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Deutsches Schriftstellerforum Foren-Übersicht -> Antiquariat -> Zehntausend 01/2020
Bekanntes fremdes Land

 
 
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gold
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Beitrag10.01.2020 20:00
Bekanntes fremdes Land
von gold
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Ähm, mir geht der Satz von L.P. Hartley, den ich gestern gelesen habe, immer noch durch den Kopf. Er lässt mir keine Ruhe. Er lautet: `Die Vergangenheit ist ein fremdes Land.´ Also, wenn ich ein fremdes Land befahre, muss ich mich erst orientieren. Ich brauche ein Navi, damit ich mich zurechtfinde. Ich tapse darin herum wie in einem Traum. Wenn ich da an den Satz denke: ` Ich muss mich von dir trennen, ich empfinde nichts mehr für dich´ ,der Bestandteil unserer Vergangenheit ist, und der immer wieder in meinen Gedanken auftaucht,  so ist er … er ist so, als ob du ihn gerade wieder ausgesprochen hast. Er ist real und überhaupt nicht fremd. Der Autor hat nicht recht. Sie saß lange Zeit im Sand und blickte vor sich hin. Sie schluckte. Leicht nach vorne gebeugt stand sie auf. Ich muss… muss mich bewegen. Sie ging hin und her. Beschleunigte ihre Schritte. Es ist so, als ob du gerade zu mir sagst, dass du dich von mir trennen musst. Ihr kamen die Tränen. Er ging auf sie zu, wollte sie in den Arm nehmen. Lass mich. Ich kann nicht. Der Satz hatte sich in sie eingebrannt. `Ich muss mich von dir trennen, ich empfinde nichts mehr für dich´ - und er gellte in ihr. Sie hielt sich die Ohren zu. Sah ihn an. Da, wo gerade eben sein Auge war, zerfloss etwas. Sie hielt die Hand vor den Mund. Beim Versuch, wegzulaufen, stieß  sie gegen einen mehrere Meter hohen Felsen. Ich … ich springe. Ich springe runter. – Als sie Anstalten machte, an dem Fels hochzuklettern, versuchte er, sie an ihrem Fußknöchel zu fassen,  sie zurückzuhalten. -Ruhig, ganz  ruhig. Es ist doch vorbei. Diese Zeit ist vorbei. – Alles kam wieder in ihr hoch. Wie er sie stehen hatte lassen und wie sie zunächst glaubte, sich verhört zu haben. Sie schrie - Du, du hast mich zerstört. Unendlich zerstört.Das ist doch vorbei. Was zählt, ist das Hier und Jetzt. Alles andere spielt keine Rolle mehr. Sie sah ihn wieder an. Das Weiß seiner Augen war gelb geworden wie helles Spiegelei, das auslief und sich weiter Bahn brach, Blut unterlaufen ließ, das gerann und sich zu Klumpen formte, Hackklumpen- Tartar, dachte sie. Trichinen, weißlich grüne Fadenwürmer. Es schüttelte sie. Sie fröstelte.  
Das Vertrauen war weg, auf einmal, Vertrauen, das so zerbrechlich war, weil sie es erst vor Kurzem mühselig aufgebaut hatte. Er hatte sie einfach sitzengelassen, sie aufgegeben. Das hatte sie immer wieder übertüncht mit – er ist ja wieder zurückgekommen zu mir.  Und jetzt, da er bei ihr war, ganz nah, durchfuhr sie ihr eigener  Schrei, ihr Entsetzen, ihre Angst, die ihre Kehle wie ein Krake mit seinen rosablassblauen Tentakeln umschloss. Sie wurden zentnerschwer und gruben sich in ihren Magen, sodass ihre Innereien herausquollen und sich vermischten mit dem auslaufenden Spiegelei. Die inneren Organe, die Leber, glänzten in der Sonne, das Herz, das Fett angesetzt hatte. Schließlich kam Wind auf. Eine dunkle Wolke hatte sich vor die Sonne geschoben.
Der Wind trug ihre Schreie mit sich, während der Mann den Kopf schüttelte, sie schließlich an ihrem Knöchel zu fassen bekam. Er zog sie von dem Felsvorsprung. Pst, mein Schatz, beruhige Dich. Ich halte dich fest. Ich lass dich nicht los. Er legte die Arme um sie. Schluchzend sackte sie zusammen. Sie weinte und weinte, ihre Tränen liefen über Tartar und Organe. Dann wähnte sie sich blind. Sah Dunkelheit um sich. Allmählich wurde es heller und sie erkannte haufenweise Sandkörner, hörte das Rauschen der Wellen, die sich an der Felswand brachen. Auch riechen konnte sie plötzlich. Sie roch Fisch und seine Haut. Schließlich leckte sie wie ein Wesen, das kurz vor dem Verdursten war, die salzige Nässe von seinem gebräunten Oberschenkel. Als sie sich beruhigt hatte, strich er ihr mit der Frage -  wo hast du deinen Tresor - über ihr wirres Haar.  Sperr die Szene ein und verberge den Schlüssel an einem sicheren Ort. Nickend schloss sie die Augen: Sie stellte sich den Holztresor und den Schlüssel vor, der unter einem Felsen lag und schloss mit ihm die Kiste auf. Sie dachte an den Satz `Ich muss mich von dir trennen, ich empfinde nichts mehr für dich´ und sperrte ihn ein.
