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Ralphie Forenonkel
Alter: 71 Beiträge: 6340 Wohnort: 50189 Elsdorf
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16.11.2019 19:07
von Ralphie
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Das ist Antisemitismus, und Antisemitismus ist in Deutschland verboten. Du machst dich schon strafbar, wenn du Frauen- oder Ausländerwitze reißt.
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Papiertiger Leseratte
Alter: 57 Beiträge: 125 Wohnort: Paderborn
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16.11.2019 19:42
von Papiertiger
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Und was ist mit den Filmen, in denen sich zwei Nazioffiziere unterhalten und ihre nächsten Schandtaten planen, inklusive Gebrauch solcher Schimpfworte?
Die sind auch alle illegal?
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Kiara Reißwolf
Alter: 44 Beiträge: 1404 Wohnort: bayerisch-Schwaben
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16.11.2019 19:49
von Kiara
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Ich meine, dass in einer fiktiven Geschichte Aussagen erlaubt sind. Es gibt sicherlich rechtliche Möglichkeiten, wenn es ausartet (bzw. wenn es diverse solche Aussagen in deinem Werk gäbe und es daher im Allgemeinen als antisemitisch gelten könnte), aber die von dir beschriebenen Dinge sind m. E. machbar.
Problematisch könnte es werden, wenn du solche Aussagen historischen oder realen Personen in den Mund legst.
_________________ Zum Schweigen fehlen mir die Worte.
- Düstere Lande: Das Mahnmal (2018)
- Düstere Lande: Schatten des Zorns (2020)
- Düstere Lande: Die dritte Klinge (2023) |
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nothingisreal Papiertiger
Beiträge: 4002 Wohnort: unter einer Brücke
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16.11.2019 19:54
von nothingisreal
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Papiertiger hat Folgendes geschrieben: | Und was ist mit den Filmen, in denen sich zwei Nazioffiziere unterhalten und ihre nächsten Schandtaten planen, inklusive Gebrauch solcher Schimpfworte?
Die sind auch alle illegal? |
Natürlich. Deswegen sitzen alle, die bei solchen Filmen mitmachen, im Gefängnis. Wusstest du das nicht?
Ich hab keine Ahnung, woher Ralphie diese Aussage hat. Solange du mit deinem Werk nicht für ein antisemitisches Verhalten wirbst, begehst du keine Straftat. Sonst müssten alle Krimi-Autoren auch in den Knast. Mord ist in Deutschland auch verboten.
_________________ "Es gibt drei Regeln, wie man einen Roman schreibt. Unglücklicherweise weiß niemand, wie sie lauten." - William Somerset Maugham |
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lebefroh Eselsohr
L Alter: 43 Beiträge: 364 Wohnort: Berlin
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L 16.11.2019 20:22
von lebefroh
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Ralphie hat Folgendes geschrieben: | Hi, Papiertiger!
Kannst du nicht schreiben: "wie ein Franzose." Wenn du das "Scheißjude" in deinem Roman stehen lässt und das Ding veröffentlicht wird, machst du dich vor dem Gesetz strafbar. Da spielt es keine Rolle, ob dein Bösewicht das Wort ausgesprochen hat. |
Das ist einfach blanker Unsinn.
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Gerling Exposéadler
G Alter: 58 Beiträge: 2382 Wohnort: Braunschweig
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G 16.11.2019 20:33
von Gerling
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Ralphie hat Folgendes geschrieben: | Das ist Antisemitismus, und Antisemitismus ist in Deutschland verboten. Du machst dich schon strafbar, wenn du Frauen- oder Ausländerwitze reißt. |
Sorry, aber das ist Quatsch. Darüber hinaus werden hier jetzt „Tatbestände „ vermischt. Nochmal, es gibt sowas wie die künstlerische Freiheit. Ich könnte sogar einen fiktiven Roman schreiben, in dem der Prota den Holocaust leugnet. Niemand, wirklich niemand könnte mich dafür juristisch belangen. Eben weil es ein fiktiver Roman ist.
