[Gefühls-Roulette] - Hormonhaushalt

[just_like_that]

«Guten Morgen schöne Frau.»
Make-up ist überflüssig, wäre sogar eine Beleidigung für meine makellose Haut. Der rote Kussmund ist schnell bereit. Die vollen Wimpern benötigen eigentlich kein Mascara. Das Schwarz hebt jedoch das natürliche Leuchten der wasserblauen Tropfen hervor. Pfirsichrouge betont die hohen Wangenknochen. Meine goldblonden Locken und die schimmernden Perlen akzentuieren meinen schlanken Hals. Rosa Seide schmeichelt der weissen Haut. Die drei unverschlossenen Knöpfe leiten jeden Blick in das tiefe Dekolleté. Die sandfarbene Hose lobt die langen Beine und preist das runde Gesäß. Meine Füße gleiten in die beigen Pumps.
Ein letzter Blick in den Spiegel und ich weiß: «Ein guter Tag.»

«Du bist alt geworden.»
Das Make-up kann die Falten kaum verbergen. Die rote Farbe lässt meine schmalen Lippen nicht voller wirken. Die dünnen Wimpern benötigen viel Mascara, um von den mattgrauen Augen abzulenken. Die eingefallenen Wangen werden vom pfirsichfarbenen Rouge in den Mittelpunkt gerückt. Mein strohfarbenes Haar bildet einen struppigen Rahmen um den dünnen Hals. Die überteuerte Perlenkette wirkt lächerlich.
Die Schweinchen farbige Seidenbluse lässt meine Haut kränklich fahl erscheinen. Meine ausladende Brust erlaubt mir nicht, die letzten drei Knöpfe zu verschließen weshalb ich mich mit einem obszönen Dekolleté zufriedengeben muss. Meine dünnen Beine stecken in Hosen deren Farbe an Eierschalen erinnert. Der Stoff spannt über meinem dicken Gesäß. Kaum habe ich meine Füße in die beigen Pumps gedrückt verspüre ich den ersten Schmerz.
Ein letzter Blick in den Spiegel und ich weiß: «Die besten Tage sind vorbei.»

 «Warum siehst du mich so an?»
Für wen soll ich Make-up verwenden? Sieht mich sowieso keiner an. Wie konnte ich gestern nur mit dieser Lippenfarbe auf die Straße gehen? Ein Wunder das mich niemand nach meinem Stundenlohn gefragt hat. Vielleicht könnte ich etwas Mascara auftragen, um frischer zu wirken. Aber ist das die ganze Mühe mit dem Abschminken wert? Rouge auf diese markanten Wangenknochen? Ich sehe sowieso schon aus wie ein Mann. Meine buschigen Haare sind auch nicht zu bändigen aber die rostige Farbe passt zu meinem Giraffenartigen Hals. Perlen? Bin ich Marge Simpson?
Oder vielleicht Barbie? Rosa Bluse, im Ernst? Ich krieg nicht einmal alle Knöpfe zu. Mein breites Hinterteil passt kaum in die hellbraune Hose, die meine Beine zu dicken Baumstämmen macht. Zu guter Letzt muss ich meine viel zu großen Füße in die schmutzig-weißen, unbequemen Pumps zwängen.
Ein letzter Blick in den Spiegel und ich weiß: «Was für ein Scheißtag!»
 



[/quote]

[Pickman]

Hi just_like_that,

ich bin mir nicht sicher, was Du erwartest. Falls es Kritik ist: ich wäre geiziger bei der Vergabe von Adjektiven.

Cheers

Pickman

[Ralphie]

Es sind viele Adjektive in dem Text, aber ich denke, dass sie notwendig sind.

[just_like_that]

Ich hatte keine Erwartungen, habe mir einfach ein Schreibübung ausgesucht und sie dann hochgeladen.
Aber für konstruktive Kritik bin ich immer offen -> Danke Pickman
Und natürlich auch für Komplimente -> Danke Ralphie

[Drakenheim]

Das ist schön geworden. Gleiche Szene, gleiche Requisiten, unterschiedliche Stimmungen.

Und doch kann ich mir vorstellen, dass das ein und die selbe Person ist, die vor dem Spiegel steht, und das innerhalb eines Jahres.

[Caralina]

Liebe "just like that",
Ich bin ganz frisch hier im Forum und sehe mich gerade ein wenig um. Ich stieß auf deinen Text und erlaube mir hoffentlich konstruktives Feedback dazu abzugben.
Ich bin mir nicht sicher, ob es einfach für dich eine Schreibübunng war oder aus einer Vorgabe resultiert.
Das selbe Scenario aus verschiedenen Gefühlslagen heraus zu beschreiben gefällt mir. Die Idee ist auf jeden Fall gut.

Der erste Abschnitt beschreibt aus der Himmelhochkauchzend Perspektive. Sehr selbstverliebt betrachtet sich die Erzählerin im Spiegel und ist hin und weg von sich selbst.
Für mich als Leserin war es ein wenig abstossend. Selbstliebe ist per se ja wichtig, doch das grenzt schon an gnadenlose Selbstüberschätzung. Es geht ja auch nur um Äusserlichkeiten. Dick aufgetragen, wie das Make up.
Vielleicht wäre etwas weniger mehr und würde mich als Leserin noch näher an die Protagonistin bringen.

Teil 2 ist da schon abgemildert. In der Aussage ähnlich, doch erste Zweifel kommen durch bis in
Teil 3 die Fassade beginnt zu bröckeln.

Eine interessante Idee, es so zu verpacken. Gut umgesetzt. Teil 1 könnstest Du, wie schon gesagt, etwas abspecken ohne an Wirkung einzubüßen.

Der Titel "Gefühls Roulette" ist absolut passend. Hormonhaushalt könntest du weglassen. Das ist in meinen Augen überflüssig. Gefühls Roulette sagt es doch prima aus.

Ich hoffe, Du kannst mit meinen Anmerkungen etwas anfangen.

Viele Grüße
Caralina