Den Tresor, den hätte sie schon eher öffnen sollen und die Szene von damals, in der er von ihr wegging, ansehen. Das wäre heilsam gewesen. Aber so? War zu viel auf einmal über  sie hereingebrochen und das überraschend, ohne Tresor. Diesen hatte sie vor längerer Zeit in ihrer Vorstellung kreiert. Er leuchtete in einem satten Indigo, geheimnisvoll, da er Kräfte in sich barg. Zunächst grausame, aber umso mehr sie diese zulassen würde, desto gewaltiger verbreiteten sie ihre heilsame Wirkung auf sie, so die Mär. Aber es war wohl nicht nur Mär, sondern hatte Bestand in der realen Welt. Und sie konnte für immer verhindern, dass Angst und Schmerz über sie hereinbrächen und sie fortschwemmten. Würde der Zeitpunkt der Bedrohung wieder kommen? Und wäre sie dann bereit, den Tresor zu öffnen? Sie schloss die Augen, spürte ein Streicheln und schlummerte ein. Duft von Knoblauch ließ ihr das Wasser im Mund zusammenlaufen. Sie blinzelte. Er stand in der Sonne und beugte sich zu ihr. Essenszeit, murmelte er und steckte ihr eine Olive in den Mund. Seine Augen. Sie konnte sie klar sehen. Da war kein verstörendes Flackern, kein Verschwimmen.  Sie hielten ihrem Blick stand. Diese Geborgenheit. So würde es, musste es bleiben.  Doch es fühlte sich noch nicht ganz heil an. Es konnte kippen und das sehr schnell …
Musste … sollte sie sich noch einmal dem Procedere ausliefern, dieses Mal bewusst? Er war eine Art Magier. Er wusste, was er tat. Er konnte sie leiten. Die erste Vertrauensstufe hatte er gerade bei ihr erreicht, indem er sie erfahren ließ, dass er sie aus dem Schmerz  herausholte.
Ich kann dir helfen, den Tresor zu öffnen, wenn du das willst. Es ist auch in meinem Interesse… Er stützte sich auf seinen Unterarm. Er hatte wieder diese braunen ruhigen Augen. Früher hatte sie gedacht, in sie eintauchen und darin versinken. Aber jetzt war sie noch nicht so weit. Sie würde sich etwas ausruhen, ehe sie mit seiner Hilfe den Tresor aufschloss.  Er beobachtete sie lächelnd. Wieder fuhr er durch ihr Haar. Sie bekam Gänsehaut. Musste sie den Tresor wirklich noch einmal öffnen? Er schien die Frage an ihren Augen abgelesen zu haben. Mein Schatz, es ist besser, du sperrst den Tresor bald auf. Nur noch ein einziges Mal. Ich weiß, dass es dir schwer fällt. Aber tu es. Du wirst sehen, alles Dunkle wird verschwinden. Sie lehnte ihren Kopf an seine Schulter. Schließlich fuhr der Wind, der sich zuvor gelegt hatte, sodass es zeitweise heiß geworden war,  erneut über ihren kleinen Platz, der von allen Seiten von hohen Felsen umgeben war. Dieser wirkte wie ein Versteck, in das man keinen Einblick nehmen konnte. Für ihre Zwecke wunderbar geeignet.
Langsam stand sie auf und setzte sich ihm gegenüber. – Ich bin bereit.- Okay. Schließ die Augen. Stell dir vor, du holst den Schlüssel und schließt deinen Tresor auf. Kannst du ihn sehen? Ja, er leuchtet dunkelblau. Ich schließe ihn auf. Und klappe den Deckel hoch.   Okay. Und jetzt stell dir die Szene und den Satz vor, der dich so verletzt hat.
Für einen Moment war nur das Rauschen des Meeres zu hören. Schließlich erklang ihre Stimme: Du, du stehst vor mir in deiner Jeans, deinem Khakihemd und deinen langen blonden Haaren, die im Wind flattern. Du hast einen Dreitagebart und deine Stirn ist gerunzelt. Du siehst so ernst aus. Ich kriege Angst.- Ihre Stimme wurde lauter. Und jetzt höre ich, wie du sagst: `Ich muss mich von dir trennen, ich empfinde nichts mehr für dich.´
Sie blinzelte. Da, während du die Worte sagst… oh Gott, dein Mund. Er bewegt sich und da sind rosa Ausstülpungen. Und ich sehe mich. Ich stehe dir gegenüber, hab ein schwarzes Chiffonkleid an und … da, die Ausstülpungen verändern sich, sie werden zu Schlangen, schwarze Schlangen, sie kriechen über deinen Körper und ein Skorpion, er glänzt blauschwarz in der Sonne. Sein Stachel ist aufgerichtet. Er…er bewegt sich auf mich zu,  damit er … sie schluchzte … in mich eindringt, mich nimmt, mich dominiert … Er kommt ganz nah… Nein, ich will nicht. Sie stand schreiend auf und trat in den Sand. Es sah aus, als ob sie etwas zertreten wolle. Verschwinde. – Schließlich versuchte sie gegen die Felswand zu laufen, ging dann seitlich, lief neben dem Felsen hin und her. Sie schrie staccato artig. - Schrei lauter, rief er, der jede ihrer Bewegung verfolgte. -Sie setzte sich und schlug auf den Boden.- Schlag stärker. Jetzt wirbelten ihre Finger wie Trommelstöcke. Ihr Oberkörper bäumte sich auf. Schließlich wurde sie schwächer-  Doch seine Stimme rief: Lass nicht los, lass nicht locker, stärker, die Stöcke durchbohren den Boden.- Minutenlang bearbeitete sie den Sand um sie herum, der wegspritzte.  Dann sackte sie  mit einem Schrei zusammen. Sie wimmerte und hörte seine Stimme- Alles gut, du bist in Sicherheit. Es kann dir nichts passieren. Er nahm sie in den Arm. Sie weinte laut. Dann wurde sie leiser. Er trocknete ihre Tränen. Mit seinen Händen wischte er sie ab. Sie wurde ruhiger. Schließlich sah sie ihn an. Die Augen und den Mund. Von ihnen ging nichts Beunruhigendes mehr aus. Er flüsterte: Denk an deinen Tresor. Hast du den Schlüssel?  Sie nickte. Schloss die Augen für eine Weile. Gib mir ein Zeichen, wenn du die Szene eingesperrt hast. Nach ein paar Minuten erhob sie sich. Er ging auf sie zu, setzte sich neben sie und zog sie zu sich.
Sie spürte seine Arme, die sie wiegten. Blickte ihn an-  seine Augen, glatt wie die Oberfläche eines tiefgründigen Sees. Sie berührte seine Lippen und dachte: Jetzt ist die Vergangenheit ein fremdes Land.

