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Der goldene Käfig


 
 
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Almuth Wessel
Geschlecht:weiblichGänsefüßchen
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Alter: 69
Beiträge: 20
Wohnort: Gütersloh


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Beitrag26.10.2019 01:08
Der goldene Käfig
von Almuth Wessel
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Er kam aus ärmlichen Verhältnissen – hatte sich hoch gearbeitet, auf dem Zweiten Bildungsweg das Abitur gemacht , Betriebswirtschaft studiert und war dann langsam aber stetig die Karriereleiter emporgeklettert  -angetrieben vom dem Wunsch, dem beengenden Milieu seiner Kindheit zu entkommen.
Am Ende seines Arbeitslebens  war er der Leiter der Abteilung Rechnungswesen in einem mittelständischen Betrieb, hatte sich einen Platz erobert in den Reihen der Besitzbürger seiner Heimatstadt.
Auch privat lief alles gut. Er hatte die Frau geheiratet, die für ihn die Liebe seines Lebens war. Eine zierliche blonde Kindfrau, schön wie ein Bild, die ihm den Rücken stärkte und ihn antrieb, als er sich seinen Platz in der Kaste der Honoratioren erkämpfte.
Er änderte einiges an seinem Habitus – achtete auf seine Figur und seine Kleidung, wechselte vom Fußball zum Tennis und betrieb diesen Sport mit einer an Fanatismus grenzenden Leidenschaft, führte seinen Verein als Mannschaftskapitän von Sieg zu Sieg – so leistete er seinen Tribut an die Honoratiorenkaste und untermauerte seine gesellschaftliche Stellung.
Seine vier Söhne wurden flügge, machten ihren Weg, gründeten ihre eigenen Familien. Er achtete peinlich darauf, dass die Frauen die sie sich aussuchten aus intakten Verhältnissen kamen, duldete keine Verbindung mit Scheidungskindern oder solchen, die aus Patchworkfamilien stammten. Das hintertrieb er – und zumindest eine Verlobung ging in die Brüche, weil die Braut kurz vor der Hochzeit einen Rückzieher gemacht hatte.
Er HÄTTE glücklich sein können.- aber irgendwann kam der Umschwung.
Plötzlich spürte er, dass das familiäre Idyll, das er genauso zäh und und ausdauernd erkämpft hatte wie seinen gesellschaftlichen Aufstieg, anfing zu bröckeln.
Wann hatte es angefangen? War es, als er das langsame und mühevolle Sterben seiner Mutter miterlebte?
Er wusste es nicht, ab er fing an, sich Fragen zu stellen – und diese Fragen wurden immer quälender : .Was bleibt von mir, wenn ich gestorben bin? Wohin gehe ich?
Der Gedanke an Tod und Sterben ließ ihn nicht mehr los. Er begann, Meditationsseminare zu besuchen, sich mit Rückführungstheorien und anderen spirituellen Dingen zu befassen, wollte eine Antwort auf diese Fragen die ihn bedrängten.
Er versuchte, mit seiner Frau darüber zu reden. Aber sie blockte ab. Der Gedanke, dass er, der jahrelang ihr und ihren Kindern ein komfortabeles und sorgenfreies Leben ermöglicht hatte, anfing, von der Spur des geordneten gut bürgerlichen Lebens abzuweichen, erfüllte sie mit Unbehagen. Jahrzehnte lang waren sie beide ein Dreamteam gewesen   jetzt fing er, der zuverlässige Arbeiter und Ernährer, an, den festen Boden unter seinen Füßen zu verlieren – und nach einem anderen Halt zu suchen. Sie spürte, dass ihm alles das, wofür sie beide gemeinsam gekämpft hatten, immer unwichtiger wurde.
Sie versuchte, gegenzusteuern, die Zügel fester anzuziehen, um ihm „zur Vernunft zu bringen“. Sie suchte nach einer schwachen Stelle – und fand sie in seiner  Sexualität. An diesem wunden Punkt setzte sie an .  
Sie war keine leidenschaftliche Frau. Sexualität war für sie, die streng katholisch  erzogen worden war, immer nur Pflichtprogramm gewesen. Jezt setzte sie Sex als Kampfmittel  ein, um ihren Ehemann  mit Zuckerbrot und Peitsche „auf den Boden der Tatsachen“ zurück zu zwingen.
Sie begann, ihn herauszufordern, zu provozieren. Verlangte von ihm IHRE sexuelle Befriedigung und stieß ihn zurück , wenn er ihren Anforderungen nicht gerecht wurde, demütigte ihn, stichelte, igelte sich ein,  sprach tagelang nicht mit ihm  und reagierte  mit Verachtung, wenn er Wärme und Halt suchte oder versuchte,  mit ihr über die Fragen zu reden, die ihn umtrieben und ihm keine Ruhe ließen.

Nach außen blieb alles unverändert. Sie spielten weiterhin das ideale Paar, turtelten demonstrativ in der Öffentlichkeit, wenn sie gemeinsam Feste oder Familienfeiern besuchten.
Aber sobald sich nach einer solchen Inszenierung  die Haustür wieder hinter ihnen schloss, fiel die Wärme und die freundliche Zuwendung von ihr ab wie ein Mantel , der ihr lästig geworden war, und sie strahlte eine Eiseskälte aus, die ihn abstieß und doch wieder faszinierte, und die er immer wieder vergeblich versuchte, zu durchbrechen.

Er fröstelte. Das schöne Zuhause, für das er so hart gearbeitet hatte, brach vor seinen Augen auseinander wie die morschen Kulissen eines in Konkurs gegangenen Schmierentheaters.
Dieses Haus mit seinem liebevoll gestalteten Garten, den schönen und repräsentativen Möbeln, den teuren Teppichen und dem kostbaren Porzellan – es war IHR Werk. SIE hatte es so haben wollen. Und das  große Familienbild, das in der Diele hing –  und das jedem Besucher die Perfektion dieser Familie demonstrieren sollte - was war es doch für ein billiges Versatzstück!
 SIE hatte sich dieses Bild gewünscht.
Er sah seine Frau an,  wie sie auf diesem Bild am Tisch saß in ihrem hübschen Kleid im Landhaus-Stil, puppenhaft schön... „Wie eine Barbiepuppe“ dachte er...
Und seine Söhne – schablonenhafte Gliederpuppen auch sie - jeder in seiner eigenen Welt gefangen, ohne Blick für seine Geschwister. Und er sah sich selbst., wie er dort hinter seiner Frau stand : ein Herr im Anzug mit maskenhaft starrem Gesicht, die Augen verborgen hinter einer Brille, deren Gläser so sehr spielgelten, dass man nur zwei weiß schimmernde Scheiben sah.  Blicklos, steif und ungelenk „wie ein Buchhalter“  dachte er.  - Nein – eher wie ein Bediensteter. Ein Domestik, der untertänig auf die Anweisungen seiner Herrin wartet.
Er lächelte bitter. Wann war seine Ehe zu dem geworden, was sie heute war?
Seine Söhne... SIE hatte sie erzogen und geformt – und er meinte unterschwellig den leisen Spott in ihren Augen zu erkennen, wenn er versuchte, mit ihnen über die Dinge zu reden, die ihn umtrieben.
Sie waren auf der Seite seiner Frau, genau wie die Frauen, die sie sich ausgesucht hatten.
Und wenn sie an den Wochenenden in ihr ehemaliges Elternhaus kamen, dann kamen sie zu IHR und nicht zu IHM.
Er versuchte, seinem Ältesten näher zu kommen auf langen Wanderungen. Erzählte ihm von seinen Gedanken, die sich um die Frage des Weiterlebens nach dem Tode drehten.
Aber sein Sohn bat ihn irgendwann, dieses Thema nicht mehr zu berühren. Es sei ihm zu anstrengend., er könne ihm nicht folgen.
Von da an wanderten sie schweigend . Er genoss trotzdem das Zusammensein mit ihm, hoffte, dass sie sich auf einer anderen Ebene einander annähern und sich verständigen konnten.
Aber SIE schien zu spüren, dass ihr Ältester ihrem Einfluss entglitt, und sie sabotierte die Bemühungen ihres Ehemannes, wann immer es möglich war . Ihre Schwiegertochter wurde zu ihrer Verbündeten – denn sie sah ebenfalls mit Unbehagen,  dass ihr Mann sich stärker seinem Vater zuwandte,der doch in seinem eigenen Hause nicht viel mehr galt als ein Hausmeister, ein Faktotum, dem man die groben Arbeiten überließ und das man ansonsten mit Herablassung und Spott behandelte.

