erfüllt aus meiner Sicht die Vorgabe nicht.
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Literättin
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Das silberne Stundenglas Der goldene Roboter
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Beitrag23.01.2020 08:29

von Literättin
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Vorneweg: wenn ich einen Text kritisiere, beschreibe ich in erster Linie, was vom Text bei mir ankommt und was es auslöst. Sollten dabei auch einmal harte Worte fallen, so sind es dennoch beschreibende, nicht verurteilende, hämische oder verachtende. Ich kritisiere nicht in satter Selbstzufriedenheit. Immerhin sind mir selbst schon Texte aus der Feder geflossen, die daneben gingen. Und das sind zunächst einmal die meisten meiner Texte oder Texte-im-Entstehen.

                                                                                *



Ich würde mal sagen das ist eine gut solide gearbeitete, trotz der äußeren Ereignisse literarisch eine idyllische Szene, die mir als Kapitel aus einem historischen Roman zur Zeit der französischen Revolution erascheint: Zwei Mönche beraten sich über den Umgang mit der bevorstehenden Klosterstürmung und sie zeigen sich als sehr fromme und verinnerlichte Christen. Die Vergangenheit als fremdes Land erkenne ich nicht. Der Goldlack, scheint mir, ist die hingebungsvoll vertrauende Haltung der Mönche angesichts der Vernichtung, doch E erkenne ich nicht. Die Szene schafft es, in mir eine Rührung hervorzurufen über die beiden, die so liebevoll gezeichnet sind. Mir wirken sie dabei dennoch ein wenig "romanhaft" und eine Spur fast zu "betulich".


_________________
when I cannot sing my heart
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- John Lennon -

Christ wird nicht derjenige, der meint, dass "es Gott gibt", sondern derjenige, der begonnen hat zu glauben, dass Gott die Liebe ist.
- Tomás Halík -

Im günstigsten Fall führt literarisches Schreiben und lesen zu Erkenntnis.
- Marlene Streeruwitz - (Danke Rübenach für diesen Tipp.)
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hobbes
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Beiträge: 4290

Das goldene Aufbruchstück Das goldene Gleis
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Beitrag23.01.2020 16:54

von hobbes
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Zitat:
Durch einen Wolkenspalt fiel rot-goldener Schein der untergehenden Sonne auf den Hof und brachte die nassen Kopfsteine zum glänzen. Die Kutsche quietschte, das Regenwasser spritze unter den Rädern.

Wunderbares Beispiel für eine Beschreibung, mit der ich rein gar nichts anfangen kann. Also nicht in Sachen: ich kann mir das nicht vorstellen, sondern: hat es einen Mehrwert für mich als Leserin.

Hm. Zu Ende gelesen und auch zu dieser Geschichte mag mir nicht wirklich etwas einfallen. Die zwei Protas sind mir zu sehr Holzschnitt. Am ehesten mag ich noch, als sie in "weißt du nochs" schwelgen, aber mei. Ich fürchte, das ist die Geschichte, bei der ich "joah, ganz nett" schreibe. Tut nicht sonderlich weh, begeistert aber auch nicht.

Und warum nur hast du die Beichte weggelassen? Das wäre doch die Chance gewesen, ein bisschen Pfeffer reinzubringen.
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traumLos
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Beitrag23.01.2020 19:24

von traumLos
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Auch die Verfolgung mag einen Sekundärnutzen haben. Nach gegenwärtiger Situation Erinnerung, der Blick voraus.

Ist die Erinnerung, die  bleibt, die Hoffnung auf ein Wiederzusammenkommen die Goldschicht des Textes? Aber der Conclusio mag ich nicht folgen. Welcher Gewinn kann den Verlust übertreffen? Gehen wir weg von den Franzosen zum nationalsozialistischen Klostersturm. Immerhin hat der den Nazis Grenzen aufgezeigt. Folgen aus dieser Erkenntnis ergaben sich nicht.

Wahrscheinlich wird der Gedanke der Geschichte nicht gerecht. Übergestülpt.

Denn gelesen habe ich diesen gut geschriebenen Text sehr gerne.

Leider 0 Punkte.