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gold
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Beitrag20.01.2020 22:46

von gold
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Jesses, was ist dir denn da durch den Kopf gegangen? Etwas abstrus...

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nebenfluss
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Beitrag21.01.2020 01:34

von nebenfluss
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Ein Mann hat sich von seiner Freundin getrennt und sie damit traumatisiert. Als er zu ihr zurückkehrt, empfielt er ihr, die Erinnerung in einen metaphorischen Tresor zu sperren, um weiterhin seine Kontrolle über sie ausüben zu können. Sie gehorcht und lässt sich in seine Arme sinken.  
Aus dieser arg melodramatischen und m. E. wenig sinnigen Idee speist sich der gesamte Text. Sowohl E-Anspruch als auch Vorgaben finde ich hier nur schwach, teilweise gar nicht umgesetzt. Der Idee des Kintsugi scheint eher eine Absage erteilt zu werden. Die einleitenden Gedanken und die Schlussfolgerung aus dem Hartley-Zitat konnte ich nicht nachvollziehen.
Sorry, aber das war so nichts für mich.


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Catalina
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Beitrag21.01.2020 09:44

von Catalina
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Eine Frau erlebt eine Retraumatisierung, als sie an den Moment denkt, an dem ihr Freund/Mann mit ihr Schluss gemacht hat. Eben dieser Mann ist bei ihr und hilft ihr jetzt, dieses Trauma zu verarbeiten - was sie letztendlich schafft und das Vertrauen in ihn zurückgewinnt.

"Die Vergangenheit ist ein fremdes Land" ist umgesetzt, auch wenn für mich etwas holprig.
 
Kintsugi fließt wahrscheinlich ein, weil ein guter Umgang mit dem Trauma gefunden wird. Aber macht das Trauma bzw. dessen Verarbeitung auch wertvoller? Das müsste man selbst rein interpretieren... Ich bin nicht ganz überzeugt.

Dein Stil wechselt innerhalb der Geschichte stark. Mal sehr trocken, mal sehr emotional, mal surrealistisch. Das bringt mich eher durcheinander, als dass es mich mitnimmt. Man kann ihn aber trotzdem gut zu lesen.

Eine raffinierte Idee, das der Verursacher zum "Retter" wird.

Ganz persönlich ist mir der Text zu dramatisch, zu plakativ. Das trifft nicht so meinen Geschmack. Die Geschichte berührt mich nicht. Vielleicht, weil das Drama der Protagonistin so viel Platz einnimmt, dass keiner mehr für meine Emotionen bleibt?

Dein Text brachte mich aber immerhin dazu, darüber nachzudenken, wie gefährlich so eine "aufgedrängte" Traumaverarbeitung ist. Und auch, wie strange und schon fast unangenehm ich es finde, dass der Mann sich bei einer so intimen Situation so "aufdrängt".

schr
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Kiara
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Wohnort: bayerisch-Schwaben


Beitrag21.01.2020 13:06

von Kiara
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Hallo!

Der erste Eindruck des Textes meinerseits, rein subjektiv natürlich, bitte nicht überbewerten.

Eine schwierig zu lesende Geschichte.

Der Anfang mit dem Zitat aus der Aufgabenstellung stößt unangenehm auf, wobei du darin die Kurve kriegst und behauptest, der Autor hat unrecht.
Es folgen Sätze, die ich selbst nach mehrmaligem Lesen nicht verstehe. Dazu noch die Krake mit den rosablassblauen Tentakeln. Dieses Adjektiv setzt der grotesken Szene die Krone auf, wobei ich das leider nicht positiv meine - es fühlt sich unpassend an.
Es ist klar, dass es um ihr zerrissenes Wesen, ihr Inneres geht. Die Formulierungen sind teils gelungen, finde ich, aber nur teils. Dass die Innereien herauskommen und sich mit dem Spiegelei vermischen. Dieses Bild, wie du es wohl meinst, glaube ich zu erkennen, doch den Vergleich finde ich, nun ja - nicht eklig, eher ungalant. Egal, ist ja nur mein Eindruck.

Bitte entschuldige die Worte - man weiß ja hier nie, wer hinter dem Text steht und wie die Kritik aufgenommen wird - ich hoffe, niemandem zu nahe getreten zu sein. Wie eingangs erwähnt ist dies nur meine Meinung!

Die Tresorszene bringt etwas Ruhe rein, das ist gut. Es wird jedoch anschließend etwas zu viel mit der Ruhe für meinen Geschmack. Auch wenn die Frau bald staccato artig schreit. Wieder so eine Formulierung, die ich unsauber finde.

Das Ende gefällt mir besser, die Gedankenwelt der Frau tritt besser zum Vorschein.

Ich bin jetzt ewig um diesen Text getingelt. Auch nach Tagen Pause. Naja. Ich sollte mir nicht zu viele Gedanken machen. Gefällt oder gefällt nicht, bei mir kommt anscheinend nicht an, was Inkognito da ausdrücken wollte. Es ist seine Aufgabe, mir die Hinweise in den Weg zu legen oder mir Interpretationsraum zu lassen. In diesem Fall habe ich es nicht geschafft, sorry, obwohl ich die "verwirrten" Gedankengänge schätze.

Unter E-Literatur kann man ihn wohl klar einsortieren. Ohne ihn mehrmals zu lesen - selbst dann habe ich wahrscheinlich nicht alles richtig verstanden - kommt man wohl nicht klar. Interpretationsspielraum hat er fast schon zu viel für mein Geschmack, also ein Doppel-E-Text quasi.

Es wird leider nichts mit Punkten hierfür. Vielleicht sehen andere ja etwas in dem Text, was mir verborgen war. Hoffentlich bekommst du meine Kritik nicht in den falschen Hals - ist nur eine Einzelmeinung!