ER war allein – mitten unter den Menschen, von denen er geglaubt hatte, dass sie ihm am nächsten stehen .
Aber was sollte er tun? Fortgehen?  Ausbrechen und all das hinter sich lassen, was er sich in jahrzehntelanger mühevoller Arbeit erkämpft hatte?  Er wagte es nicht, spielte weiterhin nach außen den glücklichen, erfolgreichen Mann, in dessen Leben alles stimmte. Er saß fest in dem Goldenen Käfig, den er sich selbst gebaut hatte – seine schöne Frau war seine Kerkermeisterin geworden -und sie hatte die gemeinsamen Kinder als Geiseln genommen.
War es DIESE Erkenntnis, die ihn eines Tages dazu trieb, im falschen Augenblick aufs  Gaspedal  zu treten?  Er saß am Steuer des Kleinwagens seiner Frau, war gemeinsam mit ihr unterwegs , als es zu dem Unfall kam.  Der kleine rote Wagen schoss auf einer Kreuzung ganz in der Nähe seines Hauses ungebremst mitten in den Querverkehr und wurde von zwei anderen Autos fast gleichzeitig von beiden Seiten gerammt. Er und seine Frau starben noch am Unfallort.
Zurück bleiben vier ratlose erwachsene Söhne, die ihren Vater verantwortlich machen für den Tod der von ihnen so sehr verehrten Mutter – und in einer anderen Stadt seine Geliebte, die ihn vergötterte, die aber nichts von seinem Kummer wusste – denn er hatte  seine  Schwäche, seinem Schmerz und seine innere Einsamkeit bis zuletzt vor ihr verheimlicht . Darum konnte sie ihm auch nicht helfen, als das Gebäude seines Lebens auseinanderbrach.



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Schreiberin ist journalistisch vorbelastet und hat einen Heidenbammel vor Gefühlsdurselei. Daher versucht sie, auch Geschichten über emotional einschneidende Geschehnisse möglichst sachlich zu präsentieren.
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Minerva
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Beitrag26.10.2019 13:02

von Minerva
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Hallo Almuth,

geschrieben ist es gut, ich würde dir aber empfehlen, eine ganze Menge zu kürzen und den Text umzustellen.

Zum Beispiel habe ich beim folgenden Absatz gedacht, dass er am Anfang stehen sollte. Das macht es sofort interessanter.

Also, wie wäre es, so anzufangen:
"Der Gedanke an Tod und Sterben ließ ihn nicht mehr los. Er begann, Meditationsseminare zu besuchen, sich mit Rückführungstheorien und anderen spirituellen Dingen zu befassen, wollte eine Antwort auf diese Fragen die ihn bedrängten.
Er versuchte, mit seiner Frau darüber zu reden."


Das fände ich als Leser gleich spannend, und frage mich, was mit ihm los ist. Wohingegen der derzeitige Anfang lediglich eine uninteressante Zusammenstellung des Lebens der Person und einen deswegen nicht packt.

Die Informationen vom Anfang kannst du stattdessen in gekürzter Form, im Laufe des Textes einstreuen.
Außerdem ist es sehr berichtend. Schöner wäre es, wenn du z.B. einen Dialog hättest zwischen dem Mann und der Frau, in der du zeigst, wie sie miteinander stehen. Des Weiteren steht am Anfang nichts Außergewöhnliches, dort ist die rede, wie alles perfekt lief und sie ein Dreamteam sind, was ja nicht ganz wahr ist, wie sich später herausstellt, z.B. was Sexualität angeht etc.

Folgenden Teil finde ich z.B. ganz gut und würde ihn rasch nach dem oben genannten "neuen" Anfang einbauen:

"Dieses Haus mit seinem liebevoll gestalteten Garten, den schönen und repräsentativen Möbeln, den teuren Teppichen und dem kostbaren Porzellan – es war IHR Werk. SIE hatte es so haben wollen. Und das  große Familienbild, das in der Diele hing –  und das jedem Besucher die Perfektion dieser Familie demonstrieren sollte - was war es doch für ein billiges Versatzstück!
 SIE hatte sich dieses Bild gewünscht.
Er sah seine Frau an,  wie sie auf diesem Bild am Tisch saß in ihrem hübschen Kleid im Landhaus-Stil, puppenhaft schön... „Wie eine Barbiepuppe“ dachte er... "


Genauer kann ich es jetzt nicht sagen, ich finde nur, du könntest einen Großteil zusammenstreichen, es ist viel Wiederholung (Wiederholung der Sache, dass es nicht gut läuft, sozusagen).
Vielmehr wünsche ich mir, die Frau mal zu erleben, zu hören, was sie sagt, wie sie mit ihm umgeht.

Ich nehme an, es ist eine Kurzgeschichte, aber das spielt keine Rolle. Mir fehlt da der innere Kampf des Mannes. Er steht nur so da und denkt drüber nach, wie alles nur eine Farce ist, sonst nichts. Es passiert nichts. Mir fehlt so etwas wie ein Konflikt, ein hin und her. Der Inhalt der Geschichte. Dass er mit sich kämpft, was er tun soll. So dass sich die Spannung aufbaut und er am Ende schließlich den Unfall mit Absicht baut.

Außerdem wäre Namen auch nicht schlecht. Der Mann und die Frau sind vollkommen unpersönlich.


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Almuth Wessel
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Beitrag26.10.2019 17:33
Hallo Minerva....
von Almuth Wessel
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Danke für das Feedback. Das hier ist sozusagen ein Rohentwurf. Und einiges werde ich davon auch übernehmen - Passagen umstellen zum Beispiel. Was ich aber auf gar keinen Fall machen werde: den Personen Namen geben und irgendwelche Dialoge erfinden. Es SOLL unpersönlich sein, um Distanz zu schaffen.

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Almuth Wessel
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Beitrag26.10.2019 17:35
Dramaturgie
von Almuth Wessel
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Es ist mir wichtig, diesen Lebenslauf nachzuzeichnen , um nachvollziehbar zu machen, wie sich die Situation zuspitzt, wie ein Mensch im Laufe seines langen Lebens den sozialen Aufstieg schafft  - um dann zu erleben, dass alles zusammenstürzt wie ein Kartenhaus. Also das eine tun und das andere nicht lassen. ich will keinen Reißer schreiben, sondern versuchen, zu reflektieren.

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Papa Schlumpf
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Beitrag26.10.2019 18:12

von Papa Schlumpf
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Hallo, Almuth, interessantes Thema, mögliche Herangehensweise, aber eher Essay als Kurzgeschichte. Mich stört etwas, dass die "Einer-gegen-alle"-Front zelebriert wird, was ich eher unrealistisch empfinde. Selbst als Zuspitzung, Überhöhung gedacht fehlt da was. Wenngleich der Text sehr umfangreich schildert, da wäre weniger vielleicht mehr gewesen.
Stilistisch stört gelegentlicher übermäßiger Gebrauch von Hilfsverben (sowas musste ja von mir kommen). Ich meine nicht die Anwendung zur Bildung der Zeitformen, aber dort brauchen wir sie so oft, dass man sie besser an anderer Stelle vermeidet. Ich meine z.B. solche Stelle:

Am Ende seines Arbeitslebens war er der Leiter der Abteilung Rechnungswesen

Hier, wie an anderen Stellen, substituierst Du ein Vollverb. "war" im Sinne von "bekleidete er die Position". Man könnte auch schreiben: "Am Ende seines Arbeitslebens leitete er die Abteilung Rechnungswesen" Es wäre die Überlegung wert, die vielen war/hatte auf ihre Berechtigung zu überprüfen.