_________________ Die Ewigen (Juni 2018)
Architekt des Bösen - Edition M (Aug 2019)
Tag X - Bookspot Verlag (2020)
Caldera - Bookspot Verlag (März 2021)
Brandmale - Rowohlt Verlag (Okt 2021)
Argusaugen - Rowohlt Verlag (Okt 2021)
Kopfgeld - Rowohlt Verlag (April 2022)
Der Perfektionist - Rowohlt Verlag (Mrz 2023)
Die Schuldigen - Rowohlt Verlag (Mrz 2023)
Der Seelsorger - Rowohlt Verlag (Juli 2023) |
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zwima Klammeraffe
Beiträge: 640 Wohnort: Reihenhausidyll
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19.11.2019 07:59
von zwima
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Klar darfst du das schreiben. Wie Gerling schon sagte, so etwas fällt unter die künstlerische Freiheit und es sollte Autoren mMn auch möglich sein, rassistische, misogyne, homophobe, etc Figuren in unseren Geschichten darzustellen. Ich würde sogar noch weiter gehen und sagen, vor allem in historischen Romanen sollte es möglich sein, die Zeit zu porträtieren, ohne direkt auf der Shitlist der Sensitivity Reader zu landen. Spielt mein Roman vor 150 Jahren war ein Kriegsversehrter nunmal ein Krüppel. Das war der damals gängige Begriff und nicht abwertend.
Müssten wir ganze Wortlisten aus unseren Geschichten verbannen, würde das die Literatur ärmer machen.
Passend zum Thema, fände ich die Frage spannend, wer von euch sich gernell schon Gedanken zum Thema Sensitivity Reading macht/gemacht hat.
Welche Blüten die Unfähigkeit von Lesern zwischen den handelnden Figuren und den Ansichten des Autors zu unterscheiden, mitunter treiben kann, zeigt zB schön dieses Beispiel:
Zitat: | Hintergrund des Streits ist, dass sich ein Mensch durch die Verfilmungen meiner Bücher angegriffen fühlt. Er kann als Nichtleser zwischen der Fiktion eines Kriminalromans und der Realität nicht unterscheiden. Er behauptet in einem Leserbrief, ich hätte die Ostfriesen als Volk von Mördern und Verbrechern dargestellt. Folglich sei ich ein Nestbeschmutzer. (Natürlich habe ich das nie getan, nie gesagt, nie geschrieben, nie gedacht.) |
Zum vollständigen Artikel geht es hier https://www.buchmarkt.de/menschen/ich-befinde-mich-in-einer-voellig-absurden-situation/?fbclid=IwAR2BLhASPBTMzxEhkHjey6Vj_rI9Lg3FYF-61FiAYm6VNk0DkeTB7-u5zeE
_________________ HarperCollins:
Winterglück am Meer, Nordlichtträume am Fjord, Sommerzauber am Fjord, Winterküsse unterm Nordstern, Lichter, die vom Himmel fallen, Lichterzauber in Whispering Heights (2024), AT Van (2025)
Piper:
Späte Ernte, AT Moor
Lübbe:
Everything-for-youo-Trilogie, Unter-Haien-Dilogie |
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Papiertiger Leseratte
Alter: 57 Beiträge: 125 Wohnort: Paderborn
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19.11.2019 19:37
von Papiertiger
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Den Begriff Sensitivity Reading kannte ich noch gar nicht.
Da wird es wohl einiges an Schimpfe hageln, wenn ich dann auch noch einem Weißen das böse Wort "Nigger" in den Mund lege, was erstens wirklich furchtbar ist, aber zweitens damals Usus war. Ob man das schön findet oder nicht.
Ein User hat (sinngemäß) geschrieben, dass ich, wenn ich das Wort mit dem "Scheiß" zu Beginn bringe, der Bösewicht als Arschloch dasteht. Klasse! Genau das möchte ich ja. Da ist der drastische Ausdruck vielleicht genau richtig.
In den Filmen zur Nazizeit werden die Nazis doch u.a. auch dadurch richtig widerwärtig, dass sie schlimm, menschenverachtend reden.
In dem von dir verlinkten Artikel (man weiß nicht, ob man über den "Fall" lachen oder weinen soll), gefällt mir der letzte Satz am besten:
"Ein bisschen spiegelt es auch den sinkenden Bildungsstand wider. Lesen könnte helfen, oder eine breite Diskussion über das, was Fiktion, ja, Literatur, ausmacht." (Zitat: K.-P. Wolf, buchmarkt.de)
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Gast
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20.11.2019 22:07
von Gast
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Papiertiger hat Folgendes geschrieben: | Vielleicht trägt es zu Klärung bei, dass mein Roman Antisemitismus überhaupt nicht zum Thema hat. Auch nicht implizit.