Meine Lieblingsstelle: "Der Autor hat nicht recht."

Liebe Grüße


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Zum Schweigen fehlen mir die Worte.

- Düstere Lande: Das Mahnmal (2018)
- Düstere Lande: Schatten des Zorns (2020)
- Düstere Lande: Die dritte Klinge (2023)
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Ribanna
Geschlecht:weiblichKlammeraffe

Alter: 61
Beiträge: 772
Wohnort: am schönen Rhein...


Beitrag21.01.2020 18:20

von Ribanna
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Tut mir Leid, aber mit diesem Text kann ich wenig anfangen.

Dazu sind einige Szenen in meinen Augen unnötig ekelerregend. Sicher, ich verstehe, dass Angst, Panik, Verzweiflung dargestellt werden soll - aber der Weg, die Umsetzung gefällt mir nicht.

Aber die Idee, die Vergangenheit bzw. Szenen aus der Vergangenheit einzuschließen in einen imaginären Tresor, okay, das hat was.


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a.no-nym
Klammeraffe
A


Beiträge: 699



A
Beitrag22.01.2020 02:20

von a.no-nym
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Hallo lieber Inko,

ich vermute, dass Du noch sehr jung bist - aber vielleicht liege ich damit auch komplett daneben?

Text: Eine (junge) Frau befindet sich in Begleitung eines Mannes an einem geschützten Fleckchen in der Natur; da ist viel Sand und ringsum stehen Felsen.
Ob sie sich tatsächlich beide an diesem Ort befinden und ob das Geschehen real ist – oder ob es sich um einen gedachten Ort und/oder "nur" um Gedanken der Protagonistin handelt (evtl. in einer Trance), bleibt (aus meiner Sicht) offen. Streckenweise liest sich der Text wie ein Beziehungsdrama, an anderen Stellen hatte ich den Eindruck, dass die Protagonistin mit einem Therapeuten im Gespräch ist, aber auch Deutungsmöglichkeiten in Richtung Fantasy und/oder "Zustand nach Drogenkonsum" wink halte ich für denkbar. Oder das Ganze ist doch eine Traumatherapie - dafür spricht ja durchaus einiges.

Vorgaben: Scherben/Bruchstücke gibt es offenbar, auch den Versuch, sie zusammenzubringen, kann ich erkennen. Die Vergangenheit als fremdes Land halte ich ebenfalls für umgesetzt – auch ohne die Erwähnung am Anfang und Ende. Ein Gespräch zwischen genau zwei Personen ist auch erkennbar. Für U und E fehlt mir leider immer noch der Kompass Embarassed

Kleinkram: Teilweise fand ich die Zuordnung schwierig, wer von beiden gerade redet, nicht so sehr wegen der Kursivschrift, sondern wegen fehlender Absätze bei Sprecherwechsel.
Manche Bilder sind so drastisch, dass sie Gefahr laufen, ins Komische zu kippen – ich nehme nicht an, dass das beabsichtigt ist (Bsp.: "Das Weiß seiner Augen war gelb geworden wie helles Spiegelei",  "Hackklumpen- Tartar", "ihre Tränen liefen über Tartar und Organe", "leckte sie [...] die salzige Nässe von seinem gebräunten Oberschenkel")

Es ist viel Kraft in diesem Text, viel Dramatik – oder, um es mal mit Küchenlatein zu versuchen: Der Koch ist beherzt zu Werke gegangen, die frischen Kräuter und Gewürze sorgen für kräftige Aromen. (Bei mir hat das für ein vorzeitiges Sättigungsgefühl gesorgt und dafür, dass ich Mühe hatte, die Grundzutaten herauszuschmecken.) Die Freude und die mitreißende Dynamik des Schreiben sind (für mich) spürbar.

Freundliche Grüße und die besten Wünsche
a.
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Boho
Geschlecht:weiblichLeseratte

Alter: 34
Beiträge: 115
Wohnort: Berlin


Beitrag22.01.2020 11:57

von Boho
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Liebe*r Verfasser*in,

hmm... hier gibt es einige Texte, die mich sehr berühren, deiner hat das leider nicht geschafft, die Protas sind mir komplett fremd geblieben.

Den Einstieg, in dem das Zitat genannt wird, mag ich nicht so sehr. Am Ende kommt die Prota dann doch zu dem Schluss, dass L.P. Hartley recht hatte mit dem Satz - mir würde es besser gefallen, wenn sich das alles aus dem Text ergeben würde. Und daran fehlt es hier für mich. Irgendwie sehe ich nicht, wo das Kintsugi in diesem Text ist. Klar, die Risse beschreibst du, aber ich sehe den Goldlack nicht so richtig... Tresorübung, okay. Mir wird beim Lesen nur nicht klar, was sich nun genau verändert hat im Innern deiner Prota.

Sprachlich ist der Text auch nicht so richtig meins, wobei das wohl eher subjektiv ist....

Deshalb leider keine Punkte von mir.

LG Boho
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traumLos
Eselsohr


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Beitrag22.01.2020 21:17

von traumLos
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Ähm, der Text beginnt für mich damit zunächst nicht einladend. Dann sind da die vielen Bilder. Nur logisch, dass mir von der großen Anzahl nicht alle gefallen können. Und das Ende lag nicht unbedingt nahe.

Dennoch hat mir dein Text gut gefallen. Das Thema, die Kommunikation von zwei Personen, der Ort. Alles drin. Das Drama, das in ihr abläuft, für ihn sichtbar, prima rausgearbeitet. Wenn dein Text ohne Punkte bleiben sollte, ist es nicht in deinem Text begründet, sondern ich habe dann andere Texte noch etwas stärker eingeschätzt.