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Catalina
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Beitrag23.01.2020 21:40

von Catalina
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Zwei Mönche warten während der Französischen Revolution auf ihre Vertreibung aus ihrem Kloster. Sie tauschen alte Erinnerungen aus und schneiden zum Schluss an, dass die Verfolgung auch eine Möglichkeit der geistigen Entwicklung sein könnte.

"Die Vergangenheit ist ein fremdes Land" wurde vermutlich so umgesetzt, dass nichts mehr so sein wird, wie es einmal war. Das, was noch gestern war, ist heute schon in weite Ferne gerückt ob der dramatischen Ereignisse.  Streng genommen aber wird die Vergangenheit dadurch fern, aber ja nicht fremd?

Kintsugi fließt am Schluss mit ein. Für mich ein wenig rein gequetscht, so als wäre es Dir da gerade noch eingefallen. Und auch ein wenig holprig mit "jede Verfolgung bedeutet eine Möglichkeit, sich zu entwickeln".

Dein Stil ist gut zu lesen. Aber alles in einem lässt mich Deine Geschichte etwas ratlos zurück mit der Frage: Was wollte uns der Autor sagen?

f
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F.J.G.
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Beitrag24.01.2020 20:50

von F.J.G.
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Christenverfolgung ist ein wichtiges Thema unserer Zeit und ich bin auch schon als "Aktivist" dagegen aktiv geworden. Von der schriftstellerischen Qualität her sehe ich in diesem Text aber leider nicht den großen Wurf. Tut mir leid.

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a.no-nym
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A


Beiträge: 699



A
Beitrag25.01.2020 03:12

von a.no-nym
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Hallo lieber Inko,

in meinen Augen ist Dein Text im Bereich des historischen Romans/der historischen Erzählung angesiedelt. Das von den Initiatoren des Wettbewerbs geforderte E-
lement muss wohl da sein (sonst wäre der Text ja disqualifiziert worden) – es tut mir sehr leid, dass ich es nicht erkennen kann. Auch hier muss ich wieder auf Erleuchtung durch andere Kommentatoren hoffen – und darauf, dass ich´s irgendwann noch lerne ...

Randbemerkungen:
Ich hatte bei den wörtlichen Reden aufgrund der Absatzgestaltung beim Lesen mehrfach das Problem, dass ich nicht wusste, ob Damian oder Sebastian spricht.
Dass jemand ein Taschentuch durch die Kraft der Gedanken, also durch schieres Grübeln hervorholt, finde ich eine interessante Idee  wink

Freundliche Grüße
a.
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schreiberlinga
Geschlecht:weiblichWortedrechsler


Beiträge: 77



Beitrag25.01.2020 03:21

von schreiberlinga
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Ich habe die Wettbewerbstexte in der Regel nur einmal durchgelesen. Mein Kommentar darunter ist also eine ziemlich spontane Reaktion. Ich hoffe, dass du trotzdem - oder gerade deswegen - von meinem ersten Eindruck profitierst.

Ich erlebe gerade ein Wechselbad: ist das jetzt E- oder U-Literatur? Das Thema ist zwar ernst, aber es ist eine Geschichte da, die unterhält. Außerdem, lehnt das nicht stark an das Genre "Geschichtliche Fiktion"? Es wird zwar kein eindeutiger Ort erwähnt, auch kein Jahrgang, aber es hat doch einige geschichtliche Faktoren: Klosteraufhebung, Franzosen, Revolution. Ich wünsche, die Autorin hätte einzelne Tippfehler vermieden und an zwei, drei Stellen die Abstände geschliffen. (Das ist übrigens mein Text.)
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Constantine
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Beiträge: 3311

Goldener Sturmschaden Weltrettung in Bronze


Beitrag25.01.2020 22:10
Re: Die Vertreibung
von Constantine
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Bonjour

Ein Text mit historischem Hintergrund: Das Schicksal Benediktinischer Klöster während der Französischen Revolution aus der Sicht von zwei Gestlichen, deren Kloster im Augenblick des Texthandlung von französischen Soldaten verstaatlicht, geplündert oder zerstört wird. Die Geistlichen, die nicht fliehen konnten, wurden gefangen und fallen der Revolution zum Opfer.
Soweit das Setting des Textes.

