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fabian
Geschlecht:männlichKlammeraffe


Beiträge: 606



Beitrag05.10.2019 10:45
Nach und nach
von fabian
eBook pdf-Datei Antworten mit Zitat

Er schleicht über den Flur, viel früher als sonst.

Vorsichtig, auf Zehenspitzen, versucht er die Füße so zu setzen, dass die Dielen nicht knarren. In der Hand hält er den Einkaufsbeutel, darin die Schale mit Aufschnitt und Käse. An der Tür zum Schlafzimmer wirft er einen kurzen Blick auf das Bett. Sie liegt auf der Seite, abgewandt, Rücken an Rücken mit dem Kater.

Er weiß, auch wenn sie sich nicht rührt ist nicht sicher, dass sie schläft. Er weiß das und er ist angespannt, wie an fast jedem Tag, der so beginnt. Er vermisst die seltenen Augenblicke, in denen er ihren tiefen Atem oder gar ein Schnarchen hört.

In der Küche öffnet er den Kühlschrank, nimmt die Glasschüssel aus dem Einkaufsbeutel und stellt resigniert fest, dass er das Brot oben vergessen hat. Er wird es rechtzeitig nach unten bringen müssen und es ärgert ihn, dass ihn das in seiner Autonomie einschränkt. Er schließt leise die Kühlschranktür, überlegt kurz und geht dann ins Bad.

Seine Schulter streift den Sturmhaken, automatisch greift er zu und stoppt das Pendeln, damit er nicht gegen den Türrahmen schlägt. Über die Jahre hat der Haken einen tiefen Bogen in Lack und Holz gefurcht. Ein bleibender Schaden. Er schließt leise die Tür hinter sich.

Später hockt er noch einen Moment auf der Toilette. Die Dinge reiben sich aneinander denkt er, und nach und nach wird aufgedeckt, was hart ist und was weich, und dann betätigt er die Klospülung.

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Selanna
Geschlecht:weiblichReißwolf


Beiträge: 1146
Wohnort: Süddeutschland


Beitrag05.10.2019 19:22

von Selanna
Antworten mit Zitat

Hallo smile,
das ist die zweite Toilettengeschichte in wenigen Tagen, die ich hier lese. Ist das ein neuer Trend? wink
Deine Geschichte ich nicht schlecht geschrieben, ich verstehe nicht so ganz, warum Du sie unter Trash einstellst.
Inhaltlich verstehe ich nicht allzu viel. Da ist ein Mann, der in die Wohnung einer Frau schleicht (da er es öfter tut, nehme ich an, die beiden kennen sich oder sind sogar ein Paar). Er scheint über ihr zu wohnen (dort hat er das Brot vergessen) und bringt jetzt Wurst und Käse in ihre Wohnung, vielleicht für ein gemeinsames Frühstück? Sie schläft noch, aber da er sie kennt, weiß er, dass sie es vllt nur vortäuscht; ist sie also misstrauisch? Dann wird ein Schaden in der Wohnung (an der WC-Tür) beschrieben, es kommt mir so vor, als wäre da etwas Metaphorisches enthalten, aber ich komme nicht darauf, was es sein könnte. Ich frage mich auch, ob er jetzt wieder in der oberen Wohnung/Etage ist, wo das Brot noch liegt, oder noch in ihrer Wohnung. Das Ganze endet mit einer WC-Sitzung seinerseits und der Satz zur Konsistenz kommt mir wieder doppeldeutig vor.
Zur Grammatik: Du hast ein paar Kommafehler drin bzw. fehlende Kommata.
Ansonsten: Ich habe schon gesehen, dass Aufschnitt/Käse in Blech- oder Plastikdosen, auf Tellern mit Folie und in Metzgerpapier gewickelt transportiert wurde. Noch nie habe ich gesehen, dass sich eins von beiden in einer Schale oder Schüssel befand.

Kurz und bündig: Gut lesbar geschrieben. Es könnte auch sein, dass sich hinter dem Text eine tolle Geschichte verbirgt, aber ich habe aus den wenigen Infos keine herauslesen können.