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Literättin
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Beitrag23.01.2020 08:27

von Literättin
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Vorneweg: wenn ich einen Text kritisiere, beschreibe ich in erster Linie, was vom Text bei mir ankommt und was es auslöst. Sollten dabei auch einmal harte Worte fallen, so sind es dennoch beschreibende, nicht verurteilende, hämische oder verachtende. Ich kritisiere nicht in satter Selbstzufriedenheit. Immerhin sind mir selbst schon Texte aus der Feder geflossen, die daneben gingen. Und das sind zunächst einmal die meisten meiner Texte oder Texte-im-Entstehen.

                                                                                *

Dies ist ein Melodrama. Und mir damit zu melodramatisch. Ich schaffe es nicht durch den kompletten Text hindurch. Ich verstehe: es geht um ein Psychotrauma, eine Psychose, eine Therapie. Ob mit Therapeuten oder letztlich mit dem Liebsten - ich weiß es nicht. Ich hoffe zumindest, dieser Retter ist nicht beides in einer Person. Jedenfalls finde ich in diesem Text, von dem mir ein guter Teil fehlt, weil ich ihn nicht am Stück schaffe - von allem ein bisschen zu viel und zu dick aufgetragen. Und in den letzten Sätzen strandet er im Kitsch. Tut mir Leid: kein Text, den ich gut lesen kann.

Und doch: ich habe ihn ganz gelesen, diesen Text. Und komme zu demselben Schluss.


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- Tomás Halík -

Im günstigsten Fall führt literarisches Schreiben und lesen zu Erkenntnis.
- Marlene Streeruwitz - (Danke Rübenach für diesen Tipp.)
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F.J.G.
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Beitrag23.01.2020 13:37

von F.J.G.
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'nahmt!

Irgendwie wirkt dieser Text auf mich surrealistisch.

Was hat die Kursivschrift zu bedeuten? Anscheinend wird hier zwischen zwei Sprechern unterschieden. Dennoch, zu einem Dialog gehören nicht nur die Aussagen, sondern auch eine rationale Verbindung zwischen diesen. Und die kann ich nicht erkennen.

Und bitte, bitte, bitte, niemals Apostrophe mit Akzenten verwechseln! Danke.

Nix für mich. Sorry!


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hobbes
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Beitrag23.01.2020 16:30

von hobbes
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Oh weh. Das erscheint mir anfangs wie der sehr angestrengte Versuch, die Vorgaben umzusetzen, so in Richtung mehrschichtig, ungefügig, aber nur weil man alles ein bisschen durcheinanderwürfelt und kursiv macht, funktioniert das dummerweise nicht. Im Gegenteil, es macht mir mein Leben als Leserin schwerer und ich sehe leider keinen Mehrwert in dieser Erschwernis. Oder naja, vielleicht willst du die wirren Gedanken der Prota damit deutlich machen. Das klappt. Aber was nützt es, wenn es mich als Leserin in die Flucht schlägt?

Außerdem gefällt mir Stil und Sprache nicht sonderlich, der Satz, der in ihr gellt, zum Beispiel. Klar, kann man schreiben, aber nun ja. Mir gefällt es nicht.

Und alles ist mir tendenziell "zu viel", zu viel Beschreibung, zu viel Erklärung, zu viele Wörter um etwas, was man auch einfacher und mit weniger hätte sagen können..
Nach dem ersten Absatz fürchte ich, mich mit der Prota wohl nicht mehr anfreunden zu können. Zu viel Drama für meinen Geschmack.

Ach Gott und dann wird sie auch noch errettet und alles ist gut.

Nein, tut mir leid, damit kann ich leider so gar nichts anfangen.
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Babella
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Beitrag24.01.2020 15:23

von Babella
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Eine Beziehung, die schon beendet war, wird wieder repariert. Die Frau leidet noch, aber der Mann hilft ihr, den Satz, der sie so verletzt hat, zu "vergessen", indem er nach einer dramatischen Szenze symbolisch in einen Tresor gesperrt wird.

Ja, Vergangenheit ist manchmal zu nah und zu vertraut, und manchmal wünscht man sich, sie sei ein fremdes Land. Eine interessante Deutung.

Ich nehme die Frau als unterlegen und ausgeliefert wahr. Erst verlässt er sie, dann spielt er den Therapeuten? Das gefällt mir nicht.

Vielleicht habe ich auch etwas missverstanden. Kann ich nicht ausschließen.
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MoL
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Beiträge: 1838
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Das bronzene Stundenglas


Beitrag25.01.2020 01:17

von MoL
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Entschuldige bitte, lieber Inko (Schlomo?),

aber ich sehe mich außerstande, diesen Text a) zu ende zu lesen und b) irgendwie zu bewerten. Ist mir einfach zu... ja, was soll`s, ich spreche es aus: ekelig.

Ist ganz sicher Geschmackssache, und auch mit Reaktionen wie der meinen muss man rechnen, wenn man eben NICHT Mainstream schreibt. Was ja auch irgendwie gewünscht war.

Ich drücke Dir die Daumen, dass Du hilfreichere Kommentare als den meinen bekommst.


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schreiberlinga
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Beiträge: 77



Beitrag25.01.2020 02:58

von schreiberlinga
Antworten mit Zitat

Ich habe die Wettbewerbstexte in der Regel nur einmal durchgelesen. Mein Kommentar darunter ist also eine ziemlich spontane Reaktion. Ich hoffe, dass du trotzdem - oder gerade deswegen - von meinem ersten Eindruck profitierst.