Ich persönlich habe nichts gegen die distanzierte Erzählweise, vermute aber, dass die beiden Hauptfiguren über ihre Lebenszeit durchaus Entwicklungen durchgemacht haben. Die fehlen. Oder anders gesagt: die Figuren sind mir einfach zu statisch.

Ich hör ja schon auf. Ist ja ein ordentliches Stück. Aber Du kannst mehr.

Wir lesen uns.


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Minerva
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Beitrag26.10.2019 18:29

von Minerva
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Hallo,

klar das mit den Namen muss nicht sein.
Ich kanns dir auch nur aus meiner persönlichen Sichtweise sagen, wie ich was finde und warum.

Auch ein Dialog ist sicher kein Muss, aber ich verstehe nicht, warum du so dagegen bist. Es ist natürlich deine Sache.
Mir fehlt einfach was. Es geht nicht darum, dass es reißerisch sein soll, aber interessanter für mich als leserin. Insofern du für Leser schreibst und nicht für dich selbst.
Es ist mir zu unkonkret, zu allgemein (Allgemeinplätze). Vermögen schaffen, etwas darstellen z.B. und das wird in verschiedenen Varianten wiederholt.
Die Sexualität mit der Frau wird nur von einer höheren Ebene beschrieben, Ich weiß nicht, was da los ist. Früher war sie irgendwie "katholisch" im Bett Razz, jetzt ist sie fordernd. Als Leser würde ich es gerne konkreter haben. (Es geht nicht um schmutzige Details oder so etwas, sondern so, dass ich es nachvollziehen kann). Was war früher? Lag sie da wie ein Brett und hat die Luft angehalten, dass er fast glaubte, sie atmete immer erst dann aus, wenn er fertig war? Ging sie danach eine Stunde duschen und er musste die Betten überziehen? Und das alles jeden dritten Sonntag im Monat? Laughing
Wie behandelt sie ihn jetzt konkret, was tut sie immer, was sagt sie, wie sieht sie ihn an, sieht sie ihn überhaupt? Was ist der vermutliche Grund für ihren für ihren Wandel? Hat sie angefangen eine wasweißich Selbsthilfegruppe zu besuchen? Yoga zu machen (ist nur rumgesponnen als Beispiel)?

Oder die Sache mit dem Tod der Mutter, das würde mich auch kurz näher interessieren. Konkrete Details lassen mich eine Geschichte eher erleben. Ich kann mich dann auch in eine namenlose Figur hineinversetzen und die Motive nachvollziehen.

Das mit der Barbiepuppe finde ich z.B. schon etwas konkreter. Ich frage mich, ob er sich so in sie verliebt hat. (natürlich darfst du als Autorin alles offen lassen, nur ein Beispiel) oder ob sie erst so geworden ist. Mehr berühren könnte es mich, wenn ich etwas aus ihren "guten Zeiten" erfahren würde.

Oder etwas Konkretes aus dem Spirituellen. Hat er was Tolles gelesen, etwas, was ihn nachdenklich macht? Ein bestimmter Satz von Lehrer XYZ?

Etwas anderes wundert mich noch: sie haben einen "kleinen, roten Wagen" (übrigens auch unkonkret) Welche Marke? Warum fahren sie keinen dickeren Schlitten, man würde es eigentlich vermuten bei dem sozialen Hintergrund.

Ich würde außerdem das hier streichen:
"War es DIESE Erkenntnis, die ihn eines Tages dazu trieb, im falschen Augenblick aufs  Gaspedal  zu treten?  Er saß am Steuer des Kleinwagens seiner Frau, war gemeinsam mit ihr unterwegs , als es zu dem Unfall kam.  "
Und stattdessen den Leser lieber gleich mit dem Unfall überraschen.

So, das waren noch ein paar Anregungen von mir. Wie gesagt aus meiner Sicht. Als Leser möchte ich mich identifizieren können, durch etwas Konkretes, etwas Besonderes, am liebsten was Emotionales.
Wenn du das nicht möchtest und absichtlich so halten willst, bin ich am zweifeln, ob das so gelingt (Ich lese und denke: Was will der Typ, warum jammert der so rum ... ah gut, er ist tot ... muss ich mir das nicht mehr anhören). In dem Fall lieber viel kürzer halten.
Ich verstehe nicht, warum du Distanz schaffen willst. Mir persönlich gibt das nichts. Weißt du, wenn ich nicht irgendwie emotional oder durch interessante Dinge angetriggert werde, zum Nachdenken gebracht werde, weiß ich nicht, warum ich das lese.

Ich fände das schade, denn schreiben tust du ja nicht schlecht!


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Ribanna
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Beiträge: 772
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Beitrag26.10.2019 19:14

von Ribanna
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Hallo, Almuth,

mir ist auch nicht klar, warum du diese Distanziertheit wählst. Dein Text kann m.M.n. nur gewinnen, wenn du näher an die Personen heran gehst. Das muss nicht zwangsläufig zu Kitsch führen. Aber über eine Person und ihre Geschichte zu schreiben, ohne sie in Gänze wahrzunehmen, ist für meine Begriffe nicht logisch.

Vielleicht magst du ja schreiben, warum es "unpersönlich" sein soll?


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Selanna
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Wohnort: Süddeutschland


Beitrag28.10.2019 15:39

von Selanna
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Hallo Almuth,

Du schilderst detailliert, wie sich ein Mann aus nicht ganz so gesegneten Verhältnissen in die Oberklasse hocharbeitet, in jedem Bereich seines Lebens. Alles scheint ihm dabei von der Hand zu gehen, wenn auch mit einigem Einsatz seinerseits. Allerdings wirkt es nie, als hätte er je auf echtes Glück gesetzt und das auch genauso billigend in Kauf genommen. Zudem reißt die Aufzählung der glatten Erfolgsbilanz nicht recht mit.
Als Du allerdings auf das „Idyll“ zu sprechen kamst, war für mich unklar, worin das bisher bestanden hatte. Ein ehrgeiziges Ehepaar, das sein Leben sklavisch, und ohne auf eigene Vorlieben (Fußball?) zu achten, am Lebensstil der Oberklasse ausrichtet und dafür sogar das Familienglück der eigenen Kinder sabotiert. Wo ist hier das Idyll? Warum mögen die Söhne eigentlich die Mutter? Das behauptet der Text mittendrin, aber ich war eher verwundert, dass die Söhne zu dieser kalten, ehrgeizigen Frau ein so herzliches Verhältnis haben sollten.
Die Lösungsmöglichkeiten für das Idyllende sind für mich auch nicht die naheliegendsten, denn wenn die Mutter langsam stirbt, ist das ein Schicksalsschlag, aber es muss nicht das Familienidyll (mit Frau und Söhnen) bröckeln lassen. Wäre es denn ein harmonisches Miteinander gewesen. Auch seine zweite Frage, was von ihm bleibt, müsste doch klar sein: seine Söhne, sein Erfolg (, sein Geld?). Warum das das Idyll zerstört, ist für mich auch nicht so naheliegend.

Auch bei der Frau, die ja noch nie leidenschaftlich war und noch nie Wärme bot, wird jetzt im Text als Veränderung präsentiert, dass sie die Wärme nach dem Schließen der Haustür wie einen Mantel fallen lässt. War sie denn nicht schon immer so? Er fragt, wann seine Ehe zu dem geworden war, was sie heute war? Nach den einleitenden Sätzen hätte ich als Leser gedacht, sie wäre schon immer so gewesen. Was genau will sie mit der Forderung nach Sex eigentlich erreichen? Ihn einfach nur ablenken von seinen Gedanken? So kam es mir vor. Habe ich das richtig verstanden?
Er drängt seine Söhne in Beziehungen, die ihm selbst zupass kommen, und wundert sich dann, dass sie kein gutes Verhältnis zu ihm haben? Und wenn der Sohn die Gespräche mit dem Vater abblockt, inwiefern bekommen Sohn und Vater dann ein besseres Verhältnis? Müsste der Sohn sich dem Vater für ein besseres Verhältnis nicht irgendwie annähern?