Liebe Grüße
Selanna
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fabian
Geschlecht:männlichKlammeraffe


Beiträge: 606



Beitrag07.10.2019 11:22

von fabian
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Hallo Selanna,

freut mich, dass da so schnell schon jemand reagiert hat.

Tja, warum steht die Geschichte unter Trash?

Ich wollte halt mal Inco ausprobieren und auch schauen, wie viele hier lesen und antworten, auch, ob anders gelesen und geantwortet wird – ach, ich weiß nicht genau, warum.
Keine Ahnung, was hier unter Trash verstanden wird. Die Bandbreite scheint erheblich zu sein.
Auf die Idee, dass Trash eventuell schlecht geschrieben bedeuten könnte, bin ich nicht gekommen (nicht dass ich dir unterstellen wollte, du würdest unter Trash nur schlecht geschriebenes erwarten).
Grammatikalisch finde ich den Text ganz ok, aber meine Kompetenz in Kommasetzung ist in der Tat schwach ausgeprägt. Nicht mal als Sprechmarken funktionieren sie richtig.

Zitat:
...Wurst und Käse in ihre Wohnung, vielleicht für ein gemeinsames Frühstück?

Er stellt die Sachen einfach nur in den Kühlschrank, damit sie kühl gelagert werden.

Zitat:
Ich frage mich auch, ob er jetzt wieder in der oberen Wohnung/Etage ist

Stimmt, missverständlich; da könnte ich den Absatz zwischen "...ins Bad" und "Seine Schulter ..." rausnehmen.

Zitat:
Kurz und bündig: Gut lesbar geschrieben. Es könnte auch sein, dass sich hinter dem Text eine tolle Geschichte verbirgt, aber ich habe aus den wenigen Infos keine herauslesen können.

Selbstverständlich verbirgt sich hinter diesem Fragment meine nobelpreiswürdige Idee für den Roman des 22. Jahrhunderts (falls die Verleihungen nicht ausfallen müssen, weil die dann tätige Sekretärin des Komitees dabei erwischt wurde, wie sie den potentiellen Kandidaten in den Schritt gegriffen hat – DAS war jetzt Trash, oder?).

Nein, im Ernst, ein zarter Frühlingswind, der mir den Duft einer Blumenwiese entgegenträgt – kann der mir eine Geschichte erzählen? Nicht wirklich, aber vielleicht kann er eine Geschichte in mir anstoßen.
Insofern entnehme ich deinem Beitrag, dass mein kleines Textfragment dich mental zum Schnuppern angeregt hat, zumindest ansatzweise und natürlich im übertragenen Sinne, und da sind wir dann doch schon wieder dicht beim Trash, denn wir dürfen natürlich nicht das Örtchen vergessen, an den die Geschichte den Leser führt und an dem jeder Sinn im finalen Spülvorgang den Bach runtergeht.

Und dann noch die Frage, wer da eigentlich spricht. Ist das ein neutraler Beobachter? Oder beobachtet sich das Subjekt da selber und spricht im distanzierenden "er" von sich selber? Ich tendiere zum letzteren, aber so ganz sicher bin ich mir nicht.
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Selanna
Geschlecht:weiblichReißwolf


Beiträge: 1146
Wohnort: Süddeutschland


Beitrag07.10.2019 13:15

von Selanna
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Hallo smile,

Zitat:
nicht dass ich dir unterstellen wollte, du würdest unter Trash nur schlecht geschriebenes erwarten

Das war von mir auch falsch beschrieben. Normalerweise erwarte ich etwas Ungewöhnliches (und oft dadurch nicht so leicht Verständliches/Lesbares) in Trash. Das dsfo schreibt zur Trash-Abteilung: „Postmodernes und göttlicher Schund – Kitsch versus Kult“. Ich denke – und das völlig wertungsfrei - dass der Text auch ins Feedback oder in die Werkstatt hätte eingestellt werden können.

Zitat:
er stellt die Sachen einfach nur in den Kühlschrank, damit sie kühl gelagert werden.