Eine Beziehung, die früher mal schmerzhaft auseinanderging und jetzt wieder zusammenprallt. Ich bekomme den Eindruck, die beiden lassen sich von der Leidenschaft treiben. Fehlt die echte, verbindliche Liebe oder suchen sie diese gerade? Werden die Risse am Schluss geheilt oder kommen neue hinzu?
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Constantine
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Beiträge: 3311

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Beitrag25.01.2020 09:53

von Constantine
Antworten mit Zitat

Bonjour

Ich tue mich bereits recht schwer zu Beginn deines Textes, wo du mich verlierst, was die Motivation bzw. das Innere deiner Protagonistin angeht.
Zur Verdeutlichung:
Zitat:
Ähm, mir geht der Satz von L.P. Hartley, den ich gestern gelesen habe, immer noch durch den Kopf. Er lässt mir keine Ruhe. Er lautet: `Die Vergangenheit ist ein fremdes Land.´ Also, wenn ich ein fremdes Land befahre, muss ich mich erst orientieren. Ich brauche ein Navi, damit ich mich zurechtfinde. Ich tapse darin herum wie in einem Traum. Wenn ich da an den Satz denke: ` Ich muss mich von dir trennen, ich empfinde nichts mehr für dich´ ,der Bestandteil unserer Vergangenheit ist, und der immer wieder in meinen Gedanken auftaucht,  so ist er … er ist so, als ob du ihn gerade wieder ausgesprochen hast. Er ist real und überhaupt nicht fremd. Der Autor hat nicht recht.

Du beginnst hier gleich direkt mit den Gedanken deiner Protagonistin, einerseits übernimmst du das Zitat des Themas, anderseits verknüpfst du es konkret mit einem anderen
"Zitat" aus der Erinnerung als Beispiel für die Bedeutung des Themas: Der Partner sagte der Protagonistin, dass er sich von ihr trennen muss, weil er nichts mehr für sie empfindet. Für sie zerbrach ihre Welt. Du schreibst, das Zitat geistert ihr durch den Kopf und lässt ihr keine Ruhe (doppelgemoppelte Formulierungen). Dieser Gedankeneinstieg kommt aber sehr distanziert/emotionslos daher, sehr rational, in gewisser Weise objektiv, wenn am Ende noch das Zitat des Themas widerlegt wird.
Wenn mir jetzt im Anschluss von einem  beschrieben wird, in welcher Situation sich die Protagonistin gerade befindet, als sie diesen Einstieg denkt, dann passt dieser eher emotionslos gedachte Einstieg für mich überhaupt nicht zum folgenden Abschnitt, dass sie mit ihrem Partner irgendwo an einer Klippe ist, den Tränen nahe ist, sehr aufgewühlt ist und nur weg möchte. Du bist mir auch nicht durchgängig in der neutralen Erzählperspektive verortet, wenn du aus den Gedanken der Protagonistin raus gehst, ab und an rutscht auktoriales nicht rein, wodurch für mich dein Beitrag unausgegoren (klar, der Kürze der Zeit des Verfassens geschuldet) wirkt und ich in meinem Lesen hängen bleibe, mich frage, warum hier neutral, warum da auktorial und das kann nicht der Sinn deines Textes sein, mich als Leser aus dem Text rauszuwerfen:
Zitat:
Sie saß lange Zeit im Sand und blickte vor sich hin. Sie schluckte. Leicht nach vorne gebeugt stand sie auf. Ich muss… muss mich bewegen. Sie ging hin und her. Beschleunigte ihre Schritte. Es ist so, als ob du gerade zu mir sagst, dass du dich von mir trennen musst. Ihr kamen die Tränen. Er ging auf sie zu,<-- Bis hier ist es für mich neutral.  wollte sie in den Arm nehmen. <-- Das ist für mich auktorial. Hätte ich weggelassen.Ihr anschließendes „Lass mich“ finde ich gut. Lass mich. Ich kann nicht. Der Satz hatte sich in sie eingebrannt.<-- Hier erneut auktorial. `Ich muss mich von dir trennen, ich empfinde nichts mehr für dich´ - und er gellte in ihr. <-- auktorial Sie hielt sich die Ohren zu. Sah ihn an. Da, wo gerade eben sein Auge war, zerfloss etwas.<-- Das kann ich nicht zuordnen. Ist für mich weder auktorial noch neutral. Es scheint aus ihrer Ich-Perspektive zu sein, weil sie es nicht sehen kann, aber dann passt es noch weniger. Sie hielt die Hand vor den Mund. Beim Versuch, wegzulaufen, stieß  sie gegen einen mehrere Meter hohen Felsen. <-- Das ist für mich wieder neutrale Erzählperspektive. Ich … ich springe. Ich springe runter. – Als sie Anstalten machte, an dem Fels hochzuklettern, versuchte er, sie an ihrem Fußknöchel zu fassen,  sie zurückzuhalten. -Ruhig, ganz  ruhig. Es ist doch vorbei. Diese Zeit ist vorbei. – Alles kam wieder in ihr hoch.<-- Dieser Satz ist für mich auktorial. Und dieser Satz ist das, was deinen emotionslosen und rationalen Anfang für mich absurd macht, weil deine Protagonistin für mich bereits in einer angespannten Situation ist, die du mir als Leser im Nachhinein als Handlung schilderst, diese Handlung aber von Anfang an vorherrscht, wenn deiner Protagonistin das Zitat seit gestern nicht mehr aus dem Kopf geht und ihr somit keine Ruhe lässt.  Wie er sie stehen hatte lassen und wie sie zunächst glaubte, sich verhört zu haben. Sie schrie - Du, du hast mich zerstört. Unendlich zerstört. – Das ist doch vorbei. Was zählt, ist das Hier und Jetzt. Alles andere spielt keine Rolle mehr. Sie sah ihn wieder an. Das Weiß seiner Augen war gelb geworden wie helles Spiegelei, das auslief und sich weiter Bahn brach, Blut unterlaufen ließ, das gerann und sich zu Klumpen formte, Hackklumpen- Tartar, dachte sie. <-- Bisher hast du ihre Gedanken kursiv markiert und somit strukturell vorgegeben, dass Kursives die Gedanken der Protagonistin sind und Nicht-kursives der Erzähler ist. Hier jetzt mit einem „dachte sie“ ihre Gedanken Nicht-Kursiv zu schreiben, passt nicht. Ist das der auktoriale Erzähler oder sind das die Gedanken deiner Protagonistin? Trichinen, weißlich grüne Fadenwürmer. <-- Gehört das auch noch zu ihren Gedanken? Es schüttelte sie. Sie fröstelte. <-- Entweder schüttelt es sie oder sie fröstelt. Beides empfinde ich als zu viel des Guten.