Guy Incognito hat Folgendes geschrieben:
DIE VERTREIBUNG

Der Hagere schritt zum Fenster, schob die weißen Spitzenvorhänge vorsichtig zur Seite und blickte nervös auf den Hof herab.»

»Was siehst du?«, fragte ihn der andere. Er saß auf einem Stuhl mit rotem Samt, die Ellbogen auf den Knien, die Stirne in den Händen, schwarze Haarsträhnen zwischen den Fingern.

»Bruder Melchior. Sie nehmen ihn mit«, zischte Sebastian. Er schaute kurz in den dunkel getäfelten Raum und wieder zurück auf den Hof. Durch einen Wolkenspalt fiel rot-goldener Schein der untergehenden Sonne auf den Hof und brachte die nassen Kopfsteine zum glänzen. Die Kutsche quietschte, das Regenwasser spritze unter den Rädern. <-- Sind das hier wichtige Beobachtungen? Was sonst draußen im Hof passiert, scheint ansonsten nicht wichtig zu sein. Wozu diese Beschreibungen des neutralen Erzählers?

Damian erhob den Kopf. »Bruder Melchior? Er ist der letzte!«

»Sie hielten ihn nur so lange auf, weil er ihnen dienen musste. Hin und her ist er gerannt. Den ganzen Tag. Diesem und jenem Franzosensoldaten dies und jenes geholt.«

Sebastian wandte sich vom Fenster ab. Er seufzte. Sein Blick verlor sich an der getäfelten Wand.

»Gestern noch ... zwölf Uhr. Da saßen wir friedlich im Refektorium und aßen wie gewohnt zu Mittag. Niemand ahnte, dass die Revolutionäre heute das Kloster aufheben würden!«

»Du hast das schon mehrmals erwähnt, seit wir hier gefangen sitzen«, sagte Damian. Er rieb seine gefalteten Hände, als könnte er sich nicht entscheiden, ob beten oder grübeln.

 »Gefangen im eigenen Zuhause!«, sagte Sebastian. »Warum lassen sie uns nicht in Frieden? Auch wenn sie unseren Glauben nicht teilen, unsere Lebensweise nicht verstehen, warum lassen sie uns nicht wenigstens im Namen der Toleranz und der Freiheit, in Ruhe? Freiheit – Brüderlichkeit – Gleichheit – gilt das nicht auch für uns? «

Er <-- Bezieht sich das auf den vorherigen Absatz? starrte auf die Pendeluhr an der Wand. »Als Abt bin ich für diese jungen Mönche zuständig. Ich bin ihr geistiger Vater. Wie kann ich zusehen, wie sie alle zerstreut werden? Wie kann ein Vater zusehen, wie seine Kinder ihm entrissen werden?« <-- Sagt das hier Sebastian? Ist er der Abt?[/color]
Er schritt weg vom Fenster und sackte über den schweren Tisch geneigt zusammen, der im Zentrum des Raums stand. Sein langer, schlanker Körper zuckte.

Damian sprang vom Stuhl auf. Er war stämmig aber flink. Mit drei Sprüngen war er beim Fenster, riss den Vorhang zurück und versetzte dem hölzernen Fensterrahmen einen kräftigen Stoß, sodass sich der eiserne Hebel von selbst löste. Er stieß seine Faust in die kalte Luft und wollte fluchen, doch biss er auf die Unterlippe und senkte den Arm wieder.

»Erst gestern sagte ich mir: Ich will nicht mehr gegen den Mitmenschen zürnen. Wer bin ich? Bin ich etwa mehr als Gott?« Mit gefalteten Händen umklammerte seinen Kopf. «Gott, hilf, dass ich nicht sündige!«

Sebastian grübelte unter seinem Skapulier nach einem Taschentuch. »Sie haben alles vernichtet. Wenn auch die Gebäude aus Stein stehenbleiben, so ist doch unser Kloster aufgehoben. Was ist mit dem einfachen Volk? Wohin werden sie sich wenden, wenn sie eine Krankheit heimsucht? Wo werden die Kinder der armen Familien zur Schule gehen? Wo werden die Witwen Trost und Halt finden? Wer wird die verlorenen Schafe auf den rechten Weg weisen?« Er entfernte seine Brille, wischte die Tränen ab. »Sag, was habe ich falsch gemacht, dass uns Gott so heimsucht?«
Aus Damians Gesicht war der Zorn gewichen. Noch nie hatte er den Abt so gesehen. <-- Das ist aus der sicht von Sebastian, oder? Dann ist Damian der Abt nicht Sebastian? Ich bin verwirrt: Wer ist der Abt? Er war sonst immer so gefasst, hielt in allem das rechte Maß, so wie es die benediktinische Regel vorschreibt.