Und wo kommt denn auf einmal die Geliebte her? Also doch jemand, der ihn geliebt hat? Dann war er ja doch nicht so allein.

Deine Idee ist klassisch und gut, Dein Text zeigt das Sein hinter dem Schein, das ist ein interessantes Thema. Ich fände es allerdings schön, wenn Du mir als Leser hinführst, wo immer nur Schein war, wie bewusst sich der Mann über den Schein war und wenn Du mehr reflektierst, inwieweit er nur Opfer oder auch Täter war, der nun den Lohn für seine Taten bekommt.
Viel Freude beim Feilen!

Liebe Grüße
Selanna


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Babella
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Das goldene Aufbruchstück Der bronzene Roboter


Beitrag28.10.2019 16:13

von Babella
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Ich bin raus bei der "zierlichen blonden Kindfrau", sorry. Warum müssen Frauen Frauen so beschreiben?
Das ist so klischeehaft. Mann macht Karriere, heiratet Barbiepüppchen und denkt dann plötzlich über sein Leben nach, weil - huch - das ist ja irgendwann vorbei. Und irgendwie ist die Frau schuld. Ich kann dem nichts abgewinnen.
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Leseprobe
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Beitrag29.10.2019 10:20

von Leseprobe
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- hmmm, die ersten Absätze sind mir viel zu abgehackt und sie sind zu sehr reine Aufzählung - was einen Leser schnell langweilt.
- wann und warum ändert er etwas an seinem Habitus?? Das fällt auch aus der Reihe.
- und dass er einfach die Liebeleien seiner Söhne hintergeht klingt unglaubwürdig, noch dazu bei allen!?
- dann seine Frau, die von einem Dreamteam spricht. Das zuvor berichtete kam nicht als erhoffter und erreichter Traum rüber.
- die Frau kommt genauso dumm rüber wie der Mann; ist es wirklich das, was du sagen willst?
- auch der Sex, alles nur von außen kalt erzählt.
- das Ende zieht einen ein wenig mehr hinein.  

Die Personen, und zwar alle, sind viel zu einfach gestrickt - und damit unglaubwürdig.
Nimm das von dir Geschriebene doch als Plot und mache eine richtige Geschichte daraus! Very Happy


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... diese gläserne Gegenwart ...
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nicolailevin
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Beitrag30.10.2019 00:23

von nicolailevin
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Hallo Almuth,

mir gefällt die Idee und ich mag auch den Stil. Die Distanz finde ich völlig angemessen - wenn du ein ganzes Leben in so einen kurzen Text komprimieren willst, kannst du nicht so nah rankommen.

Allerdings würde ich die Perspektive überdenken. Ich würde das Ganze zwar in großer Distanz, aber doch konsequent aus seiner Perspektive erzählen, irgendwie tust du das ja auch, meistens jedenfalls, aber dann kommen immer wieder Wörter, die er so sicher nicht verwenden würde (wie etwa die "Kindfrau") und analytische Einsprengsel, die kaum seiner Reflexion entsprungen sein können.

Den Perspektivwechsel zur Frau beim Sex würde ich bleiben lassen. Lieber schildern, wie er es erlebt, dass sie auf einmal Sex als Waffe einsetzt.

Zum Schluss, wenn es auf den Unfall geht, müsstest du, wenn du in der Perspektive bleibst, noch weiter rauszoomen, um Distanz zu gewinnen, oder du wechselst quasi epilogisch in einen neutralen Nachrichtenstil. Die Geliebte müsstest du dann halt selbst zu Wort kommen lassen.

Inhaltlich reibe ich mich daran, dass ich keinen für mich nachvollziehbaren Grund sehe, dass sein Idyll bröselt. Solche konsequent äußerlich orientierten Aufsteigertypen lassen sich doch von einer sterbenden Mama nicht aus der Bahn werfen.

Viel eher würde ich als Idyllkiller kaufen, dass der wohlgehegte dynastische Traum von den wohlgeratenen Kinder als Kopie seines Lebensmodells irgendwie platzt und damit sein lebenszielorientiertes Weltbild umfällt. Nur so ein Gedanke ...

VG
Nico.
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Almuth Wessel
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Beitrag21.11.2019 07:40
Der Goldene Käfig - Neufassung
von Almuth Wessel
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Der goldene Käfig – Mutmaßungen über einen plötzlichen Tod

Es ist zehn vor zwölf, ein schöner, sonniger Tag im Herbst, der Himmel blassblau und fast wolkenlos. Auf der Landstraße fließt der übliche mittägliche Stoßverkehr: Mütter, die ihre Kinder aus der Schule abholen, Pflegedienstkräfte auf dem Rückweg von ihrer morgendlichen Runde, Außendienstler, unterwegs zum nächsten Kunden, Hausfrauen auf Einkaufstour. Eine stetig dahinrollende Karawane aus Klein- und Mittelklassewagen, die jäh zum Halten kommt: man hört ein wildes Hupkonzert, Bremsenquietschen und das Splittern von Glas: auf einer Kreuzung tanzt ein kleiner roter Citroen, der unvermittelt aus der Seitenstraße aufgetaucht ist, mit zwei anderen Kleinwagen ein makaberes Ballet. Er macht einen grotesken Luftsprung und überschlägt sich, die beiden anderen Autos kreiseln um ihre eigene Achse, demolieren die Wegweiser am Straßenrand und kommen schliesslich mit eingedrückter Motorhaube zum Stehen...ein spektakulärer Unfall, bei dem zwei Menschen sterben- er war einer von ihnen...