Das natürlich auf jeden Fall, das ist die Grundvoraussetzung, warum man etwas in EINEN Kühlschrank stellt. Die Frage ist eher, warum er es in IHREN Kühlschrank stellt Laughing

Zitat:
selbstverständlich verbirgt sich hinter diesem Fragment meine nobelpreiswürdige Idee für den Roman des 22. Jahrhunderts

Ich würde Dir raten, fürs 21. Jh. zu schreiben, dann bekommst Du die Ehrungen noch mit Wink

Zitat:
insofern entnehme ich deinem Beitrag, dass mein kleines Textfragment dich mental zum Schnuppern angeregt hat, zumindest ansatzweise und natürlich im übertragenen Sinne, und da sind wir dann doch schon wieder dicht beim Trash, denn wir dürfen natürlich nicht das Örtchen vergessen, an den die Geschichte den Leser führt und an dem jeder Sinn im finalen Spülvorgang den Bach runtergeht.

Ich frag mich grad, ob ich Dich kenne. Der Stil kommt mir bekannt vor...

Liebe Grüße
Selanna
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fabian
Geschlecht:männlichKlammeraffe


Beiträge: 606



Beitrag07.10.2019 22:17

von fabian
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Hallo Selanna,

Zitat:
Die Frage ist eher, warum er es in IHREN Kühlschrank stellt


Legt der Text denn diese Frage nahe? Wenn ja – wodurch stößt er sie an? Dem Prota stellt sie sich offensichtlich nicht. Er packt die Sachen in den Kühlschrank und denkt darüber nicht weiter nach. Der Text sollte nichts weiter nahelegen als das – eben – Naheliegendste: die Sachen gehören genau in diesen Kühlschrank rein.

So gesehen spräche diese Miniaktion in Bezug auf deine Spekulation über das Verhältnis der beiden Figuren zueinander dafür, sie in einer relativ engen, v.a. räumlich nahen Beziehung zueinander zu sehen (was – wie ich vermute – auch schon am freien Blick ins Schlafzimmer ablesbar ist).

Der Leser darf natürlich erwarten und sich fragen und sich anhand des Textes seinen Reim machen. Vielleicht triggert ihn dabei die zweimalige Erwähnung eines "Einkaufsbeutels" etwas, sie könnte die Erwartung (mehr Sinn!) wecken, die Minihandlung des Textes stünde in Beziehung zu einem "weiter außen", zu etwas Vorgelagertem (Einkaufen). Das würde aber das im Text enthaltene "oben" konterkarieren, dass du ja richtig als Etage(n) drüber identifiziert hast. Über den umschriebenen Ort – und den Moment, in dem sich das Wenige da abspielt – soll der Text nicht hinausweisen.
Auf jeden Fall brauche ich ein Behältnis, in dem ein Inhalt getragen wird und verborgen ist, so dass es beim Auspacken zu dieser ärgerlichen Überraschung "Brot oben vergessen" kommen kann. Ich werde nachdenken.

Zitat:
Ich würde Dir raten, fürs 21. Jh. zu schreiben

Mit dem Alter kommt der Größenwahn. Ich muss ja erst mal noch ein Werk schaffen und das braucht seine Zeit. Da wird ein einziger Roman wohl nicht reichen.
Also: Who wants to live forever?
Ich.
Naja, ich hab ja auch viel nachzuholen.
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Selanna
Geschlecht:weiblichReißwolf


Beiträge: 1146
Wohnort: Süddeutschland


Beitrag08.10.2019 17:12

von Selanna
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Hallo smile,

Zitat:
legt der Text denn diese Frage nahe?

Ja. Er kommt von oben und schleicht an IHREM Schlafzimmer vorbei, also legt er etwas nicht oben in seinen, sondern in IHREN Kühlschrank. Also frage ich mich: Warum. Und warum heimlich.

Zitat:
der Text sollte nichts weiter nahelegen als das – eben – Naheliegendste: die Sachen gehören genau in diesen Kühlschrank rein.