Zu den Vorgaben:
In deinem Text versuchst du, das Thema zu entwickeln: Die Vergangenheit ist kein fremdes Land, das widerlegt deine Protagonistin zu Beginn, am Ende stimmt sie der Aussage dann doch zu, weil die verletzende Aussage ihres Partners, der zum Vertrauensbruch und beinahe Beziehungsaus (Kintsugi-Brüche) geführt hätte, überwunden wird (Kintsugi-Reparatur). Somit wird das Zitat erarbeitet, anstelle dass es bereits zu Beginn als Status vorliegt. Inwiefern der Bruch/der Fehler in der Beziehung der beiden wertgeschätzt wird, um ihn als gleichwertig mit der Reparatur anzusehen, ist schwierig einzuschätzen: Der „Fehler“ liegt wie ein Damoklesschwert über den beiden und wird am Ende ausgelöscht, ist nicht mehr vorhanden, da verarbeitet.
Das Gespräch von zwei Personen ist drin.
Der begrenzte Ort ist drin.
Bei der Einhaltung der geforderten Rückblendeneinschränkung bin ich mir nicht sicher, da im ganzen Text auf die Aussage „Ich muss mich von dir trennen, ich empfinde nichts mehr für dich“ Bezug genommen wird und dieser Aussage als Gedanke und auch im Dialog als Rückblende verstärkt auftritt.
Dass sich der männliche Partner noch als „Magier“ der Psychotherapie auszeichnet und den Heilungsprozess gefühlt innerhalb von fünf bis zehn Minuten einleitet, ist eine magisch-glückliche Fügung, überzeugt mich in dieser Form leider nicht.
Insgesamt wurden einige Vorgaben erfüllt, verstärkt wurde versucht, den Bruch und die Reparatur im Prinzip des Kintsugi inhaltlich auszuarbeiten, auch wenn der Bruch mMn keine Wertschätzung in dem Sinne erhält, dass er parallel zur Reparatur bleibt, sondern am Ende wird er austherapiert und ist so gesehen kein Thema mehr. Interessanter und vorgabenrelevant wäre jetzt für mich, wie geht es weiter mit den beiden. Dein Text endet mMn dort, wo er im Prinzip anfangen und weitergehen sollte, denn am Ende hat der Bruch eine Ebene erlangt, die ihn mMn gleichwertig und für beide Protagonisten wertschätzend mit der Reparatur stehen lässt.

Merci beaucoup
Constantine
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holg
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Beitrag25.01.2020 13:10

von holg
Antworten mit Zitat

Ich bin mir nicht sicher, ob diesem Text nicht ein Missverständnis zugrunde liegt. Ein Missverständnis darüber, was E Literatur bedeutet.
Denn was ich hier lese, hätte einerseits ganz gut in den Stream-Of-Consciousness-Wettbewerb vor ein paar Jahren gepasst, andererseits wäre er auch da ein mangels Formatierung kaum lesbarer Klotz gewesen.
Das Setting bleibt ebenso nebulös wie die Frage, worum es eigentlich geht und in dieser selten fokussierten Sprachwelt verliere ich irgendwann, ehrlich gesagt, die Lust, dem Text zu folgen.


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V.K.B.
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Beitrag26.01.2020 21:46

von V.K.B.
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Hallo Inko,
vorweg ein paar spontane Lesegedanken:

Zitat:
Ich brauche ein Navi, damit ich mich zurechtfinde
Wohl eher erstmal Informationen über Sitten, Gebräuche und Gesetze, damit man sich dort nicht erstmal Prügel einfängt, im Knast landet oder Schlimmeres. Klar, gilt jetzt nur für wirklich fremde Länder, fremd in dem Sinne, dass man die Kultur nicht kennt und vieles anders ist, als man es gewöhnt ist.

Zitat:
Sie dachte an den Satz `Ich muss mich von dir trennen, ich empfinde nichts mehr für dich´ und sperrte ihn ein.
Ich bezweifel mal, dass das klappt. Es gibt einfach Sätze, die bleiben, die sich nicht wegsperren lassen, die immer an einer Beziehung fressen, bis das Fundament zerstört ist und bricht. Ganz egal, wie stabil und gealtert/fossil dieses schon war. Shit, kenn ich nur zu gut. Bei mir war es aber: "Warum gehst du dich nicht umbringen, du tätest mir einen großen Gefallen." Sowas schmeißt man doch niemandem an den Kopf, wenn man es nicht meint, nicht einmal im Streit. Von da an war unsere Vergangenheit wirklich ein fremdes Land und mir klar, dass diese Ehe kein halbes Jahr mehr halten wird. Damn, Trennung ist zwar schon etwas über drei Monate her, aber ich weiß gerade nicht, ob ich diese Geschichte lesen will …

Zitat:
Sie spürte seine Arme, die sie wiegten. Blickte ihn an-  seine Augen, glatt wie die Oberfläche eines tiefgründigen Sees. Sie berührte seine Lippen und dachte: Jetzt ist die Vergangenheit ein fremdes Land.
Hmmm, ich weiß jetzt nicht, was ich davon halten soll. Okay, "ich empfinde nichts mehr für dich" kann man vielleicht gedankenlos mal dahersagen. Trotzdem habe ich eher den Eindruck, dass der Kerl da ein sadistisches Psychospielchen mit ihr treibt, die Szene nicht therapeutisch hervorholt, sondern sie ganz bewusst daran zu erinnern versucht, wie zerbrechlich die Beziehung ist und wie abhängig sie von ihm sei. Eine perfekte Möglichkeit, ihre Gefühle zu kontrollieren, ein Ohnmacht-Macht-Gefälle aufzubauen und zu festigen. Kintsugi goes Ragnar Redbeard, sozusagen. Böse, aber effektiv, sie fällt darauf rein und merkt es nicht.
Mag aber durchaus sein, dass ich das Ende gerade negativer interpretiere, als es gemeint ist. Vielleicht will er ihr ja wirklich nur helfen und das ganze sollte therapeutisch sein. Aber ich glaube nicht mehr an Märchen oder das Gute im Menschen.