Er hatte sich immer für einen glücklichen Menschen gehalten.
Wenn er Rückschau hielt, spielte ein zufriedenes Lächeln um seinen Mund, denn er hatte viel erreicht: sich hochgearbeitet aus ärmlichen Verhältnissen – zäh , zielstrebig  und  angetrieben von dem Wunsch, dem beengenden Milieu seiner Kindheit zu entkommen ,wo die Eltern jeden Pfennig dreimal umdrehen mussten.  Er war früh selbständig geworden und hatte gelernt, Verantwortung zu übernehmen übernehmen, denn seine Eltern waren gehörlos und in vielem auf seine Hilfe angewiesen. Diese Selbständigkeit bestärkte ihn in seiner Entschlossenheit, sich herauszukämpfen aus dem familiären Milieu. Sobald es ihm möglich war, startete er durch: Abitur auf dem Zweiten Bildungsweg, Studium der Betriebswirtschaft und dann stetig und beharrlich auf der Karriereleiter aufwärts. Er war Jahrgang 1943– und in den Jahren des wirtschaftlichen Aufschwungs vor der Ölkrise brauchte man Menschen wie ihn. Am Ende seines Arbeitslebens saß er in der Chefetage eines mittelständischen Unternehmens: ein Mann den man respektierte, dessen Wort etwas galt, und der ein ansehnliches Gehalt nachhause brachte.
Seine Lieblingsredensarten waren: „Verdienen kommt von dienen.“ und „Macht kommt von machen – es gibt Leute, die machen lassen und solche, die machen – und zu denen gehöre ich.“- also tüchtig, bodenständig und erfolgreich.
Auch im Privatleben lief alles nach Wunsch. Er hatte seine Frau kennengelernt und sich in sie verliebt, als sie beide noch sehr jung waren, und er hatte sie genau so beharrlich umworben, wie er seine Karriere betrieb .Sie war für ihn die Liebe seines Lebens : schlank, zierlich , schön wie ein Bild, dabei zielstrebig und energisch: eine tüchtige Hausfrau, die ihm den Rücken freihielt und ihn nach Kräften unterstützte, als er sich einen Platz in der Kaste der Besitzbürger seines Heimatortes einen Platz eroberte  als die schöne und stilsicher auftretende Frau an seiner Seite .Die beiden galten allgemein als DAS Traumpaar schlechthin.
Er änderte einiges an seinem Habitus – achtete mehr als früher auf seine Figur und seine Kleidung und wechselte von Fußball zu Tennis - dem prestigeträchtigen Sport der Arrivierten. DAS war SEIN Ding - und er spielte mit einer Leidenschaft, die an Fanatismus grenzte.
Die Kinder kamen sehr früh und sehr schnell nacheinander. Nach der dritten Schwangerschaft entschied seine Frau, dass sie ihren ehelichen Pflichten in ausreichendem Maße Genüge getan habe. Sie signalisierte ihm, dass sie auf weitere sexuelle Kontakte keinen besonderen Wert mehr lege - und wenn, dann nur mit äußerster Vosicht - sie fürchtete eine weitere, unerwünschte Schwangerschaft. Sie war streng katholisch erzogen worden - jede Methode der Empfängnisverhütung, die nicht von der Kirche toleriert wurde, lehnte sie kathegorisch ab. Er respektierte ihre Zurückhaltung – dass er hin und wieder unruhig wurde ,weil für ihn Sexualität mehr war als etwas das man nur zum Zeugen von Nachwuchs betreibt, behielt er für sich.
Er kompensierte , indem er sich noch mehr als früher mit Sport beschäftigte: er wanderte, unternahm lange Radtouren und engagierte sich noch stärker als bisher in seinem Tennisclub. Er wurde Mannschaftskapitän, führte seinen Verein von Sieg zu Sieg und untermauerte auch so seinen gesellschaftlichen Status.
Seine Söhne wuchsen ohne nennenswerte Zwischenfälle heran, wurden flügge und gründeten ihre eigenen Familien. Er legte großen Wert  darauf, dass die Frauen, die sie sich aussuchten, aus geordnetenVerhältnisse kamen:  Verbindungen mit  Scheidungskindern oder Frauen, die aus Patchworkfamilien stammten, lehnte er ab.
 Ene Vebindung ging noch kurz vor der Hochzeit in die Brüche, weil die Braut sich zurückzog.
Also eine gut bürgerliche und wohlsituierte Famile wie viele – nicht ohne Konflikte, aber wohlgeordnet und wohl gelitten in der saturierten und in sich geschlossenen Welt in der sie lebten –  der schönen und erzkatholischen Mittelstadt im Herzen von Westfalen.
Bis seine heile Welt ins Wanken kam . Bis er erkannte, dass das familiäre Idyll mit der liebenden Gattin und den wohlgeratenen Söhnen, das er genau so zäh und ausdauernd erkämpft hatte wie seinen gesellschaftlichen Aufstieg, sich als trügerisch erwies.
Es begann mit dem Tod seiner Mutter. Diese energische und tatkräftige Frau hatte ihn immer bei seinen Aufstiegsplänen unterstützt – jetzt begann die Demenz, ihre Persönlichkeit zu zerstören und sie siechte langsam und qualvoll an einem Krebsleiden dahin. Es war beängstigend für ihn, diesen Verfall miterleben zu müssen und er kam ins Grübeln..„Und ich? Was bleibt von mir, wenn ich tot bin? Was passiert, wenn ich irgendwann anfange, dement zu werden, so wie sie?“ Die Gedanken an Sterben und Tod nisteten sich hartnäckig in ihm ein, wurden immer quälender und beklemmender:“War mein Leben wirklich so erfüllt, wie ich immer geglaubt habe? Ist es wirklich ein Lebensziel, viel Geld zu verdienen und auf der sozialen Stufenleiter nach oben zu klettern?“
Er beschloss, das Problem systematisch anzugehen - belegte Meditationsseminare, beschäftigte sich mit Rückführungstheorien und anderen Themen, die er vor wenigen Jahren noch achselzuckend als „esoterischen Unfug“ abgetan hatte und entdeckte  seine spirituellen Neigungen. Es wareine Offenbarung : als ob sich eine Tür geöffnet hätte in eine Dimension, von der er bis dahin nicht einmal geahnt hatte, dass sie existiert – aber als er seine neuen Erkenntnisse mit den Menschen teilen wollte, die ihm am nächsten standen, stieß er auf Unverständnis.
Er wollte seine Frau, die über Jahrzehnte fest und zuverlässig an seiner Seite gestanden hatte, mitnehmen auf den neuen Weg, der sich vor ihm auftat – aber sie blockte ab.
Es war nicht nur ihre streng katholische Erziehung, die ihr im Wege stand – sondern auch ihr Statusdenken . Sie hatte über Jahre ihren Mann unterstützt, ihm ein schönes und repräsentatives Zuhause geschaffen – aber jetzt geriet das solide Fundament auf das sie gebaut und dem sie vertraut hatte, ins Wanken.
Dieser nüchterne und zuverlässige Mann, der ihr und ihren Kindern jahrelang mit harter Arbeit ein komfortabeles und sorgenfreies Leben ermöglicht hatte, verlor sich in merkwürdigen Spekulationen. Sie beide waren immer DAS Dreamteam schlechthin gewesen – aber HIER konnte und wollte sie ihm nicht folgen.
Sie bekam Angst : wenn er alles das, was sie bisher gemeinsam erreicht hatten, infrage stellte, dann gefährdete er ihre gemeinsame Welt und auch IHR Lebenswerk. Zuerst versuchte sie noch , die unsichtbare Barriere die zwischen ihnen gewachsen war, zu überwinden, um ihn zurückzu holen auf den gemeinsamen Weg. Aber sie fand keinen Zugang mehr zu ihm - und so sah sie in ihrer Ratlosigkeit für sich keine andere Lösung, als ihn zu bekämpfen, um ihre Welt für sich und ihre Kinder zu erhalten.
Sein schwacher Punkt war sein männliches Selbstgefühl. Er hatte immer verbissen gegen das Altern gekämpft, war auch als er sein 60. Lebensjahr überschritten hatte, immer noch stolz auf sein jugendliches Aussehen, auf seinen straffen, durchtrainierten Körper, auf seine Männlichkeit und seine wohlgeratenen Söhne. Aber mit den Selbstzweifeln geriet auch dieser Stolz ins Wanken - er zweifelte an seiner Anziehungskraft und suchte Bestätigung. Hier griff sie an - und sie kannte keine Gnade. Ausgangspunkt war das harmlose Geplänkel mit einer jungen Vereinskameradin. Obwohl zwischen den beiden nichts Ernst zu nehmendes vorgefallen war, begann sie ihren Mann, nachdem sie davon erfahren hatte, mit Eifersucht und grundlosen Verdächtigungen zu verfolgen -und im Gegenzug herrisch ihre eigene sexuelle Befriedigung einzufordern.
Sie war keine leidenschaftliche Frau. Sexualität war für sie immer nur Pflichtprogramm gewesen. Jetzt entschloss sie sich,Sex als Kampfmittel einzusetzen, um ihren Ehemann mit Zuckerbrot und Peitsche „auf den Boden der Tatsachen“ zurück zu zwingen.
Wenn er ihren Anforderungen als Liebhaber nicht gerecht wurde, demütigte sie ihn und sprach tagelang kein Wort. Es war ein lange schwelender Konflikt, der schliesslich zu dem führte, was man in der bürgerlichen Welt als „Seitensprung“ bezeichnet:
er suchte und fand  die Bestätigung die er brauchte bei einer anderen Frau.
Seine heimliche Geliebte war in allem das absolute Gegenstück zu seiner Ehefrau: sie war elf Jahr jünger als er, hatte Übergewicht, neigte zu Unordnung und Chaos, war sinnlich und leidenschaftlich und genoss jedes Zusammensein mit ihm in vollen Zügen. Und sie war neugierig auf die Dinge die ihn beschäftigten. Sie las die Bücher, die er ihr schenkte, stellte Fragen, hörte ihm zu - und so wurde aus der zunächst rein erotisch geprägten  Beziehung im Laufe der Zeit eine innige und zärtliche Freundschaft, die bis an sein Lebensende hielt. Weil diese Frau in einer anderen Stadt lebte, und sie einander nur selten sehen konnten, gelang es ihm, ihre Existenz bis zuletzt geheim zu halten.
Nach außen hin blieb alles unverändert. Er und seine Ehefrau spielten weiterhin das ideale Paar und turtelten demonstrativ miteinander, wenn sie sich bei gesellschaftlichen Anlässen gemeinsam sehen ließen.
Aber sobald sich nach einer solchen Inszenierung die Haustür wieder hinter ihnen schloss, fielen die Wärme und freundliche Zugewandtheit die seine Frau ihm gegenüber demonstriet hatte von ihr ab .
Er fröstelte. Das schöne Zuhause, für das er so hart gearbeitet hatte, brach vor seinen Augen auseinander wie die morschen Kulissen eines in Konkurs gegangenen Schmierentheaters.
Dieses Haus mit seinem liebevoll gestalteten Garten, den schönen und repräsentativen Möbeln, den teuren Teppichen und dem kostbaren Porzellan – es war IHR Werk. SIE hatte es so haben wollen. Genau so wie das große Familienbild in der Diele, das eine heimische Künstlerin gemalt hatte und das jedem Besucher triumphierend zuzurufen schien: “Schaut her! Das sind WIR! Die perfekte Famillie!“ .
Früher war er stolz gewesen auf dieses Bild... . jetzt kam es ihm wie ein billiges Versatzstück vor. Wenn er es ansah, verstand er die Welt nicht mehr. Wie hatte er dieses Bild jemals schön finden können?. Die Menschen darin wirkten leblos wie Schaufensterpuppen: seine Frau,i n ihrem hübschen Kleid im Landhaus-Stil, puppenhaft schön... „Wie eine Barbiepuppe“ dachte er...Seine Söhne – schablonenhafte Gliederpuppen auch sie - jeder in seiner eigenen Welt gefangen, ohne Blick für seine Geschwister. Und er selbst : ein Herr im Anzug  der hinter dem Stuhl seiner Frau stand mit maskenhaft starrem Gesicht, die Augen verborgen hinter einer Brille, deren Gläser so sehr spielgelten, dass man nur zwei weiß schimmernde Scheiben sah. Blicklos, steif und ungelenk „wie ein Buchhalter“ dachte er. - Nein – wie ein Bediensteter.
Die Künstlerin hatte, bei allem scheinbaren Unvermögen, doch ein Gespür für die Stimmung gehabt, die in dieser Familie herrschte. Sie hatte es eher geahnt, als er selbst - aber WANN war seine Ehe so geworden wie sie heute war? Ein Zerrbild ehelicher Gemeinschaft - eine Fassade?
Und seine Söhne...was war aus ihnen geworden? WAREN sie noch SEINE Söhne? Waren sie es jemals wirklich gewesen? SIE hatte sie erzogen und geformt –  er meinte unterschwellig leisen Spott in ihren Augen zu lesen, wenn er versuchte, sich ihnen mitzuteilen. Sie waren auf der Seite seiner Frau, genau wie die Ehefrauen, die sie sich ausgesucht hatten .Und wenn sie an den Wochenenden in ihr ehemaliges Elternhaus zu Besuch kamen, dann kamen sie zu IHR und nicht zu IHM.
ER war allein – mitten unter den Menschen, von denen er geglaubt hatte, dass sie ihm am nächsten stehen .
Aber was sollte er tun? Fortgehen? Wohlmöglich die Arme seiner Geliebten flüchten? Ausbrechen und all das aufgeben, was er sich in jahrzehntelanger mühevoller Arbeit erkämpft hatte? Er wagte es nicht, spielte weiterhin nach außen den glücklichen, erfolgreichen Mann, in dessen Leben alles stimmt. Er saß fest in dem Goldenen Käfig, den er sich selbst gebaut hatte – seine schöne Frau war seine Kerkermeisterin geworden -und sie hatte die gemeinsamen Kinder als Geiseln genommen.