Mh. Dann müsste man für den Text wohl ein distanzierterer und desinteressierterer Leser sein. Ich verstehe den Text immer weniger. Tut mir ehrlich leid.

Zitat:
So gesehen spräche diese Miniaktion in Bezug auf deine Spekulation über das Verhältnis der beiden Figuren zueinander dafür, sie in einer relativ engen, v.a. räumlich nahen Beziehung zueinander zu sehen (was – wie ich vermute – auch schon am freien Blick ins Schlafzimmer ablesbar ist).

Ja, das habe ich doch auch schon im ersten Kommentar geschrieben. Sie sind ein Paar oder zumindest sehr vertraut miteinander. Ich kenne solche Leute, die nebeneinander wohnen und gegenseitig füreinander einkaufen und miteinander verwandt sind und deshalb schon mal Sachen in den Kühlschrank des anderen legen. Aber ich bin eben ein Lesertyp, der dann auch gerne wüsste, warum. Wie ist die Beziehung, warum legt er etwas in ihren Kühlschrank. Nur zu lesen, dass A etwas in den Kühlschrank von B legt und das heimlich tut – wo ist denn hier der Inhalt, das Interessante, eben genau das, wofür ich den Text lesen sollte? Das soll kein Angriff auf Dich sein und es tut mir leid, wenn das hart klingt. Es ist einfach nur, was ich dazu denke, und dadurch natürlich subjektiv.

Zitat:
der Leser darf natürlich erwarten und sich fragen und sich anhand des Textes seinen Reim machen. Vielleicht triggert ihn dabei die zweimalige Erwähnung eines „Einkaufsbeutels“ etwas, sie könnte die Erwartung (mehr Sinn!) wecken,

Das ist es eben, was mich an dem Text stört. Ich erwarte und frage und es ist so wenig Info da, dass ich mir nicht einmal selbst einen Reim draus machen kann. Der Text triggert mich, gibt mir aber so gut wie nichts an die Hand und lässt mich enttäuscht und unbefriedigt zurück.

Zitat:
mit dem Alter kommt der Größenwahn. Ich muss ja erst mal noch ein Werk schaffen und das braucht seine Zeit. Da wird ein einziger Roman wohl nicht reichen.

Ich wünsche Dir viel Erfolg und lass Dich nicht entmutigen!
Liebe Grüße
Selanna
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fabian
Geschlecht:männlichKlammeraffe


Beiträge: 606



Beitrag09.10.2019 15:44

von fabian
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Hallo Selanna,
Zitat:
Er kommt von oben und schleicht an IHREM Schlafzimmer vorbei, also legt er etwas nicht oben in seinen, sondern in IHREN Kühlschrank. Also frage ich mich: Warum. Und warum heimlich.

Von SEINEM Kühlschrank ist nirgends die Rede gewesen.
Der Text spricht auch nicht davon, dass es IHR Kühlschrank ist. Es wird nicht einmal nahe gelegt, dass es IHRE Wohnung ist.

Auch auf das Motiv "heimlich" sollte der Text nicht vorrangig orientieren, obwohl "schleicht" das in gewisser Weise nahe legt. Eher auf "leise" – ob aus Rücksicht oder aus anderen Motiven sei mal dahingestellt.

Schon der erste Satz stellt klar, dass es sich um einen Vorgang handelt, der schon häufiger stattgefunden hat. Die Figur ist in jeder Hinsicht mit der Situation vertraut, sowohl räumlich als auch sozial (in Bezug auf die Schlafende).

Auf der Handlungsebene gibt der Text einen banalen Ablauf wieder, da hast du Recht, so ist es, so sollte es sein. Und zu Recht stellst du dann auch die (in meinem Sinne "richtige") Frage: Was soll das, was ist das für eine Beziehung, "wo ist denn hier der Inhalt, das Interessante"?