Okay, kommen wir zur Einordnung. Auf jeden Fall abseits von konventionellen Pfaden geschrieben. Mehrdeutig interpretierbar. Definitiv grün (was Wettbewerbszugehörigkeit angeht). Das Vergangenheitskonzept definitiv umgesetzt, Kintsugi auch, egal, ob jetzt böse oder hilfreich gemeint. Vielleicht ein bisschen unfair, aber emotional kann ich mich auf die Geschichte gerade nicht einlassen und sie daher nur analytisch betrachten.

beste Grüße,
Veith

Abschließend, nach ewigem einigem hin und her Überlegen, wüsteste Flüche über den Wettbewerb ausstoßen, Tischkanten zerbeißen und das gesamte Dictionnaire Infernal rauf und runterbeschwören, landet deine Geschichte im grünen Bereich und erfüllt damit die Anforderungen an den Wettbewerb, wie ich sie momentan verstehe, vollständig. Sie landet auf Platz 2 meiner Top Ten und erhält damit 10 Punkte.


_________________
Hang the cosmic muse!

Oh changelings, thou art so very wrong. T’is not banality that brings us downe. It's fantasy that kills …
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firstoffertio
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Beitrag26.01.2020 23:43

von firstoffertio
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Das ist leider nicht meins.

Anfang und Ende sind trivial, und dazwischen ist sehr viel Drama.

Das ist auch ein Text, den ich nicht glaube.
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silke-k-weiler
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Alter: 49
Beiträge: 748

Das goldene Schiff Der goldene Eisbecher mit Sahne


Beitrag27.01.2020 17:42

von silke-k-weiler
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Lieber Text,

ich habe Dir keine Punkte gegeben. Auch wenn ich das Thema durchaus in Dir umgesetzt finde, führen Übertreibungen wie "Hackklumpen-Tartar" und unfreiwillig komische Momente dazu, dass ich diese Szene nicht wirklich ernst nehmen kann. Ich will dabei aber auch nicht schmunzeln, schließlich bin ich Zeuge, wie ein Paar eine Phase der Trennung aufarbeitet. Aber für mich gelingt es Dir nicht, die emotionale Auseinandersetzung der Frau, mit sich selbst wie mit dem Mann, glaubhaft rüberzubringen. Nachvollziehbar, sodass ich danach irgendeine Art von Gefühl für die beiden habe.

Herzlichst,
Silke
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Michel
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Beitrag28.01.2020 14:47

von Michel
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Ähm … die Geschichte beginnt mit „ähm“. Frau fürchtet sich vor der Erinnerung einer Trennung, doch der Partner scheint zurück zu sein (oder hat sie nie verlassen) und versucht ihr, bei der Bewältigung der Erinnerung zu helfen. Der Aufgabentitel wirkt anfangs eher plump eingebaut, die Sprache wenig differenziert („Sie […] sie […] sie […]“). Horror-Einschübe eines zerlaufenden Auges und hervorbrechender Trichinen sind anfangs nicht einzuordnen, die unklare Verwendung der Kursivschrift lässt mich rätseln, wozu das Stilmittel eingesetzt wird. (Ich konnte das Rätsel nicht lösen.) Psychotisches Erleben? Würde passen. Offenbar geht es um eine Kernerinnerung. Er hatte sie verlassen, ist zurückgekommen, hält sie fest, als sie am Strand fliehen will, sie schmiegt sich an ihn, gleichzeitig lese ich immer wieder Horror-Einschübe herausgerissener Organe. Die Sprache bleibt in meiner Wahrnehmung etwas ungelenk, die Geschichte schließt mit erneuter Nennung des Aufabentitels. Ich lese ein kathartisches Nacherleben einer psychosenah verfremdenden Trennungsszene, finde mich aber nicht so recht durch die Geschichte – und die Mühe des Entzifferns wird durch die gefühlte Banalität irgendwie nicht belohnt.

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Seit 27. April im Handel: "Rond", der dritte Band der Flüchtlings-Chroniken
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Jenni
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Beiträge: 3310

Das goldene Aufbruchstück Die lange Johanne in Gold


Beitrag30.01.2020 00:47

von Jenni
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Witziger Einstieg, das Sinnieren über das Zitat, das verspricht gut zu werden - aber dann folgt ein überdramatisiertes Betrauern einer Trennung die offenbar selbst schon Geschichte ist, Schmerz, der durch eine Art Ritual (?) überwunden wird, die Vergangenheit wird in einen mentalen Tresor eingesperrt und „die Vergangenheit ist jetzt ein fremdes Land“, womit das Thema mir ziemlich aufgesetzt und nicht wirklich im Text verarbeitet erscheint. Ein Tresor ist ein Ort, an dem etwas wertvolles aufbewahrt wird, und diese schmerzvolle Erinnerung ist offenbar aus irgendeinem Grund wertvoll und wird auf Anraten des garstigen Partners (das ist doch der Gleiche, der sich zuvor getrennt hat?) von Zeit zu Zeit freigelassen - weil die Versöhnung danach so schön ist, oder ist man schlicht sadistisch veranlagt? Sehr rätselhaft, aber nicht auf eine Art und Weise, die mich positiv beschäftigt, vor allem nicht in Verbindung mit diesem doch recht melodramatischen Stil („durchfuhr sie ihr eigener  Schrei, ihr Entsetzen, ihre Angst, die ihre Kehle wie ein Krake mit seinen rosablassblauen Tentakeln umschloss“, too much for me). Schade, weil ich den Anfang so wirklich vielversprechend fand (und finde).
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