War es DIESE Erkenntnis, die ihn an diesem schönen sonnigen Herbsttag  dazu trieb, im falschen Augenblick aufs Gaspedal zu treten? Er und seine Frau waren gemeinsam unterwegs - in dem Kleinwagen, den er ihr geschenkt hatte. Er sollte sie zu einem Arzttermin fahren und den Wagen anschließend zur Inspektion bringen. Sie waren spät dran - und er fuhr, wie so oft, ein wenig zu schnell. Auf einer Kreuzung nicht weit von seinem Haus schoss der kleine rote Citroen ungebremst mitten in den Querverkehr und wurde von zwei anderen Autos gerammt., die fast gleichzeitig seinen Weg kreuzten. Er und seine Frau starben noch am Unfallort.
Seine Söhne geben ihm die Schuld am Tod der  ihnen so sehr verehrten Mutter – und in einer anderen Stadt trauert heimliche Geliebte um ihn. Sie hatte ihn immer bewundert – aber von seinem Kummer wusste sie nichts   – denn er hatte seine Schwäche, seinen Schmerz und seine innere Einsamkeit bis zuletzt vor ihr verheimlicht . Hätte sie ihm helfen können, als das Gebäude seines Lebens auseinanderbrach?


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timcbaoth
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Beiträge: 114



Beitrag22.11.2019 22:35

von timcbaoth
Antworten mit Zitat

Liebe Almuth

Ich bin auf einmal wieder sechzehn und sitze in der Klasse. Wir lesen diesen Text. Es ist Religionsunterricht.

Generell würde ich empfehlen, näher an den Personen dranzubleiben, allerdings gefällt mir die erste Version wesentlich besser als die zweite.

Die Schilderung des Unfalls ist mir zu nah. Der Text danach ist so weit weg, dass es seltsam wirkt. Ausserdem wird schon mitgeteilt, dass der Protagonist stirbt. Die Information könnte man sich für den letzten Teil aufbewahren.

Aber an der Geschichte selbst finde ich schlimm, wie sie die Frau dafür verantwortlich macht, dass der Kerl sein Leben verschissen hat. Er wollte doch für das Ansehen leben, aber sobald er sein Leben hinterfragt, gibt er der Frau die Schuld an allem.

Mir fällt es noch schwer, zu verstehen, wie die Beschäftigung mit der Frage nach dem Leben nach dem Tod, als Gefahr für das Leben im Status gesehen werden kann. Einige der grössten Karrieristen, die ich kenne, sind devote Christen.

Ausserdem sind die Leute über sechzig, wo man keine Vorsicht walten lassen muss, wenn man Sex hat. Schliesslich ist man jenseits der Menopause.

Dann gibt es noch einige Ungereimtheiten: Wieso fährt sojemand einen Citroen? Das ist nicht gerade ein angeberisches Auto.

LG
Tim


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salzamt
Geschlecht:weiblichGänsefüßchen

Alter: 51
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Beitrag22.11.2019 23:43
Sequenz und Kritik mit brisantem Thema
von salzamt
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liebe Almuth, liebe Babella, bzw. @ all,

...und verzeiht gleich mal der Neuen, die hier so hereintrampelt.

Babella, Deine Kritik teile ich zwar nicht, meine aber, sie verstehen zu können. Im Endeffekt bleibt (mir) eine spannende Frage.

Im Text steht:
Zitat:
Auch privat lief alles gut. Er hatte die Frau geheiratet, die für ihn die Liebe seines Lebens war. Eine zierliche blonde Kindfrau, (...)


Die - für mich viele Gedanken anstoßende -  Kritik:
Zitat:
Ich bin raus bei der "zierlichen blonden Kindfrau", sorry. Warum müssen Frauen Frauen so beschreiben?
Das ist so klischeehaft.


Die Zweitversion:

Zitat:
Sie war für ihn die Liebe seines Lebens : schlank, zierlich , schön wie ein Bild, dabei zielstrebig und energisch: eine tüchtige Hausfrau, die ihm den Rücken freihielt und ihn nach Kräften unterstützte, als er sich einen Platz in der Kaste der Besitzbürger seines Heimatortes einen Platz eroberte als die schöne und stilsicher auftretende Frau an seiner Seite.