Was bietet der Text in dieser Hinsicht an?
Ich versuchs mal von der Perspektive her.
Wie schon angedeutet ist das "er" für mich ein verkapptes "ich". Er ist dynamisch, erledigt etwas, denkt sich situationsbezogen was dabei. Ganz banal, nichts weltbewegendes. Aus der Situation heraus muss er nichts "erklären". Warum sollte er auch – und (vor allen Dingen): wem denn? Da ist doch niemand anderes als er. Wir folgen seinem Blick, erfahren etwas über seine Wahrnehmung und ein wenig über das, was er sich jeweils gerade dabei denkt. Aber immer aus der Logik des Momentes heraus. Die Episode mit dem Kühlschrank ist insofern nur eine Marginalie, als Handlungsabschnitt nur der Zünder für die Gefühle Ärger und Einengung. Der Text endet schließlich auf dem Klo mit der Betätigung der Spülung. Alles wieder sauber. Er lässt etwas hinter sich. [Vielleicht etwas zu viel der Moral?]

Der Text ist für mich eine unfertige (welcher Text wird schon jemals fertig?) Skizze, Miniatur, Momentaufnahme einer Figur in einem reduzierten, definierten Zeit- und Raumgefüge. Dafür habe ich eine Form gefunden, die für mich stimmig ist, auch jetzt noch, aber Leser legen ihre eigenen Maßstäbe an. Gut so.

Ich sehe den Text als Angebot, sowohl was die Form angeht als auch den Inhalt. Beides kann der Leser an sich ran lassen oder auch nicht, es interessant finden oder auch nicht, sich ein Bild machen oder auch nicht.

Insofern ist dann deine Quintessenz zum Glück klar und deutlich ausgefallen und für mich auch völlig akzeptabel:
Zitat:
Das ist es eben, was mich an dem Text stört. Ich erwarte und frage und es ist so wenig Info da, dass ich mir nicht einmal selbst einen Reim draus machen kann. Der Text triggert mich, gibt mir aber so gut wie nichts an die Hand und lässt mich enttäuscht und unbefriedigt zurück.

Tja, es gibt keine Erlösung. Dann triff also eine Entscheidung: betätige die Klospülung. Lass das Problem hinter dir. Wende dich befriedigenderen Angeboten zu. Oder, oder, oder ...

Nein, im Ernst: das sind wahrlich unangenehme Gefühle, die dich da plagen. Ich könnte jetzt sagen: das wollte ich nicht, tut mir leid, Leser sollten glücklich sein, schreib ich den Text halt um. Aber das will ich nicht.
Es ist nicht so, dass ich deine Anmerkungen nicht anregend finde, ich glaube, ich werde mich z.B. noch mal mit dem Blick ins Schlafzimmer beschäftigen. Da liegt noch Potential brach. Oder auch mit der Ambivalenz des "Schleichens".
Und natürlich mit dem Triggern. Das soll nicht zur Manier werden.
Aber vom Wesen her wird sich am Text dadurch wohl nicht viel ändern.

ps.
Ich gebe es zu: ich giere nach weiteren Meinungen. Wo bleiben sie, die Wölfe?
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Gast







Beitrag09.10.2019 17:26

von Gast
Antworten mit Zitat

Hallo Inkognito,

ich bin kein Wolf, schleiche aber auch schon eine Weile um deinen Beitrag herum. Gleich vorweg, ich finde den Text sprachlich sehr gelungen und würde kein einziges Wort ändern. Inhaltlich empfinde ich ihn als aufwühlend, und falls ich mit meiner Vermutung richtig liege, sind derartige Texte für mich persönlich nur schwer zu ertragen.

Beim ersten Lesen dachte ich, es handelt sich möglicherweise um jemanden, der seine kranke Frau oder Mutter pflegt. Er versorgt sie mit Lebensmitteln, ist sehr darauf bedacht, keinen unnötigen Lärm zu verursachen. Es scheint so, als sorge er sich um ihren Zustand.

Beim zweiten, intensiveren Lesen habe ich eine Gänsehaut bekommen.

Zitat:
Er weiß, auch wenn sie sich nicht rührt ist nicht sicher, dass sie schläft. Er weiß das und er ist angespannt, wie an fast jedem Tag, der so beginnt. Er vermisst die seltenen Augenblicke, in denen er ihren tiefen Atem oder gar ein Schnarchen hört.