»Erinnern wir uns an den Spruch des Herrn«, stammelte Damian, »Wenn sie mich verfolgen, dann werden sie auch euch verfolgen ...« Er legte seine Hand behutsam auf Sebastians Schulter. »Ja, wir haben verloren. Sie haben das ganze Kloster konfisziert. Die Möbel, die sakralen Gegenstände, alles beschlagnahmt. Wir haben keinen Boden mehr. Nichts. Wir sind heimatlos. Wir sind arm. Wir sind auseinandergerissen. Aber Gott hat es zugelassen. Wir müssen es annehmen. Die freiwillige Armut – sie gehört zu unserem Gelübde, dir als Prior, mir als Subprior. <-- Falsche Verwendung der Begriffe! So wie ich das verstehe, wird die Bezeichnung Prior in Ordensgemeinschaften verwendet, die keinen Abt haben. Die Benediktiner haben einen Abt, somit ist die Verwendung von Prior = Abt falsch. In diesem Falle ist bei den Benediktinern der Prior der Vertreter des Abtes und nicht wie hier bezeichnet der Subprior. «

Auf dem unteren Stockwerk hallten die schweren Schritte der Soldaten, die hin- und hergingen, Möbel schoben, Bilder und Statuen herunterrissen und einander zuriefen. Anders als bei den Mönchen, die sich sanft fortbewegten, waren diese Schritte unvorsichtig, laut, rücksichtslos.

Sebastian richtete sich auf. »Weißt du, wie es dem Kapuzinerkloster hinter dem Hügel erging?«, fragte er flüsternd. »Ich erfuhr es von Peter Geiser, der Vater von zehn, der im Kapuzinerkloster seinen Jüngsten zur Schule brachte. Einige Mönche seien mit dem Abt in der Kapelle versammelt gewesen, als die Türe aufriss. ›Los, ab mit euch. Ungeziefer‹, hätten sie geschrien. Der Abt sei aufgestanden, seine rechte Hand habe das silberne Kreuz, das er auf seinem Brustkorb trug, umklammert. ›Wohin wollt ihr uns schicken?‹, habe er gefragt. ›Alle ab, nach Hause.‹
›Unser Zuhause ist hier‹, gab der Abt zurück. Der Franzose habe gelacht. ›Damit ist vorbei. Unterschreiben! Dann seid ihr von dieser dämlichen Institution befreit!‹
Der Abt hat geschwiegen, keinen Wank getan. Er wollte nicht unterschreiben. Dann haben sie ihn vor den Augen der Mönche niedergemetzelt.« Sebastian holte Luft.


Sie schauten auf das Kruzifix, das rechts von der Türe hing.
»Damian!«
»Hmm?«
»Wenn sie kommen ...«
»Ja?«
»Wende keine Gewalt an. Werde nicht zornig.«
»Möge mir Gott beistehen.«
»Sie werden uns töten oder vertreiben.«
»Das eine oder andere ...«
»Wir sind mit Gott. Nichts und niemand kann uns von seiner Liebe trennen.«
»Es ist Zeit.«
»Wofür?«
»Ich möchte, dass du mir die Beichte abnimmst.«

Damian leitete mit leiser Stimme die lateinischen Worte der Beichte ein. »In nomine Patris et Filii et Spiritus Sancti ... «
Am Ende der Beichte erteilte er das segnende Kreuzzeichen der Absolution. Dann fragte er Sebastian: »Bist du bereit, auch meine Beichte abzunehmen?«

Danach saßen sie auf den samtenen Stühlen und warteten. Außer dem Ticken der Pendeluhr war es still.
<-- Schade, dass der Leser nicht erfährt, was die beiden beichten.