Ich finde, das mit der zierlichen, blonden Kindfrau hat genau gepasst. Das hat eine Vorstellung bedient, die nicht viele Worte braucht. Man muss diesen Umstand nicht gutheißen (und insofern bin ich bei Babella) - aber es gibt das Bild, und jeder weiß, was gemeint ist.
Das wäre, wie wenn ich schreiben würde: "Müller gefiel allen. Ein glattgeseifter Wergefuzzi (...)" - muss man auch nicht gut finden, aber auch hier weiß jeder, was gemeint ist.

Was ich aber (@ Almuth) tun würde: kürzen.
"Auch privat lief alles gut. Er hatte geheiratet, die Liebe seines Lebens. Eine zierliche, blonde Kindfrau (...)" - so irgendwie.

Die Frage, die bleibt:
darf man sich von gerechter, fairer Sprache abwenden, um zu zeigen, was (auch gesellschaftlich) Sache ist? Ich meine, man darf nicht nur, man muss sogar.
Ich würde auch den glattgeseiften Werbefuzzi als solchen einführen.
Das sind doch gerade die Bilder, an denen man sich reiben kann. Aber nur, wenn sie gezeigt werden (dürfen) (?)
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Almuth Wessel
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Beiträge: 20
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A
Beitrag23.11.2019 00:42
De gustibus non est disputandum
von Almuth Wessel
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Erstmal vielen Dank für die zahlreichen Rückmeldungen. Die Quintessenz dessen was ich jetzt hier zu lesen bekommen habe, kann aber für mich nur lauten: MAN SOLL NIE AUF DIE GUTEN RATSCHLÄGE VON ANDEREN HÖREN. Es ist besser, bei dem eigenen Text zu bleiben, und auch dazu zu stehen.
Jetzt zu den Kritikpunkten im einzelnen:
1. "Wieso ein Citroen? Das ist doch gar kein Angeberauto?"
Lieber timcbaoth:
Offensichtlich haben Sie sich nicht einmal die Mühe gemacht, den Text bis zum Ende zu lesen - denn sonst WÜSSTEN Sie, warum das Paar mit einem Kleinwagen unterwegs war. Ich zitiere:
 "Er und seine Frau waren gemeinsam unterwegs - in dem Kleinwagen, den er ihr geschenkt hatte. Er sollte sie zu einem Arzttermin fahren und den Wagen anschließend zur Inspektion bringen."
Das ist der vorletzte Satz - wenn Sie TATSÄCHLICH bis hierhin gelesen hätten, hätten Sie sich ihre Frage und Ihr Unverständnis sparen können.


2. die "Kindfrau"
Liebe Barbella... jetzt HABE ich Ihnen schon den Gefallen getan, und die "Kindfrau" (womit übrigens ein TYPUS gemeint ist, und keine MENTALITÄT) rausgeworfen:(ich zitiere)
".Sie war für ihn die Liebe seines Lebens : schlank, zierlich , schön wie ein Bild, dabei zielstrebig und energisch: eine tüchtige Hausfrau, die ihm den Rücken freihielt und ihn nach Kräften unterstützte, als er sich einen Platz in der Kaste der Besitzbürger seines Heimatortes einen Platz eroberte  als die schöne und stilsicher auftretende Frau an seiner Seite ."
Ist AUCH schon wieder falsch! salzamt gefällt sie nicht.


3. der Unfalläußerte Minrerva, es sei doch besser "den Leser gleich mit dem Unfall zu überraschen". Jetzt habe ich ihr den Gefallen getan und bin mit dem Unfall eingestiegen - aber dafür hat dann wieder timcbaoth was auszusetzen. Ihm ist das Unfallgeschehen "zu nah" (wie bitte? versteh ich nicht) und das andere nicht nah genug...also wat denn nu?

ich habe selten so viel und so viel Widersprüchliches über einen Text gelesen wie hier in diesem Forum. Es ist ja nicht so, dass ich keine Kritik vertragen könnte- andernfalls könnte ich mir ja auch den ganze Quatsch sparen und einfach vor mich hinschreiben.
Aber es wäre doch wünschenswert, wenn das alles ein bisschen koordinierter und stringenter wäre. So wie es hier läuft, habe ich den Eindruck, jeder kritikastert da vor sich hin, schreibt seine rein subjektiven Eindrücke hin (aber DAZU braucht man kein Profi zu sein) und kümmert sich nicht sonderlich um das, was die anderen schreiben.

Aber wenn ich DAS haben will, kann ich in irgendein xbeliebiges Feld-Wald- und Wiesenforum gehen und brauche mich nicht in einem Forum herumzutreiben, das angeblich "der Luxusliner unter den Literaturforen " ist.


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salzamt
Geschlecht:weiblichGänsefüßchen

Alter: 51
Beiträge: 16
Wohnort: Österreich


Beitrag23.11.2019 00:57

von salzamt
Antworten mit Zitat

Hi Almuth,


Zitat:
2. die "Kindfrau"
Liebe Barbella... jetzt HABE ich Ihnen schon den Gefallen getan, und die "Kindfrau" (womit übrigens ein TYPUS gemeint ist, und keine MENTALITÄT) rausgeworfen:(ich zitiere)
".Sie war für ihn die Liebe seines Lebens : schlank, zierlich , schön wie ein Bild, dabei zielstrebig und energisch: eine tüchtige Hausfrau, die ihm den Rücken freihielt und ihn nach Kräften unterstützte, als er sich einen Platz in der Kaste der Besitzbürger seines Heimatortes einen Platz eroberte  als die schöne und stilsicher auftretende Frau an seiner Seite ."
Ist AUCH schon wieder falsch! salzamt gefällt sie nicht.


Es geht m Mn nicht mal nicht um's Gefallen.
Für mich war die Frage, ob ein Bild stehenbleiben darf, auch dann, wenn es, ganz genau, einen Typus zeigen soll und nicht für eine Mentalität plädiert (danke für diese Unterscheidung, die auch mir viel bringt).
Ich meine, "ja", und fand das klare Bild eben besser.
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Selanna
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Beiträge: 1146
Wohnort: Süddeutschland


Beitrag23.11.2019 01:08

von Selanna
Antworten mit Zitat

Hallo Almuth,

ich kann Deinen Frust gut verstehen, da sitzt man tagelang an einem Text, stellt ihn dann ins Forum ein, es hagelt Anregungen, Anmerkungen, Verbesserungsvorschläge, man setzt all das in mühevoller Kleinarbeit um und dann hagelt es mehr von demselben. Ätzend Confused

Aber es sind eben nur Anregungen, Anmerkungen und Vorschläge, also Hilfestellungen, aber keine Lösungen, und das von unterschiedlichen Lesern/Typen, mit anderen Geschmäckern, Ansichten und Stilen.

Für mich hört es sich ein bisschen an, als hast Du Dir ehrlich Mühe gegeben, es mit dem neuen Text allen recht zu machen, aber Du weißt sicher selbst, dass das in keinem Bereich, auch nicht in der Literatur, funktioniert.
Die Frage ist doch: Welche Vorschläge fandest Du gut? Was hast Du gerne umgesetzt, weil Du denkst, dass Dein Text dadurch besser wurde? Was nur widerwillig? Pick Dir nur raus, was Du an Anregungen gut findest, den Rest ignoriere. Zu entscheiden, was man verbessert und was man unverändert stehen lässt, das ist dann auch die Schwierigkeit, die Aufgabe, die Dir keiner abnehmen kann, nicht einmal im besten Schriftstellerforum Wink

Lass den Text noch einmal eine Weile liegen und dann übernimm von den neuen Vorschlägen, was Dir gefällt, und nimm wieder raus, was Du von den ersten Vorschlägen nur ungern übernommen hast. Dann ist es Dein Text und Du musst damit zufrieden sein.
Viel Erfolg und liebe Grüße
Selanna


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Nur ein mittelmäßiger Mensch ist immer in Hochform. - William Somerset Maugham
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Kiara
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Alter: 44
Beiträge: 1404
Wohnort: bayerisch-Schwaben


Beitrag23.11.2019 11:22
Re: De gustibus non est disputandum
von Kiara
Antworten mit Zitat

Liebe Almuth,

mein Verständnis ist dir sicher - und bestimmt auch das von vielen anderen hier.
Das Wichtigste vorab:

Almuth Wessel hat Folgendes geschrieben:
ich habe selten so viel und so viel Widersprüchliches über einen Text gelesen wie hier in diesem Forum. Es ist ja nicht so, dass ich keine Kritik vertragen könnte- andernfalls könnte ich mir ja auch den ganze Quatsch sparen und einfach vor mich hinschreiben.
Aber es wäre doch wünschenswert, wenn das alles ein bisschen koordinierter und stringenter wäre. So wie es hier läuft, habe ich den Eindruck, jeder kritikastert da vor sich hin, schreibt seine rein subjektiven Eindrücke hin (aber DAZU braucht man kein Profi zu sein) und kümmert sich nicht sonderlich um das, was die anderen schreiben.
Aber wenn ich DAS haben will, kann ich in irgendein xbeliebiges Feld-Wald- und Wiesenforum gehen und brauche mich nicht in einem Forum herumzutreiben, das angeblich "der Luxusliner unter den Literaturforen " ist.