Das bedeutet, sie stellt sich des Öftern schlafen und er weiß es. Die Situationen, in denen sie tief schläft, sind selten. Weil sie schwer einen Zustand erreicht, der es ihr erlaubt, sich ganz und gar zu entspannen.

Zitat:
In der Küche öffnet er den Kühlschrank, nimmt die Glasschüssel aus dem Einkaufsbeutel und stellt resigniert fest, dass er das Brot oben vergessen hat. Er wird es rechtzeitig nach unten bringen müssen und es ärgert ihn, dass ihn das in seiner Autonomie einschränkt


Es ist nicht so, dass er gerade vom Einkaufen kommt, wie man vielleicht bei der Erwähnung des Einkaufsbeutels vermuten könnte. Er benutzt ihn lediglich als Transportmöglichkeit für die Lebensmittel, die er direkt aus seinem Kühlschrank entnimmt, sie in eine Schale legt und nach unten bringt. Um sie in den dort befindlichen Kühlschrank zu stellen. Er ärgert sich, dass er das Brot vergessen hat und dadurch genötigt ist, noch mal nach oben zu gehen, um es zu holen. Denn er will eigentlich nicht so schnell wieder nach oben gehen.

Zitat:
Seine Schulter streift den Sturmhaken, automatisch greift er zu und stoppt das Pendeln, damit er nicht gegen den Türrahmen schlägt. Über die Jahre hat der Haken einen tiefen Bogen in Lack und Holz gefurcht. Ein bleibender Schaden.


An welchen Türen werden heute noch Sturmhaken benutzt, und was muss passieren, damit er eine tiefe Furche hinterlässt?

Zitat:
Die Dinge reiben sich aneinander denkt er, und nach und nach wird aufgedeckt, was hart ist und was weich, und dann betätigt er die Klospülung.


Der Satz ist das Gruseligste, was ich in letzter Zeit gelesen habe, und der Titel ist mMn ausgesprochen gut gewählt.

Der Fall Natascha Kampusch kommt mir in den Sinn. Oder ist meine Fantasie wieder mit mir durchgegangen?

LG Katinka
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Selanna
Geschlecht:weiblichReißwolf


Beiträge: 1146
Wohnort: Süddeutschland


Beitrag09.10.2019 19:02

von Selanna
Antworten mit Zitat

Hallo smile,

Zitat:
Nein, im Ernst: das sind wahrlich unangenehme Gefühle, die dich da plagen. Ich könnte jetzt sagen: das wollte ich nicht, tut mir leid, Leser sollten glücklich sein, schreib ich den Text halt um. Aber das will ich nicht.

Ich versichere Dir, ich ertrage diese Gefühle mit Fassung Wink Und ich bin ganz Deiner Meinung: Schreibe den Text ja nicht um, nur weil ein Leser den Inhalt unbefriedigend findet. Ich habe – denke ich – auch geschrieben, dass ich wohl nicht der ideale Lesertyp für Dich bin. Katinka, zum Beispiel, kann viel mehr aus dem Text ziehen, und jetzt tut es eher mir leid, dass ich Dich scheinbar bedrängt habe, das wollte ich nicht.

Ich denke, wir hatten eine ausführliche und gute Diskussion zu Deinem Text und ich werde mich jetzt, weil wir beide alles gesagt haben, was zu sagen war, zurückziehen und das Feld für die neuen Wölfe räumen. Ich wünsche Dir viele neue, fruchtbare Kommentare und finde es toll, dass Du so genau weißt, was Du willst (das ist absolut aufrichtig gemeint).

Liebe Grüße und bis zum nächsten Text,
Selanna
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fabian
Geschlecht:männlichKlammeraffe


Beiträge: 606



Beitrag13.10.2019 20:00

von fabian
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Ich wollte gerne noch antworten, tut mir leid, dass es so lange gedauert hat.