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Ich kenne Deinen Roman nun gar nicht,
aber Du gibst mir ein Stichwort für meine Antwort.
1. wäre es ein Roman, wo diese Schimpfworte eine den Roman vorantreibende und entwickelnde Rolle spielen, kann das rein und muss vielleicht sogar rein
2. ist es ein Stilmittel, um, so wie bei Dir, einen Charakter noch böser zu machen, ... besser bleiben lassen. Ein guter Schriftsteller ist bestimmt in der Lage, das Böse auch anders, politisch weniger brisant, zu verdeutlichen
Schon eine Blume oder eine Maus achtlos zertreten macht einen Charakter "böser", da bedarf es nicht unbedingt einer Holocaust Effekt Keule.
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Gast
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20.11.2019 22:11
von Gast
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Auch die hier gerade beschworene künstlerische Freiheit entbindet nicht vom Einfühlen in besondere Empfindlichkeiten.
Künstlerische Freiheit sollte nur dann ausgeübt werden, wenn sie dem Werk dient und diese Provokation rechtfertigt.
Ja, so sehe ich das.
Aber vielleicht bin ich ja was altmodisch
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pstruebe Gänsefüßchen
P
Beiträge: 27
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P 20.11.2019 23:34
von pstruebe
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Ralphie hat Folgendes geschrieben: | Das ist Antisemitismus, und Antisemitismus ist in Deutschland verboten. Du machst dich schon strafbar, wenn du Frauen- oder Ausländerwitze reißt. |
Es wurde bereits gesagt, aber auch ich möchte antworten: Diese Begründung halte ich für Unfug. Nimm z.B. mal einen widerlichen White-Trash-Antagonisten aus einem Stephen-King-Roman – der könnte haargenau besagten Satz sagen oder denken. Und es ist völlig legitim, diesen literarisch genau so einzusetzen.
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zwima Klammeraffe
Beiträge: 640 Wohnort: Reihenhausidyll
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21.11.2019 08:04
von zwima
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Zitat: |
Künstlerische Freiheit sollte nur dann ausgeübt werden, wenn sie dem Werk dient und diese Provokation rechtfertigt.
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NUR dann? Und welche Instanz schreibt mir in Zukunft dann vor, wie ich mein Figurenkabinett aufstellen muss und welches Vokabular ich zu verwenden habe? Gibt es dann künftig eine schwarze Wortliste, deren Verwendung verboten wird? Dann sind wir mMn ziemlich nah an einem Census. Und wer entscheidet denn darüber, ob eine bestimmte Wortwahl dem Werk dient oder nicht? Der einzige Richter über diese Frage kann doch wohl nur der Autor selbst sein.
Sicher, sollte sich ein AutorIn zu bestimmten Provokationen entschließen, muss er mit dem Echo rechnen, das er damit hervorruft. Wenn jemand provoziert, muss er damit leben können, dass sich LeserInnen provoziert fühlen. Aber daraus einen Zwang oder auch schon eine Anspruchshaltung der LeserInnen abzuleiten, dass bestimmte Worte nicht verwendet werden dürfen, oder alle möglichen Minderheiten in einem Text unbedingt vorkommen MÜSSEN, halte ich für falsch.
_________________ HarperCollins:
Winterglück am Meer, Nordlichtträume am Fjord, Sommerzauber am Fjord, Winterküsse unterm Nordstern, Lichter, die vom Himmel fallen, Lichterzauber in Whispering Heights (2024), AT Van (2025)
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Lübbe:
Everything-for-youo-Trilogie, Unter-Haien-Dilogie |
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Ribanna Klammeraffe
Alter: 61 Beiträge: 772 Wohnort: am schönen Rhein...
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21.11.2019 08:17
von Ribanna
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zwima hat Folgendes geschrieben: | Zitat: |
Künstlerische Freiheit sollte nur dann ausgeübt werden, wenn sie dem Werk dient und diese Provokation rechtfertigt.