Hier liegt meines Erachtens die Ursache deines Ärgers: Dieses Forum ist großartig - doch es wird von Hobbyschreibern und Profis gleichermaßen bevölkert. Natürlich sind erfahrene und langjährige Autoren darunter, aber eben auch Anfänger. Manch einer vertreibt sich hier mit einem Nickname die Zeit und man weiß gar nicht, welche reale Person eigentlich dahintersteckt, andere wiederum schreiben ganz offen, was sie bisher veröffentlicht haben.
Man darf aber grundsätzlich nicht davon ausgehen, dass jeder, der hier schreibt, über die Erfahrung verfügt, deinen Text besser zu machen. Es sind Vorschläge, Hinweise, mehr nicht. Jeder macht das hier in seiner Freizeit; manche sehr intensiv und opfern viel Zeit für fremde Texte. Alle geben, so glaube ich, ihr Bestes, wenn sie Tipps geben, so wie ich selbst es auch tue.
Daher ist dein Dank
Almuth Wessel hat Folgendes geschrieben:
Erstmal vielen Dank für die zahlreichen Rückmeldungen.
genau richtig formuliert.
Dennoch sollten jegliche Hinweise und Verbesserungsvorschläge zu deinem Text von dir gegengeleuchtet werden. Du entscheidest letztlich, was du übernimmst.
Almuth Wessel hat Folgendes geschrieben:
Die Quintessenz dessen was ich jetzt hier zu lesen bekommen habe, kann aber für mich nur lauten: MAN SOLL NIE AUF DIE GUTEN RATSCHLÄGE VON ANDEREN HÖREN. Es ist besser, bei dem eigenen Text zu bleiben, und auch dazu zu stehen.

Das würde ich nicht tun, denn es sind immer wieder gute Anregungen dabei. Man sollte nur nicht alles blind übernehmen, sondern hinterfragen.
Wie du schriebst sind es subjektive Eindrücke eines jeden Einzelnen - sie sind nicht abgesprochen und organisiert.
Den Begriff Luxusliner kann ich nicht nachvollziehen. Es ist ein tolles Forum, ich fühle mich hier wohl und gebe mir Mühe, mich einzubringen, doch theoretisch kann sich hier jeder anmelden, mit welchen Beweggründen auch immer. Ich finde, das Forum hilft, tiefer in die Materie "Schriftstellerei" einzutauchen, doch man sollte nicht alles auf die Goldwaage legen. Letztendlich bleibt es ein offenes Forum für alle.

Daher mein Rat: Mach mit, bring dich ein, nimm die Hinweise zu deinen Texten auf, denen oft ein Körnchen Wahrheit anhaftet und erlaube dir selbst eine Weiterentwicklung. Natürlich ist Kritik schmerzhaft, doch nur daran kann man wachsen, wie man so schön sagt. Selbst, wenn die Meinungen gegensätzlich zu sein scheinen kann man daran erkennen, dass der Text noch zu viele Interpretationsmöglichkeiten besitzt - oder er genau so sein soll.

Ich wünsche dir viel Freude hier!

Liebe Grüße


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Minerva
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Beitrag23.11.2019 11:23

von Minerva
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Hallo Almuth,

entschuldige, da haben wir uns missverstanden mit dem Unfall. Mir ging es lediglich darum, die Sätze am Ende vor dem Unfall zu streichen. (nicht den Unfall an den Anfang zu setzen.)

Ich hatte mich nicht klar genug ausgedrückt, tut mir leid!

EDIT: Der Grund dafür ist, dass es überraschender kommt, wenn der absichtliche Unfall passiert, anstatt dass vorher die Frage mit dem Unfallspoiler steht.


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timcbaoth
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Beitrag23.11.2019 16:43

von timcbaoth
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Hallo Almuth

Ich wollte Sie mit meinem Kommentar nicht frusten, das tut mir leid. In der Literatur, wie sonst überall, ist es so, dass zehn unterschiedliche Menschen, zehn unterschiedliche Meinungen vertreten werden.

Sie schreiben übrigens gut und flüssig, meiner Meinung nach. Ich musste keine Stelle mehrmals lesen, um zu begreifen, was da steht, was schon mal sehr für Ihren Schreibstil spricht. Das will ich gesagt haben, denn bei aller Kritik geht das positive Feedback schnell mal vergessen.

Ich habe übrigens gelesen, warum das Paar mit dem Kleinwagen unterwegs war. Ich frage mich nur, wieso dieser Kleinwagen ein Citroen ist, und nicht z.B. eine A-Klasse oder ein Audi (welches Modell auch immer dort klein ist).

Generell stört es mich auch nicht, wenn der Unfall am Anfang steht. Was mich leicht irritiert hat, war der Bruch zwischen der sehr nahen Perspektive beim Unfall, wo die Sinneseindrücke sehr plastisch beschrieben werden, und der Vogelperspektive über das gesamte Leben des Protagonisten. Natürlich muss die Perspektive beim Unfall näher sein, als beim Rest des Textes, aber durch die sinnliche Schilderung wird eine Fallhöhe geschaffen, die meines Erachtens die Wirkung des Textes schmälert.

Aber naja, das ist alles mein subjektives Empfinden und es mag widersprüchlich zu anderen Meinungen sein. Ich denke, es besteht ein Mehrwert darin, viele Meinungen zu sehen. Wenn mehrere Leser etwa über ähnliche Dinge stolpern, dann muss keineswegs der Verbesserungsvorschlag der Leser der richtige Ansatz sein, aber man kann daraus schliessen, dass es an der Stelle eventuell noch Nachbesserungsbedarf gibt, um die Intentionen unmissverständlicher rüberzubringen. Und allen hier wird man es ohnehin nie rechtmachen können.

In diesem Sinne hoffe ich, dass ich Ihnen nicht die Lust am Schreiben und am Teilen Ihrer Texte geschmälert habe, und würde mich freuen, mehr davon zu lesen.


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Liebe Grüsse
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Papa Schlumpf
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Wohnort: Friedersdorf


Beitrag23.11.2019 18:14

von Papa Schlumpf
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Liebe Almuth, ich fühle mich an eigene Anfänge hier im Forum erinnert. Von allen Seiten verbessert und mit (auch untauglichen) Verbesserungsvorschlägen überhäuft. Und - weil neu - kann man das alles noch nicht werten, einordnen, sortieren nach brauchbar oder eher nicht und das -eher nicht- konsequent ablehnen kann man auch noch nicht.
Wenn ich ein neues Manuskript ins Lektorat bekomme, so gebe ich dem Autor immer mit auf den Weg der gemeinsamen Bearbeitung, dass meine Vorschläge und Empfehlungen keine Dogmen sind, dass er entscheidet, was seinem Text am meisten dient, er ist ja schließlich der Autor.
Und genau das musste ich hier im Forum auch erstmal lernen.
Dir wünsche ich den Mut und das dicke Fell, mit Deinen Texten auch hier im Forum weiterzumachen, weil Du hier unheimlich viele und wichtige Erfahrungen sammeln kannst.
Wir lesen uns. PS.


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