Selanna hat Folgendes geschrieben:

Ich wünsche Dir viele neue, fruchtbare Kommentare und finde es toll, dass Du so genau weißt, was Du willst (das ist absolut aufrichtig gemeint).

Mit den vielen Kommentare wird das wohl nichts mehr, aber deine Anmerkungen waren hilfreich und ich bedanke mich noch mal dafür.

Zitat:

Beim ersten Lesen dachte ich, es handelt sich möglicherweise um jemanden, der seine kranke Frau oder Mutter pflegt. Er versorgt sie mit Lebensmitteln, ist sehr darauf bedacht, keinen unnötigen Lärm zu verursachen. Es scheint so, als sorge er sich um ihren Zustand.

Beim zweiten, intensiveren Lesen habe ich eine Gänsehaut bekommen. ...
sie stellt sich des Öftern schlafen und er weiß es. Die Situationen, in denen sie tief schläft, sind selten. Weil sie schwer einen Zustand erreicht, der es ihr erlaubt, sich ganz und gar zu entspannen.

So hatte ich das Bild vor Augen.

Zitat:
...
Er ärgert sich, dass er das Brot vergessen hat und dadurch genötigt ist, noch mal nach oben zu gehen, um es zu holen. Denn er will eigentlich nicht so schnell wieder nach oben gehen.

Das wiederum habe ich mir anders vorgestellt: es geht um Autonomie vs Einschränkung, er ist noch nicht "frei", solange er die "Aufgabe" nicht komplett erledigt hat. Ob er diese Freiheit darin sieht, sich länger bei ihr aufzuhalten oder ob er Distanz suchen wird kann dahingestellt bleiben. Er muss sich sozusagen noch mal konfrontieren, noch mal Rücksicht nehmen.
Auf einer Meta-Ebene geht es mir um Ambivalenz in seinem Verhalten und seiner Einstellung. Ich wollte diese Ambivalenz nicht "erklären", sie sollte mitschwingen, aber andererseits sollte der Text natürlich auch nicht zu viele falsche Fährten legen.

Zitat:

An welchen Türen werden heute noch Sturmhaken benutzt, und was muss passieren, damit er eine tiefe Furche hinterlässt?

An Türen, die in einer bestimmten Stellung offen gehalten werden sollen (deshalb auch Sperrangel genannt). Wenn der Haken in Ruhestellung nicht auf dem Boden aufliegen soll (was bei einer Tür (wg Bücken) ja sehr unpraktisch wäre), muss er entweder am Türblatt oder am Rahmen in Greifhöhe befestigt werden. Am Türblatt würde er beim Öffnen oder Schließen der Tür ständig klappern und Schlagen, also hängt er in seiner Öse am Türrahmen.
Und pendelt, wenn er angestoßen wird, schlägt wie ein Glockenschwengel gegen den Lack und das Holz und hinterlässt auf seiner definierten Kreisbahn über einen langen Zeitraum besagte Furche.

Zitat:

Zitat:
Die Dinge reiben sich aneinander denkt er, und nach und nach wird aufgedeckt, was hart ist und was weich, und dann betätigt er die Klospülung.


Der Satz ist das Gruseligste, was ich in letzter Zeit gelesen habe, und der Titel ist mMn ausgesprochen gut gewählt.

Der Fall Natascha Kampusch kommt mir in den Sinn. Oder ist meine Fantasie wieder mit mir durchgegangen?

Ich weiß nicht, was den Fall Kampusch ausmacht, aber deine Assoziation löst für mich das Bild einer Täter-Opfer-Beziehung aus. Das sollte der Text so nicht hergeben. Für mich ist das ein Text über das Bilanz ziehen.

Zitat:
ich finde den Text sprachlich sehr gelungen und würde kein einziges Wort ändern

Danke für die Blumen, aber es gibt nichts, was nicht auch anders gut gesagt werden könnte.
Ich halte es mit Marcel Reich-Ranicki:
so sehen wir betroffen
Den Vorhang zu und alle Fragen offen.

und lass den Text jetzt erst mal ruhen.
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