»Weißt du noch, die Katze, welche in das Refektorium kam und nicht ging, ehe wir ihr ein Stück vom besten Fleisch aus der Küche gaben?« fragte Sebastian, sein Blick in die weite gerichtet.

Damian hob überrascht seinen Kopf, nickte und lächelte.


Dann sagte er: »Bruder Bedas erster Tag. Er verwechselte Dormitorium mit Refektorium und legte die gefalteten Leinentücher zu den Tischen. Der Koch meinte, das sei eine Anordnung, Tischtücher auszubreiten und rief aus: ›Aber heute ist doch weder Weihnacht noch Ostern!‹ bis er merkte, dass es Bettwäsche war!«

Sebastian schmunzelte.
»Die ehrwürdige Frau des Ammans. Brachte uns allwöchentlich einen herrlichen Kuchen. Weißt du noch? ›Für die seligen Brüder‹, sagte sie, ›auf dass sie für mich beten! ›Worum sollen wir beten?‹, fragte einer unserer. ›Dass ich im Lent gut faste ...‹«

Nach einer Pause sagte Damian: »Weißt du noch, als Bruder Johannes in der Kapelle fünf Stunden auf den Knien vor dem Tabernakel verweilte …?«
»Ich erinnere mich. Niemand konnte ihn überzeugen aufzustehen. Niemandem gelang es ihn von dort wegzubewegen.«
»Sein Gesicht – es leuchtete wie von einem übernatürlichen Licht bestrahlt. Ich glaube, er sah etwas, was keiner von uns sehen konnte.«
»Ja, so war es.«

Für einen Moment, der wie ein Stück Ewigkeit war, schauten sie einander wissend an.
»Ich sehe in dieser Verfolgung auch eine Chance«, sagte Sebastian.
»Eine Chance?«
»Jede Verfolgung bedeutet eine Möglichkeit sich zu entwickeln. Geistig. Es wird am Ende alles gut. Vertraue auf den Herrn. Wenn wir unsere Verhaftung überleben«, fuhr er fort, »dann holen wir die zerstreuten Brüder und fliehen über die Grenze. Nach Südtirol. Dort soll kein Klostersturm stattfinden.«
»Und was mit diesem Kloster? Unser 800-jähriges Kloster? Ist das nun alles Vergangenheit?«
»Ich wünsche, dass wir eines Tages zurückkehren. Aber Gottes Wille geschehe …«
<-- Anscheinend ist dies ein Wink auf das Thema und das Kintsugi-Prinzip. Die Benediktiner von damals und die zukünftige Neugründung von Benediktinerklöstern ab der Restauration bis zur Gegenwart.
Polternde Schritte näherten sich. Schwarze Stiefel auf jahrhundertealten Treppen.
Sebastian sank vor dem Kruzifix in die Knie, dicht gefolgt von Damian.
»Beten wir«, flüsterte Sebastian.
»Für wen?«
»Für die Seelen unserer zerstreuten Brüder. Für unsere Verfolger


Zu den Vorgaben:
Das Thema erkenne ich nicht in den Protagonisten thematisiert, sondern eher im historischen Hintergrund, der dem Leser vermittelt wird, und anscheinend soll dies das zitierte vergangene, fremde Land, die der Text als die damalige Zeit behandelt, symbolisieren. Schwierig zu beurteilen, ob ich auf das Zitat als Thema kommen würde, ohne das Thema zu kennen. Insofern bleibt die Umsetzung des Themas unter Vorbehalt.

Das Prinzip des Kintsugi sehe ich darin, dass mir der Text beispielhaft die damalige Verstaatlichung bzw. Auflösung und Zerstörung des Benediktiner-Ordens beschreibt, am Ende wird versöhnlich für die zerstreuten Brüder und die Verfolger gebetet, mit der Hoffnung, dass der Orden in einer Zukunft wieder auflebt, die Benediktiner-Brüder friedlich ihren Glauben und Orden führen dürfen und somit das im Text behandelte Unrecht "repariert/geheilt" wird.
Finde ich gut, dass du als Verfasser/in mich, den Leser, mit einschließt, von der zeitlich entfernten Perspektive aus, dass ich "nachprüfen" bzw. beweisen kann, dass es mit den Benediktinern nach der Französischen Revolution ab der Restauration wieder bergauf ging. Sehr gute Idee dahinter.