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NUR dann? Und welche Instanz schreibt mir in Zukunft dann vor, wie ich mein Figurenkabinett aufstellen muss und welches Vokabular ich zu verwenden habe? Gibt es dann künftig eine schwarze Wortliste, deren Verwendung verboten wird? Dann sind wir mMn ziemlich nah an einem Census. Und wer entscheidet denn darüber, ob eine bestimmte Wortwahl dem Werk dient oder nicht? .....Der einzige Richter über diese Frage kann doch wohl nur der Autor selbst sein. Und seine moralische Instanz! |
Ich denke, soviel Anstand sollte jeder Autor, jeder Mensch! schon haben, sich selbst zu fragen, ob hier eine antisemitische, rassistische, frauenfeindliche tbc. Äußerung notwendig ist, oder ob man einen solchen Satz nur schreibt, weil das irgendwie "cool" ist. Das Böse kann man anders darstellen, aber es gibt Gelegenheiten, da muss es eben ein antisemitischer Böser sein. Die Absicht ist für mich und meinen Maßstab entscheidend.
_________________ Wenn Du einen Garten hast und eine Bibliothek wird es Dir an nichts fehlen. |
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Gast
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21.11.2019 09:32
von Gast
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zwima hat Folgendes geschrieben: | Zitat: |
Künstlerische Freiheit sollte nur dann ausgeübt werden, wenn sie dem Werk dient und diese Provokation rechtfertigt.
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NUR dann? Und welche Instanz schreibt mir in Zukunft dann vor, wie ich mein Figurenkabinett aufstellen muss und welches Vokabular ich zu verwenden habe? |
War mein Satz nicht lang genug?
Oder ist das Zitat nur entstellend verkürzt?!
Nein, alles drin.
Wenn Künstlerische Freiheit sollte nur dann ausgeübt werden, wenn sie dem Werk dient und diese Provokation rechtfertigt.
Künstlerische Freiheit bedeutet nicht,
tumb durch einen Porzellanhandel stapfen zu müssen.
Ich sage bewusst nicht dürfen, ... besser isses.
Das Geschirr sollte schon zum Gericht passen!
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Isabelle34 Klammeraffe
I
Beiträge: 570
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I 21.11.2019 14:46
von Isabelle34
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Meine Meinung: Natürlich darfst du das so formulieren. Je nachdem, wer dein 'Bösewicht' ist, in welchem Umfeld er sich bewegt, könnte es auch schnell unglaubwürdig werden, würde er um den heißen Brei reden oder nur denken.
Wenn ich in einem Roman von einem SS-Offizier lese 'du verachtenswerter Andersgläubiger' schüttle ich doch mit dem Kopf. Das waren Antisemiten und deswegen dürfen und 'sollen' sie sich auch wie Antisemiten ausdrücken.
Gleiches gilt für antisemitisch eingestellte Menschen grundsätzlich. Ich höre heute noch regelmäßig 'den hat der Eichmann vergessen' oder 'die Saujuden', von älteren Semestern, aber ja, das ist eben so. Nicht gut, aber leider Realität. Wir sollten in Romanen nicht versuchen, die Welt so darzustellen, wie sie sein sollte oder wie wir sie gerne hätten.
Ganz anders wird es natürlich, sobald du Juden-, Fremdenhass, Rassismus allgemein, verherrlichst. Davon gehe ich aber mal nicht aus, von daher, würde ich mir an deiner Stelle keinen Kopf machen.
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F.J.G. Bitte keinen Weichspüler verwenden
Alter: 33 Beiträge: 1948 Wohnort: Wurde erfragt
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21.11.2019 15:04
von F.J.G.
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Ralphie hat Folgendes geschrieben: | Wenn du das "Scheißjude" in deinem Roman stehen lässt und das Ding veröffentlicht wird, machst du dich vor dem Gesetz strafbar. Da spielt es keine Rolle, ob dein Bösewicht das Wort ausgesprochen hat. |
Garantiert nicht. Ich will nicht oberlehrerhaft wirken, aber müsstest du dich nach dieser Logik nicht gerade selbst strafbar gemacht haben durch dieses Wort?
Wenn es danach ginge, dürfte es keine Aufklärungsfilme und -bücher zur Vergangenheitsbewältigung mehr geben, da darin der Deutsche Gruß sichtbar ist.
Natürlich ist Volksverhetzung (oder in Österreich: Wiederbetätigung) schlimm und strafbar. Aber wenn niemand mehr das Dritte Reich zitieren dürfte, würden diese schrecklichen 12 Jahre unter den Teppich gekehrt, tabuisiert, und niemand dürfte sie mehr als das darstellen, was sie waren.