Den Dialog hast du, den begrenzenden Raum hast du, soweit ist das ok.
Die Vorgaben sind erfüllt, mich hast du zum Beschäftigen mit dem interessanten Thema gebracht, die Französische Revolution ist ohnehin eine sehr interessante Zeitperiode und vieles ist noch heute spür- und sichtbar davon. Von meiner Seite her, alles ok.

Merci beaucoup
Constantine
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MoL
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Das bronzene Stundenglas


Beitrag26.01.2020 12:26

von MoL
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Hallo lieber Inko!

Mir gefällt das Setting Deines Textes, die Situation, die Idee. Sehr schön, sehr kreativ!

Im Text selbst ist mir ein bisschen zu viel Erklärbär. Gerade hier beim 10.000er denke ich doch, dass man mehr wagen kann. Mehr im Dunkeln lassen, darauf vertrauen, dass der Leser von allein auf etwas kommt. Und falls nicht, nun, es ist der 10.000er, lol2

Ein Beispiel: "Sie haben das ganze Kloster konfisziert. Die Möbel, die sakralen Gegenstände, alles beschlagnahmt."

Das ist etwas, das die beiden Männer gewaltsam und live erfahren haben, sie waren dabei. Daher entsteht bei mir der Eindruck, dies sei eine reine Service-Leistung an den Leser. Die einfach zu offensichtlich ist.
Hier hättest Du etwa ganz wunderbar das Zimmer beschreiben können, in dem sich die beiden aufhalten. Anhand der dortigen Verwüstung hättest Du das beispielhaft schildern können, etwa, indem einer auf die Stelle an der Wand starrt, an der bis gestern noch dies und das gehangen hatte, das sicher jetzt sicher schon auf dem Wagen mit der restlichen Beute befindet, oder oder oder.

Das Gold, ja, gut, kann man hineinlesen. Aber eine tiefere Ebene erschließt sich mir nicht, dafür ist mir einfach nicht genug Fleisch an den Dialogen.
Die Idee mit den geteilten Erinnerungen ist klasse, die hätten von mir aus (aber ich glaube nicht nach den Vorgaben) gern den Hauptteil des Textes ausmachen können. Erst da beginne ich nämlich, mich für die Figuren zu erwärmen, sie näher kennen zu lernen. Smile


_________________
NEU - NEU - NEU
gemeinsam mit Leveret Pale:
"Menschen und andere seltsame Wesen"
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Hexenherz-Trilogie: "Eisiger Zorn", "Glühender Hass" & "Goldener Tod", Acabus Verlag 2017, 2019, 2020.
"Die Tote in der Tränenburg", Alea Libris 2019.
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V.K.B.
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Das goldene Rampenlicht Das silberne Boot
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Beitrag26.01.2020 16:16

von V.K.B.
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Hallo Inko,
vorweg ein paar spontane Lesegedanken:

Zitat:
und blickte nervös auf den Hof herab.»
Wozu das Redezeichen am Ende? Ist das Kunst oder kann das weg?

Zitat:
brachte die nassen Kopfsteine zum glänzen
Glänzen groß.

Zitat:
Wenn auch die Gebäude aus Stein stehenbleiben, so ist doch unser Kloster aufgehoben.
Irgendwie habe ich gerade stark das Gefühl, die führen ihren Dialog nur für den Leser, um ihm mitzuteilen, was in der Geschichte passiert oder schon passiert ist.

Insgesamt: Zwei Mönche schwelgen in Erinnerungen, im Angesicht eines ungewissen Schicksals. Ansonsten dient der Dialog, wie bereits gesagt, hauptsächlich sogenanntem Infodump. Eine besondere Tiefe oder gar Weisheit kann ich darin nicht entdecken, sondern mehr christliche Phrasen wie "beten wir für unsere Feinde". Glaubwürdig erscheint mir an der Geschichte relativ wenig. Das Kintsugi-Konzept wird nur dürftig gestreift, möglicherweise in der Aussage, in der Verfolgung eine Chance für geistige Entwicklung zu sehen.