Ralphie hat Folgendes geschrieben: | Das ist Antisemitismus, und Antisemitismus ist in Deutschland verboten. |
Leider nicht. Antisemitismus ist kein Straftatbestand, sondern eine Weltanschauung. Erst durch konkrete Worten und Taten wird daraus eine Straftat. Du kannst in diesem Land über Minderheiten denken was du willst. Solange du es nicht aussprichst, plakatierst oder schlimmeres oder auch verfassungsfeindliche Symbole nutzt, bleibt dir überlassen was du über Juden oder andere Minderheiten meinst. In den Kopf gucken kann dir unsere Regierung (noch) nicht. (Wohl aber Facebook & Co., aber das ist ein anderes Kapitel.)
_________________ Ab sofort erhältlich: Achtung Ungarn! Ein humorvolles Benutzerhandbuch |
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Gast
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21.11.2019 15:21
von Gast
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Ralphie hat Folgendes geschrieben: | Das ist Antisemitismus, und Antisemitismus ist in Deutschland verboten. Du machst dich schon strafbar, wenn du Frauen- oder Ausländerwitze reißt. |
Sorry Ralphie, ich will Dir nichts unterstellen, aber das ("In Deutschland darf man ja mittlerweile nicht mal mehr...," "Lügenpresse...," "politisch korrekte Gleichschaltung..." etc) ist genau die Rhetorik, mit der z.Zt. diejenigen Bauernfänger punkten, unter deren Herrschaft nichts Anderes mehr als ihre Ideologie geäußert werden darf. Man sollte diesem Irrwitz kein Futter liefern. Wir leben in einer liberalen freiheitlichen Demokratie, in der zunächst mal Alles gesagt werden darf (und - zuweilen leider - auch wird).
Ich teile die hier mehrfach geäußerte Überzeugung, dass eine realistische Darstellung des Bösen erlaubt ist, solange es klar ist, dass dieser Charakter nicht verherrlicht oder dessen Weltbild als akzeptabel dargestellt wird. Natürlich öffnet sich damit eine riesige Grauzone. Wer z.B. eine Biographie eines Naziverbrechers schreibt, wird zwangsweise eine differenzierte Persönlichkeit zeichnen müssen, in der auch Eigenschaften auftauchen, die für sich gesehen positiv und sympathisch wirken. Das gilt damit zwangsweise auch für einen fiktiven Naziverbrecher. Ob einem Autor daraus ein Strick gedreht werden kann? Möglicherweise, aber m.M. nach eher unwahrscheinlich, außer es ist glasklar und unmissverständlich eine Verherrlichung des Unrechts.
Einen "Persilschein" gibt es nicht. Als Autor muss man auch mal bereit sein, mit dem was mein schreibt, ein Risiko einzugehen. Solange man sich darüber im Klaren ist und möglichen Anfeindungen gegenüber vorbereitet ist, sehe ich kein Problem damit.
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Ralphie Forenonkel
Alter: 71 Beiträge: 6340 Wohnort: 50189 Elsdorf
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21.11.2019 16:00
von Ralphie
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Ich sehe den Autor schon vor Gericht stehen. Die Staatsanwaltschaft wird das Manuskript auf Herz und Nieren prüfen lassen, und wenn die Sachverständigen nur den geringsten Kommafehler finden, wird man dem Autor die "künstlerische Freiheit" absprechen und ihm Volksverhetzung und ähnliches vorwerfen. Das kann man sich alles ersparen, wenn man solche Ausdrücke vermeidet.
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Kiara Reißwolf
Alter: 44 Beiträge: 1404 Wohnort: bayerisch-Schwaben
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21.11.2019 16:37
von Kiara
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@Ralphie
Was haben denn Rechtschreib- und Grammatikfehler in Verbindung mit dem Inhalt vor Gericht zu tun?
Das wäre ein interessanter Prozess.
Du ziehst meines Erachtens die falschen Schlüsse, lieber Ralphie, indem du davon ausgehst, dass einem Werk durch aufgezeigte Fehler der Künstlerstatus entzogen werden kann und es daraufhin möglich ist, den Text als "Hetzschrift" zu brandmarken.
Anders sähe es aus, wenn ein bekannter Rechtspopulist ein Schriftstück als mit künstlerischer Freiheit getarntes Buch veröffentlicht, bei dem letztendlich klar wird, was damit erreicht werden soll.