Neue literarische Wege beschreitet der Text nicht, sondern ist auf sehr herkömmliche Weise verfasst, ohne irgendwelche Experimente. Und das ist leider beim Zehntausender ein Ausschlusskriterium. Von daher wohl keine Punkte von mir.

Beste Grüße,
Veith

Abschließend, nach ewigem einigem hin und her Überlegen, wüsteste Flüche über den Wettbewerb ausstoßen, Tischkanten zerbeißen und das gesamte Dictionnaire Infernal rauf und runterbeschwören, landet deine Geschichte im roten Bereich und erfüllt damit die Anforderungen an den Wettbewerb, wie ich sie momentan verstehe, nicht. Sie kommt zur Punktevergabe deshalb auch nicht in Frage. Tut mir leid, aber der Zehntausender ist nun mal ein Wettbewerb für besondere Literatur, die sich auf neue Pfade wagt, und nicht für Unterhaltungsliteratur. Da spielt es dann auch keine Rolle, wie gut mir persönlich eine Geschichte gefällt.


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holg
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Beitrag27.01.2020 00:33

von holg
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Zitat:
»Gestern noch ... zwölf Uhr. Da saßen wir friedlich im Refektorium und aßen wie gewohnt zu Mittag. Niemand ahnte, dass die Revolutionäre heute das Kloster aufheben würden!«  
OK. Wenn schon Infodump, dann hätte das hier, besser der letzte Halbsatz davon an den Anfang des Textes gekonnt (da, wo die verlorenen Anführungszeichen stehen). Hier und so wirkt das etwas unbeholfen.

Was ich schön finde ist der Blick auf die Zukunft, darauf, nach der Vertreibung wieder neu anzufangen. Sonst ist da viel Text, der die Geschichte nicht voranbringt, der ungelenk wirkt. Die alten Klostergeschichten haben Charme. Ich würde sie aber kaum als „Vergangenheit“ als „fremdes Land“ sehen wollen.


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firstoffertio
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Beitrag27.01.2020 21:48

von firstoffertio
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Auch dies ein Genre, dass mir nicht liegt.

Ich vermisse fast alle Vorgaben (außer Variation 1).

Ich habe das Thema "Die Vergangenheit ist ein fremdes Land" nicht so aufgefasste, dass die Geschichte in der Vergangenheit spielen soll.
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Michel
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Beitrag28.01.2020 14:49

von Michel
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Zwei Mönche, einer der Abt des Klosters, wohnen der Säkularisierung ihrer alten Heimat bei.
Irritierend liest sich, dass Du sie erst als „Hageren“ und „anderen“ bezeichnest, um dann wenige Zeilen später die Namen einzuführen. Warum nicht gleich Sebastian?
Ich bleibe an mehreren Rechtschreibfehlern in den ersten Absätzen hängen – ja, das kann passieren, bei mir sind sicher auch welche drin. Aber das sind ein paar zu viel für zehn Tage Schreibzeit.
Zitat:
»Gestern noch ... zwölf Uhr. Da saßen wir friedlich im Refektorium und aßen wie gewohnt zu Mittag. Niemand ahnte, dass die Revolutionäre heute das Kloster aufheben würden!«
Hm. Da sagt einer etwas, das der andere längst weiß, damit der Leser es auch weiß. Oder, kurz: Infodump, wie auch der andere (oder war es der Hagere?) gleich im nächsten Absatz bestätigt. Insgesamt finde ich hier wenige bewusst gesetzte Kanten – und die Vergangenheit ist hier kein fremdes Land, sondern die Heimat. Das fremde Land hat gerade begonnen.
Was Dir aus meiner Sicht gut gelungen ist: Das Einfangen der Stimmung unter den Mönchen, wenn eine tausend Jahre alte Ordnung zerstört wird und man sich auf der falschen Seite der Macht wiederfindet. Und: Für mich Histo. Aber das ist etwas, das mich beim Lesen mehrerer Geschichten beschäftigt. Was macht eine Geschichte zur Genre-Geschichte? Darf / kann eine Geschichte in der Historie spielen, ohne Histo zu sein? Da bin ich mir unsicher.