Ich stimme dir zu, wenn du der Meinung bist, dass dies eine Ermessenssache des Richters ist, doch nur im zweiten Fall wird dieser ein Vergehen gegen geltendes Recht vermuten.
Wenn bei einem Buch ein, zwei antisemitische Äußerungen aufzufinden sind, wird kein Richter ein "Fass" aufmachen, es sei denn, die Story geht in die Richtung, in der Fremdenhass gutgeheißen und der Holocaust geleugnet wird. Wenn es allerdings nur der "Bösewicht" so sieht, aber das Buch es insgesamt anders darstellt, kann man das guten Gewissens so schreiben.
_________________ Zum Schweigen fehlen mir die Worte.
- Düstere Lande: Das Mahnmal (2018)
- Düstere Lande: Schatten des Zorns (2020)
- Düstere Lande: Die dritte Klinge (2023) |
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Ralphie Forenonkel
Alter: 71 Beiträge: 6340 Wohnort: 50189 Elsdorf
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21.11.2019 16:46
von Ralphie
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Nun, ich kenne die deutschen Gerichte und weiß, wie sie arbeiten.
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Papiertiger Leseratte
Alter: 57 Beiträge: 125 Wohnort: Paderborn
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21.11.2019 17:13
von Papiertiger
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Noch mal zur Klärung:
Es handelt sich um einen Roman, der 150 Jahre vor dem Holocaust spielt.
Es gibt nicht den geringsten Hinweis darauf, dass der Autor in dem Roman ausländerfeindliche, antisemitische, schwarzenfeindliche oder wen auch immer diskriminierende Botschaften transportieren möchte.
Das Wort "Jude" taucht im ganzen Buch exakt einmal auf. Kurz bevor der Antagonist einen jüdischen Rechtsanwalt kaltblütig ermordet. Antisemitismus ist ansonsten überhaupt nicht Gegenstand des Romans.
Mir ging es von Anfang an nur darum, dass sich der Leser erst Recht gruselt, wenn er sich die Szene vorstellt und den Widerling.
Natürlich kann man sich fragen, ob man so ein Fass aufmachen muss. Muss man nicht, sicher. Böse ist der Typ so oder so. Aber die vielen Reaktionen hier zeigen, dass das, was ich eigentlich möchte, nämlich Abscheu erzeugen, voll aufgeht, wenn ich dem Bösewicht auch noch den schlimmen Ausdruck in den Mund lege. Warum sollte ich mich dann zurückhalten? Dass in dem Kontext der Szene der Verdacht aufkommt, ich hätte antisemitische Absichten halte ich für absurd.
Ich frage mich, was denn wohl die Gerichte dazu sagen würden, wenn in einer Holocaust-Verfilmung die Gräueltaten der Nazis in allen Farben geschildert werden. Da könnte man auch sagen, jetzt ist es zu viel, das soll einen wohl erst auf den Geschmack bringen.
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Isabelle34 Klammeraffe
I
Beiträge: 570
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I 21.11.2019 17:17
von Isabelle34
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Nimm es mir nicht übel, Ralphie, aber ich finde deine Vermutung, der Autor könnte sich durch so etwas vor Gericht wiederfinden, schon abenteuerlich.
Selbst wenn es einen Leser geben sollte, der auf die Idee käme, einen Autor wegen Volksverhetzung oder was weiß ich, anzuzeigen, weil einer seiner Protas etwas denkt, muss erst mal ein Staatsanwalt gefunden werden, der auf die Schnapsidee kommt, Autor wegen so etwas anzuklagen. Er würde sich damit ja jedem Strafverteidiger, der halbwegs was von seinem Job versteht, zum Fraß vorwerfen. Das halte ich schon für nahezu unmöglich.
Dann aber auch noch einen Richter dazu zu bringen, die Klage zuzulassen und eine Hauptverhandlung zu eröffnen, nein, also bei aller Fantasie kann ich mir das nicht vorstellen. Es sei denn, er ist kurz vorm Ruhestand und will seinen Enkeln auch mal erzählen, wie er richtig Blödsinn gemacht hat. Wir sprechen hier immer noch von einem Gedanken eines Protas in einem Roman. Nicht von einem Leserbrief in der Tageszeitung, in der sich der Autor selbst im Sinne von 'scheiß Juden' äußert.
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