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Jenni
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Beiträge: 3310

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Beitrag30.01.2020 00:48

von Jenni
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Zwei Mönche warten während der französischen Revolution auf die Vertreibung aus ihrem Kloster. Dabei tauschen sie gemeinsame Erinnerungen aus. Das Thema „Vergangenheit ist ein fremdes Land“ reduziert auf „Vergangenheit“. Der Dialog ist gekonnt geschrieben. Das Kintsugi kann ich nicht so deutlich erkennen, ist das Gebet Reparatur? Vor allem aber erwarte ich von einem Text, der heute geschrieben eine Vergangenheit behandelt, die über zweihundert Jahre vergangen und historisch und literarisch schon gut abgehandelt ist, dass er, um mich wirklich zu interessieren, irgendeinen bedeutsamen Kontext zu unserer Zeit herstellt, und den vermisse ich hier. Denn was ist er sonst mehr, als eine nette Anekdote.
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Ribanna
Geschlecht:weiblichKlammeraffe

Alter: 61
Beiträge: 772
Wohnort: am schönen Rhein...


Beitrag01.02.2020 12:20

von Ribanna
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Ein schöner Text, atmosphärisch dicht und mit einem guten Spannungsbogen.
Auch handwerklich gut geschrieben.

In einem größeren Zusammenhang wäre der Text perfekt, aber so, ohne alles, fehlt mir etwas.


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Wenn Du einen Garten hast und eine Bibliothek wird es Dir an nichts fehlen.
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Lalanie
Geschlecht:weiblichWortedrechsler


Beiträge: 55
Wohnort: Bayern


Beitrag01.02.2020 23:11

von Lalanie
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Da ich ein Neuling in diesem Forum bin, folge ich dem Ratschlag eines Mitglieds und schreibe nur einen Kommentar ohne Bewertung – ich hoffe, das wird mir nicht übelgenommen.
Schön, nachdenklich stimmend, stimmungsvoll, in ein großes Ganzes gegossen, so erscheint mir dieser Text. Die Thematik finde ich äußerst interessant gewählt, die Charaktere gut gezeichnet, die ganze Situation schön umrissen. Die Vergangenheit als fremdes Land wird mehrfach thematisiert, wie ich finde, das Kintsugiprinzip wird in meinen Augen vorausschauend für den aktuellen Moment in die Zukunft projiziert. Wunderbar gelungen finde ich den Schlusssatz, der den Leser in einer träumerischen, nachdenklichen Stimmung entlässt. Vielen Dank dafür!
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poetnick
Geschlecht:männlichKlammeraffe

Alter: 62
Beiträge: 834
Wohnort: nach wie vor


Beitrag02.02.2020 16:50

von poetnick
Antworten mit Zitat

Hallo Unbekannt,

dieser Text ist nicht in meine Wertung eingegangen; unter der Vielzahl der Geschichten habe ich andere favorisiert.
Somit möchte ich an dieser Stelle keine Bewertung ausdrücken. Vielen Dank!

LG - Poetnick


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Wortlos ging er hinein,
schweigend lauschte er der Stille
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gold
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Beiträge: 4932
Wohnort: unter Wasser
DSFo-Sponsor


Beitrag02.02.2020 16:59

von gold
Antworten mit Zitat

Lieber Inco,

ich tue mich hier schwer, die Vorgaben zu finden. Die Zukunft des Klosters steht in den Sternen. Sie wird eine fremde Vergangenheit sein.
Mhm. Was ist der Makel? Der Makel stellt die Zerstörung des Klosters und die Vertreibung der Mönche dar. Indem die Mönche darüber sprechen, betonen sie den Akt der Zerstörung. Sie reparieren diese, indem sie beten.

Wenn ich davon ausgehe, dass es lt. Vorgabe um ein Dialog zwischen zwei Menschen gehen soll und die Anwesenheit anderer Personen nur dann okay ist, wenn sie die Situation der beiden nicht maßgeblich beeinflusst, sehe ich diese Vorgabe als nicht erfüllt. Ohne Soldaten gäbe es die Misere nicht, in der die Mönche stecken.

Tut mir leid. Nichts für ungut.

Liebe Grüße
gold


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